EAM-Lösungen

  • Tatiana Agnesens & Manfred Stüttgen
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  • Hochschule Luzern

«Vermögensverwalter planen, ihre Portfoliomanagementprozesse weiter zu verbessern.»

2024 haben sowohl Aktien als auch Obligationen einen hohen Stellenwert in den Portfolios unabhängiger Schweizer Vermögensverwalter. Der Anteil an Direktinvestitionen stieg über alle Anlageklassen stetig an. Dies zeigt eine neue Umfrage. Die beiden Studienautoren erklären.

Welche Ergebnisse der Umfrage zur Asset Allokation von Schweizer Vermögensverwalter haben Sie besonders überrascht?

Manfred Stüttgen: Dass unabhängige Vermögensverwalter dieses Jahr erstmals U.S.-Aktien übergewichten, springt besonders ins Auge. Die höhere Gewichtung ist leicht nachvollziehbar, wenn sie durch die laufende Höherbewertung des U.S.-Aktienmarktes verursacht wurde. Vielleicht haben die Vermögensverwalter aber auch in den vergangenen 12 Monaten zusätzliche neue Mittel in U.S. Aktien investiert oder zu deren Gunsten umgeschichtet.

Ebenfalls eine interessante Einsicht ist, dass Schweizer Vermögensverwalter im Schnitt noch untergewichtet sind in Staatsanleihen aus der Schweiz, Europa und USA, obwohl diese Anleihen nun wieder positiv rentieren. Dass sie hingegen nun vermehrt auch in europäische und amerikanische Unternehmensanleihen investieren, überrascht hingegen weniger.

Die Tatsache, dass viele Vermögensverwalter sehr stark in Schweizer Aktien investieren, hat verschiedene Folgen: Sie suchen weniger nach Finanzprodukten und sie sind weniger stark im Bereich Nachhaltigkeit investiert. Sehen Sie das auch so?

Manfred Stüttgen. Die befragten Schweizer Vermögensverwalter haben in der Tat einen «Home Bias» zugunsten von Schweizer Aktien. Zugleich investieren sie in Schweizer Aktien mehrheitlich direkt und nutzen – im Vergleich zu anderen Märkten – seltener Fonds oder ETFs. Die geringere Produktnutzung für Schweizer Aktien könnte darin liegen, dass sie den Heimatmarkt Schweiz besonders gut kennen und sich die Aktienselektion hier zuverlässig zutrauen.

Wir beobachten zugleich, dass 20 Prozent der Vermögensverwalter standardmässig Nachhaltigkeitskriterien in ihre Anlageprozesse inkludieren; weitere 48 Prozent tun dies auf Kundenwunsch. Die Vermögensverwalter unterscheiden sich hier kaum von anderen Anlegerinnen und Anlegern: Ähnliche Verteilungen sehen wir auch in anderen Anlage-Märkten und Vertriebskanälen – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Aktienanlagen in Schweizer Aktien oder nicht. Insofern lässt sich aus der aktuellen Vorliebe von Vermögensverwaltern für Schweizer Aktien keine zuverlässige Aussage dazu folgern, wie Vermögensverwalter zu nachhaltigen Investments eingestellt sind.

Erstmals haben Sie die Unabhängigen Vermögensverwalter auch nach der Anwendung von Tools nachgefragt – also den Stand der Digitalisierung der Portfolios. Wo sehen diese das grösste Potential?

Tatiana Agnesens. In den Kernprozessen des Portfoliomanagements – beispielsweise der Portfoliokonstruktion, dem Portfoliomonitoring oder auch dem Rebalancing – verlassen sich die Schweizer Vermögensverwalter in grosser Mehrheit auf ihre eigenen Werkzeuge und Methoden. Anders sieht dies aus bei Prozessen, die die Produktselektion oder die «Product Suitability» betreffen: dort werden immer öfter auch externe Tools oder Services genutzt.

Welche externen Tools und in welchem Umfang für Vermögensverwalter sinnvoll wären, dazu lässt sich aus unserer Umfrage keine klare Aussage treffen. Vieles hängt vom jeweiligen konkreten Set-up der Vermögensverwalter ab. Sicherlich könnten viele unabhängige Vermögensverwalter aber von der vermehrten Nutzung innovativer Werkzeuge profitieren und die Effizienz und Qualität ihrer Prozesse weiter steigern. Insofern überrascht es auch nicht, dass fast die Hälfte der Vermögensverwalter plant, zumindest einen ihrer Portfoliomanagementprozesse künftig mit Hilfe von entsprechenden Werkzeugen und Services noch weiter zu verbessern.

Auffällig ist, dass die Grösse eine Rolle spielt: Grössere Vermögensverwalter unterscheiden sich von den kleinerein im Anlageverhalten, im Einsatz von digitalen Tools aber auch in ihrer Haltung gehgenüber Nachhaltigkeitsthemen. Woran liegt das?

Tatiana Agnesens. Die Unterschiede können vielfältige Gründe haben: die grösseren Vermögensverwalter haben oft mehr Ressourcen als die kleineren Vermögensverwalter, sowohl finanziell als auch personell. Dies ist aber bei weitem nicht der einzige Grund für mögliche Unterschiede. Auch die Andersartigkeit der Kundenbasis oder die Verschiedenartigkeit der strategischen Positionierung können erklären, warum jemand anders investiert oder sich anders prozessual organisiert. So betreut nur etwa die Hälfte der befragten Vermögensverwalter institutionelle Kunden; 98 Prozent der befragten Vermögensverwalter betreuen private Kunden. Je nach Art der Endkunden – oder auch deren Steuerdomizil, Risikopräferenz oder Nachhaltigkeitsvorlieben – stellen sich die Vermögensverwalter unterschiedlich auf, um die spezifischen Kundenbedürfnisse bestmöglich zu erfüllen.

Zum Schluss noch die Frage nach der Nachhaltigkeit: Die Bewegungen sind im Jahresvergleich gering. Nach wie vor ist jedoch ein grosser Teil der VV bereit, in ESG/Nachhaltigkeits-Produkte zu investieren, wenn die Kunden es wünschen. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

Manfred Stüttgen: Manfred Stüttgen: Nachhaltigkeitsaspekte spielen für zwei Drittel der Vermögensverwalter eine wichtige Rolle: sie integrieren die sogenannten ESG-Kriterien entweder standardmässig in Anlageprozesse oder auf speziellen Kundenwunsch. Man kann diese Entwicklung auf zweierlei Weise interpretieren: Ein Teil der Vermögensverwalter geht das Thema Nachhaltigkeit sehr aktiv und systematisch an; ein anderer Teil eher pragmatisch und kundenorientiert.

Je nach Art der betreuten Endkunden gibt es für beide Zugänge gute Argumente. Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten in Portfolios ist ein anspruchsvolles Thema, das viel Wissen und auch entsprechende Daten voraussetzt. Nach einigen Jahren des sehr rasanten Wachstums von nachhaltigen Anlagen sehen wir aktuell bei den Vermögensverwaltern – aber auch in anderen Märkten – ein etwas abflachendes Wachstum. Wir erwarten aber, dass trotz aktuellem Gegenwind, das Wachstum in nachhaltigen Anlagenstrategien noch einige Jahre anhalten wird.

Manfred Stüttgen

Manfred Stüttgen Manfred Stüttgen ist Professor für Banking an der Hochschule Luzern. Er lehrt und forscht in den Bereichen Wealth Management und nachhaltige Anlagen. In der Finanzindustrie ist er langjährig in Leitungsfunktionen und Mandaten aktiv.

Tatiana Agnesens

Tatiana Agnesens ist als Dozentin für Finanzmathematik an der Hochschule Luzern tätig. Ihr Fachgebiet umfasst die Lehre und Forschung zur digitalen Anlagelösungen, Asset Management und Verhaltensökonomie. Vor ihrer Tätigkeit an der Hochschule promovierte sie an der Universität St. Gallen und sammelte einige Jahre Erfahrung im Bereich Corporate Finance sowie in der externen Vermögensverwaltung.

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