Investment Lösungen

    • Rean Morinaj
    • Analyst
    • Capitalium Wealth Management

Schutz des Planeten oder Rendite: Muss man sich entscheiden?

Eine solide Performance erzielen und gleichzeitig die Ressourcen des Planeten bewahren – das bleibt für Investoren ein scheinbares Dilemma. In der Welt der Family Offices, wo der Zeithorizont nicht in Quartalen, sondern in Generationen gemessen wird, ist Nachhaltigkeit jedoch längst kein Hindernis mehr für Rendite, sondern vielmehr ein zentraler Werttreiber.

Ziel ist es nicht nur, ein Vermögen zu mehren, sondern es weiterzugeben und zu erhalten. Doch eine Tatsache ist unübersehbar: Eine nachhaltige Vermögensübertragung ist ohne einen bewohnbaren Planeten nicht möglich. Das Klima, lange Zeit als Randthema betrachtet, rückt heute ins Zentrum der Portfolios, der Strategien und der Prioritäten im Wealth Management. Es verschiebt Grenzen und definiert vor allem die bewohnbaren Zonen neu, da ganze Gemeinschaften gezwungen sind, ihre Migration zu erwägen.

Die Risiken des Klimawandels sind nicht länger abstrakt. Sie sind real, greifbar und spiegeln sich bereits in Bilanzen wider – durch abgeschriebene Vermögenswerte, Unternehmen, die unter neuen Regulierungen leiden, oder unbrauchbare Territorien. Sie beeinflussen die finanzielle Performance ebenso wie die geopolitische Stabilität. Angesichts dieser Realität kann privates Kapital nicht länger passiv bleiben. Es wird zu einem unverzichtbaren Hebel für den Wandel. Family Offices, Asset Manager und grosse Verteiler verfügen über eine enorme Schlagkraft, die – richtig eingesetzt – ganze Branchen in widerstandsfähigere, CO₂-ärmere und nachhaltigere Modelle überführen kann.

Aus diesen Imperativen entsteht ein neuer Mandatstyp: das „Dual Mandat“. Es beruht auf zwei untrennbaren Säulen – Vermögen zu bewahren und den Planeten zu schützen. Es handelt sich weder um ein Schlagwort noch um einen moralischen Kompromiss, sondern um eine strategische Ausrichtung zwischen den Anforderungen eines langfristigen Kapitalismus und den Imperativen einer sich ständig verändernden Welt. Denn ein hartnäckiges Vorurteil hält sich: Nachhaltigkeit gehe mit Renditeverzicht einher. Ebenso würden Performance und ökologisches Engagement schlecht zusammenpassen. In Wirklichkeit stellen gerade die klimaanfälligsten Vermögenswerte – veraltete Immobilien, CO₂-intensive Infrastrukturen oder emissionsstarke Unternehmen – die grösste Bedrohung für die Stabilität eines Portfolios dar.

Im Gegensatz dazu bieten Sektoren im Bereich der Transformation, grünen Innovation und Energieeffizienz nach wie vor weitgehend unerschlossene Chancen. Der Markt bestätigt dies zunehmend. Nachhaltige Infrastrukturen beweisen ihre Resilienz, energieeffiziente Immobilien entwickeln sich zu sicheren Häfen angesichts steigender Energiekosten und künftiger Regulierungen, und Unternehmen mit einem klaren Entkarbonisierungspfad ziehen Kapital wie Talente gleichermassen an. Über die Zahlen hinaus wächst zudem der gesellschaftliche Druck: Stakeholder erwarten nicht nur Rendite, sondern auch ökologische Verantwortung.

Eine der pragmatischsten Antworten darauf ist die Entkarbonisierung von Portfolios. Entgegen landläufiger Meinung handelt es sich dabei weder um einen symbolischen Akt noch um oberflächliches Greenwashing. Entkarbonisieren heisst, die CO₂-Intensität der gehaltenen Vermögenswerte zu reduzieren – also die Menge an Emissionen pro investiertem Franken – und gleichzeitig ein stabiles Mass an Diversifikation und Performance zu sichern. Dies setzt voraus, dass die emissionsintensivsten Unternehmen identifiziert und ausgeschlossen oder reduziert werden – zugunsten emissionsärmerer Akteure. Eine Methode, die pragmatisch, quantitativ und vor allem reproduzierbar ist.

Genau das haben die Professoren Eric Jondeau und Rüdiger Fahlenbrach gezeigt, als sie das US-Aktienportfolio im Bestand der Schweizerischen Nationalbank untersuchten – ein breit diversifiziertes, vor allem aber passiv gemanagtes Portfolio. Ihr Ziel war klar: eine Entkarbonisierungsstrategie zu testen, ohne die Performance zu verschlechtern.

Ihre Lösung basiert auf einem einfachen, aber strengen Filter: weltweit die emissionsintensivsten Unternehmen, gemessen an den Emissionen pro Umsatz, auszuschliessen. Diese gezielten Ausschlüsse reichen aus, um den CO₂-Fussabdruck des Portfolios deutlich zu verringern. Die befreiten Mittel werden im verbleibenden Anlageuniversum reinvestiert, ohne die ursprüngliche Sektorallokation nachzubilden. Ergebnis: ein emissionsärmeres, teils sogar performanteres Portfolio, ohne übermässige Risikoverschiebung.

Die Resultate sind eindeutig: Bereits durch den Ausschluss von nur 1 % der emissionsstärksten Unternehmen sinkt der CO₂-Fussabdruck des Portfolios um rund 20 % – ohne negative Auswirkungen auf Performance oder Risikoindikatoren wie Volatilität, Diversifikation oder Tracking Error. Bei 2,5 % bzw. 5 % Ausschlüssen steigt die Reduktion auf 45 % bzw. 60 % – und das Portfolio übertrifft die ursprüngliche Benchmark sogar. Im 5 %-Szenario hätte es im Schnitt 15,8 % Rendite pro Jahr erzielt, mit einem Sharpe Ratio von 0,96 – eine risikoadjustierte Rentabilität, die sehr wettbewerbsfähig gegenüber der Ausgangsversion ist. Mit anderen Worten: Entkarbonisierung ist möglich, messbar und mitunter profitabler als Untätigkeit. Dieses Lehrbeispiel, zugleich einfach wie effektiv, wirft die Frage auf, warum dies noch nicht längst Standard ist.

Gerade für Family Offices sollte dieser Befund von besonderer Bedeutung sein. Denn wenn es eine Anlegergruppe gibt, die solche Strategien schnell, effizient und entschlossen umsetzen kann, dann sind es sie. Ihre Allokationsfreiheit, ihr langfristiger Anlagehorizont sowie ihre familiäre und generationenübergreifende Verankerung machen sie zu idealen Transformationsmotoren. Sie sind nicht an Indizes gebunden, können historische Verzerrungen hinterfragen, Initiativen starten, testen – und vor allem anpassen.

Doch dazu müssen die richtigen Fragen gestellt werden: Wie hoch ist die tatsächliche CO₂-Intensität des Portfolios? Wie ambitioniert sind die Klimaziele der Verwalter? Welchen Einfluss üben sie als Aktionäre tatsächlich aus? Diese konkreten, messbaren und wiederkehrenden Fragen können das Portfoliomanagement in ein nachhaltigeres Modell überführen – ohne auf Performanceziele zu verzichten.

Dieser Trend verstärkt sich zunehmend durch die jüngeren Generationen. Die Erben von heute wollen nicht nur ein renditestarkes Portfolio übernehmen. Sie wollen wissen, was sie finanzieren, was sie tolerieren und ob ihre Investitionen mit ihren Werten übereinstimmen. Für sie ist Performance nicht mehr nur eine Zahl, sondern der Weg, den ihre Zukunft einschlägt.

Es sei jedoch betont, dass der Zeithorizont der zitierten Studie kurz vor den geopolitischen Umwälzungen des 21. Jahrhunderts endet – insbesondere vor jenen, die Energie-, Klima- und Wirtschaftsstrukturen neu geordnet haben. Kriege, internationale Spannungen und Versorgungskrisen haben die Dynamik des nachhaltigen Investierens tiefgreifend verändert. Eine Aktualisierung der Studie wäre daher sinnvoll, um die Relevanz und Belastbarkeit der Ergebnisse im Lichte dieses neuen, instabileren, aber auch anspruchsvolleren Umfelds für langfristige Investoren zu prüfen.

Nachhaltig investieren heisst nicht, auf Rendite zu verzichten. Es bedeutet vielmehr, neue Risiken zu antizipieren und zu integrieren – und zugleich unterschätzte Chancen zu nutzen, Performance neu zu definieren und sie in den Kontext der Welt zu stellen, in der wir leben. Wer es versteht, finanzielle Strenge mit klimapolitischer Klarheit und patrimonialer Weitsicht zu verbinden, wird einen entscheidenden Vorsprung gewinnen. Und vor allem dafür sorgen, dass Vermögen Sinn stiftet – indem es die Möglichkeit bietet, zu gestalten, statt zu reparieren.

 

Rean Morinaj

Capitalium Wealth Management
Rean Morinaj ist Junior Analyst bei Capitalium Wealth Management. Er hat einen Bachelor in Politischer Ökonomie der HEC Lausanne und schliesst derzeit seinen Master in Finance (Risk & Asset Management) ab. Zudem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center for Risk Management Lausanne (CRML).

    Vous aimerez aussi

    EAM-Lösungen
    Automat

    Automat

    Martin Velten
    Smart Wealth
    „Ein vollständig automatisierter Anlageprozess, der von Anfang bis Ende von KI gesteuert wird.“

    Sphere

    The Swiss Financial Arena

    Depuis sa création en 2016, SPHERE anime la communauté des pairs de la finance suisse. Elle leur propose en français et en allemand différents espaces d’échange avec un magazine, des hors-série réservés aux Institutionnels, un site web et des évènements organisés tout au long de l’année pour aborder de nombreuses thématiques. Toutes les parties prenantes de la finance, l’un des plus importants secteurs économiques de Suisse, ont ainsi à leur disposition une plateforme où il leur est possible d’échanger, de s’informer et de progresser.