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    • Françoise Maret
    • Senior Advisory Portfolio Manager
    • Reyl Intesa Sanpaolo

Haben die Amerikaner einen neuen Trump gewählt?

Kamala Harris konnte als relativ Unbekannte Persönlichkeit nur einen dreieinhalb Monate dauernden Wahlkampf führen. Sie hatte nur eine begrenzte Chance, gegen einen ehemaligen Präsidenten zu gewinnen, der seit Jahrzehnten die Aura eines Stars geniesst. Dazu kam die fade Botschaft der Linken, die nicht in der Lage waren, die Fehler einer unbeliebten Biden-Präsidentschaft zu erkennen. Dies angesichts einer kriegerischen und erobernden Rhetorik von Donald Trump.

 

Sowohl linke als auch rechte Medien berichteten von einem engen Kampf und einer Auszählung der Stimmen, die mehrere Tage in Anspruch nehmen würde. Doch am Tag nach dem 5. November waren die Ergebnisse zwar noch vorläufig, liessen aber keinen Raum für Zweifel. Es ging nicht mehr darum, wer gewinnen würde, sondern darum, um wie viele Stimmen Donald Trump gewinnen würde. Innerhalb kürzester Zeit war auch der Senat in republikanischer Hand, gefolgt vom Repräsentantenhaus.

Man ging zwar davon aus, dass der ehemalige Präsident die Unterstützung einer vor allem älteren, männlichen, weissen und wenig gebildeten Wählerschaft erhalten würde. Doch muss man feststellen, dass er weit über diese Klischees hinaus ansprechen konnte – vor allem junge Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen, Hispanics und Asiaten sowie Menschen mit niedrigen Löhnen.

Aufgereihte Planeten

Der Donald Trump des Jahres 2024 ist bei weitem nicht so versöhnlich wie der von 2016 oder gar 2020. Als Bewunderer von autoritären Politikern wie Wladimir Putin, Kim Jong-Un oder Viktor Orban scheint Trump entschlossen zu sein, das Land nach seinen Vorstellungen zu führen und jede abweichende Stimme zum Schweigen zu bringen. Die ersten Nominierungen deuten darauf hin, dass unerschütterliche Loyalität gefordert sein wird.

Neben dem Senat, der dem gewählten Präsidenten einen komfortablen Vorsprung von sechs Stimmen bietet, ist auch das Unterhaus in republikanischer Hand. Zudem sind sechs der neun Richter des Obersten Gerichtshofs konservativ. Die drei fundamentalistischsten Richter wurden vom künftigen Präsidenten selbst ausgewählt.

Nach Ablauf der neuen Amtszeit kann Donald Trump nicht erneut kandidieren. Der Mann, der am ersten Tag seiner Präsidentschaft versprach, ein Diktator zu sein, wird in den nächsten vier Jahren vermutlich eine Politik des Absolutismus verfolgen. Er wird die Steuern für Firmen und Privatpersonen senken, die Einwanderung stoppen und drastische Zollschranken einführen.

Eine Schlankheitskur

Mit der Mehrheit im Kongress werden die Republikaner freie Hand haben, um die von Donald Trump propagierten Sachen umzusetzen. Die Senkung der Firmensteuern von 21% auf 15% wird wahrscheinlich ein grosses Loch in die Staatsfinanzen reissen, ohne den Steuerzahlern Vorteile zu bringen. Zur Erinnerung: 2017 hatten 81% der Steuersenkungen Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen finanziert (Center on Budget and Policy Priorities).

Wie kann das Defizit beglichen werden? Elon Musk hat es angekündigt: Dem US-Volk stehen harte Zeiten bevor. Zum Leiter der neu geschaffenen Abteilung für Regierungseffizienz ernannt, ist die Reduktion der Staatsangestellten eine Priorität. Wichtige Sozialprogramme wie Obamacare, Medicaid und die Sozialversicherung, die schon seit langem im Visier der Republikaner sind, werden zwangsläufig gekürzt, um die Bundesfinanzen zu sanieren.

‘America First’

Die Entscheidung über die Einführung von Zöllen liegt weitgehend im Ermessen des Präsidenten. Das Versprechen, einheitlich 10% und bis zu 60% auf chinesische Importe zu erheben, könnte daher schnell Realität werden. Das würde logischerweise zu einer erheblichen Inflation führen. Der gewählte Präsident ist zwar der Meinung, dass Zölle die Staatskasse füllen und Arbeitsplätze schaffen werden, weil sie die Firmen dazu bringen, in den USA zu produzieren. Aber diese Rationalität berücksichtigt nicht die potenziellen Vergeltungsmassnahmen und den Mangel an Arbeitskräften. Diese beiden Punkte ausser Acht zu lassen, bedeutet, die daraus resultierende Preis- und Lohninflation und damit eine mögliche Rückkehr zur restriktiven Politik der Fed zu verschweigen.

Die Zukunft der Republikaner

Die heutige Republikanische Partei hat kaum noch etwas gemeinsam mit der Partei von Ronald Reagan oder George Bush, Vater und Sohn. Viele Kongressabgeordnete bezeichnen sich selbst als „MAGA-Republican“ und sind eher dem Personenkult als der Verteidigung konservativer Ideale zugetan. Die von Donald Trump initiierte Bewegung hat nicht nur Sympathisanten. Das zeigt sich daran, dass während des Wahlkampfs mehrere prominente Parteifunktionäre zu den Demokraten übergelaufen sind. Heisst das, dass bei den Präsidentschaftswahlen 2028 eine dritte Partei entstehen wird, die endlich in der Lage ist, auf Augenhöhe mit den beiden Giganten zu konkurrieren? Die Demokratie würde davon profitieren, aber sicher ist das nicht.

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