Paradigma
Maria Vassalou
Pictet Research Institute
Der Aufstieg der BRICS+ und seine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft
Das Jahr 2024 geht in die Zielgerade, und es ist eine Untertreibung zu sagen, dass es für europäische Aktien nicht sehr günstig war. Während der S&P 500, der Leitindex der amerikanischen Börse, um +27% steigt, legt der EuroStoxx 50 nur um 5% zu.
Die Underperformance europäischer Aktien lässt sich leicht erklären: von der politischen Instabilität in Frankreich über die Flaute der Industrietätigkeit bis hin zu der Tatsache, dass viele Unternehmen der schwächelnden chinesischen Wirtschaft ausgesetzt sind. Nun stellt sich die Frage nach den Aussichten. Während das Schicksal der Eurozone natürlich von der Fähigkeit Chinas, seine Wirtschaft anzukurbeln, und von den Zöllen der Trump-Regierung abhängen wird, muss sie auch mit dem Auf und Ab ihrer beiden Zugpferde leben: Frankreich und Deutschland.
In Frankreich ist das Risiko eines weiteren Ausrutschers am grössten. Die politische Instabilität wird sicherlich noch mehrere Monate anhalten. Das Szenario eines baldigen Sturzes der Regierung Barnier gewinnt an Bedeutung, und sollte es dazu kommen, wären alle Szenarien offen, bis hin zu einem möglichen Rücktritt von Präsident Macron. Dies würde das Misstrauen der Anleger noch weiter verstärken. Selbst ein genehmigter Haushalt und das Ausbleiben eines Misstrauensvotums würden sich nur marginal positiv auswirken, da im nächsten Sommer eine erneute Auflösung des Staates und damit eine anhaltende Instabilität der Macht in Aussicht gestellt wird.
Darüber hinaus wird die Haushaltsfrage über den rein politischen Aspekt hinaus weiterhin zentral bleiben. Selbst wenn der Haushalt verabschiedet würde, würde dies das Defizit nur auf 5% des BIP senken, was absolut gesehen immer noch sehr hoch ist. Darüber hinaus beruht diese Berechnung auf der im Finanzgesetz niedergelegten Annahme, dass das BIP im Jahr 2025 um 1,1% wächst. Angesichts der jüngsten Entwicklung der Wirtschaftsindikatoren ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese Zahl erreicht wird. Ein Wachstum in der Grössenordnung von 0,5 bis 0,7% erscheint glaubwürdiger, mit einem nicht zu vernachlässigenden Risiko einer technischen Rezession im Laufe des Jahres. Ein Haushalt, der auf einer zu hohen Wachstumsannahme kalibriert ist, kann nur zu einem weiteren Ausrutscher führen. Und leider ist die Situation in Frankreich weder neu noch aussergewöhnlich. Frankreich ist der Staat, der seit der Gründung der Eurozone am häufigsten die Schwelle für ein übermässiges Defizit (3% des BIP) überschritten hat – in 20 von 26 Jahren. Darüber hinaus ist es heute der schlechteste Schüler in der Währungsunion, was das Verhältnis von Staatsdefizit zu Schulden betrifft: Italien und Griechenland, deren Verhältnis von Schulden zu BIP das Frankreichs übersteigt, werden im Jahr 2024 im Falle des ersten Landes einen nahezu ausgeglichenen Haushalt und im Falle des zweiten einen deutlichen Überschuss aufweisen.
Trotz dieser wenig berauschenden Bilanz und obwohl der französische 10-Jahres-Zinssatz vor kurzem sein griechisches Pendant überholt hat, nimmt Frankreich weiterhin Kredite zu moderaten Zinssätzen auf. Heute besteht jedoch die reale Gefahr, dass die anhaltende Haushaltsdisziplin in Verbindung mit der politischen Instabilität letztendlich zu einem derartigen Misstrauen führt, dass die Zinsen an den Märkten in die Höhe schnellen und Frankreich, wenn man es genau nimmt, in eine Art Schuldenkrise gerät. Hier liegt zweifellos das grösste Risiko für die Eurozone in den nächsten Quartalen.
Diesem Risiko steht jedoch eine Hoffnung aus Deutschland gegenüber, nachdem die regierende Koalition zerbrochen ist. Wenn es nicht zu einer grösseren Wende kommt, werden die daraus resultierenden vorgezogenen Bundestagswahlen im Februar nächsten Jahres voraussichtlich von der CDU/CSU unter der Führung von Friedrich Merz gewonnen werden. Merz, der als künftiger Bundeskanzler gehandelt wird, wird anschliessend entweder mit der SPD von Olaf Scholz oder mit den Grünen ein Bündnis eingehen, je nachdem, wie diese Parteien abschneiden. Unabhängig von der Farbe der nächsten Koalition scheint es sicher, dass Deutschland, das mit einer Verschuldung von nur 59% des BIP und ohne Primärdefizit über echten Handlungsspielraum verfügt, endlich seine haushaltspolitische Orthodoxie anpassen wird.
Es bieten sich drei glaubwürdige Wege an. Erstens: Lockerung der Bedingungen und häufigere Aktivierung der Schutzklausel, die es dem Bundestag ermöglicht, die Schuldenbremse „im Falle einer Naturkatastrophe oder einer anderen aussergewöhnlichen Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entzieht“, auszusetzen. Zweitens: Verlängerung des 2022 eingerichteten Sonderfonds in Höhe von 100 Mrd. EUR zur Unterstützung des Verteidigungshaushalts oder Einrichtung eines neuen Fonds. Schliesslich sollte die Grenze für das Haushaltsdefizit im Rahmen der Schuldenbremse überprüft werden. Sie liegt derzeit bei 0,35% des BIP und könnte auf 0,5 oder sogar 0,75% angehoben werden.
Diese Anpassungen mögen geringfügig erscheinen. Sie würden jedoch einen grossen Wandel in der Denkweise der deutschen Politiker bedeuten, und es ist derzeit kaum glaubwürdig, kurzfristig auf mehr zu hoffen. In Bezug auf die Risikowahrnehmung der Anleger könnte dies ein Aufatmen sein, da die grösste Volkswirtschaft der Eurozone endlich das Ausmass ihres seit fast einem Jahrzehnt rückläufigen Wirtschaftsmodells erkennt und sich in der Lage zeigt, ihrem manchmal übertriebenen Ordoliberalismus ein wenig Flexibilität zu verleihen. Dies könnte auch einigen zyklischen Sektoren, die von den Märkten gemieden wurden, wie dem Automobil- oder dem Chemiesektor, wieder Auftrieb verleihen.
Ob die französische Gefahr eintritt oder sich die – vernünftige – deutsche Hoffnung erfüllt, wird sicherlich zu einem Grossteil vom Börsenschicksal der Eurozone im Jahr 2025 abhängen.
Olivier de Berranger
La Financière de l’Echiquier
Olivier de Berranger ist CEO und Co-CIO von La Financière de l’Echiquier. Er bekleidete seit 1990 Posten als Trader sowie als Trading Desk-Verantwortlicher für Zinsprodukte, Cash und Derivate beim Crédit Lyonnais und dann bei Calyon. Anschliessend war er für den Bereich Capital Markets bei First Finance verantwortlich. Im März 2007 kam er als Anleihenmanager zu La Financière de l’Echiquier. Nachdem er die Verantwortung für den Bereich Zins-, Kredit- und Diversifizierungsmanagement übernommen hatte, wurde er 2017 zum Direktor der Vermögensverwaltung ernannt und trat in den Vorstand ein. Im Dezember 2023 wird er zum Generaldirektor von LFDE ernannt. Olivier de Berranger ist HEC-Absolvent.
Sie werden auch mögen
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
Kontakt[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Postfach 1806
CH-1211 Genf 1
© 2023 Sphere Magazine
Website erstellt von Swiss House of Brands
Kamala Harris konnte als relativ Unbekannte Persönlichkeit nur einen dreieinhalb Monate dauernden Wahlkampf führen. Sie hatte nur eine begrenzte Chance, gegen einen ehemaligen Präsidenten zu gewinnen, der seit Jahrzehnten die Aura eines Stars geniesst. Dazu kam die fade Botschaft der Linken, die nicht in der Lage waren, die Fehler einer unbeliebten Biden-Präsidentschaft zu erkennen. Dies angesichts einer kriegerischen und erobernden Rhetorik von Donald Trump.
Sowohl linke als auch rechte Medien berichteten von einem engen Kampf und einer Auszählung der Stimmen, die mehrere Tage in Anspruch nehmen würde. Doch am Tag nach dem 5. November waren die Ergebnisse zwar noch vorläufig, liessen aber keinen Raum für Zweifel. Es ging nicht mehr darum, wer gewinnen würde, sondern darum, um wie viele Stimmen Donald Trump gewinnen würde. Innerhalb kürzester Zeit war auch der Senat in republikanischer Hand, gefolgt vom Repräsentantenhaus.
Man ging zwar davon aus, dass der ehemalige Präsident die Unterstützung einer vor allem älteren, männlichen, weissen und wenig gebildeten Wählerschaft erhalten würde. Doch muss man feststellen, dass er weit über diese Klischees hinaus ansprechen konnte – vor allem junge Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen, Hispanics und Asiaten sowie Menschen mit niedrigen Löhnen.
Aufgereihte Planeten
Der Donald Trump des Jahres 2024 ist bei weitem nicht so versöhnlich wie der von 2016 oder gar 2020. Als Bewunderer von autoritären Politikern wie Wladimir Putin, Kim Jong-Un oder Viktor Orban scheint Trump entschlossen zu sein, das Land nach seinen Vorstellungen zu führen und jede abweichende Stimme zum Schweigen zu bringen. Die ersten Nominierungen deuten darauf hin, dass unerschütterliche Loyalität gefordert sein wird.
Neben dem Senat, der dem gewählten Präsidenten einen komfortablen Vorsprung von sechs Stimmen bietet, ist auch das Unterhaus in republikanischer Hand. Zudem sind sechs der neun Richter des Obersten Gerichtshofs konservativ. Die drei fundamentalistischsten Richter wurden vom künftigen Präsidenten selbst ausgewählt.
Nach Ablauf der neuen Amtszeit kann Donald Trump nicht erneut kandidieren. Der Mann, der am ersten Tag seiner Präsidentschaft versprach, ein Diktator zu sein, wird in den nächsten vier Jahren vermutlich eine Politik des Absolutismus verfolgen. Er wird die Steuern für Firmen und Privatpersonen senken, die Einwanderung stoppen und drastische Zollschranken einführen.
Eine Schlankheitskur
Mit der Mehrheit im Kongress werden die Republikaner freie Hand haben, um die von Donald Trump propagierten Sachen umzusetzen. Die Senkung der Firmensteuern von 21% auf 15% wird wahrscheinlich ein grosses Loch in die Staatsfinanzen reissen, ohne den Steuerzahlern Vorteile zu bringen. Zur Erinnerung: 2017 hatten 81% der Steuersenkungen Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen finanziert (Center on Budget and Policy Priorities).
Wie kann das Defizit beglichen werden? Elon Musk hat es angekündigt: Dem US-Volk stehen harte Zeiten bevor. Zum Leiter der neu geschaffenen Abteilung für Regierungseffizienz ernannt, ist die Reduktion der Staatsangestellten eine Priorität. Wichtige Sozialprogramme wie Obamacare, Medicaid und die Sozialversicherung, die schon seit langem im Visier der Republikaner sind, werden zwangsläufig gekürzt, um die Bundesfinanzen zu sanieren.
‘America First’
Die Entscheidung über die Einführung von Zöllen liegt weitgehend im Ermessen des Präsidenten. Das Versprechen, einheitlich 10% und bis zu 60% auf chinesische Importe zu erheben, könnte daher schnell Realität werden. Das würde logischerweise zu einer erheblichen Inflation führen. Der gewählte Präsident ist zwar der Meinung, dass Zölle die Staatskasse füllen und Arbeitsplätze schaffen werden, weil sie die Firmen dazu bringen, in den USA zu produzieren. Aber diese Rationalität berücksichtigt nicht die potenziellen Vergeltungsmassnahmen und den Mangel an Arbeitskräften. Diese beiden Punkte ausser Acht zu lassen, bedeutet, die daraus resultierende Preis- und Lohninflation und damit eine mögliche Rückkehr zur restriktiven Politik der Fed zu verschweigen.
Die Zukunft der Republikaner
Die heutige Republikanische Partei hat kaum noch etwas gemeinsam mit der Partei von Ronald Reagan oder George Bush, Vater und Sohn. Viele Kongressabgeordnete bezeichnen sich selbst als „MAGA-Republican“ und sind eher dem Personenkult als der Verteidigung konservativer Ideale zugetan. Die von Donald Trump initiierte Bewegung hat nicht nur Sympathisanten. Das zeigt sich daran, dass während des Wahlkampfs mehrere prominente Parteifunktionäre zu den Demokraten übergelaufen sind. Heisst das, dass bei den Präsidentschaftswahlen 2028 eine dritte Partei entstehen wird, die endlich in der Lage ist, auf Augenhöhe mit den beiden Giganten zu konkurrieren? Die Demokratie würde davon profitieren, aber sicher ist das nicht.
Sie werden auch mögen
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
Kontakt[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Postfach 1806
CH-1211 Genf 1
© 2023 Sphere Magazine
Website erstellt von Swiss House of Brands
Yoann Ignatiew und Emmanuel Petit, geschäftsführende Partner bei Rothschild & Co Asset Management, sind am Donnerstag, den 28. November, in Genf, um ihren Ausblick 2025 für die Aktien- und Fixed-Income-Märkte vorzustellen. Die Gelegenheit, vorab mit Emmanuel Petit auf die Entwicklung des Anleihensegments im Jahr 2024 einzugehen, während sich das Jahr dem Ende zuneigt.
Von Jérôme Sicard
Was sollte man aus dem sich zu Ende neigenden Jahr in Bezug auf die Verwaltung von Anleihen lernen?
Ich fand, dass es ein interessantes Jahr war, insbesondere in Bezug auf die Art und Weise, wie die Menschen das Umwelt wahrnehmen. Der allgemeine Eindruck ist, dass die Zinsen gesunken sind, aber es handelt sich dabei nur um die kurzfristigen Zinsen. Die langfristigen Zinssätze steigen. Der einzige wirkliche Rückgang erfolgte im letzten Jahr. Im Jahr 2024 erlebten wir vor allem eine Versteilerung der Kurven, welche bei allen langfristigen Zinssätzen, fünf Jahre und länger anstiegen. Wir sehen somit Unsicherheiten aufkommen über die Fähigkeit der Zentralbanken, ihr Inflationsziel zu erreichen. Wenn man sich die europäische Kurve ansieht, ist diese Versteilerung doch recht markant.
Ausserdem sollte man ebenfalls die Dekorrelation der Geldzyklen festhalten und damit die Zinsbewegungen in Japan, das in eine Phase der Desynchronisation eingetreten ist. Ich glaube übrigens, dass wir sehen werden, wie dieses gleiche Phänomen der Desynchronisation in den USA und dem Rest der Welt Gestalt annehmen wird.
Zum Schluss möchte ich noch auf den Kreditsektor eingehen, wo sich mit dem Zusammenbruch der Spreads zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen ein echter Paradigmenwechsel vollzogen hat. Der Spread ist enorm gesunken und hat dabei die relative Qualität der beiden Segmente neu definiert.
Was sind für Sie die langfristigen Auswirkungen?
Die Platzierung des relativen Kreditmarkts gegenüber dem Staatsmarkt steht vor einem Umschwung. Unternehmensanleihen guter Bonität könnten im Laufe der Zeit zu einer attraktiveren Benchmark werden, wenn sich die Verschlechterung der Staatsverschuldung fortsetzt.
Inwieweit haben Sie in den letzten fünf Jahren, die von erheblichen Umbrüchen geprägt waren – Covid-19, Nullzinsen, finanzielle Repression, galoppierende Inflation und geopolitische Spannungen – Ihre Anlagestrategien angepasst?
Unsere DNA als aktive, flexible Assetmanager besagt, dass wir uns an sehr unterschiedliche Marktbedingungen anpassen können, auch wenn wir dafür unsere Software regelmässig wechseln müssen. Ich möchte dazu zwei Beispiele anführen. 2021 hatten wir wirklich eine eher grundlegende Perspektive auf die Zinsen und antizipierten einen möglichen Inflationsschub, der auf den Übergang zu negativen Zinsen folgen würde. In diesem Jahr verfolgten wir einen eher taktischen Ansatz und haben die Steigung entsprechend den Markterwartungen hinsichtlich der EZB-Senkungen gehandhabt. Wir haben also eine kurzfristige Perspektive angenommen, die letztlich im Einklang mit den Makrodaten steht, die von Monat zu Monat schwanken können, was die Banken „datenabhängig“ macht – eine elegante Art zu sagen, dass sie ohne grosse Sichtbarkeit agieren.
Und ich habe noch ein drittes Beispiel. Zum Zeitpunkt der Covid-19-Pandemie musste man opportunistisch sein und angesichts der Heftigkeit des Schocks in der Lage sein, sich dem Markt mit einer beeindruckenden Schnelligkeit gegenüberzustellen. Es war von solcher Gewalt. Das Fenster schloss sich schnell wieder, als die Zentralbanken eingriffen, aber es gab immer noch Möglichkeiten, die man nutzen konnte, wenn man sehr, sehr reaktiv war. Dies setzt voraus, dass der für die Verwaltung zuständige Bereich perfekt organisiert ist, was eigentlich das Merkmal von flexiblen Assetmanagern ist.
Gehen wir noch einmal auf die von Ihnen vorhin erwähnte Desynchronisation der USA mit dem Rest der Welt.
Diese Desynchronisation der Volkswirtschaften auf globaler Ebene wird mit einer Desynchronisation der Geldzyklen und der Zinspolitik einhergehen. Wir werden aus unserer Komfortzone verlassen, in der bislang alle Zentralbanken mehr oder weniger auf die amerikanische Zugmaschine ausgerichtet waren. Morgen könnte diese Korrelation verloren gehen und Europa könnte sogar zusammenbrechen, wenn die EZB zu akkommodierend sind.
So viel zur kurzfristigen Perspektive. Auf lange Sicht treten andere Gefahren auf. Die Situation hält so lange es keine Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der US-Schulden und ihrer Bedienung gibt. Sollte Trump jedoch zu massive fiskalische Impulse setzen, könnten die langfristigen Zinssätze in die Höhe schnellen und de facto einen Marktschock auslösen.
Was erwarten Sie heute von den Zentralbanken?
In den USA, mit einem widerstandsfähigen makroökonomischen Umfeld und einer gedämpften Inflation, sind Zinserhöhungen im nächsten Jahr zwangsläufig möglich. In Europa bewegen wir uns in die entgegengesetzte Richtung. Die EZB wird ihre Zinsen weiter senken müssen, um die immer schwächer werdende Wirtschaft zu stützen. In dieser Hinsicht stellt die Wahl von Donald Trump alle unsere Orientierungspunkte auf den Kopf.
Welche Optionen bevorzugen Sie in diesem turbulenten Umfeld für 2025?
In einem derart unsicheren Zinsumfeld wird es schwierig, Durationen zu beziehen. Die Sichtbarkeit ist nicht besonders gut. Hinzu kommt ein Makrorisiko, das etwas mehr zur Vorsicht mahnt. Der Kredit, der zwischen Aktien und Staatsanleihen notiert ist, kommt mit diesen unklaren Situationen, diesen Grauzonen, denen es eindeutig an Dynamik mangelt, recht gut zurecht.
In diesem Jahr haben wir uns sehr stark im mittleren Teil der Kurve positioniert, um von ihrer Steilheit zu profitieren. Bei einer steilen Kurve ist es nun einfacher, nach etwas längeren Papieren mit guter Qualität zu suchen, die angesichts der Widerstandsfähigkeit der Bilanzen gut bewertet sind. Wir werden uns auch auf nicht-zyklische Unternehmen konzentrieren, da zyklische Unternehmen im Falle einer Rezession eine Menge Turbulenzen durchmachen werden.
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Emmanuel Petit begann seine Laufbahn 1998 bei HSBC Asset Management auf dem Gebiet der AIMR-GPIS-Performance-Attribution und war dort ab 2001 als Kredit-Analyst tätig. 2006 geht er als Anleihenmanager (Unternehmensanleihen) zu Rothschild Co Asset Management und wird 2011 zum Leiter Anleihenmanagement ernannt. Emmanuel Petit ist Inhaber eines DESS in „Unternehmensfinanz“ und Mitglied des SFAF (Französischer Verband der Finanzanalysten).
Sie werden auch mögen
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
Kontakt[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Postfach 1806
CH-1211 Genf 1
© 2023 Sphere Magazine
Website erstellt von Swiss House of Brands
Für unabhängige Vermögensverwalter hat Private Equity den Vorteil, dass es sich in langfristig ausgerichtete Anlagestrategien einfügen lässt. Und, wie Alain Gallati anmerkt, handelt es sich um eine Anlageklasse, die zwar immer noch komplex ist, aber zunehmend zugänglicher für Individualkunden wird.
Von Jérôme Sicard
Wie haben sich die strategischen Allokationen der externen Vermögensverwalter, mit welchen Sie zusammenarbeiten, in den letzten Jahren entwickelt?
Auf strategischer Ebene haben wir keine grösseren Veränderungen festgestellt. Dies macht Sinn, da die Vermögensverwalter für ihre Kunden langfristige Strategien entwickeln. Andererseits beobachten wir, dass die Private-Equity-Allokationen in den Portfolios langsam aber sicher steigen. Hier zeichnet sich ein grundlegender Trend ab. Noch vor einigen Jahren war Private Equity nur für grosse institutionelle Investoren interessant. Heute gewinnt Private Equity in den Segmenten HNWI und UHNWI zunehmend an Bedeutung. Dies ist umso sinnvoller, da es sich um ebenfalls langfristig orientierte Investitionen handelt. Was die Allokation angeht, sind wir noch nicht bei den 5 bis 10 % der institutionellen Portfolios angelangt, aber es kommt.
Wie erklären Sie sich diese Begeisterung für Private-Equity-Produkte?
Zunächst einmal handelt es sich um einen Markt mit einer sehr positiven Dynamik. In den letzten zehn Jahren ist er stark gewachsen, dass er heute einem Volumen von fast 6 Billionen US-Dollar entspricht. Einige spezialisierte Unternehmen gehen sogar davon aus, dass sich der Markt bis 2030 noch einmal verdoppeln wird. Der Markt profitiert von bedeutenden strukturellen Veränderungen. Private Unternehmen werden immer besser finanziert und bleiben länger in Privatbesitz, während die Zahl der an den Börsen kotierten Unternehmen abnimmt. Dieser Grundtrend spiegelt sich auch in der zunehmenden Bedeutung von Private Equity wider.
Es ist klar, dass Private-Equity-Investitionen weniger flexibel sind. Das Kapital wird über mehrere Jahre gebunden, jedoch wird die Anlageklasse als Ganzes Jahr für Jahr leichter zugänglich.Die Entstehung eines Sekundärmarktes verbessert auch die Liquidität.
Was sind die Herausforderungen für unabhängige Vermögensverwalter beim Aufbau und der Verwaltung ihrer Private-Equity-Anteile?
Die erste Aufgabe besteht darin, über alle notwendigen Informationen zu verfügen, um die besten Fondsmanager zu identifizieren. Das ist eine schwierige Aufgabe. Wie bei Hedgefonds kann es auch bei vergleichbaren Strategien grosse Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Fondsmanagern geben. Die zweite Aufgabe besteht darin, über ein ausreichend grosses Netzwerk zu verfügen, um Zugang zu diesen Fondsmanagern zu erhalten, die häufig nicht dazu bereit sind, neue Investoren aufzunehmen, da sie bereits über ein gut gefülltes Kundenbuch verfügen. Die dritte Aufgabe besteht darin, genügend Kapital freizusetzen, um die manchmal sehr hohen Mindestanforderungen zu erfüllen. Schlussendlich ist es wichtig, den Markt ständig zu beobachten, die Entwicklungen zu verfolgen und aufstrebende Talente mit frischen und innovativen Ideen zu finden, die wertvolle Chancen bieten können. Die Kunst liegt darin, ein Private-Equity-Buch richtig zu steuern
Wie begleiten Sie selbst unabhängige Vermögensverwalter im Bereich von Private-Equity?
Zunächst lassen wir sie von der enormen Erfahrung profitieren, die die Gruppe in über 30 Jahren gesammelt hat. Die erste Private-Equity-Investition, die Pictet getätigt hat, geht auf das Jahr 1989 zurück. Seitdem, um nur ein Beispiel zu nennen, waren wir an über 400 Investitionen beteiligt und haben über 90 aktive Beziehungen zu externen Private-Equity-Managern. Wir haben Teams, die sich ausschliesslich mit dieser Anlageklasse befassen. Pictet verwaltet derzeit über 25 Mrd. USD an Vermögenswerten im Private-Equity-Segment. Darüber hinaus konnten wir eine solide Expertise in verschiedenen weiteren Themenbereichen aufbauen.
Die Vermögensverwalter, mit denen wir zusammenarbeiten, haben Zugang zu unseren Fonds – beispielsweise haben wir heute acht Fonds zur Zeichnung offen, in den Bereichen Private Debt, Private Equity und Private Real – aber was unsere Kunden am meisten schätzen, sind unsere Expertise und unsere Partnerschaft.
Welche Elemente des Angebots von Pictet können unabhängige Vermögensverwalter am attraktivsten finden?
Wir verstehen Private Equity in all seinen Formen: Buy-out-Fonds, Dachfonds, Themenfonds, Co-Investments über Multi-Manager-Fonds, sowie «Elevator»-Fonds, bei denen das Kapital in Etappen investiert wird, sprich, wir decken das gesamte Spektrum ab.
Um in einen unserer Fonds zu investieren, reichen heute 140.000 Franken aus. Wir sind jedoch auch in der Lage, massgeschneiderte Lösungen für grossvolumige Investitionen und strategische Kunden zu strukturieren.
Alain Gallati
Pictet Asset Services
Alain Gallati ist für den deutschsschweizer Markt von Pictet Asset Services verantwortlich. Nach 25 Jahren bei der UBS, kam er 2019 zur Pictet-Gruppe. Bei der UBS hatteer verschiedene Funktionen inne, in den Bereichen Investment- und Privatbanking in Asien und der Schweiz. Vor seinem Wechsel zu Pictet war er für die Finanzintermediäre in der Deutschschweiz zuständig.
Sie werden auch mögen
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
Kontakt[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Postfach 1806
CH-1211 Genf 1
© 2023 Sphere Magazine
Website erstellt von Swiss House of Brands
Die Wahl von Donald Trump, der fest entschlossen ist, die USA zu einer „globalen Bitcoin-Supermacht“ zu machen, hat dem Kryptowährungsmarkt einen deutlichen Aufschwung gegeben. Seine Absicht, Bitcoin im amerikanischen Wirtschaftsmodell zu verankern, könnte tiefgreifendere strukturelle Veränderungen einleiten.
Die Marktkapitalisierung von Bitcoin hat mittlerweile 1,7 Billionen US-Dollar überschritten. Das Handelsvolumen für Bitcoin-ETFs erreicht Rekordhöhen. Der von BlackRock Anfang Jahres eingeführte IBIT, hat den Gold-ETF, den IAU, der 2005 eingeführt wurde, in Bezug auf das Nettovermögen überholt. Bei einem Bitcoin-Kurs von 88.000 US-Dollar beläuft sich das Vermögen des IBIT mit Bitcoin nun auf 34,3 Milliarden US-Dollar gegenüber 32,4 Milliarden US-Dollar des IAU. Eine solche Euphorie über Bitcoin und Kryptos bedarf einiger Erklärungen.
Die Rallye ist zum Teil auf einige subtile, aber revolutionäre Versprechen zurückzuführen, die der ehemalige Präsident Donald Trump gemacht hat. Diese Versprechen, gepaart mit den erwarteten politischen Veränderungen, haben eine bullishe Stimmung auf den Kryptomärkten erzeugt und Bitcoin für eine mögliche Jahresendrallye positioniert. Trump hat eine Vision: die USA zur „globalen Bitcoin-Supermacht“ aufsteigen zu lassen. Seine Vorschläge könnten tiefgreifende Auswirkungen auf den Wert von Bitcoin haben, da Analysten sein Potenzial bis 2025 auf 150.000 US-Dollar oder sogar mehr schätzen. Aber ist das realistisch?
Ein Satz fasst Trumps Ambitionen zusammen: „Crypto Made in America“. Sein Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die USA eine unangefochtene Führungsposition im Bereich der Finanztechnologie einnehmen, wobei Bitcoin im Mittelpunkt steht. Er behauptet, dass dieses Projekt nicht nur den Bitcoin auf neue Höhen treiben, sondern auch den Weg für aufstrebende Unternehmen ebnen könnte, die auf der Blockchain-Technologie basieren und mit Milliarden von Dollar bewertet werden.
Darüber hinaus plant Trump mit der Schaffung einer „Strategic Bitcoin Reserve“ ein Reservesystem mit Bitcoin, das eine radikale Alternative zu dem auf Fiat-Geld basierenden Reservemodell bietet. Senatorin Cynthia Lummis hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, demzufolge die US-Regierung über einen Zeitraum von fünf Jahren jährlich 200.000 Bitcoins kaufen soll, was insgesamt einer Million BTC entspricht. Obwohl ein solcher Vorbehalt eine spezielle Gesetzgebung erfordert und möglicherweise nicht vor 2025 zustande kommt, ist für uns, wie Gautam Chhugani, Senior Analyst für digitale Vermögenswerte bei Bernstein, betont, „die Richtung, in die wir uns bewegen, mit dem Bitcoin der zu einem Cash-Asset wird, das von Unternehmen, Regierungen und Institutionen gehalten wird, ist offensichtlich“.
Dieser Ansatz würde einen Paradigmenwechsel im amerikanischen Währungssystem einleiten, das von ständig steigenden Schulden und immer höheren Staatsausgaben geprägt ist.
Die Präsidentschaftswahlen hatten in der Tat eine kristallisierende Wirkung auf die Märkte. Die Rallye der Kryptowährungen und der damit verbundenen Aktien gehört zu dem, was heute als „Trump Trade“ nach der Wahl bezeichnet wird. Unter den Einzelaktien erlebte Tesla eine spektakuläre Erholung, was grösstenteils auf die Freundschaft zurückzuführen ist, die sich in letzter Zeit zwischen Elon Musk und Donald Trump entwickelt hat. Tesla ist seit Jahresbeginn um mehr als 40 % gestiegen. Der Kurs von MicroStrategy, der mittlerweile eng mit der Performance von Bitcoin verknüpft ist, erreicht erneut Rekordhöhen.
Seit Trumps Wahlsieg hat die Kapitalisierung des Kryptomarktes wieder Höchststände erreicht. Dogecoin sticht mit einem beeindruckenden Sprung von 109 % in der letzten Woche hervor. Im gleichen Zeitraum stieg Ether um fast 40 %, auch wenn er noch weit von seinen historischen Höchstständen entfernt ist. Solana seinerseits, ebenfalls um 40 % gestiegen, nähert sich rasch seinem Höchststand von 2021 und schliesst sich dem Club der Bewertungen von über 100 Mrd. USD an.
Während sich die USA in einer prekären finanziellen Lage befinden, mit einer anschwellenden Staatsverschuldung und jährlichen Zinszahlungen von mehr als 1 Billion US-Dollar, sieht Trump in Bitcoin einen möglichen Ausweg. Er argumentiert, dass Bitcoin als Absicherung gegen Inflation, als alternativer Reservewert und als Instrument zur Begradigung des US-Schuldenpfades dienen könnte. Darin stimmt er mit den Wall-Street-Titanen Larry Fink, CEO von BlackRock, dem legendären Stanley Druckenmiller und dem renommierten Paul Tudor Jones, überein. Sie alle sehen in Bitcoin einen modernen Ersatz für Gold mit einem echten Potenzial, Portfolios vor Inflation zu schützen.
Trumps Versprechungen sind zwar gewagt, spiegeln aber die wachsende Anerkennung des Potenzials von Bitcoin zur Neugestaltung der globalen Finanzdynamik wider. Die Welt schaut zu. Während Amerika seine nächsten Schritte auf diesem Weg plant, könnte der Wert von Bitcoin bald nicht nur die Marktstimmung widerspiegeln, sondern auch eine tiefgreifendere Veränderung in unserer Wahrnehmung von Geld, Macht und Reichtum. Wenn Trumps Pläne Wirklichkeit werden, könnten wir vor einem historischen Moment stehen, in dem der Aufstieg von Bitcoin nicht nur den Markt für Kryptowährungen, sondern auch die Zukunft der globalen Finanzwelt neu definiert.
Sie werden auch mögen
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
Kontakt[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Postfach 1806
CH-1211 Genf 1
© 2023 Sphere Magazine
Website erstellt von Swiss House of Brands
Der Nahe Osten, insbesondere die Länder des Golfkooperationsrats, zeichnen sich durch ihre Widerstandsfähigkeit und ihre anhaltenden Bemühungen um Diversifizierung aus. Marwan Haddad analysiert die wirtschaftliche Dynamik und untersucht die wichtigsten Herausforderungen für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, wobei er sich auf die Reformen konzentriert, die eingesetzt werden, um Talente und Investitionen anzuziehen.
Von Géraldine Monchau
Wie würden Sie die wirtschaftliche Lage des Nahen Ostens im Vergleich zu anderen globalen Volkswirtschaften angesichts der jüngsten Zinssenkungen und der Ölpreisschwankungen beschreiben?
Die einkommensstarken GCC-Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien machen derzeit 95% des S&P Pan Arab Index aus. Sie nutzen ihren Ölreichtum, um ihre Wirtschaft zu diversifizieren und ihre Abhängigkeit von der Ölindustrie zu verringern. Dubai, das sich als globale Drehscheibe für Handel und Tourismus positioniert, ist ein gutes Beispiel für diesen Erfolg.
Die Region steht heute an der Schwelle zu neuen Transformationsprozessen. Saudi-Arabien, seine Speerspitze in der Region, investiert massiv in Sektoren wie Schifffahrt, Logistik, Unterhaltung und Megaprojekte im Infrastrukturbereich. Dafür verfügt es über hohe Steuerreserven, ausländische Vermögenswerte im Wert von 467 Milliarden US-Dollar, (fast die Hälfte seines BIP) und weist darüber hinaus eine niedrige Schuldenquote von 28% des BIP auf. Es verfügt also über die nötige finanzielle Stärke, um diese Projekte durchzuführen. Die Finanzierung kann aus verschiedenen Quellen stammen, wie der Privatisierung von Vermögenswerten – der Börsengang von Aramco brachte 42 Milliarden Dollar ein! – oder die Erhöhung der Staatsverschuldung, die immer noch relativ gering ist.
Die meisten GCC-Länder, deren Währungen an den Dollar gekoppelt oder eng mit ihm verbunden sind, mussten sich an die US-Geldpolitik anpassen, was trotz niedriger Inflation zu höheren Zinssätzen führte. Dennoch verzeichneten die Bankensektoren in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Wachstum der Kreditvergabe von über 10% bzw. 7%.
Was die Schwankungen der Ölpreise angeht, so hat sich die Region gut geschlagen, indem sie in Zeiten hoher Ölpreise erhebliche Haushaltsreserven gebildet hat. In den Emiraten macht das Öl nur noch 30 % des BIP aus. Seit dem Ölpreisschock von 2014 haben sowohl Saudi-Arabien als auch die VAE die Subventionen erheblich gekürzt und neue Steuern eingeführt, um ihre Einnahmequellen weiter zu diversifizieren und ausgeglichenere Haushalte zu gewährleisten.
Welche wichtigen Massnahmen haben die Behörden ergriffen, um die Wirtschaft anzukurbeln?
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben mit ihrem zehnjährigen „Golden Visa“ für Fachkräfte und Investoren neue Talente angezogen. Gleichzeitig hat sich Saudi-Arabien über mutige soziale Reformen – einschliesslich der Erteilung von Touristenvisa und der Zulassung zum Autofahren für Frauen – ein grösseres Reservoir an Humankapital geschaffen.
Auch in den Bereichen Unterhaltung, Inlandstourismus und technische Entwicklung hat Saudi-Arabien Fortschritte gemacht. Das Land, das früher nicht im MSCI Emerging Markets Index vertreten war, macht heute etwa 3,7 % des Index aus, von den 7 % im gesamten Nahen Osten. Dies hat zu einem starken Zufluss von passivem und aktivem Kapital in den Aktienmarkt geführt.
In den nächsten zehn Jahren wird die Region voraussichtlich mehr als 1 Billion US-Dollar für die Diversifizierung ihrer Volkswirtschaften bereitstellen.
Was ist die grösste Herausforderung, vor der die Region heute steht, insbesondere für Saudi-Arabien?
Die Regierung muss weiterhin engagiert an ihren Reformen festhalten. Im Gegensatz zu den Vereinigten Arabischen Emiraten ist das Land zumindest in den nächsten zehn Jahren weiterhin stark auf öffentliche Ausgaben für den Aufbau seiner Infrastruktur in verschiedenen Sektoren angewiesen.
Welche Aussichten haben Sie für die Märkte des Nahen Ostens in den kommenden Jahren? Welche Themen halten Sie für vielversprechend?
Wir konzentrieren uns auf säkulare Themen wie Basiskonsumgüter, da Saudi-Arabien seine Bevölkerung von heute 33 Millionen bis 2040 auf 40 Millionen erhöhen will. Wir richten uns auch an Themen aus, die mit den laufenden Reformen zusammenhängen, wie hochwertige Bildung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung – drei Säulen, die verbessert werden müssen, um hochqualifizierte Expats anzuziehen. Der Markt wird sich durch den Börsengang neuer Unternehmen weiter vergrössern, wodurch die Anleger mit Themen in Berührung kommen, die es vorher nicht gab. Schliesslich erwarten wir, dass die Gesamtrisikoprämie auf dem Markt aufgrund der verbesserten Transparenz und Kommunikation der Unternehmen sinken wird.
Bieten die MENA-Märkte einen Diversifizierungsvorteil und inwieweit werden sie von den Ölpreisen beeinflusst?
In den letzten drei Jahren hat der S&P Pan Arab Index eine abnehmende Korrelation mit den Schwellenmärkten gezeigt. Dies ist natürlich auf die wichtige Entwicklung der inländischen Wachstumsmotoren und die Diversifizierung gegenüber dem Öl zurückzuführen.
Marwan Haddad
Azimut Group
Marwan kam 2023 zu Azimut, um die MENA-Aktienstrategien und die Expansion der Gruppe nach Saudi-Arabien zu leiten. Marwan war zuvor Managing Director of Investments bei Capital Investments. Davor war er bei Emirates NBD Asset Management tätig, wo er für Aktien in der MENA-Region verantwortlich war und gleichzeitig das Angebot der Bank in den Bereichen Private Debt und Multi-Asset-Strategien ausbaute. Ausserdem verwaltete er bei Al Mal Capital und Rasmala Investment Bank Aktienstrategien für die MENA-Region. Marwan Haddad hat einen Executive MBA von der London Business School und einen Master of Business in Finance von der University of Sydney. Darüber hinaus ist er CFA-Charterholder.
Sie werden auch mögen
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Supriya Menon
Wellington Management
Private Märkte: Wie man seine Allokation richtig kalibriert
RÉDACTION
redaction[at]sphere.swiss
PUBLICITÉ
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
ÉVÉNEMENTS
events[at]sphere.swiss
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
Website erstellt von Swiss House of Brands