• Jérôme Callut
    • Partner und Leiter der Forschungsabteilung
    • DCM Systematics

Daten: der Zukunftspfeiler für Portfolios

Die Entwicklung der quantitativen Verwaltung ist untrennbar mit der Explosion der Rechenleistung verbunden. Genauigkeit, Tiefe und Vielfalt der Modelle werden für Diversifikation, Performance und Risikomanagement immer kritischer. Doch sollte nicht vergessen werden, dass die Maschine ohne die Daten, mit der sie gefüttert wird, nicht läuft, und dass Innovationen in erster Linie davon abhängen, wie diese Daten verarbeitet werden.

Die Entstehung der quantitativen Verwaltung geht für einige auf das Jahr 1900 zurück, als die Doktorarbeit des französischen Mathematikers Louis Bachelier erstmals Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik in die Finanzwelt einführte. Bachelier hatte offenbar die Entwicklung von Tools zur Bewertung von Optionen im Sinn. Seine Arbeit bildete die Grundlage des berühmten, im Jahr 1973 veröffentlichten Black-Scholes-Modells, mit dem sich seither Studierende der Finanzmathematikstudenten herumschlagen müssen.

Andere wiederum datieren die Entstehung der quantitativen Verwaltung auf das Jahr 1954, als Harry Markowitz mit seiner bahnbrechenden Doktorarbeit über die moderne Portfoliotheorie Geschichte schrieb. Markowitz erläuterte, wie ein Portfolio ausgehend von der erwarteten Wertentwicklung von Wertpapieren, ihrer Risiken und ihrer Korrelationen aufzubauen ist. In den 1960er Jahren stellten Sharpe, Treynor, Lintner und Mossin das berühmte Capital Asset Pricing Model vor, das die Beziehung zwischen der Wertentwicklung eines Wertpapiers und der Marktentwicklung formalisiert. In der Folge konzentrierte sich die Forschung auf das faktorbasierte Investieren. Erwähnenswert sind vor allem die Arbeiten von Fama und French, die die Modellierung der Wertentwicklung eines Wertpapiers durch die Berücksichtigung mehrerer Performancefaktoren wie Wachstum, Wert und Grösse perfektionierten, um nur die bekanntesten Faktoren zu nennen.

Diese Arbeiten bilden einen theoretischen Rahmen, der natürlich begrüssenswert ist und auch heute noch häufig Verwendung findet. Tatsächlich wurden damals jedoch nur wenige Portfolios mit diesen Modellen verwaltet, da unter anderem keine ausreichend zuverlässigen Daten zur Eingabe in die Modelle verfügbar waren.

Dieses Manko wird jedoch nicht von Dauer sein.

Die meisten erwähnten Protagonisten der quantitativen Verwaltung, insbesondere Fama, trugen massgeblich zur ‚Hypothese der effizienten Märkte‘ bei. Diese besagt, dass der Preis eines finanziellen Vermögenswerts sämtliche öffentlich verfügbaren Informationen widerspiegelt. Aufgrund dieser Hypothese ist es nicht vorstellbar, den Markt langfristig zu übertreffen.

Obwohl es sich dabei nur um einen theoretischen Grundsatz handelt, beschloss der CEO der Investmentgesellschaft Vanguard John C. Bogle im Jahr 1976 seine praktische Anwendung. Er legte den Vanguard 500 Index auf, einen Fonds, der die Komponenten des S&P 500-Index abbildet, in dem die 500 grössten Unternehmen der US-Börse geführt werden.

Bogle hatte weniger die Nutzung des wissenschaftlichen Postulats im Sinn, er wollte dem Kleinanleger vielmehr ermöglichen, Anteile an den grössten US-Unternehmen zu halten, ohne die Qual der Wahl haben und Einzelaktien kaufen zu müssen – und dies besonders kostengünstig, da die systematische Natur der passiven Verwaltung mit geringeren Produktionskosten und folglich niedrigeren Verwaltungsgebühren verbunden ist.

Inzwischen ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen und Vanguard ist nach BlackRock der zweitgrösste Vermögensverwalter der Welt. Sein verwaltetes Vermögen beläuft sich auf rund 8 Billionen US-Dollar. Den Vanguard 500 Index Fund gibt es immer noch – dabei liegt die durchschnittliche Laufzeit eines Fonds bei gerade einmal neun Jahren. Der Erfolg dieses Verwaltungsansatzes ist mehr als nur ein Einzelerfolg: Seit 2018 werden anteilsmässig mehr US-Aktien passiv verwaltet als aktiv.

Die Kombination von Datenverarbeitungskapazität (Voraussetzung für eine passive Verwaltung) und zusätzlichem technologischen Fortschritt (elektronischer Wertpapierhandel) ermöglichte eine der grössten Innovationen der Finanzwelt: Exchange Traded Funds (ETFs). Anfangs kamen ETFs dem Wunsch der Wertpapierhändler entgegen, alle Komponenten eines Index in einer einzigen Transaktion handeln zu können. Der erste, im Jahr 1993 angebotene ETF bildete die Wertentwicklung des S&P 500-Index ab und ist in der gesamten Branche unter dem Namen SPY bekannt. Er entspricht mittlerweile einem verwalteten Vermögen von fast 350 Milliarden US-Dollar. Knapp 30 Jahre nach der Gründung des ETF-Marktes beläuft sich sein Gesamtwert auf fast 6 Billionen US-Dollar. Dies entspricht 10% des gesamten Vermögens in offenen Fonds weltweit.

Heute sind Unmengen an Daten zur Verarbeitung verfügbar. Während sich die Nutzung von Daten für die Verwaltung zunächst nur auf die Bewertung von Wertpapieren und den Portfolioaufbau konzentriert hatte, kommen sie zunehmend auch in der Analyse von Vermögenswerten und deren Wertpotenzial zum Einsatz und ermöglichen fundiertere Anlageentscheidungen. Die Auswertung von Satellitenfotos zur Zählung der Fahrzeuge auf Walmart-Parkplätzen oder die Erfassung der Auslastung von Restaurants mit OpenTable erlaubt eine bessere Prognose von Inflationstrends. Diese Trends können somit bereits lange vor der Veröffentlichung des CPI durch das Bureau of Labor Statistics in der Portfolioverwaltung berücksichtigt werden.

Früher war dieser Bereich quantitativen Portfoliomanagern vorbehalten, doch immer mehr qualitative Manager nutzen Datenverarbeitungstechniken für die Identifikation von Anlagechancen und als Entscheidungshilfe. Die Grenzen sind fliessend!

Die erste breite praktische Anwendung der massenhaften Datenverarbeitung in der Portfolioverwaltung ermöglichte wie bereits erwähnt eine Demokratisierung von Investmentfonds und einen besonders kostengünstigen Zugang zu diesen Anlageinstrumenten. Wir befinden uns derzeit gerade in der zweiten bedeutenden Transformationsphase, bei der es vorrangig um die besonders effiziente Verwaltung von Anlagen auf einer breiteren Informationsbasis geht. Das von qualitativen Portfoliomanagern oft als „Unterstützung“ bezeichnete Informationssystem hat sich neben der Erfahrung und Kompetenz des Teams als ein entscheidender Faktor der Wettbewerbsfähigkeit etabliert.

 

Jérôme Callut

DCM Systematics

Jérôme Callut ist Partner und Leiter der Forschungsabteilung bei DCM Systematic Advisors in Genf. Zusammen mit Anthony Dearden hat Callut die Strategie Diversified Alpha entwickelt und überwacht deren Entwicklung. Jérôme Callut arbeitete von 2008 bis 2013 bei Bluecrest Capital Management als Senior Researcher im Systematic Modeling Team an der BlueTrend-Strategie (CTA). Er leitete insbesondere das Forschungsteam für Strategien, die sich mit Währungen befassen. Zu seinen Aufgaben gehörten die Verbesserung bestehender Strategien und die Erstellung neuer Vorhersagemodelle. Jérôme hat einen Doktortitel in Machine Learning von der Universität Leuven.

    Sie werden auch mögen

    Sphere

    The Swiss Financial Arena

    Die Agentur SPHERE ist auf Investor Relations spezialisiert. Sie gibt das Magazin SPHERE heraus, das den Fachleuten der Vermögensverwaltung und der Vermögensverwaltung in der Schweiz gewidmet ist, und organisiert Finanzveranstaltungen für dasselbe Publikum. Sie stützt sich auf die Kompetenzen und das solide Netzwerk ihrer Partner, die seit mehr als fünfzehn Jahren in der Banken- und Finanzindustrie tätig sind.