Thema Gold – Die komplette Reihe 1/4
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- Interview mit Frédéric Dawance, Managing Partner, et Thierry Zen Ruffinen, Vize-Direktor
- de Pury Pictet Turrettini
„Seit 1971 und dem Ende von Bretton Woods hat Gold die meisten Anlageklassen übertroffen“.
In diesem ersten Teil von Die komplette Reihe, einer Interviewserie, die ein und dasselbe Thema vertiefen, zeigen uns Frédéric Dawance und Thierry Zen Ruffinen den Goldmarkt aus allen Blickwinkeln. Zum Auftakt der Reihe definieren sie hier die Grundzüge.
Von Jérôme Sicard
Welche neuen Trends in der Goldproduktion und -versorgung könnten sich auf den Preis auswirken?
Natürlich werden neue Goldvorkommen entdeckt, aber es gibt bereits einen grossen Bestand an nicht ausgebeuteten Goldvorkommen. Der entscheidende Faktor sind die Kosten für den Abbau. Wenn die Produktionskosten steigen und der Goldpreis sinkt, könnte dies die Produktion verringern. Derzeit ist jedoch bei stabilen Energiepreisen, moderaten Arbeitskosten und einem steigenden Goldpreis mit einem Anstieg der Produktion zu rechnen. Auch die Zinssätze spielen eine Rolle: Die CAPEX sind stark an die Zinssätze gekoppelt, was die Produktion ebenfalls beeinflussen kann. Alles in allem könnten wir eine steigende Produktion sehen, aber alles hängt davon ab, wie sich diese Variablen entwickeln.
Wie gehen die Anleger heute mit Gold um?
Für Privatanleger und ihre Banker ist physisches Gold nach wie vor eine bevorzugte Wahl. Goldfonds sind sehr beliebt, weil sie einfach zu verwalten sind und die Garantie haben, dass dahinter greifbares Gold steht. Es ist einfach zu kaufen und zu verkaufen und bleibt bei denjenigen beliebt, die eine gewisse Sicherheit suchen. Dann gibt es das Aufkommen der auf Gold basierenden Token oder der Stablecoins, die wir bereits erwähnt haben. Diese Form des digitalen Investierens zieht immer mehr an. Es gibt auch Fonds, die Aktien von Bergbauunternehmen beinhalten oder Derivate einsetzen, um die Lager- und Logistikkosten auszugleichen, während sie gleichzeitig versuchen, die Rendite zu maximieren. Diese Produkte können riskanter sein, sie ergänzen aber das Angebot auf originelle Art und Weise. Wenn Sie die Reinheit Ihrer Anlage bewahren möchten, ist ein Fonds, der ausschliesslich durch physisches Gold unterlegt ist, nach wie vor die sicherste Lösung.
Wie hat sich Gold seit dem Ende des Bretton-Woods-Abkommens im Jahr 1971 entwickelt?
Das Ende des Bretton-Woods-Abkommens mit der Aussetzung der Konvertibilität des Dollars in Gold war eindeutig ein Wendepunkt. Seit dieser Zeit ist der Goldpreis förmlich explodiert. Im Jahr 1971 kostete eine Unze 35 US-Dollar. Heute liegt sie bei über 2.700 US-Dollar. Seine annualisierte Rendite nähert sich also 8 %. Man kann von einer starken Wertsteigerung sprechen. Gold hat die meisten Anlageklassen übertroffen und seine Performance gleicht sich fast der des S&P500 an. Seit 1971 hat der S&P eine annualisierte Rendite von 9% erwirtschaftet. Hätten Sie Ihre Dividenden Jahr für Jahr reinvestiert, hätte sich die Rendite auf 11% belaufen. Das Verhalten von Gold ist also weiterhin sehr beeindruckend.
Wie sieht die weltweite Produktion heute aus?
Derzeit liegt sie bei etwa 3’000 Tonnen pro Jahr, was einem Würfel von 5 Metern Höhe entspricht und somit einen Wert von 300 Milliarden Dollar hätte. Die grössten Produzenten weltweit sind China, Russland und Australien. Sie produzieren jeweils mehr als 300 Tonnen. Danach folgen die USA und Kanada, die sich beide um die 200 Tonnen bewegen. Es gab eine Zeit, in der Südafrika diesen Markt vollständig beherrschte. In den 1980er Jahren produzierte es fast 1.000 Tonnen pro Jahr, was 70 % der Weltproduktion entsprach. Seitdem hat es einen deutlichen Rückgang erlebt. Ihre Produktion ist auf etwa 130 Tonnen pro Jahr gesunken, was einem Rückgang von 87 % entspricht. Laut einer aktuellen Studie von Swissaid könnte sich die Goldproduktion auf dem afrikanischen Kontinent auf 800 Tonnen pro Jahr belaufen, wenn man die handwerkliche Produktion miteinbezieht. Diese ist jedoch oft inoffiziös und taucht daher nicht in den offiziellen Statistiken auf.
Und wer sind heute die grössten Goldkäufer?
Die Zentralbanken sind nach wie vor die grössten Käufer, vor allem in Ländern wie China, Russland und der Türkei. Mit dem einzigen Unterschied, dass ihre Reserven im Vergleich zu denen der westlichen Länder immer noch sehr gering sind. In den letzten zehn Jahren hat China mehr als 1’000 Tonnen Gold gekauft und Russland etwa 1’500 Tonnen. Abgesehen von den Zentralbanken sind China und Indien mit Käufen von jeweils über 1’000 Tonnen bei weitem die grössten privaten Verbraucher. In letzter Zeit wurde die Nachfrage in China zum Teil durch die Unsicherheiten im Immobiliensektor gestützt. Schliesslich auf Unternehmensebene kauft ein Luxusgüterriese wie Richemont jährlich etwa 40 Tonnen Gold, um seine verschiedenen Marken zu versorgen.
Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Faktoren, die die Entwicklung des Goldpreises bestimmen werden?
Geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheiten dürften den Goldpreis weiterhin beeinflussen. Die inflationäre Wirtschaftspolitik, insbesondere in den USA, wo die Gelddruckmaschine auf Hochtouren läuft, um Defizite zu finanzieren, dürfte die Nachfrage ebenfalls stützen. Wenn die USA mit Defiziten von 8 % kokettieren und die europäischen Volkswirtschaften weiterhin Geld ausgeben, um wettbewerbsfähig zu bleiben, dürfte Gold die Nase vorn haben. Angesichts der Konjunkturpolitik in China und der Unberechenbarkeit, die derzeit herrscht, könnte Gold in den nächsten zwei Jahren oder sogar noch in diesem Jahr die Marke von 3.000 USD pro Unze überschreiten.
Und schliesslich: Wie verhält sich der Goldmarkt im Vergleich zu anderen Finanzmärkten?
Der weltweite Goldhandel zwischen Spotmärkten, Terminkontrakten und physischen Transaktionen beläuft sich täglich auf etwa 100 bis 150 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Der Handel auf den Aktienmärkten beträgt weltweit etwa 150 bis 200 Milliarden US-Dollar. Gold stellt also einen riesigen Markt dar, der noch dazu für Investoren und Zentralbanken von entscheidender Bedeutung ist. Es ist ein sehr liquider Markt, der vor allem in wirtschaftlich unsicheren Zeiten eine entscheidende Rolle bei der Diversifizierung von Portfolios spielt. Um es mit den Worten von John Pierpont Morgan zu sagen: „Gold is money, everything else is credit“.
Frédéric Dawance
De Pury Pictet Turrettini
Frédéric ist seit 2016 bei de Pury Pictet Turrettini. Er beteiligt sich aktiv an der Governance des Unternehmens, indem er im Vorstand, im Strategie- und im Prüfungsausschuss sitzt. Seine Karriere begann er bei Pictet in Genf, dann bei CSFB in Zürich und London und weiter bei Exane in Paris. Nach zwei Jahren als CFO eines Technologieunternehmens kam er 2004 zu Lombard Odier & Cie, zunächst als Leiter des Tradings, danach als Co-Leiter für Anlageprodukte und schliesslich als Leiter einer grossen Gruppe von Privatbankiers.
Er besitzt einen HEC-Abschluss der Universität St. Gallen und einen Master in Wirtschaftswissenschaften der Universität Köln.
Thierry Zen Ruffinen
De Pury Pictet Turrettini
Thierry Zen Ruffinen verfügt über eine umfangreiche Erfahrung im Investmentbereich. Er kam 2021 als Leiter des Vertriebs zu de Pury Pictet Turrettini, wo er sich auf die Beratung institutioneller Kunden konzentrierte. Thierry war zuvor für den Vertrieb der Fonds und Mandate von Mirabaud Asset Management an institutionelle Kunden in der Romandie verantwortlich. Er begann seine Karriere 2004 bei der Nouvelle Compagnie de Réassurance als Tarifierungsaktuar. Thierry verfügt über einen Master in Versicherungsmathematik der HEC Lausanne.
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