• Interview mit Paul de Servigny
  • Portfolio Manager
  • IVO Capital Partners

“Wir haben bereits rund 50 verschiedene Transaktionen finanziert”

Bei IVO Capital Partners entwickelt Paul de Servigny den Bereich Litigation Finance, einen schnell wachsenden Nischensektor. Seine Aufgabe: die Finanzierung von Budgets im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten und Schiedsverfahren.

Wie würden Sie den Bereich „Litigation Finance“, den Sie für IVO Capital Partners abdecken, in groben Zügen beschreiben?

Unser Litigation Finance-Ansatz ist relativ klassisch. Wir finanzieren die Kostenbudgets laufender Rechtsstreitigkeiten und Schiedsverfahren von juristischen Personen in unterschiedlichsten Gerichtsbarkeiten. Bis dato haben wir bereits rund 50 verschiedene Transaktionen mit einem Investitionsbetrag von insgesamt über 110 Millionen US-Dollar finanziert.

Wir konzentrieren uns auf Kontinentaleuropa, Frankreich, die Niederlande, Spanien und Länder mit einem common law-System wie Grossbritannien und die Vereinigte Staaten. Der neue Fonds, für den wir derzeit Kapital einwerben, soll über 50% seines Vermögens in Kontinentaleuropa investieren. Anders als andere Prozessfinanzierer verzichten wir auf den Ankauf von Forderungen und investieren kaum in die Finanzierung von Portfolios.

Wie gross ist der Sektor?

Deminor Litigation Funding veröffentlichte im Dezember 2022 eine Analyse mit der Auswertung des Researchs zu diesem Thema. Der gesamte jährliche Investitionsbetrag wird auf über 11 Milliarden US-Dollar geschätzt, manche Quellen gehen sogar von bis zu 17 Milliarden pro Jahr aus. Das Problem bei diesen Schätzungen ist die Unterscheidung zwischen zugesagtem und tatsächlich investiertem Kapital. Das investierte Kapital wird de facto häufig auf etwa 25% des zugesagten Kapitals geschätzt.

Auf den europäischen Markt entfällt nur ein kleiner Teil dieses Volumens: zwischen 800 Millionen und 1 Milliarde US-Dollarwurden 2020 jährlich von Prozessfinanzierern investiert. Auf den europäischen Markt entfällt nur ein kleiner Teil dieses Volumens: zwischen 800 Millionen und 1 Milliarde US-Dollarwurden 2020 jährlich von Prozessfinanzierern investiert.

Wie können die damit verbundenen Investitionen aussehen?

Wir investieren in Finanzierungen durch eine Vereinbarung zwischen dem Fonds, der finanzierten Partei, die als Klägerin auftritt, und der Anwaltskanzlei, die den Kläger vertritt.

Diese Vereinbarung enthält die für unsere Finanzierung geltenden Bedingungen und die Verpflichtungen der beteiligten und finanzierten Parteien. Im Vordergrund dieser Vertragsbeziehung steht, dass die Beziehung zwischen Anwalt und Mandant respektiert und gleichzeitig sichergestellt wird, dass der Prozessfinanzierer als die am Ausgang des Rechtsstreits finanziell beteiligte Partei ein hohes Mass an Informationen über die Überwachung und Einhaltung des Budgets und der Strategie erhält.

Andere Marktakteure gehen anders vor. Einige bieten den Klägern den Aufkauf Ihrer abgetretenen Klagen, um sie dann vollumfängliche zu verwalten. Andere wiederum konzentrieren sich ausschliesslich auf die Finanzierung von Anwaltskanzleien, wobei die einzelnen Rechtsstreitigkeiten in den Hintergrund treten.

Welche Arten von Renditen erzielen diese Investitionen im Durchschnitt?

In der Litigation Finance-Branche werden nach Angaben börsennotierter Akteure IRRs zwischen 15% und 35% IRR erzielt, basierend auf den öffentlich verfügbaren Präsentationen insbesondere von Burford und LCM.

Diese sehr einträglichen Renditen lassen sich durch die Vergütungsstruktur erklären, die in der Regel anhand einer Formel berechnet wird: entweder nach dem „Maximum“ eines Vielfachen der Finanzierungssumme oder nach einem Prozentsatz des erstrittenen Endbetrags.

Wie sieht die Zukunft dieses Marktes Ihrer Ansicht nach aus?

Der Markt hat Kontinentaleuropa ins Visier genommen, wo Sammelklagen in bestimmten Gerichtsbarkeiten, insbesondere in den Niederlanden und Spanien, auf dem Vormarsch sind und Finanzierungen als effiziente Option für die Kunden von Anwaltskanzleien wahrgenommen werden.

Auch im Universum des Common Law rückt die Finanzierung von Anwaltskanzleien zunehmend in den Fokus der Prozessfinanzierer. Diese Finanzierungen werden mit hohen Verzinsungen von über 12% abgeschlossen und bieten eine effiziente Diversifikation, denn das Risiko ist auf mehrere hundert Fälle verteilt, wobei die Vergütung deutlich weniger asymmetrisch ist als bei der Finanzierung einzelner Fälle.

Wie identifizieren Sie die Investitionsmöglichkeiten für Ihre Positionierung?

Unsere wichtigste Deal Sourcing-Quelle sind Anwaltskanzleien. Dazu erforderlich ist Aufklärungsarbeit in Bezug auf unsere Aktivität, die Vorteile für ihre Kunden und die Kanzleien selbst, denn sie können ihren Mandanten Finanzierungen anbieten.

Wir arbeiten mit allen Arten von Kanzleien zusammen, von grossen Generalisten bis hin zu kleineren Anwaltsbüros, die sich auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert haben.

Unsere andere Quelle ist die Co-Finanzierung. Wir unterhalten sehr gute Beziehungen zu anderen Prozessfinanzierern am Markt. Die Co-Finanzierung kann auf verschiedene Weise erfolgen: Die vollständige Aufteilung eines Vorgangs als Strategie, mit der wir unsere Deal-Sourcing-Quellen diversifizieren und höhere Investitionsbeträge bereitstellen können, oder aber die Co-Finanzierung, bei der wir als „stiller“ Finanzierer fungieren und von den Analysen und Kontrollen des Finanziers profitieren. In diesem Fall beteiligen wir uns mit einem Budget, das oft deutlich höher ist als unser durchschnittliches Ticket von 1 bis 5 Millionen Euro.

 

Paul de Servigny

IVO Capital Partners

Nach mehreren Praktika in Anwaltskanzleien, insbesondere im Bereich Corporate und M&A von Ayache Salama in Paris, und einem internationalen Volontariat für Société Générale CIB in New York kam Paul de Servigny im Oktober 2018 zu IVO Capital Partners und stieg 2022 zum Manager des Geschäftsbereichs Prozessfinanzierung auf. Er verfügt einen Master in französischem und englischem Wirtschaftsrecht und einen Master in vergleichendem Wirtschaftsrecht der Universität Paris X.

Paul de Servigny besitzt ferner einen LLM-Master der Universität Berkeley, Kalifornien, und ist seit Juli 2018 als Anwalt in New York zugelassen.

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