Investment Lösungen

    • Thibault Morel
    • Analyst
    • Silex

Die nächste Welle der KI: Unterhaltungselektronik

Künstliche Intelligenz wird heute von Investitionen begleitet, die ihrerseits nichts Künstliches an sich haben. Die kürzlich erfolgte Einführung von GPT-4o durch OpenAI eröffnet somit neue Möglichkeiten im Bereich der Unterhaltungselektronik, wo die Unternehmen in den nächsten Jahren versuchen werden, KI-Funktionen in ihre Geräte zu integrieren.

Bisher ist die zunehmende Bedeutung der künstlichen Intelligenz vor allem in Rechenzentren zu spüren. In Anbetracht des frühen Entwicklungsstadiums, in dem sich die Algorithmen der sogenannten «allgemeinen» Intelligenz befinden, hat sich der Bedarf bislang auf den Aufbau von Hochleistungs-Rechenkapazitäten konzentriert. Diese Kapazitäten werden genutzt, um immer effizientere KI-Modelle zu trainieren, sei es Machine Vision oder Large Language Models, sodass neue Anwendungsfälle entdeckt und bestehende Modelle wirtschaftlicher eingesetzt werden können.

Die Vorstellung von GPT-4o durch OpenAI im Mai läutete jedoch eine neue Entwicklungsphase für die Künstliche Intelligenz ein. GPT-4o eröffnet den Verbrauchern ein neues Feld von Anwendungen, da es sehr leicht zu bedienen ist – man kann sich ganz natürlich mit dieser KI unterhalten – und immer mehr Informationen aller Art aufnehmen kann. KI kann zum Beispiel in Echtzeit Informationen über die unmittelbare Umgebung des Benutzers liefern, z. B.: Wie hoch ist die aktuelle Google-Bewertung des Restaurants gegenüber von mir? Kannst du mir sagen, um welches Denkmal es sich handelt und mir etwas über seine Geschichte erzählen? Kannst du mir helfen, diese Matheaufgabe zu lösen? Kannst du für mich dolmetschen, damit ich mich mit diesem Fremden, der meine Sprache nicht spricht, unterhalten kann? Dies sind alles Anfragen, auf die das Modell in Echtzeit reagieren kann. Wir erleben die Entstehung eines echten persönlichen Assistenten, der weit von der mässigen Leistung von Siri entfernt ist.

Diese neuen Funktionen werden zwangsläufig einen Superzyklus von Verkäufen in der Unterhaltungselektronik auslösen – Smartphones, Tablets, vernetzte Produkte, PCs usw. Dieser Markt ist in den letzten Jahren gereift, insbesondere im Smartphone-Segment, wo sich die durchschnittliche Dauer der Produkterneuerung verlängert hat.

Dieser aussergewöhnliche Zyklus wird von zwei bereits bekannten Imperativen angetrieben, die für die KI jedoch noch grundlegender werden. Einerseits ist ein nahtloses Erlebnis unerlässlich für die Einführung von KI-Funktionen – eine geringe Latenz ist beim Sprechen mit der App genauso wenig tolerabel wie ein starres Pixel auf dem Fernseher. Und zum anderen ist der Datenschutz zu beachten. Eine KI als persönlicher Assistent sorgt für eine sehr intime Komponente beim Benutzer, was wiederum sein Misstrauen gegenüber der Verwendung seiner persönlichen Daten verstärken wird.

Welche Verbindung besteht zwischen der Erneuerung von Terminals und diesen beiden Anforderungen? Sie ist ganz einfach: Die derzeitigen Geräte haben nicht die technische Fähigkeit, sie zu erfüllen. Die meisten aktuellen Smartphones verfügen nicht über die erforderliche Rechenleistung, um einen Teil der KI-Daten im Gerät selbst zu «verarbeiten», und verlagern diese stattdessen auf den Servern der Unternehmen, die den KI-Dienst anbieten. Dies führt zu einer hohen Latenz, die den reibungslosen Ablauf des Dienstes beeinträchtigt. Die Daten müssen zwischen dem Endgerät und dem Server, die Hunderte oder Tausende von Kilometern entfernt sind, hin- und hergeschickt werden, und der Benutzer hat kaum Kontrolle über die Verwendung seiner Daten.

Unternehmen, die also diese bereits als «Edge-KI» bezeichnete Rechenleistung im Nahbereich, insbesondere in Form neuer Halbleiter, bereitstellen, werden in den kommenden Wochen von einem sehr deutlichen Wachstum profitieren. Sie wird zu kürzeren Erneuerungszyklen bei bestehenden Geräten – Smartphones, Tablets, PCs usw. – führen und neue Märkte wie den für vernetzte Brillen eröffnen. Dies gilt beispielsweise für die Partnerschaft zwischen Meta und EssilorLuxottica, um den Verbrauchern Ray-Ban Brillen anzubieten, die mit Metas künstlicher Intelligenz Llama 3, einem direkten Konkurrenten von OpenAI, verbunden sind.

Die Halbleiterunternehmen werden sich als Entwickler dieser Edge-KI-Chips für Endgeräte im Zentrum dieses Konkurrenzkampfes wiederfinden. Allerdings werden auch andere Akteure eine Rolle spielen, wie Apple vor einigen Tagen auf seiner Entwicklerkonferenz demonstriert hat. In jedem Fall wird die gesamte Halbleiter-Lieferkette erneut gefordert sein, trotz der derzeitigen Überlastung und der Tatsache, dass die Hauptakteure davon ausgehen, dass sie die hohe Nachfrage nach KI bis mindestens 2027 nicht befriedigen können. Diese Entwicklungen eröffnen unserer Ansicht nach neue Investitionsmöglichkeiten innerhalb dieses Ökosystems.

Thibault Morel

Silex

Thibault Morel Silex Thibault Morel kam 2024 als Aktienanalyst zu Silex. Er war fünf Jahre lang als Sell-Side-Analyst mit Aktien aus dem europäischen Technologiesektor befasst, insbesondere aus den Bereichen Halbleiter, Automatisierung und Elektrifizierung. Er schloss den Masterstudiengang Financial Engineering und Corporate Finance an der Universität Paris-Dauphine ab.

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