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- Rothschild & Co Asset Management
Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist
Das Wiederaufflammen der Handelsspannungen hat den Inflationsdruck wiederbelebt und die Unterschiede in der Geldpolitik zwischen den USA und Europa verstärkt. Auch wenn das Umfeld immer noch von Unsicherheiten geprägt ist, bieten die Renditen am Kreditmarkt und die nach wie vor soliden Fundamentaldaten der Unternehmen den Anlegern weiterhin attraktive Perspektiven.
Die Aussicht auf allgemeine Zinssenkungen wurde durch eine komplexere geopolitische Realität eingeholt. Die Handelsspannungen im Zusammenhang mit der Einführung neuer Zölle durch die USA haben insbesondere den Inflationsdruck wieder angefacht, was zu einem Anstieg der langfristigen Zinsen und zu Befürchtungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Dynamik in den USA geführt hat. Die Inflationserwartungen für das kommende Jahr liegen nun bei über 3,3 %, und angesichts der Volatilität der Wirtschaftsindikatoren nimmt die Unsicherheit zu.
Vor diesem Hintergrund bleibt die US-Notenbank zur grossen Enttäuschung von Donald Trump vorsichtig. Der Bewohner des Weissen Hauses hat sogar beschlossen, sich mit dem Präsidenten der Fed – den er selbst während seiner vorherigen Amtszeit ernannt hatte – auf ein Kräftemessen einzulassen. Dieser bleibt jedoch vorerst unnachgiebig und hält am Status quo fest, da er die wirtschaftliche Lage für eine geldpolitische Lockerung als wenig günstig erachtet. Der US-Arbeitsmarkt ist robust, während die Unternehmen weiterhin gute Ergebnisse veröffentlichen und ihre Lohnpolitik noch nicht geändert haben. Infolgedessen scheint sich eine Preis-Lohn-Spirale dauerhaft zu etablieren, und Investoren, die zu Beginn des Jahres vier Zinssenkungen erwartet hatten, rechnen nun nur noch mit zwei.
Gleichzeitig führen das wachsende Haushaltsdefizit der USA und die seit 2022 von der Fed eingeleitete quantitative Straffung zu einem explosionsartigen Anstieg des Nettoangebots an Staatsanleihen. Fast 30 % der US-Schulden müssen 2025 refinanziert werden, was über dem historischen Durchschnitt von rund 22 % liegt, während das Rating des Landes kürzlich herabgestuft wurde. Bei einem Leitzins der Fed zwischen derzeit 4,25 % und 4,75 % stellt sich die Frage nach der Tragfähigkeit dieser Schulden, und die Anleiherenditen steigen. Ausländische Investoren, allen voran China, scheinen sich von dieser Anlageklasse abzuwenden, und der Druck auf die langfristigen Zinsen nimmt zu, was die Befürchtungen eines umfassenderen Rückzugs internationaler Investoren schürt. Das Vertrauen in die US-Währung könnte selbst schwinden.
Die Divergenz der Geldpolitik hat sich in den letzten Monaten verstärkt, da die EZB ihre Zinsen weiter gesenkt hat und ihr Tempo beibehält. Nach einer letzten Senkung im Juni wird bis Ende des Jahres eine weitere erwartet. Darüber hinaus haben die deutschen und europäischen Konjunkturprogramme zu einem Aufschwung in der Eurozone geführt. Die wirtschaftliche Dynamik in Europa ist zwar schwach, hält aber an. Der Finanzierungsbedarf steigt und stützt die langfristigen Zinsen, was zu einer Steilheit der Zinskurve führt.
Während die Tragfähigkeit der Staatsschulden in Frage gestellt wird, weisen die Unternehmen solide Fundamentaldaten auf, die es ihnen ermöglichen dürften, potenzielle makroökonomische Schocks zu verkraften. Seit Jahresbeginn tendieren die Anleger daher dazu, Unternehmensanleihen zu bevorzugen. Die weiterhin hohen Zinsen in Verbindung mit der spezifischen Prämie ermöglichen ihnen eine höhere Rendite als mit Staatsanleihen.
In diesem Umfeld behalten wir eine vorsichtige und opportunistische Positionierung bei. Der Markt scheint uns angesichts der jüngsten Kehrtwende von Donald Trump hinsichtlich der Verschiebung der Einführung von Zöllen vielleicht zu optimistisch zu sein. Diese sind nach wie vor höher als vor seinem Amtsantritt, und wir warten ab, was nach Ablauf der 90-tägigen Pause geschehen wird. Daher bleiben wir gegenüber den Sektoren, die am stärksten von den Handelsspannungen betroffen sind, wie beispielsweise der Automobilbranche, wachsam. Darüber hinaus behalten wir ein hohes Engagement in Finanzwerten bei, welches wir nach der Korrektur im April tendenziell verstärkt haben. Wir sind angesichts der soliden Fundamentaldaten der Akteure in diesem Sektor weiterhin vom Potenzial dieser Anlageklasse überzeugt.
Wir haben die Sensitivität unserer Portfolios schrittweise gesenkt, als die Zinsen fielen. Darüber hinaus haben wir die Laufzeiten im Zuge der Zeichnungen verlängert, um eine Verwässerung zu vermeiden und von der Steilheit der Kurven zu profitieren. Wir sind der Ansicht, dass innerhalb des Investment-Grade-Segments die am besten bewerteten Anleihen mit einer Laufzeit von 5 bis 10 Jahren dank der damit erzielbaren Überrenditen die besten Chancen bieten. Der Carry macht diese Anlageklasse von Natur aus attraktiv, und die Dekorrelation zwischen Spreads und Zinsen mildert ihre Volatilität, da sich beide Effekte gegenseitig ausgleichen.
Wir betrachten die aktuelle Situation daher als relativ komfortabel. Trotz der Volatilität im April dieses Jahres sind Kredite nach wie vor teuer, aber die Renditen bleiben dank des Zinsniveaus attraktiv. Die Fundamentaldaten der Unternehmen sind stark, es gibt Cashflows, insbesondere im Investment-Grade-Segment, und es ergeben sich punktuell Chancen. Die allgemeine Unsicherheit veranlasst uns zwar zur Vorsicht, insbesondere aufgrund der Risiken einer Eskalation des Handelskriegs, schafft aber auch Chancen. Diese Situation rechtfertigt es, dass wir Liquiditätsreserven vorhalten, um schnell positionieren zu können, wenn die Bewertungen attraktiver werden. In einem Umfeld, in dem Ankündigungen oft den tatsächlichen Auswirkungen vorausgehen, bleiben Disziplin und Reaktionsfähigkeit unsere grössten Stärken.
Emmanuel Petit
Rothschild & Co Asset Management
Emmanuel Petit begann seine Laufbahn 1998 bei HSBC Asset Management auf dem Gebiet der AIMR-GPIS-Performance-Attribution und war dort ab 2001 als Kredit-Analyst tätig. 2006 geht er als Anleihenmanager (Unternehmensanleihen) zu Rothschild Co Asset Management und wird 2011 zum Leiter Anleihenmanagement ernannt. Emmanuel Petit ist Inhaber eines DESS in „Unternehmensfinanz“ und Mitglied des SFAF (Französischer Verband der Finanzanalysten).
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