Sustainable Solutions Week

  • Aurélia Fäh
  • Senior Sustainability Expert
  • Asset Management Association Switzerland

«Greenwashing»-Selbstregulierung: Besser als ein Gesetz

Das Subsidiaritätsprinzip als Schweizer Leitgedanke hat sich bewährt. Das tut es auch bei der Vermeidung von Greenwashing.

 

Francesco Mandala

Sustainable Finance, also der Bereich von nachhaltigen Finanzprodukten und -dienstleistungen, hat sich global zu einem mehrere hundert Billionen Dollar schweren Geschäft entwickelt. In der Schweiz werden rund 1.7 Billionen Franken gemäss nachhaltigen Kriterien angelegt. Bundesrat und Finanzplatz verfolgen gemeinsam das Ziel, die Schweiz zum führenden Hub für Sustainable Finance zu etablieren. Gleichzeitig nimmt der Finanzplatz eine Schlüsselrolle ein, die Schweizer Klimaziele zu erreichen, indem er die Finanzströme in Richtung Nachhaltigkeit lenkt. Entsprechend kritisch werden Banken und Asset Manager mit ihren nachhaltigen Anlageprodukten und Dienstleistungen unter die Lupe genommen und regelmässig des Greenwashings bezichtigt, also der bewussten oder unbewussten Täuschung von Kunden und Anlegerinnen über nachhaltige Eigenschaften von Finanzprodukten und – dienstleistungen.

Die Asset Management Association Switzerland (AMAS) unterstützt alle Anstrengungen zur Bekämpfung und Vermeidung von Greenwashing. Gleichzeitig ist die AMAS überzeugt, dass eine Selbstregulierung das richtige Instrument ist, um Greenwashing auf dem Schweizer Finanzplatz zu verhindern. 

Das Prinzip der Selbstregulierungen bewährt sich im Schweizer Finanzsektor seit Jahrzehnten als alternative Regulierungsform und stellt einen wesentlichen Pfeiler der hiesigen Finanzmarktarchitektur.

Die Schweiz ist einem marktwirtschaftlichen Ansatz traditionell zugeneigt. Dieser Ansatz ist in der politischen und wirtschaftlichen Geschichte des Landes verwurzelt sowie in seinem Engagement für Grundsätze wie Liberalismus, freies Unternehmertum, wirtschaftliche Freiheit und individuelle Verantwortung.

Darüber hinaus ist das Subsidiaritätsprinzip ein Leitgedanke der schweizerischen Regierungsführung. Dieser besagt, dass Entscheidungen auf der unmittelbarsten oder lokalen Ebene getroffen werden sollten und höhere Regierungsebenen nur bei Bedarf eingeschaltet werden.

Somit gelten Finanzinstitute und Branchenverbände als am besten geeignet, ihre Regeln und Standards zu entwickeln und durchzusetzen, um ethisches Verhalten, Integrität, Transparenz und gleichzeitig Effizienz und Innovation auf dem Markt zu fördern.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) unterstützt dieses Modell und erkennt drei Arten der Selbstregulierung an: freiwillige Selbstregulierung, als Mindeststandard anerkannte Selbstregulierung und obligatorische Selbstregulierung. Dieser Rahmen ermöglicht es dem Finanzdienstleistungssektor, Standards zu entwickeln, die Marktrelevanz und breite Akzeptanz gewährleisten. Die FINMA ist befugt, Selbstregulierungsrichtlinien als Mindeststandards anzuerkennen und durchzusetzen. Damit wird sichergestellt, dass sich nicht nur die Mitglieder der Selbstregulierungsorganisationen, sondern auch andere Branchenteilnehmer an diese Richtlinien halten.

Im Bereich Sustainable Finance haben die Finanzverbände in den vergangenen drei Jahren verbindliche Selbstregulierungen entwickelt, welche den gesamten Schweizer Finanzsektor abdecken.

Die prinzipienbasierte Selbstregulierung für nachhaltiges Asset Management der AMAS ist im September 2023 in Kraft getreten. Sie bestimmt die organisatorischen Anforderungen an Finanzinstitute sowie an die Produktgestaltung und die Offenlegung gegenüber den Anlegern. Damit verhindert und bekämpft die Selbstregulierung Greenwashing, indem die Qualität der kollektiv verwalteten nachhaltigen Anlagen durch verbindliche Standards erhöht und die Transparenz durch umfassende Dokumentations- und Berichtspflichten verbessert wird. Die AMAS-Selbstregulierung knüpft an die im Januar 2023 in Kraft getretene Selbstregulierung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) an: Diese setzt Mindestvorgaben für die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in der Anlage- und Hypothekarberatung und gibt Finanzdienstleistern Richtlinien zum Einbezug von ESG-Präferenzen und ESG-Risiken. Seit 2023 gilt der vom Schweizerischen Pensionskassenverband (ASIP) veröffentlichte Standard zur ESG-Berichterstattung für Schweizer Pensionskassen. Und der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) arbeitet derzeit mit seinen Mitgliedern an der Ausarbeitung einer Selbstregulierung, die in Kürze veröffentlicht werden soll.

In einem sich schnell entwickelnden Bereich wie Sustainable Finance haben die Selbstregulierungen gegenüber jeder gesetzlich verankerten Regulierung den grossen Vorteil, dass sie agil und flexibel sind. Sie können leicht und regelmässig geändert werden, um die neuesten internationalen Best Practices widerzuspiegeln, wenn die Initiatoren dies im Dialog mit der Schweizer Regierung für geeignet und angemessen halten. 

Über AMAS  

Die Asset Management Association Switzerland ist die repräsentative Branchenorganisation der Schweizer Asset Management Industrie. Ihr Ziel ist es, die Schweiz als führendes Asset Management Zentrum mit hohen Standards für Qualität, Performance und Nachhaltigkeit zu stärken. Dabei unterstützt sie ihre Mitglieder darin, die Schweizer Asset Management Industrie weiter auszubauen und langfristig Wert für die Anleger zu schaffen. Die Asset Management Association Switzerland ist ein aktives Mitglied der European Fund and Asset Management Association (EFAMA) und der weltweit tätigen International Investment Funds Association (IIFA). 1992 in Basel gegründet, zählt die Asset Management Association Switzerland heute rund 180 Mitglieder.