Investment Lösungen

  • Ray Jian
  • Leiter Emerging Market Bonds
  • Amundi

2024 werden Schwellenländer wieder ihre Muskeln spielen lassen

2024 sind aufgrund des Wachstums als auch des geldpolitischen Zyklus der Zentralbanken die Chancen für Schwellenländer-Obligationen intakt schreibt Ray Jian.

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Zunächst eine kurze Rückblende: Um ihre Glaubwürdigkeit zu stärken, sind viele Zentralbanken aus Schwellenländern 2021 der Fed zuvorgekommen und haben ihre Geldpolitik frühzeitig gestrafft. So konnten sie die Inflation unter Kontrolle halten. Heute ist die Teuerung in vielen Schwellenländern stabil, so dass zahlreiche Schwellenländeranleihen hohe Realrenditen bieten. Auch 2024 gibt es Zentralbanken in den aufstrebenden Ländern, die bereit sind, ihren Straffungszyklus einzuleiten. Allerdings möchte heute niemand damit beginnen. Wenn die Fed ihre Zinsen senkt, sollte sich allerdings auch in Schwellenländern der Zinssenkungszyklus beschleunigen. Insofern ist das grösste Risiko für Anleger nicht eine mögliche harte Landung, sondern ein beschleunigtes Wachstum in den USA und eine langsamer als erwartet sinkende Inflation.

Brasilien und China sind hier die Ausnahmen, da sie bereits mit Zinssenkungen begonnen haben. Allerdings ist das Straffungstempo in Brasilien deutlich moderater, während China eher losgelöst vom globalen Zyklus agiert.

Insgesamt sollten Schwellenländer 2024 ihre Muskeln wieder spielen lassen und Wachstumsraten zwischen 3 % und 3,5 % erreichen. Im Vergleich dazu werden Industrienationen kaum in der Lage sein, dieses Tempo mitzuhalten. Wir rechnen sogar damit, dass wir 2024 ein Fünfjahreshoch bei den Wachstumsdifferenz zwischen den beiden Blöcken sehen werden.

Fokus auf Lateinamerika

Lateinamerika bleibt heute die bevorzugte Region für viele Anleger. Die grössten Renditechancen sehen wir dabei in Mexiko, Brasilien und vor allem in Argentinien. Für Argentinien sprechen die Pläne von des neuen Präsidenten Javier Milei, die öffentlichen Ausgaben zu kürzen, die lockere Geldpolitik einzuschränken sowie die Verkäufe von Kohlenwasserstoffen wiederaufleben zu lassen.

 

Zu beachten ist allerdings: Wenn man in ein Land wie Argentinien investiert, muss man den Einstiegspunkt mit Bedacht wählen. Die Anleihe wird immer noch zu 35 Cent pro Dollar gehandelt und zahlt immer noch den Kupon. Der Carry ist also zweistellig. Es ist durchaus möglich, dass die Anleihe auf 50 Cent pro Dollar steigt, wenn es Milei gelingt, seine Reformen erfolgreich durchzuführen und die Handelsbilanz ins Positive zu drehen. Allerdings ist die Volatilität hoch und es bestehen durchaus Risiken, dass die Reformen nicht wie geplant durchgeführt werden können.

Bei Brasilien und Mexiko stützen strukturelle Veränderungen die Investmentthese. Brasilien ist dank des raschen Handelns der Zentralbank seit der Krise stärker geworden. Ausserdem hängt das Wachstum dort derzeit mehr von in – als von externen Faktoren ab. Für Mexiko spricht der Trend der USA die Lieferketten neu auszurichten und Abhängigkeiten von China zu reduzieren.

In vielen Schwellenländern finden 2024 Wahlen statt. Wichtiger als diese ist allerdings der Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA. So könnte die Wahl von Donald Trump die Perspektiven für viele Schwellenländer – abgesehen von Mexiko – eintrüben.

Es ist an der Zeit, das negative Bild von Schwellenländer-Bonds, das Anleger in den letzten Jahren hatten, aus ihren Köpfen verbannen.

Ray Jian

Amundi

Ray Jian ist Portfoliomanager im Emerging Market Fixed Income Team und verantwortlich für Emerging Market Aggregate Strategies. Er ist zudem Co-Manager des Amundi Emerging Markets Bond Fund und des Emerging Markets Sovereign Bond Fund. Ray Jian begann seine Karriere 2007 als Kreditanalyst im Fixed Income Team der Bank of China, London, wo er für die fundamentale Kreditanalyse und das Research für Finanzwerte und Unternehmen in Asien, den USA und Europa verantwortlich war.