• Interview mit Julie Guittard
  • Senior Manager
  • Michael Page Schweiz

«Die Priorität: neue Kunden, neue Bestände holen»

Privatbanken und Vermögensverwalter in der Schweiz stellen immer noch neue Mitarbeiter ein. Julie Guittard bestätigt jedoch, dass heute vor allem Profile gesucht sind, die in der Lage sind, neue Kunden zu gewinnen und diese zu betreuen.

Welche Profile werden derzeit bei Privatbanken und grossen Vermögensverwaltungsgesellschaften am meisten gesucht?

Gesucht sind zunächst Profile, die eine direkte Beziehung zu den Kunden haben, vor allem im Front Office. Dies ist etwa bei Vertriebsmitarbeitern, Bankern, Kundenbetreuern oder Anlageberatern der Fall. Danach folgen diejenigen, die sich auf die Bereiche Compliance, Cybersicherheit und Projektmanagement konzentrieren. In diesem Bereich suchen sowohl Banken als auch Vermögensverwalter Experten, die zwischen den verschiedenen Abteilungen und IT-Spezialisten vermitteln können, um die Struktur und die Arbeitsabläufe zu optimieren.

Was sind die Hauptbedürfnisse die hinter diesen Anforderungen stecken?

Für alle – Banken und Vermögensverwalter – besteht das Hauptziel darin, neue Kunden zu gewinnen und diese dann auch zu betreuen. In einem Markt, der immer stärker durch Vorschriften und Strukturen eingeschränkt wird, geht es darum, die Höhe der verwalteten Vermögen zu steigern, um die schrumpfenden Margen auszugleichen. Das ist der wichtigste Punkt. In geringerem Masse geht es auch darum, die Expertise der Schweiz als starker Finanzplatz auszubauen und ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Frankfurt, Paris oder London zu erhalten – obwohl der Brexit das Prestige der City etwas beschädigt hat. Als Ganzes betrachtet, ist es wichtig, dass der Vermögensverwaltungssektor in der Schweiz, in Genf, wie auch in Zürich oder Lugano, ausreichende Einnahmen erzielen kann, die es ihm ermöglichen, in neue Gebiete zu investieren und sich zu erneuern. Letztlich geht es darum, den Erwartungen der neuen Generationen von Kundinnnen und Kunden gerecht werden kann.

Würden Sie den Arbeitsmarkt in diesem Sektor als dynamisch bezeichnen?

Ja, die Unternehmen stellen ein. Insbesondere das Front Office, aber auch Compliance und Risk sind Bereiche, die zentral für den Betrieb sind. Ansonsten sind die Banken bei den Funktionen, die mehr auf den Support ausgerichtet sind, zurückhaltender wenn es um die Suche nach neuen Mitarbeiter geht. Um die Auswirkungen auf die Kosten zu begrenzen, prüfen sie in diesen Bereichen auch eine Auslagerung oder die Verteilung der bestehenden Arbeit auf weniger Personen.

Wie sieht es mit den Gehältern aus?

Sie tendieren eher zur Stagnation, aber auch die Boni werden gekürzt. Dies ist an anderen vergleichbaren Finanzplätzen nicht der Fal. Dort steigen die angebotenen Gehälter. Man muss jedoch bedenken, dass das Lohnniveau in der Schweiz im Finanzsektor im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr hoch ist.

Sind Compliance-Stellen immer noch so begehrt wie vor fünf Jahren?

Ja, die Nachfrage ist nach wie vor hoch, obwohl das Reservoir an ausgebildeten Bewerbern für diese Funktionen grösser geworden ist. Wir sehen jedoch immer mehr, dass Experten stärker gefragt sind als Generalisten. Das war vor wenigen Jahren noch anders. Banken und Vermögensverwaltungsgesellschaften benötigen insbesondere Compliance-Spezialisten für die Bereiche Onboarding und Kundenbeziehungen, die in der Lage sind, sich in die Front-Teams zu integrieren. Sie brauchen auch Compliance-Manager, die auf bestimmte geografische Regionen – Asien, Naher Osten, Afrika – spezialisiert sind und deshalb weitere Sprache beherrschen.

Wie sehen Sie die Tendenzen im Bereich der neuen Ausbildungsgängen?

Die neuen Ausbildungsgänge, die heute entstehen, sind eine Folge der technologischen Fortschritte und der gesellschaftlichen Veränderungen. Bei Letzteren denke ich an die bei Studenten sehr beliebten Ausbildungen im Bereich Nachhaltigkeit, ESG oder Impact Finance. Im Tech-Bereich ist klar, dass Blockchain und Kryptowährungen derzeit auf grosses Interesse stossen. Aber auch alles, was mit Daten, Statistik, Programmierung, Machine Learning oder künstlicher Intelligenz zu tun hat, ist sehr beliebt. In gewissem Masse eröffnen diese Ausbildungsgänge neue Perspektiven. Sie geben auch einer Branche Sinn und Substanz. Einer Branche, der es ein wenig an Visionen fehlte. Sie ermöglichen es der Branche aber auch, sich zu erneuern und bei einer neuen Generationen, die sich nach der Finanzkrise von 2008 sogar von ihr abgewandt hatten, an Attraktivität zu gewinnen.

Julie Guittard

Michael Page Schweiz

Julie Guittard Michael Page Julie Guittard ist Senior Manager bei Michael Page und spezialisiert sich auf die Rekrutierung im Banken- und Finanzdienstleistungssektor in der Westschweiz. Im Laufe ihrer Karriere hat sie Teams geleitet und ein breites Spektrum an Positionen in den Bereichen Risiko, Compliance, Finanzen, Investment, Operations und Front Office bei Privatbanken, Asset Managern, Vermögensverwaltern und Family Offices abgedeckt.

 

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