Investment Lösungen
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- Interview mit Philippe Bekhazi
- Chief Executive Officer
- XBTO Group
„Quantitativ im Wesen, institutionell aus Überzeugung, langfristig im Kern”
Die vor zehn Jahren gegründete Krypto-Plattform XBTO verbindet systematischen Handel, Vermögensverwaltung, Infrastruktur und Tokenisierung. In diesem Interview blickt CEO Philippe Bekhazi auf ein Jahrzehnt des Umbruchs und Aufbaus zurück, von der ersten Arbitrage mit Bitcoin über die Erfahrungen aus Krisenzeiten und das Aufkommen der programmierbaren Finanzwelt bis hin zu langfristigen Partnerschaften mit Geldgebern.
Von Jérôme Sicard
Wo sahen Sie sich 2015, als XBTO gegründet wurde, zehn Jahre später?
Als ich zum ersten Mal das Whitepaper von Satoshi las, war mir sofort klar, dass gerade ein Umbruch stattgefunden hatte. Es handelte sich nicht nur um eine Innovation unter vielen. Es war eine komplette Neuerfindung der Art und Weise, wie Finanzen, Wert und Vertrauen funktionieren können. Diese neue dezentrale, transparente und programmierbare Architektur bot die Grundlage für ein völlig anderes System.
Im Jahr 2015 wusste ich noch nicht genau, wohin mich dieser Weg führen würde, aber ich wusste, dass ich im Zentrum dieses Wandels stehen wollte, nicht als einfacher Beobachter, sondern als Mitgestalter. Die Kryptomärkte waren fragmentiert, kaum reguliert und ineffizient. Aber sie steckten voller Potenzial für diejenigen, die Disziplin walten lassen konnten. Ich konzentrierte mich auf zwei Bereiche: quantitative Arbitrage, an der Schnittstelle zwischen Technologie und Volatilität, und Investitionen in die Infrastruktur. Wir investierten früh in Deribit, welches sich zu einem wichtigen Akteur im Bereich der Krypto-Derivate entwickelt hat. Aber ich wusste, dass der Handel nur ein Einstieg war. Die eigentliche Herausforderung bestand darin, zur Entwicklung einer Architektur beizutragen, die auf Dauer angelegt ist.
Was waren Ihre Ambitionen bei der Gründung von XBTO?
Wir wollten eine Brücke zwischen der traditionellen Finanzwelt, aus der ich kam, und der aufstrebenden Welt der digitalen Vermögenswerte schlagen. Nicht durch Theorie, sondern durch konkrete Systeme, echtes Kapital und kompromisslose Umsetzung. Während viele den historischen Märkten den Rücken kehren wollten, hatte ich die gegenteilige Intuition. Ich glaubte, dass die Institutionen, die sich am meisten gegen Veränderungen sträubten, früher oder später am dringendsten darauf angewiesen sein würden. Die Zukunft der Finanzwelt würde keine Revolution gegen das Bestehende sein, sondern eine anspruchsvolle Konvergenz zwischen alten und neuen Paradigmen.
Wir begannen als Desk für Eigenhandel und entwickelten die Infrastruktur und Modelle, die notwendig waren, um in einem schnelllebigen und instabilen Umfeld bestehen zu können. Das ermöglichte uns nicht nur, Ergebnisse zu erzielen, sondern auch eine gewisse Legitimität zu erlangen. Dann erweiterten wir unser Spektrum auf Vermögensverwaltung, Infrastruktur und Liquiditätsbereitstellung. Wir blieben agil, rigoros und leistungsorientiert, während der Markt reifte. Was als Handelsunternehmen begann, wurde zu einer globalen Plattform. Von Anfang an ist unsere Mission dieselbe geblieben: dieser Branche ein Ausführungs- und Risikomanagementniveau zu bieten, das institutionellen Standards entspricht.
Wie haben sich diese Ambitionen entwickelt?
Zunächst ging es darum, zu beweisen, dass man Kryptowährungen systematisch handeln kann. Danach mussten wir zeigen, dass diese Anlageklasse mit Disziplin, Transparenz und Performance verwaltet werden kann. Heute unterstützen wir institutionelle Anleger, Token-Emittenten und Börsenplätze. Wir haben unsere regulatorische Präsenz von Bermuda bis Abu Dhabi ausgebaut und unsere Vermögensverwaltungssparte gegründet, um den Anforderungen der neuen Generation gerecht zu werden. Dabei sind wir stets denselben Grundsätzen gefolgt: Risikodisziplin, technologischer Vorsprung und eine strategische Interpretation der Marktstrukturen.
Was waren die wichtigsten Meilensteine Ihrer Laufbahn?
Der erste Wendepunkt war 2015, als wir begannen, mit Bitcoin zu handeln. Damals mussten wir ohne Roadmap arbeiten. Es gab keine Infrastruktur, aber in dieser Lücke haben wir unsere Methode entwickelt. Der zweite Meilenstein war die Gründung unserer Vermögensverwaltungssparte. Dadurch konnten wir uns vom reinen Handel lösen und unsere Mission erweitern. Im Jahr 2022, als die Branche ihre grössten Krisen durchlebte, konnten wir uns behaupten. Während einige um jeden Preis weiterwachsen wollten, setzten wir auf Vorsicht, eine solide Positionierung und Risikomanagement. Die Ereignisse um Luna, FTX und die anderen Insolvenzen in Folge haben nur bestätigt, was wir immer vertreten haben: In diesem Umfeld hängt das Überleben nicht von Geschwindigkeit ab, sondern von Klarheit.
Was hat Sie in den letzten zehn Jahren am meisten überrascht?
Am meisten überrascht hat mich die ständige Spannung zwischen der rasanten Innovationsgeschwindigkeit und dem vergleichsweise langsamen Aufbau von Vertrauen. Der Kryptomarkt entwickelt sich mit atemberaubender Geschwindigkeit: Zyklen verkürzen sich, Technologien folgen Schlag auf Schlag, Kapital strömt ein und wieder ab. Doch Adoption, Legitimität und Referenzstatus brauchen Zeit. Konzepte, die wir von Anfang an vertreten haben – wie programmierbare Liquidität, Tokenisierung oder Bitcoin als Reservewert – galten einst als spekulativ. Heute gelten sie als selbstverständlich. Dieser Markt ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf.
Wie würden Sie die DNA von XBTO definieren?
Quantitativ im Wesen, institutionell aus Überzeugung, langfristig im Kern. Wir haben als reine Trading-Maschine begonnen – heute sind wir ein globaler Marktpartner. Doch unsere DNA ist dieselbe geblieben: Präzision, Resilienz, Disziplin. Wir lassen uns nicht von Modetrends leiten, sondern vom Anspruch, etwas Belastbares, Nützliches und Nachhaltiges aufzubauen. Eine transparente, globale, programmierbare Finanzwelt.
Was haben Sie implementiert, um auf die Entwicklung des Marktes zu reagieren?
Mit der Reifung des Marktes hat sich auch unsere Plattform weiterentwickelt. Wir haben XBTO Hub lanciert – eine integrierte Infrastruktur für Aufbewahrung, Handel und Ausführung. Wir haben aktiv verwaltete Fonds entwickelt, um institutionellen Investoren den asymmetrischen Charakter von Bitcoin mit striktem Risikomanagement zugänglich zu machen. Unser Engagement als Liquiditätsanbieter und unser Angebot an Tokenisierungslösungen haben wir konsequent ausgebaut – mit einem klaren Fokus auf langfristige Partnerschaften. Uns war früh klar: Tokenisierung ist keine Modeerscheinung, sondern eine Gelegenheit, Finanzinstrumente von Grund auf neu zu denken. Ob Fonds, Kredite oder Real-World-Assets – On-Chain-Strukturen ermöglichen mehr Effizienz, Transparenz und Liquidität.
Wie hat sich Ihre Rolle als Liquiditätsanbieter zwischen 2015 und 2025 verändert?
Sie hat sich grundlegend gewandelt. 2015 bedeutete es, Geld auf eine Plattform zu schicken – in der Hoffnung, dass die Assets am nächsten Tag noch da sind. Heute geht es darum, ein verlässlicher Kontrahent für Institutionen auf globaler Ebene zu sein. Aus einem Market Maker ist ein Marktgestalter geworden. Wir wählen die Projekte, mit denen wir zusammenarbeiten, sorgfältig aus – und setzen auf Nachhaltigkeit statt auf kurzfristige Performance. Liquidität ist längst keine Frage mehr von Spreads – sie ist eine Frage des Vertrauens.
Was ist heute das Kerngeschäft von XBTO?
Wir sind ein Asset Manager und Marktteilnehmer im Dienste institutioneller Kunden. Wir betreiben quantitative Strategien, bieten Liquiditätslösungen, Tokenisierung sowie die Strukturierung digitaler Vermögenswerte an.
Welche Hebel setzen Sie für weiteres Wachstum in Bewegung?
Unser Wachstum basiert auf drei Pfeilern: Performance – mit Strategien für institutionelle Investoren. Regulierung – mit soliden Lizenzen in führenden Jurisdiktionen. Und Bildung – um eine Referenz im professionellen Zugang zu Krypto-Assets zu werden.
Wie schätzen Sie das Potenzial der Tokenisierung ein?
Die Tokenisierung wird die Kapitalmärkte tiefgreifend verändern – nicht, weil sie ein neues Produkt einführt, sondern weil sie ein überlegeneres System bietet. Die Chancen liegen in der Fähigkeit, die Finanzinfrastruktur für eine digitale Welt neu zu gestalten: ein Umfeld, in dem Assets programmierbar, Abwicklungen augenblicklich durchgeführt werden und die Distribution wirklich global ist. Das schafft greifbaren Mehrwert – für Emittenten wie für Investoren: geringere Kosten, breiterer Zugang, höhere Liquidität. Besonders viel Potenzial sehen wir bei Anleihen, strukturierten Produkten und tokenisierten Fonds. Mit den richtigen Strukturen und regulatorischen Rahmenbedingungen lassen sich so Billionen an realer Wertschöpfung erschliessen.
Philippe Bekhazi
XBTO Group
Philippe Bekhazi ist CEO der XBTO Group, die in den Bereichen Market Making, OTC-Handel, Venture Capital, Mining und weiteren Segmenten der digitalen Vermögenswerte aktiv ist. Gegründet 2015, war XBTO der erste Liquiditätsanbieter im grossen Stil auf Krypto-Börsen. Vor der Gründung von XBTO entwickelte Philippe Lösungen für Trading, Portfoliomanagement und Risikosteuerung in den Bereichen Aktien, Währungen, Zinsen und Kreditmärkte. Er arbeitete unter anderem bei renommierten Häusern wie Calypso Technology und Citibank. Vier Jahre verbrachte er bei SAC Capital Advisors, wo er beim Aufbau des globalen Macro-Desks mitwirkte.
Philippe ist Absolvent der Syracuse University und hält einen Doppelabschluss (Bachelor of Science) in Finance und Communication.
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