EAM-Lösungen

  • Guillaume de Boccard
  • Gründer
  • Geneva Compliance Group

Proaktives Management organisatorischer Risiken: eher ein Vorteil als eine Belastung

Mit dem FINIG ist das Management organisatorischer Risiken nicht mehr nur eine reine Compliance-Aufgabe. Es ist Voraussetzung für die Zulassung, strukturiert die Governance und wird sowohl zu einem Faktor der Glaubwürdigkeit als auch zu einem strategischen Hebel. Unabhängige Vermögensverwalter, die es proaktiv integrieren, können so eine einfache regulatorische Verpflichtung in einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil verwandeln.

Seit Inkrafttreten des Finanzinstitutsge­setzes (FINIG) hat sich das regulatorische Umfeld für Schweizer Vermögensverwal­ter grundlegend verändert. Was früher der Selbstregulierung unterlag, gestützt auf branchenspezifische Verhaltenskodizes und berufliche Gepflogenheiten, wird nun durch ein rechtliches und institutionelles System geregelt, das eine verstärkte orga­nisatorische Disziplin erfordert. Die Auf­sicht durch die FINMA, die weitgehend über die Aufsichtsstellen erfolgt, hat die Governance und die internen Kontrollen in den Mittelpunkt der aufsichtsrechtlichen Bewertung gerückt. In diesem Zusammen­hang wird das proaktive Management organisatorischer Risiken zu einem zentra­len Element, nicht nur um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, sondern auch um die eigene Glaubwürdigkeit zu bekräf­tigen, das Vertrauen der Kunden zu bewah­ren und den Fortbestand der eigenen Tätigkeit zu sichern.

Das FINIG schreibt eine angemessene Organisation vor, die der Art, Komplexität und dem Umfang der getätigten Geschäfte entspricht. Diese Anforderung geht über eine reine Verwaltungsformalität hinaus: Sie ist eine direkte Voraussetzung für die Erteilung und Aufrechterhaltung der Bewilli­gung. Sie setzt klare Strukturen, eine wirk­same Trennung der Funktionen der Geschäftsleitung, der Kontrolle und der Auf­sicht sowie die Einrichtung zuverlässiger und dokumentierter interner Verfahren vor­aus. In der Praxis geht es nicht nur darum, ein gut ausgearbeitetes Organigramm oder eine Sammlung von Richtlinien und Verfah­ren auf dem Schreibtisch zu haben, sondern sicherzustellen, dass die Verantwortlichkei­ten verstanden, angewendet und regelmä­ssig überprüft und überarbeitet werden. Die Erfahrung zeigt, dass Schwierigkeiten oft dann auftreten, wenn sich eine gewisse Rou­tine einstellt, selbst dort, wo man sich am sichersten fühlt: ein nie getestetes Verfahren, eine improvisierte Vertretung bei Abwesen­heit eines wichtigen Mitarbeiters oder ein Validierungs- und Überwachungsprozess, der sich auf eine einzige Person stützt.

Die spezifischen organisatorischen Risiken für Vermögensverwalter sind vielfältig. Sie hängen in erster Linie mit der Unterneh­mensführung zusammen. Das Fehlen einer aktiven Aufsicht durch den Verwaltungsrat oder eine unklare Rollenverteilung zwi­schen den Organen kann die gesamte Struktur schwächen. Die Prüfer zögern nicht, auf diese Mängel hinzuweisen, ins­besondere wenn sie zu einer mangelnden Kontrolle der Geschäftstätigkeit oder einer lückenhaften Überwachung der regulatori­schen Verpflichtungen führen.

Das menschliche Risiko ist allgegenwärtig. Insbesondere qualifizierte Verwaltungs­ratsmitglieder und Führungskräfte müssen Erfahrung, Integrität und Fachkompetenz nachweisen; eine ungeeignete Ernennung oder eine übermässige Abhängigkeit von einer einzelnen Person kann eine sofortige Reaktion der Aufsichtsbehörde nach sich ziehen. Die Aktualisierung der sie betref­fenden Informationen bei der FINMA und den Selbstregulierungsorganisationen ist von entscheidender Bedeutung, und eine Unterlassung kann zur Einleitung eines individuellen Durchsetzungsverfahrens führen. Um solche Situationen zu vermei­den, sind kontinuierliche Schulungen, die regelmässige Aktualisierung der Verfahren und die systematische Aufbewahrung rele­vanter Dokumente erforderlich.

Zu diesen menschlichen Dimensionen kommt die Frage der internen Systeme und Kontrollen hinzu. Ein robustes Überwa­chungssystem ist nicht nur ein theoretisches Konzept: Es muss in den Alltag integriert, regelmässig getestet und in der Lage sein, Vorfälle schnell zu erkennen und zu bear­beiten. In diesem Zusammenhang ist die Erstellung von verwertbaren Spuren – Audit Trail – von entscheidender Bedeutung. Akteure, die in geeignete Instrumente inves­tieren – in die Abläufe integrierte Kontrollen, unabhängige Überwachung durch Compli­ance und Risikomanagement sowie Audits – reduzieren ihr Risiko erheblich. Die Wirk­samkeit lässt sich auch an der Reaktionsfä­higkeit messen: Die schnelle Umsetzung von Korrekturmassnahmen und die genaue Dokumentation der getroffenen Entschei­dungen zeigen, dass der Manager sein Sys­tem beherrscht und kontinuierliche Verbes­serungen daraus ableiten kann.

Die Aufsicht durch die FINMA über die Selbstregulierungsorganisationen (SRO) und die Auditoren basiert auf einem drei­gliedrigen System: Der Verwalter ist gegenüber seiner SRO über seinen Audi­tor rechenschaftspflichtig; die FINMA wird nur in Fragen der Zulassung und Sanktio­nen tätig. Hinter diesem scheinbar forma­len Mechanismus steht in Wirklichkeit die Glaubwürdigkeit der Organisation auf dem Spiel. Die Auditberichte liefern ein detail­liertes Bild der Situation jedes einzelnen Instituts. Festgestellte Mängel betreffen ins­besondere eine ungeeignete oder veral­tete Organisation, ein ungeeignetes oder schlecht umgesetztes Kontrollsystem sowie Lücken bei der Umsetzung der Pflichten gemäss GwG oder FIDLEG, bei der Auf­sicht über Beauftragte oder beim Umgang mit Interessenkonflikten.

Die Erfahrung zeigt, dass die Haltung gegenüber diesen Feststellungen den ent­scheidenden Unterschied ausmacht: Ein Manager, der die Bemerkungen vorweg­nimmt, fundierte Antworten vorbereitet und die Empfehlungen unverzüglich umsetzt, schafft ein Klima des dauerhaften Vertrauens. Eine gute und kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Prüfer ermög­licht es, mögliche Verstösse zu antizipieren und diese Risiken zu verringern. Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung, für diejenigen, die dies noch nicht getan haben, ist ebenfalls ein Faktor, der zur Ver­ringerung des Risikos beiträgt, in diesem Fall des finanziellen Risikos.

Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, diesen regulatorischen Rahmen nur als Einschrän­kung zu betrachten. Vermögensverwalter, die das Risikomanagement in ihre Gesamt­ strategie integrieren, verwandeln diese Anforderung in einen Wettbewerbsvorteil. Die Einführung einer Compliance-Kultur schränkt die Initiative keineswegs ein, son­dern fördert klare Entscheidungen, ver­bessert die interne Kommunikation und stärkt das Vertrauensverhältnis zu Kunden und Partnern. Die Förderung des Informa­tionsflusses ohne Angst vor internen Sank­tionen, die Einbeziehung aller Mitarbeiter in die Identifizierung und Kontrolle von Risiken und die Aufwertung von Kontrollen als Zeichen der Seriosität werden so zu Unterscheidungsmerkmalen in einem zunehmend anspruchsvollen Markt.

Unter dem FINIG-Regime ist Compliance kein festes Ziel, sondern ein lebendiger Prozess, der Vorausschau, Sorgfalt und Engagement erfordert. Das proaktive Management organisatorischer Risiken und die ständige Wachsamkeit der Füh­rungsgremien sind keineswegs Kostenfak­toren, sondern eine strategische Investition. Sie stärken die Stabilität, schützen den Ruf und unterstützen das Wachstum. In einer Branche, in der Vertrauen nach wie vor der wichtigste Wert ist, sind sie zweifellos die wertvollste Sicherheit, die ein Vermögens­verwalter bieten kann.

Guillaume de Boccard

Geneva Compliance Group

Guillaume de Boccard ist Gründer und Teilhaber der Geneva Compliance Group. Sein Spezialgebiet sind Rechtsprojekte, vor allem auf dem Finanzsektor. Er überwacht die gesamte Beratungstätigkeit. Er ist Inhaber einer Anwaltslizenz sowie eines MBA des INSEAD und war früher bei deBoccard Conseil tätig. Desgleichen bei Pictet & Cie, Genf, und Credit Suisse, Zürich.

 

 

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