Beta

Investment Lösungen

  • Interview mit Michael Geke
  • Gründer & CEO
  • Quantmade

„Die Nachfrage nach quantitativen Modellen nimmt zu“

Die Entwicklung moderner quantitativen Modelle zielt auf Market Phase Neutrality (MPN) ab. Das ermöglicht es, Muster auch in kleineren Zeiteinheiten aus grossen Datensätzen zu erkennen und Tradeentwicklungen zu prognostizieren, wie Michael Geke ausführt.

Francesco Mandalà

Wie haben sich quantitative Modelle in den vergangenen Jahren entwickelt?

Quantitative Modelle zur Identifikation von Trading-Möglichkeiten haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, insbesondere durch die Integration von Big Data und maschinellem Lernen. Abgesehen von Quants im High Frequency Trading nutzen viele algo-basierte Modelle jedoch immer noch einfache statistische Methoden, häufig im Bereich der Trendfolge.

Die Entwicklung moderner Quant-Modelle zielt zunehmend auf Market-Phase Neutrality (MPN) ab. Das Hauptziel ist es hier, die Korrelationen in der Performanceentwicklung zu reduzieren und präzisere Trades durchzuführen, um bessere risiko-adjustierte Performancekennzahlen zu erzielen. Heutige Modelle sind in der Lage, Muster auch in kleineren Zeiteinheiten aus grossen Datensätzen zu erkennen und mit vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit Tradeentwicklungen zu prognostizieren. Somit können etwa Portfolio-Beta-Werte von unter 0.1 mit Long-Only-Systemen im Aktienbereich erreicht werden. Signifikante Fortschritte in der Rechenleistung ermöglichen es, mehr Daten effizienter auszuwerten, was zu robusteren Vorhersagen führt.

Wie sehen Sie die Nachfrage aus Sicht der Anleger und welche Überlegungen spielen angesichts des derzeitigen Marktumfelds eine Rolle?

Das aktuelle Marktumfeld ist immer eine Interpretationsfrage. Tatsache ist, dass viele Anleger das Risiko scheuen, aber gleichzeitig nach überdurchschnittlichen Renditen streben – idealerweise auf einem Zeithorizont von 3-5 Jahren hinaus. Es bedarf deshalb eines aktiven Portfoliomanagements auf Einzeltitelbasis. Hier kommen die Quants in Spiel, die durch aktives Portfoliomanagement die Risiken und Schwankungen im Portfolio reduzieren können. Diese Robustheit über verschiedene Marktphasen hinweg hat zu einer erhöhten Nachfrage nach quantitativen Modellen geführt, da diese konsistenten, systembasierten und damit emotionslosen Entscheidungen ermöglichen.

Wie setzen Sie als Asset Manager Quant-Modelle ein?

Wir nutzen Quant-Modelle, um die Asset-Allokation zwischen low-beta- und higher-beta-Systemen zu berechnen. Wir umgehen somit die Problematik mit der Bewertung des Marktumfelds und der -entwicklung, indem unsere Quant-Modelle sich adaptiv und systemisch auf Veränderungen einstellen. Als Anlageuniversum dienen uns vorwiegend hoch-liquide US-Einzeltitel aus dem S&P 100 und dem NASDAQ 100-Index. Insgesamt berechnen wir sechs Portfolios mit unterschiedlichen alpha- und beta-Werten. Somit sind wir in der Lage, abgestimmt auf die Anforderungen des Kunden sowie das Marktumfeld, durch geschickte Kombination von Systemen, die Rendite, das Risiko sowie die Korrelationen zu designen.

Wie soll ein Portfolio zusammengestellt werden, welches Quants umfasst?

Quants stehen somit nicht im Konflikt zum fundamentalen Ansatz, sondern stehen bei einem professionell und gut geführten Investment Depot immer als Baustein neben den klassischen Methoden. Über die Gewichtung muss dann jeder Anleger selbst entscheiden.

Welche primären Datenquellen verwenden Sie für Ihre quantitativen Modelle, und wie stellen Sie die Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieser Daten sicher?

Unsere primären Datenquellen sind die langfristigen, historischen Kursdaten der Einzelaktien. Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieser Daten stellen wir durch mehrere Massnahmen sicher: Wir arbeiten mit renommierten Datenanbietern zusammen, verwenden Datenbereinigungs- und Validierungstechniken und haben einen digitalen Qualitätssicherungsprozess.

Inwiefern haben maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz Ihre quantitativen Anlagestrategien beeinflusst?

Maschinelles Lernen haben unsere quantitativen Anlagestrategien systemseitig erweitert, indem sie es ermöglichen, komplexe Muster und Beziehungen in Kursdaten zu erkennen, weiterführende Korrelationsmuster zu bewerten, die traditionelle Methoden übersehen könnten. Vor allem bei der gleichzeitigen Bewertung verschiedener Zeitebenen ist das wichtig.

Dies hat zu einer besseren risiko-adjustierten Performance der Quant-Portfolios geführt, indem wir die Schwankungen noch besser durch einen verbesserte Tradeselektion managen können. Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz sind jedoch Methoden und wir haben das Ziel, attraktive Renditen bei minimalen Schwankungen zu erzielen. Darum sind wir nicht per se darauf fokussiert, unbedingt ML oder KI in den Quant-Systemen einzusetzen, nur weil es gerade Hype ist. Wir haben schon einige Systemen gesehen, die KI nutzen aber deutlich schlechtere Ergebnisse erzielen.

Michael Geke

Quantmade

Michael Geke ist seit 2018 CEO und Gründer des Wealthtechs Quantmade. Während seiner Promotion an der ETH Zürich hat er sich intensiv mit mathematischen Simulationsmodellen beschäftigt. . Bereits vor der Gründung von Quantmade baute er erfolgreich zwei Unternehmen auf. Nach seinem letzten Exit im Jahr 2012 war er bis Ende 2014 Partner bei KPMG.

Krypto

Investment Lösungen

  • Dramane Meite
  • Produktmanager
  • Hashdex

Smart Contracts: Die Infrastruktur für eine dezentralisierte Zukunft

Mit den „Smart Contracts“, die die Blockchain ermöglicht hat, ist das Web im Wandel begriffen. Unter dem Label Web3, so Dramane Meite, eröffnen sich neue Möglichkeiten in Bereichen wie Ethereum-ähnlichen Plattformen, Marktplätzen, Play-to-Earn-Spielen und einigen anderen 100% dezentralisierten Konzepten.

Francesco Mandalà

Das Potenzial von Krypto-Assets geht weit über einfache Zahlungen hinaus. Die Blockchain-Technologie hat eine breite Palette von Anwendungen ermöglicht, welche auf dezentralen Netzwerke setzen und so die Notwendigkeit von Mittelsmännern ausschliessen.

Eine dieser Anwendungen der Blockchain sind Smart Contracts – das sind Vereinbarungen, welche Transaktionen automatisieren und keine Vermittler benötigen. Sie werden für finanzielle oder rechtliche Transaktionen, für die direkte Bezahlung von Künstlern und für viele andere Fälle eingesetzt. Unternehmen wie Starbucks, Nike und JPMorgan nutzen sie, um ihren Kunden neue, neue und effizientere Dienstleistungen anzubieten.

Da Smart Contracts auf Transparenzsetzen und der Blockchain-Technologie basieren, ermöglichen sie auch die Produkten und Dienstleistungen im Web3. Doch wie lässt sich Web3 definieren und warum sollten sich Anleger dafür interessieren?

Die drei Phasen des Internets

Das Internet hat seit seiner Entstehung mehrere Wandel durchgemacht. In seinen Anfängen – dem Web1 – war es eine riesige Informationsbibliothek, die leicht zugänglich war, aber nur eine begrenzte Interaktion ermöglichte. Das Web2 – die heutige Ära – hat zu einer sozialen Revolution geführt, die es den Nutzern ermöglicht, sich auf sozialen Plattformen, wie Facebook und YouTube zu vernetzen, Inhalte zu erstellen und zu teilen. Diese Plattformen kontrollieren sowohl die Daten als auch die erzeugten Inhalte zentral, was auch Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und des Eigentums aufkommen lässt.

Das Web3, das unter anderem durch Smart Contracts vorangetrieben wird, geht mit einem Paradigmenwechsel einher, bei dem die Menschen die alleinigen Eigentümer ihrer Daten bleiben, ihre digitalen Vermögenswerte kontrollieren und direkt miteinander interagieren, ohne auf zentrale Behörden angewiesen zu sein.

Dank der dezentralisierten Märkte bietet das Web3 viele Vorteile. Es ermöglicht seinen Nutzern, digitale Kunstwerke über NFTs zu besitzen und zu tauschen. Das „Play-to-earn“-Spielmodell ermöglicht es ihnen ausserdem, beim Spielen Belohnungen zu verdienen, und die erzielten Prämien werden zu handelbaren Vermögenswerten. Und schliesslich geben dezentrale Plattformen für die Erstellung von Inhalten den Schöpfern die Kontrolle über ihre Arbeit und direkten Zugang zu ihrem Publikum.

Hier sind einige der prominentesten Beispiele, die rund um diese Smart Contracts entwickelt wurden.

Plattformen für Smart Contracts

Ethereum

Die etablierteste Plattform, die für ihr robustes Entwickler-Ökosystem und ihre Sicherheit bekannt ist.

Solana

Eine schnelle und kostengünstige Alternative zu Ethereum, die aufgrund ihrer Skalierbarkeit an Zugkraft gewinnt.

NFT Marketplaces

OpenSea

Der grösste und beliebteste Marktplatz zum Kaufen und Verkaufen von NFTs in verschiedenen Kategorien.

Rarible

Dezentralisierter NFT-Marktplatz mit einem Schwerpunkt auf der Ermächtigung von Erstellern und Community Governance.

Play-to-Earn-Spiele

Axie Infinity

Ein Pionier im Play-to-Earn-Bereich, in dem die Spieler Kreaturen züchten und bekämpfen, um Belohnungen zu verdienen.

Decentraland

Metaversum-Spiel, in dem die Spieler Parzellen virtuellen Landes besitzen und Erlebnisse schaffen oder ihre Schöpfungen monetarisieren können.

Dezentralisierte Finanzwirtschaft (DeFi)

Uniswap

Die wichtigste dezentrale Börse (DEX), die den Peer-to-Peer-Handel mit Kryptoaktiva ohne Mittelsmänner ermöglicht.

Aave

DeFi-Kreditplattform, auf der Nutzer Kryptoaktiva leihen und verleihen können und dabei Zinsen auf ihr Guthaben verdienen.

Risiken und Chancen

Das Marktpotenzial für Web3-Anwendungen ist immens. Für Investoren ist das Feld der Möglichkeiten riesig, aber es birgt auch Risiken. Schwachstellen in Smart Contracts und operative Probleme in der Blockchain können zu finanziellen Verlusten führen. Manchmal ist die Entscheidungsmacht für bestimmte neue Projekte konzentriert, wobei die Stimmrechte ungleich verteilt sind. Darüber hinaus sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Web3 in Bewegung, was zu Unsicherheiten für Unternehmen und Investoren führt.

Die Zukunft des Web3 bleibt dennoch vielversprechend. Ethereum ist derzeit die wichtigste Plattform für Smart Contracts, doch konkurrierende Lösungen wie Solana sind im Entstehen begriffen. Neue Lösungen, die auf diesen Netzwerken aufgebaut sind, sogenannte „Layer-2“-Lösungen, helfen bei der Skalierbarkeit dieser Netzwerke und senken Gebühren und andere Kosten, die Hindernisse für die Einführung geschaffen haben.

Da sich diese Branche weiterentwickelt, bietet das Web3 eine massive Chance, das Internet umzugestalten und Eigentum im digitalen Zeitalter neu zu definieren. Smart-Contract-Plattformen und ihre Anwendungen werden auch weiterhin die traditionellen Industrien stören und die volle Kapazität eines wirklich dezentralisierten Internets freisetzen.

Dramane Meite

Hashdex

Dramane Meite ist bei Hashdex für neue Produkte zuständig und verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung in den Bereichen Finanzmärkte, Vermögensverwaltung und Fintech. In seiner vorherigen Position bei Pimco steuerte er strategische Initiativen und Innovationen als Business Manager im Executive Office und später als Produktstratege in der Client Solutions and Analytics Group. Ausserdem war er in den Bereichen Verkauf, Handel und Treasury bei der Standard Chartered Bank und der Société Financière Internationale tätig. Dramane Meite hat einen MBA der Stanford University und einen Master in Statistik und Wirtschaft. Er ist Inhaber des CFA

Augentäuschung

  • Von Francesco Mandalà
  • Chief Investment Officer
  • MBaer Merchant Bank

Technologieunternehmen bremsen Innovation und behindern Wachstum

Apples «Crush!»-Werbung, die die brutale Zerstörung verschiedener kreativer und kultureller Gegenstände zeigt, um ein neues iPad-Modell zu bewerben, erweckt den Eindruck einer Welt ständiger Innovation und Disruption, die zu wirtschaftlichem Wachstum und besserer Lebensqualität führt. Dieser Eindruck täuscht.

Francesco Mandala

Zunächst einmal ist es eine Tatsache, dass technologischer Fortschritt, verkörpert in Sachkapital, immateriellem Kapital (Ideen) und Humankapital (Bildung), der grundlegende Treiber des Wirtschaftswachstums ist, und nicht nur die blosse Ansammlung von Arbeit und Kapital. Aktuelle Wirtschaftsmodelle beinhalten die Idee, dass Profitanreize Unternehmer dazu bringen, zu innovieren. Sie schaffen neue Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle, die Branchen revolutionieren und wirtschaftliches Wachstum generieren.

Diese Idee ist nicht neu. 1942 führte Joseph Schumpeter ein Modell des Wirtschaftswachstums ein, das auf dem Mechanismus der kreativen Zerstörung basiert – dem Prozess, durch den neueste Innovationen frühere Innovationen obsolet machen. Dieser Zyklus der Zerstörung und Schöpfung ist wesentlich für wirtschaftlichen Fortschritt und intrinsisch für den Kapitalismus.

Innovationswellen

Das gängige Mass zur Messung von Innovation ist die Produktivität, deren Niveau davon bestimmt wird, wie effizient und intensiv Kapital und Arbeit bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen genutzt werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führt die Elektrizitätsrevolution eine „grosse Welle“ der Innovation auslöste, die in den USA ihren Ursprung hatte und sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf Europa ausbreitete. Eine Periode schnellen und nachhaltigen Wachstums folgte, und die Lebensqualität verbesserte sich radikal. Seit dem ersten Ölpreisschock zu Beginn der 1970er Jahre begann das Produktivitätswachstum zu sinken, mit Ausnahme einer kurzen Phase, die mit der IT-Revolution und der Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien in den 1990er Jahren verbunden war. Nach der grossen Rezession von 2008 ist die Produktivität in den USA und Europa trotz signifikanter Fortschritte im IT-Sektor auf historische Tiefstände gefallen.

Der düstere Rückgang der globalen Produktivität ist schwer mit der spektakulären Welle von Erfindungen in Einklang zu bringen, die unser tägliches Leben neugestaltet haben: Smartphones, Social-Media-Plattformen, Cloud-Computing, CRISPR-Gene-Editing, Elektrofahrzeuge, um nur einige zu nennen.

Geschäftsträgheit

Was erklärt den Produktivitätsrückgang in den USA?

Ein plausibles Argument ist, dass die Geschäftsdynamik in den USA im Laufe der Zeit geschwächt wurde. Der Hauptgrund ist, dass führende Unternehmen in einem bestimmten Sektor neue Innovationen potenzieller Markteinsteiger in ihren jeweiligen Sektoren entmutigen – zum Beispiel, indem sie Patente zu Verteidigungszwecken erwerben –, was es potenziellen Markteinsteigern erschwert. Infolge ihrer Investitionen in proprietäre Technologien und der Konzentration des geistigen Eigentums in ihren Händen konsolidieren führende Unternehmen ihre dominierende Position, erzielen höhere Gewinnspannen und erlangen ein grösseres Gewicht in der Wirtschaft auf Kosten von Innovation und wirtschaftlichem Wachstum.

Das zweite Argument, das der Ökonom Ken Arrow vor etwa 60 Jahren vorbrachte, ist, dass monopolistische Unternehmen weniger Anreize zur Innovation haben, da ihre bestehenden monopolistischen Renten gesichert sind und Innovation diese Gewinne gefährden könnte. Im Gegensatz dazu haben Unternehmen in wettbewerbsorientierten Märkten grössere Anreize zur Innovation, da sie mehr von innovativen Technologien profitieren könnten, die zu monopolistischen Gewinnen führen könnten. Arrows Anreiz zur Innovation wirkt in die entgegengesetzte Richtung von Schumpeters Anreiz für Unternehmer.

Symptome der schwächeren Geschäftsdynamik in den USA sind unter anderem die Zunahme der Marktkonzentration, die Zunahme der Gewinnspannen und des Gewinnanteils am BIP, der Rückgang des Arbeitsanteils an der Produktion, der Rückgang der Firmeneintritte, der Rückgang des wirtschaftlichen Anteils junger Unternehmen und die Abnahme der Arbeitsplatzumverteilung.

Im Wesentlichen sind Marktführer, insbesondere im US-Technologiesektor, weniger motiviert zu innovieren, während sie rational künstliche Barrieren aufbauen, die die Innovationsfähigkeit Rivalen verringern. Letztendlich beeinträchtigen die Gegenwinde, die gegen neue, innovative Unternehmen wehen, die Gesundheit der gesamten Wirtschaft. Verbraucher lieben die Produkte der Technologieunternehmen, aber Technologie könnte sich von einer treibenden Kraft für Disruption und Wettbewerb zu einer Kraft entwickelt haben, die Fortschritt.

Francesco Mandala

MBaer Merchant Bank

Francesco Mandalà ist im Februar 2021 zur MBaer Merchant Bank gestossen. Er hat einen breiten Hintergrund in Wirtschaftswissenschaften sowie im Bereich Financial Engineering. Seine Hauptkompetenzen sind in den Bereichen Portfoliomanagement, Fixed-Income-Modellierung, Makrostrategie, Risikomanagement und Fondsanalyse anzusiedeln, die er zunächst als Ökonom bei der ECB und später bei der UBS und Julius Bär einsetzte. Francesco Mandalà hat an der Universität Bocconi und der University of Southampton Ökonometrie studiert und schliesslich an der Università di Pavia promoviert.

Schweizer Aktien

Investment Lösungen

  • Interview mit Daniel Steck
  • Senior portfolio manager
  • Bank Piguet Galland

„ON hält den Branchenstars Nike und Adidas standhaft die Stange“.

In der Schweiz eröffnet die jüngste Zinssenkung der SNB bessere Aussichten für das Segment der Small & Mid Caps, insbesondere für die exportorientiertesten Werte. Diese sind übrigens zahlreich, wie Daniel Steck erinnert, der ON Holding als Beispiel nennt.

Francesco Mandala

Wie beurteilen Sie die aktuelle Bewertungen der Aktien von Schweizer Small & Mid Caps?

Sie sind heute besonders attraktiv, insbesondere im Vergleich zu den grösseren Unternehmen. Historisch gesehen wurden Small Caps in der Schweiz mit einem Bewertungsaufschlag gegenüber Large Caps gehandelt. Dieser Aufschlag, der im Durchschnitt 30 % betrug, liegt derzeit bei nur 16 %, obwohl die Wachstumsaussichten für diese Unternehmen im Allgemeinen besser sind als die ihrer grossen Geschwister. Der Anstieg der Zinssätze, der die Finanzierungsbedingungen für diese Unternehmen erheblich verschärft hat, und die anhaltende Stärke des Schweizer Franken in den letzten Quartalen haben ihre Bewertungen ziemlich belastet. Es zeichnet sich jedoch eine Trendwende ab, insbesondere nach der Lockerung der Geldpolitik der SNB.

Was können sie von den jüngsten Massnahmen der SNB zur Abschwächung des Frankens erwarten?

Small und Mid Caps sind die ersten, die von der jüngsten Entscheidung der SNB, die Leitzinsen zu senken, profitieren. Denn die Stärke des Schweizer Franken ist für diese Unternehmen besonders nachteilig. Im Gegensatz zu grossen multinationalen Konzernen, die physisch auf mehreren Kontinenten präsent sind, generieren kleine Unternehmen einen Grossteil ihrer Kosten in der Schweiz, während sie den Grossteil ihrer Waren und Dienstleistungen international exportieren. Dies hat erhebliche negative Auswirkungen auf ihre Gewinnspannen, zu denen noch ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu ausländischen Unternehmen hinzukommt. Die derzeitige Schwäche des Frankens gegenüber dem Euro und dem Dollar ist daher eine ausgezeichnete Nachricht für dieses Marktsegment.

Welche Werte in diesem Small & Mid-Segment fallen im Export am meisten auf?

Tatsächlich stechen viele Schweizer Unternehmen trotz ihrer geringen Grösse auf internationaler Ebene hervor. Sie verfügen über ein weltweit anerkanntes Markenimage. Beispiele hierfür sind Lindt oder Logitech, die nur einen sehr kleinen Teil ihrer Einnahmen in der Schweiz erwirtschaften. Auch im Gesundheitssektor gibt es viele international ausgerichtete Unternehmen wie Straumann, Bachem, Ypsomed oder Tecan.

Welche Unternehmen unter diesen Small & Mid Caps faszinieren Sie am meisten?

ON Holding, ein echter David, der gegen mehrere Goliaths kämpft. Es handelt sich um eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte im Sportschuhsektor. Mit einer Kapitalisierung von knapp 12 Milliarden US-Dollar hält das Unternehmen, das 2021 an die Börse gehen soll, den Stars der Branche, Nike oder Adidas, standhaft die Stange. Aus fundamentaler Sicht steht die ON Holding den Marktführern in nichts nach, da das Unternehmen bereits eine deutlich höhere Profitabilität als seine Konkurrenten aufweist, was auf eine entschiedene Positionierung im oberen Preissegment zurückzuführen ist. ON hat es geschafft, sich in einem schwachen Sportschuhmarkt zu differenzieren und das Image einer bekannten Persönlichkeit, nämlich Roger Federer, zu nutzen. Als klares Zeichen ihrer Ambitionen wählte die ON Holding New York für ihren Börsengang vor drei Jahren.

Welche Small & Mid Caps haben die grössten Chancen, in den SMI aufgenommen zu werden?

Die Chancen stehen gut, dass das nächste Unternehmen, das in den SMI-Index aufgenommen wird, wieder einmal aus dem Gesundheitssektor kommt. Der Kandidat mit den grössten Chancen ist Straumann, der die grösste Kapitalisierung im SPI Extra Index, der die Werte des SPI mit Ausnahme der SMI-Werte enthält, aufweist. Allerdings könnte ihm ein Neuling den Rang ablaufen. Sandoz, der weltweit führende Hersteller von Generika, der seinen Börsengang vor weniger als einem Jahr vollzog, scheint sehr gut positioniert zu sein, den Platz unter den zwanzig Stars der Schweizer Börse zu ergattern.

Daniel Steck

Piguet Galland

Daniel Steck verfügt über fast 25 Jahre Erfahrung im Finanzbereich. Nach einer ersten Erfahrung in der Finanzanalyse bei Lombard Odier, insbesondere im Gesundheitssektor, setzte er seine Karriere bei Reyl & Cie als Analyst und Portfoliomanager fort. Il a rejoint Piguet Galland en 2018 comme gestionnaire senior pour prendre en charge de la gestion des différents fonds actions et certificats thématiques sur la Suisse et l’Amérique du Nord.

Trampeln

Investment Lösungen

  • Interview mit Pierre Mouton
  • Head Long Only Strategies
  • NS Partners

„Europa hat die Dynamik, die sich rund um das Smartphone entwickelt hat, verpasst“.

Seit 2007 ist der Eurostoxx50 um knapp 10% gestiegen. Der S&P500 hingegen hat sich mehr als verdreifacht. Europäische Aktien hinken aus mehreren Gründen hinterher, die Pierre Mouton hier näher beleuchtet. Der erste Grund ist seiner Meinung nach das Fehlen der grossen Tech-Unterrnehmen.

 

Francesco Mandala

Seit der Einführung des Euro im Jahr 2002 haben sich europäische Werte systematisch schlechter entwickelt als die grossen globalen Indizes, einschliesslich des SMI. Welche Gründe rechtfertigen dieses Zurückfallen?

In Wirklichkeit haben sich europäische Aktien bis zum Ausbruch der Subprime-Krise recht gut entwickelt. Die Performance der Finanzwerte war besonders gut. In dieser Zeit erreichten die europäischen Banken ihre Allzeithochs. Im April 2007 war die UBS-Aktie für über 70 Franken zu haben!

Seit 2008 hingegen zeichnet sich die Leistungslücke deutlich ab. Im Vergleich zu den nordamerikanischen Märkten, die in Bezug auf Bevölkerung, Entwicklung oder institutionelle Investitionen am besten vergleichbar sind.

Wie erklären Sie sich das dann?

Ein Nachteil für Europe ist, dass grosse Marktführer im Technologiesektor, abgesehen von ASML mit einer Marktkapitalisierung von 350 Milliarden Euro, fehlen. Weiter ist die sektoralen Verteilung der Märkte ein Grund. Es dominieren die Finanzbranche, der Energiesektor und die Versorger dominiert. Ohne in einen primären Ultraliberalismus verfallen zu wollen, sind dies dennoch Sektoren, die in gewissem Masse dem Wohlwollen der Staaten und ihrer Regierungen unterliegen.

In welchem Sinne?

Die Banken sind für mich ein perfektes Beispiel dafür. In den USA haben sie seit der Finanzkrise eine beispielhafte Erholung vollzogen. In Europa hingegen dümpeln die Aktien der Banken vor sich hin. Sie sind noch weit von ihrem Stand von 2007 entfernt, da die Unternehmen in erster Linie politischen Erwägungen folgen. Die Aufsichtsbehörde hat das europäische Bankensystem fest im Griff. Die eingeführten Aufsichtsregeln sind natürlich sinnvoll, aber sie sind für Anleihegläubiger viel günstiger als für Aktienkäufer. Auch der latente Protektionismus in Europa ist ein Thema hier. Jedes Land achtet eifersüchtig danach, seine nationalen Banken zu erhalten, anstatt einen gesunden Wettbewerb mit der Schaffung grosser Gruppen auf kontinentaler Ebene entstehen zu lassen.

Welche Faktoren haben Europa daran gehindert, selbst seine Tech-Leader zu produzieren?

Leider war kein Unternehmen in Europa in der Lage, sich in das aussergewöhnliche Ökosystem einzufügen, das sich nach dem Erscheinen des Apple iPhone im Jahr 2007 rund um das Smartphone gebildet hat. Dieses Ökosystem umfasst heute Halbleiterhersteller, Betreiber von Rechenzentren, Softwarehersteller und Dienstleistungsplattformen. In den letzten Jahren hat sich die Digitalisierung, durch den Durchbruch in der künstlichen Intelligenz noch verstärkt. In diesem Universum hat es Europa bisher nirgends geschafft, sich zu positionieren.

Ich glaube auch, dass die USA ein anderes Verhältnis zum Kapital, zu seiner Dynamik und zu dessen Einsatz haben. Nach dem Vorbild der Ölgesellschaften von dazumal, zögern die amerikanischen Unternehmen nicht, alles aus ihrer Bilanz zu streichen, was Kapital verbraucht und was nicht zu den strategischen Kernaktivitäten beiträgt. In Europa gibt es immer noch viele Unternehmen, die alles in ihrer Bilanz behalten wollen, ohne sich allzu sehr um die Opportunitätskosten zu kümmern.

Unter welchen strukturellen Ungleichgewichten leidet Europa?

Die Handelsströme in Europa sind noch weit davon entfernt, optimal zu fliessen. Die Mitgliedstaaten der EU können in bestimmten Sektoren recht protektionistisch sein. Insbesondere wenn es darum geht, nationale Champions, die nicht unbedingt für den internationalen Wettbewerb gerüstet sind, zu schützen.

Auch die Energieversorgung macht Europa sehr verwundbar. Im Gegensatz zu den USA, die seit nunmehr 20 Jahren von der Förderung von Schieferöl profitieren, importiert Europa viel und zahlt dafür die Rechnung. Seit 2010 hat die USA die Ölproduktion mehr als verdoppelt und ist sind heute der grösste Produzent der Welt. Die Energiekosten haben sich für die US-amerikanischen Unternehmen nur marginal verändert.

Welche Aussichten sehen Sie für europäische Aktien insgesamt in den nächsten Jahren?

Interessant ist, dass der grösste Beitrag der Sektoren zur Wertentwicklung der europäischen Märkte von Finanzwerten geleistet wird. Das ist oft ein gutes Zeichen, zumal die europäischen Banken recht hoch kapitalisiert sind. Dafür hat die Regulierungsbehörde gesorgt! Das ideale Szenario wäre, wenn die europäischen Banken freie Bahn für Fusionen hätten, wie Sergio Ermotti es sich gewünscht und Emmanuel Macron es in Aussicht gestellt hat. Europa muss nun in diesem Sektor europäische Champions aufbauen.

Pierre Mouton

NS Partners

Pierre Mouton ist seit 2003 bei NS Partners. Er leitet die Long-Only-Strategien der Gruppe und ist ausserdem Mitglied des Anlagekommittees. Er begann seine Finanzkarriere 1993 bei AG2R La Mondiale, wo er Geldmarkt-, Anleihen- und Aktienportfolios verwaltete, bevor er 2000 zu Fiduciary Trust in Genf wechselte und später als Portfoliomanager zu NS Partners stiess. Im Jahr 2004 war er Mitbegründer von Messidor Finance, bevor er 2010 zu NS Partners zurückkehrte. Pierre Mouton hat einen Bachelor- und einen Masterabschluss in Finanzen, Versicherungsmathematik und Portfoliomanagement von der SKEMA Business School in Lille, Frankreich.

 

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Investment Lösungen

  • Peter Kraus
  • Leiter Small Cap Equities
  • Berenberg Wealth and Asset Management

Die Aussichten für europäische Small Caps verbessern sich

In der Schweiz sowie im europäischen Umfeld gibt es zahlreiche vielversprechende Nebenwerte, die sich nicht vor den Grossen verstecken müssen. Viele dieser Unternehmen sind in ihrem Bereich gar Weltmarktführer. Für einen Einstieg scheint aktuell ein günstiger Zeitpunkt zu sein, schreibt Peter Kraus.

 

Francesco Mandala

Nebenwerte haben im Vergleich zu Standardwerten in den letzten zwei Jahren den stärksten Kurseinbruch seit Jahrzehnten erlebt. Vor allem europäische klein- und mittelkapitalisierte Wachstumswerte wurden durch sehr schnell steigende Zinsen und das rezessive Umfeld hart abgestraft. Es war ein extremes Szenario. Nach dem Corona-Lockdown, dessen Auswirkungen durch unterbrochene Lieferketten noch ausgestrahlt haben, dem Inflations- und Zinsschock und dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sehen wir die niedrigsten Bewertungen seit zehn Jahren. Im Vergleich zu Large Caps sind Small Caps sogar günstiger bewertet als zum Höhepunkt der Finanzkrise in 2008. Ebenso spricht für Small Caps, dass sie im ersten Jahr des Aufschwungs nach ihrem Tiefstand rund 50 Prozent der relativen Performance erzielen.

Aktuell deuten Frühindikatoren darauf hin, dass sich die Konjunktur auf niedrigem Niveau stabilisiert oder verbessert, nachdem auch das produzierende Gewerbe den Tiefpunkt erreicht haben könnte. Positive Signale aus den USA lassen sogar Hoffnungen auf ein Goldilocks-Szenario aufkeimen. Auch in Europa verbessern sich zuletzt die Konjunkturindikatoren von tiefen Niveaus. Die Inflationsraten sinken, und die Notenbanken sind im Wesentlichen mit dem Zinserhöhungszyklus durch. Es spricht vieles dafür, dass wir die dunkelsten Stunden gesehen haben, bevor die Sonne wieder aufgeht.

Die Stunde der Nebenwerte

Der konjunkturelle Sonnenaufgang, die Erholung in einem frühen Stadium, ist die Stunde der Nebenwerte. Es spricht vieles dafür, dass der langfristige Outperformance-Trend, den wir bei Nebenwerten seit Jahrzehnten gesehen haben, ungebrochen ist. Allerdings gibt es einen Unterschied beim Aufholpotenzial: Angesichts der gestiegenen Zinsen ist die Nettoverschuldung heute ein wichtiges Kriterium.

Hoch verschuldete Unternehmen, die refinanzieren müssen, haben ein Problem. Qualitätsunternehmen mit hohen Kapitalrenditen und starken Bilanzen jedoch profitieren von strukturellen Wachstumstrends. Solchen Unternehmen dürfte es leichter fallen, die Erträge und den Cashflow pro Aktie stärker zu steigern als der Markt, wenn sich die Anzeichen der Erholung verdichten.

Eine weitere strukturelle Besonderheit der Nebenwerte in Europa besteht darin, dass sie von Analysten oft kaum wahrgenommen werden. Im Vergleich zu den USA gibt es in Europa nur eine Handvoll Large und Mega Caps wie Louis Vuitton oder ASML, die mit zweistelligen Wachstumszahlen beeindrucken und die Aufmerksamkeit von Analysten und Investoren auf sich ziehen. Die Stars aus der zweiten und dritten Reihe erscheinen indes kaum auf dem Radar.

Viele dieser Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung bis zu fünf Milliarden Euro haben sich in ihren Nischen als globale Marktführer etabliert. Mit ihrer Innovationskraft profitieren sie von der Digitalisierung, von Veränderungen im Gesundheitswesen oder nachhaltigen Technologien, was nicht selten mit mittelfristigen Wachstumsraten von 15 Prozent oder mehr einhergeht.

Fokus auf Halbleiterbranche

Aktuell sind europäische Hidden Champions unter anderem in der Halbleiterindustrie zu finden. Unternehmen wie das Schweizer Unternehmen Inficon oder die italienische Technoprobe erfüllen das Anforderungsprofil mit Blick auf eine internationale Vorreiterrolle und starke Margen, die es ihnen ermöglichen, inflationsgetriebene Preissteigerungen abzufedern und signifikant in Forschung und Entwicklung zu investieren.

Doch auch in anderen Branchen gibt es solche Hidden Champions, beispielsweise bei Skan, dem Schweizer Hersteller von Isolatoren für die sterile Abfüllung injizierbarer Medikamente. Die unterliegenden Treiber sind robust: 75 Prozent aller neuen Medikamente werden in Zukunft hochpreisige Biologika/Injektionspräparate sein, die Isolatoren für die aseptische Abfüllung benötigen. Das Unternehmen zeigt ein starkes Wachstum in Verbindung mit steigenden Margen, hohen Renditen sowie eine Netto-Cash-Position. An solchen Modellen mangelt es im Small-Cap-Segment keineswegs.

Peter Kraus

Berenberg Wealth and Asset Management

Peter Kraus ist seit Oktober 2017 Head of Small Cap Equities bei Berenberg. Er war ab dem Jahr 2000 zunächst für 3 Jahre als Aktienanalyst für eine Corporate Finance Beratung in München tätig, bevor er in 2003 zu Deka Investment nach Frankfurt wechselte. 2006 wechselte er zu Allianz Global Investors als Fondsmanager für europäische Micro und Small/Mid Caps. Peter Kraus studierte an der Universität Mannheim Betriebswirtschaftslehre und ist CFA Charterholder.