Kredit
Cathy Hepworth
PGIM
„Die neuen globalen Handelsdynamiken haben ausgewählten Schwellenmärkte geholfen.“
Trotz globaler Unsicherheiten sind Anleihen aus Schwellenländern weiterhin ein Renditetreiber. Während ein schwächerer Dollar und sinkende Inflation die finanziellen Bedingungen entspannen, deutet die Kombination aus stabilem Wachstum, robuster Zahlungsbilanz und attraktivem Carry darauf hin, dass Schwellenländer weiterhin eine Outperformance erzielen werden.
Von Jérôme Sicard
Wie würden Sie das aktuelle Risiko-Rendite-Verhältnis für Anleihen aus Industrie- und Schwellenländern beschreiben?
Mittelfristig sind die Schwellenländer nach wie vor eine der wenigen Regionen mit robustem Wachstumspotenzial. Ein schwächerer Dollar und eine rückläufige Inflation dürften zu einer Lockerung der finanziellen Rahmenbedingungen führen, während eine starke Zahlungsbilanzdynamik und eine Reihe positiver Reformen das Wachstum der Schwellenländer auf rund 4 % ankurbeln und damit ihre Widerstandsfähigkeit unterstreichen dürften. Auch die Qualität des Wachstums verbessert sich leicht, da es weniger kreditgetrieben ist und stärker durch Exporte und Investitionen gestützt wird. Gleichzeitig stärken verbesserte institutionelle Rahmenbedingungen das Vertrauen der Anleger.
Die Kombination aus strengeren makroökonomischen Ankern, gesünderen externen Puffern und besseren Schuldenstrukturen deutet auf eine grössere Widerstandsfähigkeit der Schwellenländer hin. Ratingagenturen haben diese Dynamik in den letzten Jahren mit Aufwertungen belohnt, während nur wenige Länder herabgestuft wurden. Das positive Wachstumsumfeld stützt somit die Gesamtrenditen innerhalb des Sektors. Das Wachstumsgefälle zwischen Industrie- und Schwellenländern dürfte auch weiterhin dafür sorgen, dass Schwellenländeranleihen eine Outperformance gegenüber ihren Pendants aus den Industrieländern erzielen.
Was sind die wichtigsten Unterschiede in der Liquidität zwischen Staatsanleihen und Unternehmensanleihen in Schwellenländern?
Die Fundamentaldaten der Unternehmen in Schwellenländern sind grundsätzlich weiterhin robust. Die Fähigkeit zur Schuldentilgung hat sich verbessert, da die Emittenten proaktiv Schuldenrückkäufe durchgeführt und Laufzeiten verlängert haben. Darüber hinaus wird die Bedienungen der Auslandschulden für Unternehmen durch die Stärke der jeweiligen Länderwährungen erleichtert. Desweiteren haben die lokalen Finanzmärkte mehr Möglichkeiten für Refinanzierungen eröffnet. Dies hat zu einer gewissen Stabilität im Unternehmenssektor geführt, auch wenn die operativen Margen unter Druck stehen.
Staatsanleihen hingegen profitieren von einer soliden Zahlungsbilanz und makroökonomischen Ankern, wodurch ihre Liquidität insgesamt höher und stabiler erscheint. Unternehmensanleihen sind hingegen stärker von den Marktbedingungen, globalen Kapitalströmen und sektorspezifischen Risiken abhängig. Der Markt ist auch kleiner, was die Händlergemeinschaft für Titel unterhalb der Investment-Grade-Kategorie betrifft. Infolgedessen wirken sich negative Nachrichten stärker auf die Preise aus, oft über das Mass hinaus, das der fundamentale Wert vermuten lassen würde.
Wie wirken sich politische Risiken derzeit auf die Kreditspreads in Schwellenländern aus?
Politische Entwicklungen spielen eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Kreditspreads. Die Wahlkalender in Ländern wie Argentinien, Brasilien und Kolumbien zeigen, wie politische Ereignisse sowohl Stressszenarien auslösen können als auch Chancen bieten. Anleger müssen diese Faktoren einberechnen, um Risiken angemessen bewerten zu können.
Gleichzeitig führt das derzeit günstige makroökonomische Umfeld – mit stabilen Wachstumsraten und der Einleitung des Zinssenkungszyklus durch die US-Notenbank – zu einer allmählichen Verringerung der Spreads. Dennoch bleiben die Märkte vorsichtig positioniert, insbesondere angesichts der politischen Unsicherheit in den USA. Wenn das globale Umfeld stabil bleibt, dürften die Spreads in einem begrenzten Bereich bleiben, während politische Risiken weiterhin selektive Anpassungen erfordern.
Wie hat sich der stärkere US-Dollar auf die Kreditkosten für Emittenten aus Schwellenländern ausgewirkt?
Die Fed hat ihren Zinssenkungszyklus wieder aufgenommen, um dem schwächelnden Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, was einen möglichen Aufwärtstrend des US-Dollars begrenzen dürfte. Das Nachlassen jener Kräfte, welche die bisherige Ausnahmestellung der USA gestützt haben, sowie das angeschlagene Vertrauen in die US-Politik wirken sich dämpfend auf den Dollar aus.
Dies ist positiv für Emittenten aus Schwellenländern: Ein stabiler oder schwächerer Dollar erleichtert die Bedienung ausländischer Schulden und senkt somit die Kreditkosten. Gleichzeitig unterstützt die Stärke der lokalen Währungen die Fähigkeit der Unternehmen, ihre Schulden zu bedienen. In einem Umfeld ohne Rezession in den USA und mit Zinssenkungen durch die Fed bleiben die Kreditkosten für Emittenten aus Schwellenländern überschaubar und tendieren nach unten.
Welche Regionen bieten derzeit die attraktivsten Chancen für Kredite in Schwellenländern?
Insbesondere Lateinamerika sticht derzeit als attraktive Region hervor. Der Währungsmarkt der Schwellenländer hat sich in letzter Zeit robust entwickelt, wobei Lateinamerika erneut die beste Performance erzielte. Angesichts des aktuellen globalen Strebens nach Rendite haben sich EMFX mit hohem Carry tendenziell gut entwickelt – insbesondere rohstoffsensitive Währungen. Auch die sich verändernde globale Handelsdynamik, einschliesslich einer Deeskalation der maximalistischen Zölle und Handelsabkommen seitens der USA, welche zu niedrigeren effektiven Zöllen geführt haben als ursprünglich befürchtet, haben ausgewählten Schwellenländern geholfen. Ebenso konnten viele Länder ihre geopolitische Lage, ihre natürlichen Ressourcen und ihre Lieferkettendynamik zu ihrem Vorteil nutzen. Dazu gehören Länder wie Mexiko, Argentinien, Brasilien und Kolumbien in verschiedenen Schwellenländer-Sektoren.
Werden Anleihen in Lokalwährung aus Schwellenländern zu einer attraktiveren Option?
Anleihen in Lokalwährung werden zunehmend attraktiver. Die Zinsen in den Schwellenländern sind zuletzt leicht gesunken, insbesondere in Brasilien und Chile. Gleichzeitig rechnen wir mittelfristig mit einer weiteren Abwertung des US-Dollars, insbesondere wenn die Fed angesichts des schwachen Arbeitsmarktes die Zinsen weiter senkt.
Diese Kombination aus sinkenden lokalen Zinsen, einer stabilen makroökonomischen Lage und einem schwächeren Dollar schafft ein günstiges Umfeld für Anleihen in lokaler Währung. Anleger können von hohen Carry-Erträgen und zusätzlichen Kursgewinnen durch Währungsaufwertungen profitieren. Insgesamt bleibt das Umfeld für selektive Engagements in Schwellenländerwährungen und lokalen Anleihen positiv, sofern die Fundamentaldaten und relativen Bewertungen sorgfältig berücksichtigt werden.
Cathy Hepworth
PGIM
Cathy Hepworth, CFA, ist Managing Director und Head of Emerging Markets Debt im Bereich Fixed Income bei PGIM. Hepworth war 1995 Mitbegründerin des Emerging Markets Debt Management Teams des Unternehmens. Zuvor war sie als Analystin in der Kreditabteilung der Capital Management Group des Unternehmens tätig, wo sie sich auf verschiedene Staats-, Finanz- und Unternehmenssektoren konzentrierte. Bevor sie 1989 zu PGIM kam, war sie als Analystin bei Bankers Trust, Merrill Lynch und Golembe Associates tätig. Hepworth hat einen BSFS-Abschluss der Georgetown University, School of Foreign Service. Sie ist Chartered Financial Analyst (CFA).
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Nach fünfzehn Jahren historisch niedriger Zinsen wird der Kreditmarkt wieder zu einem echten Spielfeld. Doch wo sollte man heute Risiken eingehen: bei Staatsanleihen oder bei Unternehmensanleihen? Angesichts steigender Renditen, enger Spreads, zunehmender Volatilität und einer Rückkehr zum „Flight to Quality“ war die Abwägung zwischen Staats- und Unternehmensschulden noch nie so strategisch. Erster Teil einer vierteiligen Interviewreihe zum Kreditmarkt: das neue Duell zwischen Staatsanleihen und Unternehmensanleihen.
Von Jérôme Sicard
Wie hat die Rückkehr der höheren Renditen die relative Attraktivität von Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen verändert?
Das Wiederaufleben höherer Renditen hat die Landschaft der festverzinslichen Wertpapiere neu kalibriert. Staatsanleihen, die einst wegen ihrer geringen Renditen vernachlässigt wurden, bieten nun wettbewerbsfähige Erträge und interessante Renditeaussichten. Letzteres basiert darauf, dass Renditen selbst nun einen wichtigen Teil der Gesamtrenditen ausmachen. Unternehmensanleihen – insbesondere Investment-Grade-Anleihen – sind ebenfalls attraktiv, da sie einen Renditeaufschlag (Spread) gegenüber Staatsanleihen bieten und über solide Fundamentaldaten verfügen. Staatsanleihen sind in der Regel sicherer, insbesondere angesichts von Schocks, die zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von Leitzinssenkungen durch die Zentralbanken führen, sowie angesichts höherer Risikoaversion, was die Nachfrage nach sicheren Anlagen erhöht. Unternehmensanleihen sind risikoreicher, da sich die Spreads im Falle solcher negativen Schocks in der Regel ausweiten.
Welche Faktoren treiben derzeit die Verengung oder Ausweitung der Kreditspreads in Investment-Grade-Märkten an?
Die Spreadverengung wurde durch starke Unternehmensfundamentaldaten (einschliesslich robuster Unternehmensgewinne), die Aussicht auf Zinssenkungen durch die Zentralbanken und Zuflüsse in Unternehmensanleihen angetrieben. Umgekehrt kommt es in der Regel zu einer Ausweitung, wenn negative Schocks eintreten. Dazu können geopolitische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheit oder sich verschlechternde Fundamentaldaten der Emittenten gehören. Technische Faktoren wie Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage sowie Liquiditätsbedingungen spielen ebenfalls eine Rolle. Während die Spreads weiterhin eng gehalten sind, unterstreicht die Streuung über Sektoren und Emittenten hinweg die Bedeutung einer aktiven Auswahl und Risikodifferenzierung.
Wann werden Staatsanleihen in einem Umfeld der „Flucht in Qualität” wieder attraktiv?
Staatsanleihen gewinnen in Zeiten von Marktstress, die mit schwächeren Wachstumsaussichten und niedrigerer Inflation einhergehen, wieder an Bedeutung. In diesem Fall erhöht das Potenzial für Zinssenkungen die Attraktivität von Staatsanleihen mit längerer Laufzeit, insbesondere für Anleger, die sich gegen Kursverluste absichern möchten. Ihre Attraktivität wird noch verstärkt, wenn die Renditen hoch sind und sowohl Kapitalerhalt als auch Erträge versprechen. In volatilen Umfeldern, insbesondere wenn Risikoanlagen schwächeln, werden die Liquidität und Bonität von Staatsanleihen entscheidend. Beachten Sie, dass Anleihen auch in Zeiten von Marktstress abverkauft werden können, insbesondere wenn ein Anstieg der Inflation erwartet wird. In diesen Fällen bieten Anleihen nicht den gleichen Schutz und sind daher möglicherweise nicht die beste „Flucht in Qualität”.
Wie positionieren Sie Portfolios entlang der Durationskurve im aktuellen Zinsumfeld?
Wir tendieren derzeit zu einer leicht verlängerten Duration. Dies spiegelt unsere Einschätzung wider, dass die Zentralbanken, insbesondere die Fed, Spielraum für Zinssenkungen haben. Wir legen auch grossen Wert darauf, welchen Teil der Kurve wir über- oder untergewichten. Investitionen am kurzen Ende der Kurve erfordern eine Einschätzung der Zentralbankpolitik im Vergleich zu den bereits vom Markt eingepreisten Erwartungen. Das lange Ende der Kurve erfordert eine Bewertung der Risiken für die Laufzeitprämien, sprich die erforderliche Vergütung für das Eingehen von Durationsrisiken. Die Form der Kurve ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, da es in verschiedenen Teilen der Kurve zu Roll-Down-Effekten kommen kann. So kann beispielsweise eine selektive Verlängerung der Duration von Vorteil sein, wenn Zinssenkungen erfolgen und die Renditen attraktiv sind, doch angesichts der anhaltenden Inflation und der geopolitischen Risiken ist Vorsicht geboten. Taktische Flexibilität – die Anpassung der Duration auf der Grundlage sich verändernder makroökonomischer Signale und der Steilheit der Kurve – kann das Gesamtrenditepotenzial optimieren, ohne sich zu sehr auf ein einziges Zinsszenario festzulegen.
Wo sehen Sie das beste Gleichgewicht zwischen Rendite und Risiko bei Staats- und Unternehmensanleihen?
Unternehmen aus Schwellenländern und ausgewählte Emittenten von Hochzinsanleihen bieten derzeit ein überzeugendes Rendite-Risiko-Verhältnis. Trotz engerer Spreads profitieren diese Segmente von sich verbessernden Fundamentaldaten, globaler Diversifizierung und disziplinierten Emissionen. Staatsanleihen aus Regionen mit höheren Renditen bieten ebenfalls Chancen, insbesondere dort, wo sich die Geldpolitik stabilisiert. Eine detaillierte Kreditanalyse und eine länderspezifische Risikobewertung bleiben jedoch wichtig. Im Investment-Grade-Bereich bleiben Sektoren mit starken Cashflows und geringer Verschuldung attraktiv, insbesondere wenn sie durch eine gründliche Analyse der spezifischen Risiken gestützt werden.
Wie hat sich der Primärmarkt in letzter Zeit entwickelt und was sagt uns das über die Stimmung der Anleger?
Der Primärmarkt hat sich als widerstandsfähig erwiesen, mit stabilen Emissionen und einer robusten Nachfrage sowohl im Investment-Grade- als auch im Hochzins-Segment. Die Nachfrage der Anleger ist weiterhin hoch, was das Vertrauen in die Fundamentaldaten der Kreditmärkte und eine konstruktive Einschätzung der Zinsentwicklung widerspiegelt. Neue Emissionen wurden gut aufgenommen und oft überzeichnet, was auf die Bereitschaft hinweist, trotz makroökonomischer Unsicherheiten Kapital einzusetzen. Dies deutet darauf hin, dass sich die Anleger auf ein stabiles Zinsumfeld einstellen und mit den aktuellen Bewertungen zufrieden sind. Allerdings bleibt Selektivität weiterhin entscheidend, da die Streuung zwischen den Emittenten weiter zunimmt.
Wie widerstandsfähig werden Hochzinsemittenten Ihrer Meinung nach angesichts höherer Refinanzierungskosten sein?
Hochzinsemittenten haben sich dank solider Erträge, proaktiver Refinanzierung und disziplinierter Kapitalstrukturen als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird, auch wenn steigende Zinskosten schwächere Emittenten unter Druck setzen könnten. Während die Fundamentaldaten insgesamt weiterhin fest sind, wird das Umfeld zunehmend zweigeteilt. Emittenten mit robustem Cashflow und Zugang zu Liquidität sind gut positioniert, während diejenigen mit kurzfristigen Fälligkeiten und begrenzter Flexibilität vor Herausforderungen stehen könnten. Die Auswahl der Emittenten und die Sektorrotation sind entscheidend, um sich in diesem Umfeld erfolgreich zu behaupten.
Guillermo Felices
PGIM
Guillermo Felices ist Principal und Global Investment Strategist im Bereich Fixed Income bei PGIM mit Sitz in London. Bevor er im August 2021 zum Unternehmen kam, war Felices Head of Investment Strategy und Mitglied des Multi-Asset Investment Committee bei BNP Paribas Asset Management. Früher in seiner Karriere leitete er die Asset-Allocation-Forschung für Europa bei Barclays, wo er 2011 eingetreten war. Er arbeitete zudem für Citi und bei der Bank of England. Guillermo Felices hat einen PhD und einen Master in Wirtschaftswissenschaften der New York University (Fulbright-Stipendiat) und einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften der Universidad del Pacifico in Lima, Peru.
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In einem globalen Umfeld, das weiterhin von wirtschaftlicher, geopolitischer und finanzieller Unsicherheit geprägt ist, bestätigt das High-End-Segment des Marktes für zeitgenössische Kunst seine Widerstandsfähigkeit und seine treibende Rolle. Die Schweiz hingegen vermittelt Zuversicht. Mit der Art Basel, die sich zu einem der einflussreichsten Termine im internationalen Kalender entwickelt hat, etabliert sie sich als unverzichtbarer Standort für den Kunstmarkt.
Die Schweiz verfügt zwar nicht über die gleiche Markttiefe wie die grossen Kunstzentren, weiss aber internationale Sammler anzulocken, die eine neutrale und effiziente Plattform suchen. Mit der Art Basel – ebenso wie mit den grossen Auktionen im Mai und November – trägt sie sogar dazu bei, das Tempo des globalen Kunstmarktes vorzugeben.
Die Ausgabe 2025 der Art Basel, die im Juni dieses Jahres in einem Klima der Erwartung stattfand, hat gezeigt, dass die Galerien zunehmend auf Kohärenz in ihren Angeboten achten. Es hat sich eine Neuausrichtung auf sichere Werte durchgesetzt, mit hochwertigen Werken zu angemessenen Preisen, die sich an ein selektiveres, manchmal diskretes oder zurückhaltendes Sammlerpublikum richten. Die Aufmerksamkeit richtet sich nun auf andere Veranstaltungen, insbesondere die Art Basel Paris im Oktober. Diese Entwicklung spiegelt eine neue Marktlogik wider: weniger Fokus auf kontinuierlich steigende Preise, sondern mehr auf Qualität – sowohl bei den Werken als auch beim Einkaufserlebnis.
Vor dem Termin in der Rheinmetropole begann die Auktionssaison im Mai in New York. Mit einem Gesamtumsatz von 1,19 Milliarden Dollar für die beiden führenden Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s bleibt der Markt stabil, zwar leicht rückläufig gegenüber 2024 (1,27 Mrd. Dollar), aber weit über den Erwartungen vieler.
Anstatt eines einfachen konjunkturellen Rückgangs zeigt diese Saison eine deutliche Neuausrichtung des Marktes. Sammler bevorzugen nun anerkannte und etablierte Blue-Chip-Werke und zeigen sich gegenüber dem Red-Chip-Segment vorsichtiger. In diesem selektiven Klima fanden mehr als 90 % der von Christie’s und Sotheby’s angebotenen Lose einen Käufer – eine Quote, welche deutlich über dem historischen Durchschnitt von fast 70 % liegt. Dieses Ergebnis spiegelt das anhaltend grosse Interesse an sorgfältig ausgewählten Werken wider.
In diesem stets mit Spannung verfolgten Duell hat sich Christie’s deutlich gegen Sotheby’s durchgesetzt. Mit einem Umsatz von 693 Millionen Dollar verzeichnet Christie’s ein Wachstum von 8 % gegenüber dem Vorjahr, getragen von der aussergewöhnlichen Riggio-Sammlung, die allein fast 272 Millionen Dollar einbrachte. Sotheby’s hingegen verzeichnet einen Rückgang von 21 % und liegt trotz einer höheren Anzahl von angebotenen Losen (650 gegenüber 550 bei Christie’s) knapp unter der 500-Millionen-Marke.
Mehrere Faktoren erklären den Unterschied zwischen den beiden Auktionshäusern. Christie’s setzte auf eine gezieltere Auswahl mit emblematischen Losen und ambitionierten, aber glaubwürdigen Schätzungen. Sotheby’s profitierte hingegen vom „Sammlereffekt” durch die Versteigerung der Werke von Barbara Gladstone, was einmal mehr die entscheidende Bedeutung dieses Hebels für die Verkaufsdynamik bestätigt.
Einer der wichtigsten Hebel für die Performance dieser Auktionen ist mittlerweile bekannt: das Garantiesystem. Es ist in den Vereinigten Staaten gängige Praxis und ermöglicht es einem Auktionshaus oder einem Dritten, sich auf einen Mindestpreis festzulegen und so den Verkäufer abzusichern. Im Mai profitierten fast 70 % der Lose der Abendauktionen bei Sotheby’s und Christie’s von diesem Mechanismus. Es bietet eine erhöhte Vorhersehbarkeit und verdeutlicht die zunehmende Finanzialisierung des Kunstmarktes: ein erster Schritt zur Absicherung im Vorfeld, gefolgt von einem Wettbewerb im Saal, um eine mögliche Marge zu erzielen. Ein subtiles Gleichgewicht, das sich jedoch oft auszahlt.
Der Markt wird strategischer und äusserst selektiv. Die Nachfrage konzentriert sich nun auf Blue-Chip-Künstler, große Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, wobei Calder, Lichtenstein oder Hockney weiterhin im Vordergrund stehen. Es ist dennoch eine gewisse Rationalisierung zu beobachten: Die Preise erzielen keine spektakulären Rekorde mehr, sondern orientieren sich stärker an ihrem Wert. Ein Gemälde von Rothko wurde so für 37 Millionen Dollar verkauft – ein solides Ergebnis, das jedoch mit seiner Geschichte im Einklang steht. Ein Werk von Calder erzielte über 8 Millionen, während ein anderes, obwohl von hoher Qualität, nicht über 1,8 Millionen hinauskam. Die Zeit der Euphorie und der systematischen Rekorde scheint vorbei zu sein. Die Käufer zeigen sich vorsichtiger und bevorzugen Stücke mit realistischen Schätzungen. Das Ergebnis: Verkäufer, die bereit sind, in einem glaubwürdigen Preisbereich zu bleiben, gehen als Gewinner hervor. Mit anderen Worten: Der Markt will nicht mehr zu viel bezahlen.
Er scheint nun einen begrenzten Kreis von etwa hundert bedeutenden Künstlern zu bevorzugen, darunter Impressionisten und Moderne. Die Logik des Sammelns setzt sich durch: Die grossen Häuser setzen auf Sicherheit und auf historische Werte, welche von Museen und internationalen Galerien bestätigt werden.
Am Ende dieser Saison zwischen Basel und New York drängt sich eine Schlussfolgerung auf: Der Kunstmarkt verliert nicht an Schwung, er wandelt sich. Er ist übersichtlicher, transparenter, aber auch anspruchsvoller geworden und bietet Sammlern wie Fachleuten die Möglichkeit, sich auf Langfristigkeit, Qualität und Kohärenz zu konzentrieren. In einer instabilen Welt bleibt Kunst ein sicherer Hafen – vorausgesetzt, man weiss, wo man suchen muss.
Arnaud Dubois
Matis
Arnaud Dubois ist Mitbegründer von Matis, wo er heute für Investitionen zuständig ist. Als Spezialist für den Markt für zeitgenössische Kunst begleitet Arnaud Dubois seit einem Jahrzehnt Sammler und Investoren und unterstützt sie bei der Verwaltung ihrer Kunstwerke. Seit 2014 unterrichtet Arnaud im Rahmen des Masterstudiengangs Privatrecht mit Spezialisierung auf den Kunstmarkt und die Verwaltung von Kunstvermögen an der Universität Assas in Paris das Fach Verwaltung privater Kunstvermögen.
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Unter dem Druck Trumps hat Europa schliesslich eine beispiellose Erhöhung der Zölle akzeptiert und sich verpflichtet, Energie und Rüstungsgüter in grossem Umfang zu importieren. Dieses unausgewogene Abkommen legt die strategische Schwäche der Union offen, die durch ihre eigenen Blockaden noch verschärft wird. Ohne dass damit jedoch ihr Ende besiegelt wäre.
Gemäss der Liste der Willensmängel in Artikel 1137 des französischen Zivilgesetzbuchs liegt eine arglistige Täuschung vor, wenn ein Vertragspartner die Zustimmung des anderen durch manipulative Handlungen oder Lügen erlangt.
Donald Trump stellt sich selbst als König der Verhandlungskunst dar, Europa hingegen scheint ein Meister der Unterwerfung zu sein. Die „Handelsgespräche“ mit den USA bestanden im Prinzip darin, dass Ursula von der Leyen mitten im Sommer auf einen der privaten Golfplätze des US-Präsidenten in Schottland zitiert wurde, wo sie über die Erhebung von Zöllen in Höhe von 15 % informiert wurde. Zwar solle es Ausnahmen geben, wie die Luftfahrt oder bestimmte strategische Rohstoffe, aber diese stehen noch nicht einmal fest.
Bei einigen sorgte dies für Erleichterung, da diese Zölle niedriger sind als die 20 %, die am Liberation Day im April angekündigt worden waren, und insbesondere niedriger als die 30 %, die für den Fall angedroht wurden, dass man keine Einigung erzielt. Dennoch ist diese Zahl im Vergleich zu den bis dahin geltenden 1-2 % extrem hoch und stellt den höchsten Zollsatz seit fast einem Jahrhundert dar.
Als ob das noch nicht genug wäre, verpflichtet sich die Europäische Union ferner, in den nächsten drei Jahren Brennstoffe (LNG und Öl) im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu importieren. Des Weiteren hat sie zugesagt, mehr Computerchips und Rüstungsgüter zu kaufen. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, verpflichtet sich die EU zu Investitionen in Höhe von 600 Mrd. US-Dollar in den USA – als ob sie auf heimischem Boden nicht schon genug Investitionsbedarf hätte. Anstatt also seine Überschüsse für die Finanzierung seiner eigenen Unternehmen zu nutzen, investiert Europa weiter auf der anderen Seite des Atlantiks. Im „Gegenzug“ sollen die europäischen Importzölle auf US-Produkte auf 0 % gesenkt werden…
In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung versuchte Ursula von der Leyen, sich mit der Aussage zu rechtfertigen, das Abkommen sei „ein starker, wenn auch nicht perfekter Deal“. Die „Stärke“ dieses Deals ist allerdings zweifelhaft angesichts der Unberechenbarkeit und Launenhaftigkeit, die der 47. Präsident der USA bei seinen Entscheidungen an den Tag legt. Es stimmt jedoch auch, dass Europa sehr gut darin ist, sich selbst zu blockieren. Nach Ansicht Mario Draghis behindern die durch Regeln und Normen bedingten internen Barrieren in Europa den Handel stärker als die US-Zölle. Der IWF schätzt, dass die wirtschaftliche Belastung, die durch interne, nicht zollbedingte Handelsbarrieren in der EU verursacht wird, Zöllen in Höhe von 44 % für das verarbeitende Gewerbe und sogar 110 % für den Dienstleistungssektor entspricht. Vor diesem Hintergrund beträgt der Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten weniger als die Hälfte des Handels zwischen den US-Bundesstaaten. Mario Draghi merkt ferner an, dass die Umsetzung der DSGVO in Europa die Gewinne von kleinen, mittleren und Midcap-Unternehmen um 12 % reduziert habe!
Die Schweiz ihrerseits wird mit 39 % Zöllen und einigen wenigen sektoralen Ausnahmen einer Schocktherapie unterzogen. Aber ist es höchste Zeit, dass Europa reagiert und mit wiedererlangter Stärke seine Rolle als weltweit führender Binnenmarkt behauptet. Wenn, in Anlehnung an Mark Twain, die Gerüchte über den Tod der EU stark übertrieben sind, dann ist jetzt die Zeit zum Handeln gekommen. Ansonsten würde ein mögliches zukünftiges Abkommen zum Wiederaufbau der Ukraine ebenfalls in einem Fiasko enden.
Olivier de Berranger
La Financière de l’Echiquier
Olivier de Berranger ist CEO und Co-CIO von La Financière de l’Echiquier. Er bekleidete seit 1990 Posten als Trader sowie als Trading Desk-Verantwortlicher für Zinsprodukte, Cash und Derivate beim Crédit Lyonnais und dann bei Calyon. Anschliessend war er für den Bereich Capital Markets bei First Finance verantwortlich. Im März 2007 kam er als Anleihenmanager zu La Financière de l’Echiquier. Nachdem er die Verantwortung für den Bereich Zins-, Kredit- und Diversifizierungsmanagement übernommen hatte, wurde er 2017 zum Direktor der Vermögensverwaltung ernannt und trat in den Vorstand ein. Im Dezember 2023 wird er zum Generaldirektor von LFDE ernannt. Olivier de Berranger ist HEC-Absolvent.
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Eine solide Performance erzielen und gleichzeitig die Ressourcen des Planeten bewahren – das bleibt für Investoren ein scheinbares Dilemma. In der Welt der Family Offices, wo der Zeithorizont nicht in Quartalen, sondern in Generationen gemessen wird, ist Nachhaltigkeit jedoch längst kein Hindernis mehr für Rendite, sondern vielmehr ein zentraler Werttreiber.
Ziel ist es nicht nur, ein Vermögen zu mehren, sondern es weiterzugeben und zu erhalten. Doch eine Tatsache ist unübersehbar: Eine nachhaltige Vermögensübertragung ist ohne einen bewohnbaren Planeten nicht möglich. Das Klima, lange Zeit als Randthema betrachtet, rückt heute ins Zentrum der Portfolios, der Strategien und der Prioritäten im Wealth Management. Es verschiebt Grenzen und definiert vor allem die bewohnbaren Zonen neu, da ganze Gemeinschaften gezwungen sind, ihre Migration zu erwägen.
Die Risiken des Klimawandels sind nicht länger abstrakt. Sie sind real, greifbar und spiegeln sich bereits in Bilanzen wider – durch abgeschriebene Vermögenswerte, Unternehmen, die unter neuen Regulierungen leiden, oder unbrauchbare Territorien. Sie beeinflussen die finanzielle Performance ebenso wie die geopolitische Stabilität. Angesichts dieser Realität kann privates Kapital nicht länger passiv bleiben. Es wird zu einem unverzichtbaren Hebel für den Wandel. Family Offices, Asset Manager und grosse Verteiler verfügen über eine enorme Schlagkraft, die – richtig eingesetzt – ganze Branchen in widerstandsfähigere, CO₂-ärmere und nachhaltigere Modelle überführen kann.
Aus diesen Imperativen entsteht ein neuer Mandatstyp: das „Dual Mandat“. Es beruht auf zwei untrennbaren Säulen – Vermögen zu bewahren und den Planeten zu schützen. Es handelt sich weder um ein Schlagwort noch um einen moralischen Kompromiss, sondern um eine strategische Ausrichtung zwischen den Anforderungen eines langfristigen Kapitalismus und den Imperativen einer sich ständig verändernden Welt. Denn ein hartnäckiges Vorurteil hält sich: Nachhaltigkeit gehe mit Renditeverzicht einher. Ebenso würden Performance und ökologisches Engagement schlecht zusammenpassen. In Wirklichkeit stellen gerade die klimaanfälligsten Vermögenswerte – veraltete Immobilien, CO₂-intensive Infrastrukturen oder emissionsstarke Unternehmen – die grösste Bedrohung für die Stabilität eines Portfolios dar.
Im Gegensatz dazu bieten Sektoren im Bereich der Transformation, grünen Innovation und Energieeffizienz nach wie vor weitgehend unerschlossene Chancen. Der Markt bestätigt dies zunehmend. Nachhaltige Infrastrukturen beweisen ihre Resilienz, energieeffiziente Immobilien entwickeln sich zu sicheren Häfen angesichts steigender Energiekosten und künftiger Regulierungen, und Unternehmen mit einem klaren Entkarbonisierungspfad ziehen Kapital wie Talente gleichermassen an. Über die Zahlen hinaus wächst zudem der gesellschaftliche Druck: Stakeholder erwarten nicht nur Rendite, sondern auch ökologische Verantwortung.
Eine der pragmatischsten Antworten darauf ist die Entkarbonisierung von Portfolios. Entgegen landläufiger Meinung handelt es sich dabei weder um einen symbolischen Akt noch um oberflächliches Greenwashing. Entkarbonisieren heisst, die CO₂-Intensität der gehaltenen Vermögenswerte zu reduzieren – also die Menge an Emissionen pro investiertem Franken – und gleichzeitig ein stabiles Mass an Diversifikation und Performance zu sichern. Dies setzt voraus, dass die emissionsintensivsten Unternehmen identifiziert und ausgeschlossen oder reduziert werden – zugunsten emissionsärmerer Akteure. Eine Methode, die pragmatisch, quantitativ und vor allem reproduzierbar ist.
Genau das haben die Professoren Eric Jondeau und Rüdiger Fahlenbrach gezeigt, als sie das US-Aktienportfolio im Bestand der Schweizerischen Nationalbank untersuchten – ein breit diversifiziertes, vor allem aber passiv gemanagtes Portfolio. Ihr Ziel war klar: eine Entkarbonisierungsstrategie zu testen, ohne die Performance zu verschlechtern.
Ihre Lösung basiert auf einem einfachen, aber strengen Filter: weltweit die emissionsintensivsten Unternehmen, gemessen an den Emissionen pro Umsatz, auszuschliessen. Diese gezielten Ausschlüsse reichen aus, um den CO₂-Fussabdruck des Portfolios deutlich zu verringern. Die befreiten Mittel werden im verbleibenden Anlageuniversum reinvestiert, ohne die ursprüngliche Sektorallokation nachzubilden. Ergebnis: ein emissionsärmeres, teils sogar performanteres Portfolio, ohne übermässige Risikoverschiebung.
Die Resultate sind eindeutig: Bereits durch den Ausschluss von nur 1 % der emissionsstärksten Unternehmen sinkt der CO₂-Fussabdruck des Portfolios um rund 20 % – ohne negative Auswirkungen auf Performance oder Risikoindikatoren wie Volatilität, Diversifikation oder Tracking Error. Bei 2,5 % bzw. 5 % Ausschlüssen steigt die Reduktion auf 45 % bzw. 60 % – und das Portfolio übertrifft die ursprüngliche Benchmark sogar. Im 5 %-Szenario hätte es im Schnitt 15,8 % Rendite pro Jahr erzielt, mit einem Sharpe Ratio von 0,96 – eine risikoadjustierte Rentabilität, die sehr wettbewerbsfähig gegenüber der Ausgangsversion ist. Mit anderen Worten: Entkarbonisierung ist möglich, messbar und mitunter profitabler als Untätigkeit. Dieses Lehrbeispiel, zugleich einfach wie effektiv, wirft die Frage auf, warum dies noch nicht längst Standard ist.
Gerade für Family Offices sollte dieser Befund von besonderer Bedeutung sein. Denn wenn es eine Anlegergruppe gibt, die solche Strategien schnell, effizient und entschlossen umsetzen kann, dann sind es sie. Ihre Allokationsfreiheit, ihr langfristiger Anlagehorizont sowie ihre familiäre und generationenübergreifende Verankerung machen sie zu idealen Transformationsmotoren. Sie sind nicht an Indizes gebunden, können historische Verzerrungen hinterfragen, Initiativen starten, testen – und vor allem anpassen.
Doch dazu müssen die richtigen Fragen gestellt werden: Wie hoch ist die tatsächliche CO₂-Intensität des Portfolios? Wie ambitioniert sind die Klimaziele der Verwalter? Welchen Einfluss üben sie als Aktionäre tatsächlich aus? Diese konkreten, messbaren und wiederkehrenden Fragen können das Portfoliomanagement in ein nachhaltigeres Modell überführen – ohne auf Performanceziele zu verzichten.
Dieser Trend verstärkt sich zunehmend durch die jüngeren Generationen. Die Erben von heute wollen nicht nur ein renditestarkes Portfolio übernehmen. Sie wollen wissen, was sie finanzieren, was sie tolerieren und ob ihre Investitionen mit ihren Werten übereinstimmen. Für sie ist Performance nicht mehr nur eine Zahl, sondern der Weg, den ihre Zukunft einschlägt.
Es sei jedoch betont, dass der Zeithorizont der zitierten Studie kurz vor den geopolitischen Umwälzungen des 21. Jahrhunderts endet – insbesondere vor jenen, die Energie-, Klima- und Wirtschaftsstrukturen neu geordnet haben. Kriege, internationale Spannungen und Versorgungskrisen haben die Dynamik des nachhaltigen Investierens tiefgreifend verändert. Eine Aktualisierung der Studie wäre daher sinnvoll, um die Relevanz und Belastbarkeit der Ergebnisse im Lichte dieses neuen, instabileren, aber auch anspruchsvolleren Umfelds für langfristige Investoren zu prüfen.
Nachhaltig investieren heisst nicht, auf Rendite zu verzichten. Es bedeutet vielmehr, neue Risiken zu antizipieren und zu integrieren – und zugleich unterschätzte Chancen zu nutzen, Performance neu zu definieren und sie in den Kontext der Welt zu stellen, in der wir leben. Wer es versteht, finanzielle Strenge mit klimapolitischer Klarheit und patrimonialer Weitsicht zu verbinden, wird einen entscheidenden Vorsprung gewinnen. Und vor allem dafür sorgen, dass Vermögen Sinn stiftet – indem es die Möglichkeit bietet, zu gestalten, statt zu reparieren.
Rean Morinaj
Capitalium Wealth Management
Rean Morinaj ist Junior Analyst bei Capitalium Wealth Management. Er hat einen Bachelor in Politischer Ökonomie der HEC Lausanne und schliesst derzeit seinen Master in Finance (Risk & Asset Management) ab. Zudem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center for Risk Management Lausanne (CRML).
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Der Anspruch des Schweizer Asset-Management-Marktes, ein «verlässlicher Ankerpunkt» zu sein, bleibt solide. Wenn auch «bedroht», wie die jüngst veröffentlichte Umfrage der Asset Management Association Switzerland aufzeigt. Bedroht durch geopolitische Risiken, vor allem aber durch interne Dynamiken, betont Peter Hody, Sprecher der AMAS.
Obwohl die Position der Schweiz stabil bleibt, zeigt sich ein Stillstand beim Wachstum der von Asset Managern verwalteten Vermögen.
Tatsächlich stiegen die verwalteten Vermögen jährlich zwar um rund 5,5 %, bei gleichzeitiger Verbesserung der Cost-Income-Ratio auf 69 %. Doch die Gesamtrentabilität bleibt flach. Nahezu 90 % der Nettomittelzuflüsse stammen faktisch einzig aus der Marktperformance. Die Branche wirkt gesättigt und stark abhängig von der weltwirtschaftlichen Lage.
Was ist Ihrer Meinung nach die tiefere Ursache dieser Verlangsamung?
Man muss sich vor Augen führen, dass das Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) im Jahr 1985 wesentlich zum Aufschwung des Asset Managements in der Schweiz beigetragen hat. In den letzten Jahren ist der Anteil der Vorsorgeleistungen jedoch stark gestiegen – bei gleichzeitig sinkendem Wachstum der Vermögen. Das Geld der Kunden ist schlicht nicht mehr so reichlich vorhanden. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch im Schweizer Private Banking, das praktisch nicht mehr wächst – unter anderem wegen der Konkurrenz von Finanzplätzen wie Hongkong oder Singapur.
Sehen Sie dennoch positive Aspekte in der Entwicklung der Branche?
In den vergangenen fünf Jahren hat die Schweiz im Grossen und Ganzen das gleiche Wachstumstempo wie der Rest der Welt verzeichnet. 2023 gelang es ihr zudem, den dritten Platz in Europa zu erreichen, und 2024 wurde die Position mit einem Wachstum von 11 % und einem historischen Höchststand von 3’450 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen weiter ausgebaut – nach dem Rückgang im Jahr 2022 infolge von Covid.
Das mag apodiktisch klingen, doch die Resilienz des Asset Managements in der Schweiz dürfte schlicht auf die guten Leistungen der Asset Manager zurückzuführen sein. Ohne den Einfluss des Schweizer Frankens schmälern zu wollen. Für mich spiegelt das Wachstum der Branche die Qualität der Dienstleistungen wider, die Schweizer Asset Manager anbieten.
Welche Wachstumsschwerpunkte sollten in diesem Kontext im Vordergrund stehen?
Die internationale Expansion sowie die Erschliessung neuer Anlageklassen – insbesondere Private Markets – sind klar die beiden zentralen Achsen. Allerdings ist es für Schweizer Asset Manager nicht einfach, in ausländische Märkte vorzudringen, unter anderem wegen regulatorischer Hürden. Deshalb setzt sich die AMAS in Bern für politische Massnahmen und Praktiken ein, die den freien Zugang zur EU, nach Asien oder in die USA fördern – letztere beiden Regionen sind derzeit besonders dynamisch.
Es fällt auf, dass der leichte Rückgang des Marktanteils des Vereinigten Königreichs mehr oder weniger mit dem Fortschritt der Schweiz zusammenfällt. Besteht da ein Zusammenhang?
Das glaube ich nicht. Richtig ist, dass der Brexit nicht hilfreich war. Doch die Prognosen, wonach der Brexit anderen europäischen Finanzplätzen deutlich zugutekommen würde, haben sich nicht erfüllt. Wie erklären Sie sich, dass die Kostenreduktion in Ihrer Umfrage erst an fünfter Stelle der Prioritäten der Schweizer Asset Manager auftaucht?
Das kann an der Formulierung der Fragen oder an der Struktur des Fragebogens liegen. Möglich ist auch, dass Kostenreduktion als permanentes Gebot gilt, das ohnehin selbstverständlich ist, und deshalb implizit als Priorität betrachtet wird. Mit aller Vorsicht gesagt: Auch bei uns in der AMAS hat dieses Ergebnis zu Diskussionen geführt.
Zudem ist nachvollziehbar, dass einige Asset Manager – angesichts der Notwendigkeit, die verwalteten Vermögen über internationale Investitionen zu steigern – die Kostenreduktion vorübergehend in den Hintergrund gestellt haben. Für sie geht es ums Überleben: Sie haben keine andere Wahl, als Wachstums- und Expansionsstrategien umzusetzen.
In der Schweiz verwalten die zehn grössten Asset Manager inzwischen 43 % der Vermögen, gegenüber 36 % noch vor wenigen Jahren. Bleibt die Konsolidierung für Sie ein zentrales Thema?
Das hängt von der Perspektive ab. Grössere Institute können durch Fusionen oder Übernahmen Skaleneffekte erzielen. Der Schweizer M&A-Markt in diesem Sektor war allerdings vor allem von zwei einschneidenden Transaktionen geprägt: der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sowie dem Zusammenschluss von Helvetia und Bâloise. Im ersten Fall handelte es sich um eine Notsituation ohne Bezug zu Skaleneffekten. Im zweiten war die Logik in erster Linie dem Versicherungssektor geschuldet, nicht dem Asset Management.
Häufiger beobachten wir hingegen Transaktionen von relativ bescheidenem Volumen, meist mit dem Ziel, neue Kompetenzen oder Kapazitäten zu erwerben. Beispiele sind Häuser wie Vontobel. Unter kleineren Akteuren sind solche Schritte jedoch selten – sie setzen eher auf Spezialisierung.
Peter Hody
Asset Management Association Switzerland
Seit Oktober 2021 ist Peter Hody Kommunikationsverantwortlicher und Sprecher der Asset Management Association Switzerland. In dieser Funktion trägt er die Verantwortung für Kommunikation und Strategie des Berufsverbands der Schweizer Asset Manager. Seine Karriere begann er als Fernseh- und Nachrichtenjournalist. Der Historiker mit einem MBA in Medienmanagement war Chefredaktor von finews.ch und des Investmentmagazins Stocks sowie Mitglied der Redaktion von Cash.
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