Real-Estate
Dounia Azouini
Equitera
„Für Vermögensverwalter muss Immobilienvermögen ebenso ein strategischer Aktivposten sein wie andere Anlageklassen.“
Lange Zeit als „Sleeping Beauties“ betrachtet, benötigen Immobilienanlagen heute ein aktives und strategisches Management. Im Sinne einer Diversifizierung ihrer Tätigkeiten haben Vermögensverwalter heute alles Interesse daran, diese Portfolios zu verstehen, zu steuern und Wert zu schaffen – so wie sie es bei Finanzanlagen tun – und damit neue Vergütungsmöglichkeiten zu erschliessen. Dounia Azouini erläutert dies im Detail.
Von Jérôme Sicard
Warum ist es für einen unabhängigen Vermögensverwalter wichtig, Immobilienvermögen in eine ganzheitliche Verwaltung des Kundenvermögens zu integrieren?
Immobilien machen etwa 50 % bis 60 % des Vermögens von Privatpersonen aus – sowohl in der Schweiz als auch weltweit. Dieses Asset zu ignorieren bedeutet, nur eine Teilperspektive auf das Vermögen eines Kunden zu haben. Wie ein Finanzportfolio muss auch ein Immobilienportfolio verstanden, bewertet und je nach makroökonomischem Umfeld optimiert werden. Immobilien tragen zur Risikodiversifizierung, zur Vermögensstabilität, zur Generierung von Erträgen bei und ermöglichen den Einsatz von Hebeln über Kredite. Für Vermögensverwalter müssen Immobilien ein strategischer Aktivposten sein – gleichwertig zu anderen Anlageklassen.
Warum zeigen sich Vermögensverwalter zurückhaltend, wenn es um dieses Thema geht?
Ich sehe drei Hauptgründe. Der erste liegt darin, dass sie ihre Komfortzone verlassen. Vermögensverwalter sind in den Finanzmärkten ausgebildet und beherrschen diese Umgebungen. Immobilien jedoch erfordern multidisziplinäre Kompetenzen – technische, juristische und finanzielle – sowie lokale Netzwerke für jedes einzelne Asset. Der zweite Grund betrifft die Vergütung: Sie entspricht nicht den Modellen, an die Vermögensverwalter gewöhnt sind. Und schliesslich bleibt die Immobilienkultur in der Schweiz konservativ. Der Ansatz ist passiv: Man erwirbt ein Objekt und behält es zwanzig oder dreissig Jahre. Im Gegensatz dazu verfolgen Anleger in mehreren europäischen Ländern wie Spanien, Italien, Deutschland, Frankreich oder England eine deutlich aktivere Vorgehensweise – mit detaillierten Portfoliostudien und zahlreichen Optimierungsszenarien.
Mit welchen konkreten Aufgaben kann sich ein Vermögensverwalter befassen, wenn er sich für das Immobilienvermögen seiner Kunden interessiert?
Der erste Schritt besteht darin, das Profil des Investors zu verstehen. Manche Kunden kaufen, um zu behalten und an ihre Kinder weiterzugeben, andere möchten Wert und Ertrag schaffen. Der Vermögensverwalter muss dann das bestehende Immobilienvermögen analysieren. Es ist nicht selten, dass Objekte eine Rendite erzielen, die unter jener von Anleihen am Finanzmarkt liegt. In diesem Fall kann die Empfehlung sein, ein Asset zu verkaufen und das Kapital neu zu allokieren. Die Aufgabe des Vermögensverwalters besteht darin zu entscheiden: Welche Immobilienwerte sind es wert, behalten zu werden, und welche sollten anderweitig reinvestiert werden?
Welche ersten Elemente müssen analysiert werden, um die tatsächliche Rolle der Immobilien im Vermögen eines Kunden zu verstehen?
Idealerweise muss eine vollständige Prüfung erfolgen. Dabei gilt es, die Assets – in der Schweiz oder im Ausland – zu kartieren und ihre Grössenordnung einzuschätzen. Handelt es sich um 20 Millionen, 200 Millionen oder mehr? Darüber hinaus müssen die Renditen und die geplante Strategie über fünf bis zehn Jahre analysiert werden. Das Ziel ist, die Struktur des Portfolios zu verstehen und die Richtung festzulegen, in die es sich entwickeln soll.
Welche Rolle spielt der Kredit in diesen Strukturen?
Kredit ist ein strategisches Instrument. Selbst sehr vermögende Kunden, die Objekte im Wert von 50 Millionen kaufen, nutzen den Leverage-Effekt. Es gibt keinen Vorteil, vollständig in Liquidität zu bezahlen, insbesondere im aktuellen Umfeld der Schweizer Zinsen. Fremdkapital ermöglicht eine Steueroptimierung, ein präziseres Liquiditätsmanagement und die Möglichkeit, in andere Chancen zu investieren. Die Schweiz bietet im Vergleich zu anderen Ländern einen aussergewöhnlichen Zugang zu Krediten.
Wie lassen sich Renditen und Ertragsgenerierung von Immobilien-assets optimieren?
Dies erfordert einen Fünf- oder Zehnjahres-Businessplan, um die Entwicklung jedes Assets festzulegen. Sämtliche Positionen können optimiert werden: Mieterträge, Kosten, Steuern oder Grundsteuern. Doch das Wesentliche liegt in der Wertschöpfung. Dies kann darin bestehen, Mieten neu zu verhandeln, Flächen zu erweitern, ein Gebäude aufzustocken oder ein ungenutztes Untergeschoss zu erschliessen. Es gilt, finanzielle und technische Kreativität zu kombinieren, um die Rendite zu steigern.
Welche Immobilienchancen sollten Vermögensverwalter in der Schweiz oder international interessieren?
Die Antwort hängt vom Investorenprofil ab und lässt sich nicht verallgemeinern. Vermögensverwalter können sich jedoch auf Spezialisten stützen, sobald sie mit einer konkreten Fragestellung konfrontiert sind. Das ist zum Beispiel der Fall bei einem Verkauf ohne geeignetes Netzwerk, einem schwer zugänglichen Erwerb oder einem bestehenden Portfolio, das optimiert werden muss. Unsere Aufgabe bei Equitera besteht beispielsweise darin, ein Audit durchzuführen, Werthebel zu identifizieren – Aufstockung, Erweiterung, Neuverhandlung von Mieten, notwendige Arbeiten – und eine klare finanzielle Vision der Assets für die kommenden Jahre zu bieten.
Dounia Azouini
Equitera
Als Architektin ausgebildet und Absolventin der ESSEC hat Dounia Azouini ihre Expertise an der Schnittstelle von Architektur, Investment und Asset Management entwickelt. Sie begann ihre Karriere bei grossen institutionellen Investoren wie Allianz Real Estate, Dea Capital und J. Safra Sarasin REM, wo sie Portfolios im Wert von über einer Milliarde Franken verwaltete und weiterentwickelte. Mit dieser internationalen Erfahrung gründete sie Equitera Swiss Capital mit, wo sie für die Investmentstrategie und das Management eines Portfolios verantwortlich ist – mit Fokus auf Wertschöpfung und die Neupositionierung komplexer Assets.
Dounia Azouini
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„Für Vermögensverwalter muss Immobilienvermögen ebenso ein strategischer Aktivposten sein wie andere Anlageklassen.“
Jean-Sylvain Perrig
Premyss
Das 60-40-Portfolio: Ein widerstandsfähiges Modell im Härtetest der Märkte
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Nach fünfzehn Jahren historisch niedriger Zinsen wird der Kreditmarkt wieder zu einem echten Spielfeld. Doch wo sollte man heute Risiken eingehen: bei Staatsanleihen oder bei Unternehmensanleihen? Angesichts steigender Renditen, enger Spreads, zunehmender Volatilität und einer Rückkehr zum „Flight to Quality“ war die Abwägung zwischen Staats- und Unternehmensschulden noch nie so strategisch. Erster Teil einer vierteiligen Interviewreihe zum Kreditmarkt: das neue Duell zwischen Staatsanleihen und Unternehmensanleihen.
Von Jérôme Sicard
Wie hat die Rückkehr der höheren Renditen die relative Attraktivität von Staatsanleihen gegenüber Unternehmensanleihen verändert?
Das Wiederaufleben höherer Renditen hat die Landschaft der festverzinslichen Wertpapiere neu kalibriert. Staatsanleihen, die einst wegen ihrer geringen Renditen vernachlässigt wurden, bieten nun wettbewerbsfähige Erträge und interessante Renditeaussichten. Letzteres basiert darauf, dass Renditen selbst nun einen wichtigen Teil der Gesamtrenditen ausmachen. Unternehmensanleihen – insbesondere Investment-Grade-Anleihen – sind ebenfalls attraktiv, da sie einen Renditeaufschlag (Spread) gegenüber Staatsanleihen bieten und über solide Fundamentaldaten verfügen. Staatsanleihen sind in der Regel sicherer, insbesondere angesichts von Schocks, die zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von Leitzinssenkungen durch die Zentralbanken führen, sowie angesichts höherer Risikoaversion, was die Nachfrage nach sicheren Anlagen erhöht. Unternehmensanleihen sind risikoreicher, da sich die Spreads im Falle solcher negativen Schocks in der Regel ausweiten.
Welche Faktoren treiben derzeit die Verengung oder Ausweitung der Kreditspreads in Investment-Grade-Märkten an?
Die Spreadverengung wurde durch starke Unternehmensfundamentaldaten (einschliesslich robuster Unternehmensgewinne), die Aussicht auf Zinssenkungen durch die Zentralbanken und Zuflüsse in Unternehmensanleihen angetrieben. Umgekehrt kommt es in der Regel zu einer Ausweitung, wenn negative Schocks eintreten. Dazu können geopolitische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheit oder sich verschlechternde Fundamentaldaten der Emittenten gehören. Technische Faktoren wie Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage sowie Liquiditätsbedingungen spielen ebenfalls eine Rolle. Während die Spreads weiterhin eng gehalten sind, unterstreicht die Streuung über Sektoren und Emittenten hinweg die Bedeutung einer aktiven Auswahl und Risikodifferenzierung.
Wann werden Staatsanleihen in einem Umfeld der „Flucht in Qualität” wieder attraktiv?
Staatsanleihen gewinnen in Zeiten von Marktstress, die mit schwächeren Wachstumsaussichten und niedrigerer Inflation einhergehen, wieder an Bedeutung. In diesem Fall erhöht das Potenzial für Zinssenkungen die Attraktivität von Staatsanleihen mit längerer Laufzeit, insbesondere für Anleger, die sich gegen Kursverluste absichern möchten. Ihre Attraktivität wird noch verstärkt, wenn die Renditen hoch sind und sowohl Kapitalerhalt als auch Erträge versprechen. In volatilen Umfeldern, insbesondere wenn Risikoanlagen schwächeln, werden die Liquidität und Bonität von Staatsanleihen entscheidend. Beachten Sie, dass Anleihen auch in Zeiten von Marktstress abverkauft werden können, insbesondere wenn ein Anstieg der Inflation erwartet wird. In diesen Fällen bieten Anleihen nicht den gleichen Schutz und sind daher möglicherweise nicht die beste „Flucht in Qualität”.
Wie positionieren Sie Portfolios entlang der Durationskurve im aktuellen Zinsumfeld?
Wir tendieren derzeit zu einer leicht verlängerten Duration. Dies spiegelt unsere Einschätzung wider, dass die Zentralbanken, insbesondere die Fed, Spielraum für Zinssenkungen haben. Wir legen auch grossen Wert darauf, welchen Teil der Kurve wir über- oder untergewichten. Investitionen am kurzen Ende der Kurve erfordern eine Einschätzung der Zentralbankpolitik im Vergleich zu den bereits vom Markt eingepreisten Erwartungen. Das lange Ende der Kurve erfordert eine Bewertung der Risiken für die Laufzeitprämien, sprich die erforderliche Vergütung für das Eingehen von Durationsrisiken. Die Form der Kurve ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, da es in verschiedenen Teilen der Kurve zu Roll-Down-Effekten kommen kann. So kann beispielsweise eine selektive Verlängerung der Duration von Vorteil sein, wenn Zinssenkungen erfolgen und die Renditen attraktiv sind, doch angesichts der anhaltenden Inflation und der geopolitischen Risiken ist Vorsicht geboten. Taktische Flexibilität – die Anpassung der Duration auf der Grundlage sich verändernder makroökonomischer Signale und der Steilheit der Kurve – kann das Gesamtrenditepotenzial optimieren, ohne sich zu sehr auf ein einziges Zinsszenario festzulegen.
Wo sehen Sie das beste Gleichgewicht zwischen Rendite und Risiko bei Staats- und Unternehmensanleihen?
Unternehmen aus Schwellenländern und ausgewählte Emittenten von Hochzinsanleihen bieten derzeit ein überzeugendes Rendite-Risiko-Verhältnis. Trotz engerer Spreads profitieren diese Segmente von sich verbessernden Fundamentaldaten, globaler Diversifizierung und disziplinierten Emissionen. Staatsanleihen aus Regionen mit höheren Renditen bieten ebenfalls Chancen, insbesondere dort, wo sich die Geldpolitik stabilisiert. Eine detaillierte Kreditanalyse und eine länderspezifische Risikobewertung bleiben jedoch wichtig. Im Investment-Grade-Bereich bleiben Sektoren mit starken Cashflows und geringer Verschuldung attraktiv, insbesondere wenn sie durch eine gründliche Analyse der spezifischen Risiken gestützt werden.
Wie hat sich der Primärmarkt in letzter Zeit entwickelt und was sagt uns das über die Stimmung der Anleger?
Der Primärmarkt hat sich als widerstandsfähig erwiesen, mit stabilen Emissionen und einer robusten Nachfrage sowohl im Investment-Grade- als auch im Hochzins-Segment. Die Nachfrage der Anleger ist weiterhin hoch, was das Vertrauen in die Fundamentaldaten der Kreditmärkte und eine konstruktive Einschätzung der Zinsentwicklung widerspiegelt. Neue Emissionen wurden gut aufgenommen und oft überzeichnet, was auf die Bereitschaft hinweist, trotz makroökonomischer Unsicherheiten Kapital einzusetzen. Dies deutet darauf hin, dass sich die Anleger auf ein stabiles Zinsumfeld einstellen und mit den aktuellen Bewertungen zufrieden sind. Allerdings bleibt Selektivität weiterhin entscheidend, da die Streuung zwischen den Emittenten weiter zunimmt.
Wie widerstandsfähig werden Hochzinsemittenten Ihrer Meinung nach angesichts höherer Refinanzierungskosten sein?
Hochzinsemittenten haben sich dank solider Erträge, proaktiver Refinanzierung und disziplinierter Kapitalstrukturen als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird, auch wenn steigende Zinskosten schwächere Emittenten unter Druck setzen könnten. Während die Fundamentaldaten insgesamt weiterhin fest sind, wird das Umfeld zunehmend zweigeteilt. Emittenten mit robustem Cashflow und Zugang zu Liquidität sind gut positioniert, während diejenigen mit kurzfristigen Fälligkeiten und begrenzter Flexibilität vor Herausforderungen stehen könnten. Die Auswahl der Emittenten und die Sektorrotation sind entscheidend, um sich in diesem Umfeld erfolgreich zu behaupten.
Guillermo Felices
PGIM
Guillermo Felices ist Principal und Global Investment Strategist im Bereich Fixed Income bei PGIM mit Sitz in London. Bevor er im August 2021 zum Unternehmen kam, war Felices Head of Investment Strategy und Mitglied des Multi-Asset Investment Committee bei BNP Paribas Asset Management. Früher in seiner Karriere leitete er die Asset-Allocation-Forschung für Europa bei Barclays, wo er 2011 eingetreten war. Er arbeitete zudem für Citi und bei der Bank of England. Guillermo Felices hat einen PhD und einen Master in Wirtschaftswissenschaften der New York University (Fulbright-Stipendiat) und einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften der Universidad del Pacifico in Lima, Peru.
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Die Rolle von Kupfer verändert sich: Von einem konjunkturabhängigen zyklischen Metall wird es mit der zunehmenden Verbreitung von KI und Elektrifizierung zu einem strategischen Schlüsselfaktor.
Lange Zeit war Kupfer stark vom Bauwesen, der Automobilindustrie und der chinesischen Infrastruktur abhängig – Sektoren, die sehr empfindlich auf das BIP reagieren. Nun spielt es jedoch eine zentrale Rolle bei den globalen Megatrends: künstliche Intelligenz, Rechenzentren, Stromnetze, Aufrüstung, Elektrofahrzeuge, industrielle Elektrifizierung. Diese Wachstumsmotoren basieren auf mehrjährigen Programmen, die weniger anfällig für kurzfristige Konjunkturschwankungen sind.
Auf der Angebotsseite scheint die unmittelbare Lage ausgewogen zu sein, mit einem für 2025 prognostizierten Raffinerieüberschuss. Diese scheinbare Entspannung verdeckt jedoch tiefgreifende Spannungen: Die angekündigten Bergbauprojekte decken nur etwa 70 % des Primärbedarfs bis 2035. Ohne einen deutlichen Anstieg des Recyclings, neue Minen oder die Optimierung bestehender Standorte könnte es zu einer anhaltenden Verknappung kommen. Gleichzeitig verstärken grosse diversifizierte Konzerne ihr Engagement im Kupferbereich durch Fusionen und Übernahmen, was darauf hindeutet, dass die Sicherung einer qualitativ hochwertigen Versorgung immer wichtiger wird.
Angesichts der steigenden physischen Nachfrage erscheint Kupfer nicht nur als ein Metall, das das digitale Zeitalter vorantreibt, sondern auch als potenzieller Flaschenhals, der das Tempo der Einführung von KI und Elektrifizierung beeinflussen könnte.
Rechenzentren: strukturelle Abhängigkeit
Hyperscale-Rechenzentren vereinen zahlreiche Anwendungen: Sammelschienen, Transformatoren, Erdung, Hochgeschwindigkeitsverkabelung, Wärmemanagement. Die IEA prognostiziert eine Verdopplung des Stromverbrauchs von Rechenzentren bis 2030, was zu grossen Teilen auf KI zurückzuführen ist und zu mehrjährigen Stromverträgen mit hohem Kupferanteil führt. Die Kapazitäten werden erweitert, die Lieferzeiten verlängern sich, wodurch die Zyklizität verringert und eine nachhaltige Nachfrage verankert wird.
Wiederaufrüstung: programmierter Aufbau
Kupfer ist allgegenwärtig: Stromkabel, Kupfer-Nickel-Legierungen für Schiffssysteme, widerstandsfähige Elektronikkomponenten. Mit einem NATO-Ziel von 5 % des BIP für die Verteidigung bis 2035 und einer Wiederbelebung der Produktionsketten in Europa und den Vereinigten Staaten werden die Einkaufszyklen mehrjährig, was eine nachhaltige und vorhersehbare Nachfrage gewährleistet.
Stromnetze: Das Herzstück der Elektrifizierung
Freileitungen und Erdkabel, Transformatoren, Umspannwerke, Steckverbinder: Jede Modernisierung erfordert Kupfer. Nach Jahrzehnten der Unterinvestitionen steigen die weltweiten Ausgaben stark an. Die Preise für Kabel und Transformatoren sind gestiegen, die Lieferzeiten erstrecken sich über mehrere Jahre, was automatisch zu einer Stabilisierung der Auftragsbücher führt.
Elektrofahrzeuge: steigende Materialintensität
Ein Elektrofahrzeug benötigt drei- bis viermal mehr Kupfer als ein Verbrennungsmotor. Das für den modernen Gebrauch unverzichtbare Schnellladen mit Gleichstrom ist ebenfalls sehr kupferintensiv. In den Vereinigten Staaten sichern die weiterentwickelten NEVI-Normen Investitionen und garantieren einen kontinuierlichen Absatz von Kabeln, Umwandlungssystemen und Netzausrüstung.
Gebäude und Industrie: Elektrifizierung und Effizienz
Neuverkabelungen, Verteilertafeln, Wärmepumpen, hocheffiziente Industriemotoren und Automatisierung basieren auf grossen Mengen an Kupfer. Energieeffizienz wird sowohl zu einer wirtschaftlichen als auch zu einer ökologischen Verpflichtung: Sobald die Projekte finanziert sind, werden sie umgesetzt, wodurch die Zyklizität gemildert wird.
Auswirkungen für Bergbauunternehmen
Die Nachfrage wird weniger zyklisch und besser vorhersehbar, getragen von den Bereichen öffentliche Dienstleistungen, Technologie, Verteidigung und Infrastruktur. Die Verlängerung der Betriebszeiten (durchschnittlich etwa 18 Jahre) begünstigt etablierte Akteure und die Erweiterung bestehender Standorte. Kapitaldisziplin dominiert: Es ist besser, sich hochwertige Vermögenswerte zu sichern, als auf Volumen zu setzen.
In diesem Zusammenhang können sich Anleger über einen spezialisierten ETF wie den Global X Copper Miners UCITS ETF, der die weltweit wichtigsten Akteure im Kupferbereich zusammenfasst, in diesem Bereich engagieren.Prospekte und KID-Dokumente verfügbar unter www.globalxetfs.eu
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Lange Zeit durch Überkapazitäten und den Druck auf die Frachtraten geschwächt, hat sich die Schifffahrt in den letzten Jahren neu erfunden. Briese Schiffahrt, das weltweit jede zweite Windkraftanlage transportiert, steht vorbildlich für diesen Wandel: Flottenerneuerung, Energieeffizienz und der Aufstieg des Project Cargo. Patric Käser und Philipp Leibundgut liefern hierzu ihre Analyse.
Von Jérôme Sicard
Wie hat sich der Seeverkehr in den letzten zehn Jahren – vor und nach COVID – verändert?
Anfang der 2010er-Jahre kam es in der Branche zu einem regelrechten Bauboom: Die Werften produzierten weitaus mehr Schiffe, als tatsächlich benötigt wurden. Die Folge: chronische Überkapazitäten und dauerhaft unter Druck stehende Frachtraten. Die Entwicklung des Welthandels blieb hinter den Erwartungen zurück – was die Lage weiter verschärfte. Zahlreiche Reedereien gingen in die Insolvenz oder wurden im Zuge einer umfassenden Marktkonsolidierung übernommen.
Dann kam COVID – und mit der Pandemie kam die Wende. Entgegen allen Erwartungen hat die Krise die Schifffahrt wieder auf Kurs gebracht. Ein brutaler, aber letztlich heilsamer Schock, welcher der Branche die dringend benötigte Luft verschaffte.
Seitdem hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Der Markt ist konsolidiert, die verbliebenen Akteure sind finanziell gut aufgestellt und investieren wieder – insbesondere in die Erneuerung ihrer Flotten. Im Zentrum stehen heute operative Effizienz und eine deutliche Reduktion des Treibstoffverbrauchs.
Welche grossen Trends prägen den Sektor heute?
In den vergangenen Jahren schien es nur eine Devise zu geben: Investitionen mussten unbedingt „grün“ sein. Für die Schifffahrt ein komplexes Thema – Schweröl bleibt vorerst alternativlos. Batterien und Wasserstoff bringen nicht die nötige Energiedichte. In der Folge wurden alternative Ansätze erprobt – von starren Segeln bis zu Abgaswäschern. Manche innovativ, viele überbewertet – und kaum eines dieser Konzepte hat sich durchgesetzt.
Heute liegt der Fokus klar auf Effizienz. Zurück zu den Grundlagen: Briese Schiffahrt entwickelt und bestellt moderne Schiffe der neuesten Generation, funktional und konsequent auf Leistung ausgerichtet – ohne unnötige Technik. Diese Schiffe verbrauchen bis zu 35 Prozent weniger Treibstoff und transportieren zugleich rund 20 Prozent mehr Ladung. Messbare Fortschritte, die sich in Zahlen ausdrücken lassen.
Welchen Kurs verfolgen Sie in dieser Branche?
In vielen Bereichen der Seeschifffahrt ist der Reeder kaum mehr als ein Uber-Fahrer mit Kapitänspatent. Die grossen Ladungsströme werden von Konzernen wie zum Beispiel Glencore, Cargill oder Maersk kontrolliert – und sie beauftragen in der Regel den Anbieter, der am verletzlichsten ist und somit den niedrigsten Preis akzeptiert. In diesem Umfeld echte Wertschöpfung zu erzielen, ist extrem schwierig.
Briese Schiffahrt verfolgt einen anderen Ansatz: Unser Fokus liegt auf Projekt- und Schwergutgütern – also industriellen Spezialtransporten. Hier gelten andere Spielregeln: Unsere Kunden – beispielsweise GE, Vestas oder Shell – planen langfristig und vergeben ihre Transportaufträge ausschliesslich an bewährte, zertifizierte Anbieter. Diese Konstellation schafft verlässliche, langfristige Beziehungen, stabile Planungsgrundlagen und eine deutlich geringere Volatilität bei den Frachtraten.
Wie sind Sie beim Flottenerneuerungs-programm vorgegangen?
Briese Schiffahrt ist Marktführer im Bereich Projekt- und Schwerguttransport – und wir konnten den Erneuerungszyklus aus einer soliden finanziellen Position starten. Dies ermöglichte es uns, frühzeitig Schiffe bei den Werften zu besonders attraktiven Konditionen zu bestellen. Unsere Investoren, die sich an den Schiffen beteiligen, haben direkt davon profitiert.
Etwa die Hälfte unseres Programms ist inzwischen umgesetzt. Die zweite Hälfte folgt in den kommenden Jahren – sobald sich neue Chancen am Markt ergeben. Interessanterweise könnte uns der von Donald Trump angeheizte Handelskonflikt dabei in die Karten spielen.
Nach welchem Modell haben Sie die Investitionen strukturiert, um den permanenten Flottenumbau zu unterstützen?
Wir haben unser Investorenmodell angepasst. Einen Fonds aufzulegen, der rasch investiert werden muss, ergibt wenig Sinn. Wir ziehen ein flexibleres Modell vor: Unsere Anleger beteiligen sich gezielt – Schiff für Schiff, je nach Gelegenheit.
Was uns besonders auszeichnet: Die Familie Briese beteiligt sich an jedem Projekt im gleichen Umfang wie die externen Investoren – Dollar für Dollar. Dieses Co-Investment-Modell schafft Gleichklang der Interessen und schliesst Zielkonflikte effektiv aus.
Wie sehen moderne Schiffe der nächsten Generation konkret aus?
Die technischen Veränderungen verlaufen evolutionär – ein Schiff ist rund 25 Jahre im Einsatz. Eine der auffälligsten Neuerungen betrifft die Position der Brücke: Sie befindet sich nun vorne. Das schafft Platz auf dem Hauptdeck und ermöglicht ein deutlich höheres Ladevolumen, ohne die Sicht zu beeinträchtigen.
Für uns ist das strategisch entscheidend – schliesslich transportieren wir rund die Hälfte aller weltweit installierten Windkraftanlagen. Mit dem neuen Design passen auf ein gleich grosses Schiff etwa 30 Prozent mehr Rotorblätter. Auch bei der Antriebstechnik gab es Fortschritte: Die Hauptmaschinen werden heute vollständig elektronisch gesteuert – nicht mehr mechanisch –, was die Energieeffizienz spürbar verbessert.
Warum transportiert Briese jede zweite Windkraftanlage weltweit?
Mit 130 eigenen Schiffen und bis zu 40 zusätzlichen gecharterten Einheiten betreiben wir die weltweit grösste Flotte im Bereich Projekt- und Schwerguttransport. Diese kritische Masse verschafft uns bedeutende Skaleneffekte – sowohl bei der Verladung als auch bei der Kostenstruktur.
Die Windbranche ist hart umkämpft. Unsere Fähigkeit, zuverlässig zu liefern und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben, hat es Briese Schiffahrt ermöglicht, sich als führender Anbieter zu etablieren. Dieses Modell lässt sich kaum kopieren – es ist unser wirtschaftlicher Schutzgraben, unser „Moat“, wie Warren Buffett sagen würde.
Wie hat sich Ihr Beruf in den letzten Jahren verändert?
Das Crew-Profil an Bord hat sich gewandelt. Europäische Seeleute wurden zunehmend durch russische und ukrainische Offiziere auf der Brücke sowie philippinische Decksbesatzung ersetzt. Die Arbeit bleibt anspruchsvoll, die Schichten lang – daran hat sich wenig geändert.
Was mich persönlich beeindruckt: Trotz des Kriegs arbeiten russische und ukrainische Seeleute weiter Seite an Seite – ohne Spannungen, mit beeindruckendem Professionalismus. Das ist alles andere als selbstverständlich.
Welche Rolle spielen Digitaltechnik und KI in einer jahrtausendealten Branche?
Selbstverständlich ist auch in der gesamten Briese Gruppe KI ein Thema: Der Einfluss ist real – und wächst stetig. Immer mehr Systeme an Bord lassen sich aus der Ferne überwachen. Potenzielle Ausfälle erkennen wir frühzeitig – noch bevor sie entstehen. So verbessern wir die Einsatzzeiten unserer Schiffe erheblich.
Auch in der Navigation macht sich der technologische Fortschritt bemerkbar: Die Prognosen zu Wetter und Strömungen sind deutlich präziser geworden. Das hilft uns, effizientere Routen zu planen – und den Treibstoffverbrauch spürbar zu senken.
Welche Kunden und Projekte stehen für Sie im Fokus?
Das Motto unserer unternehmenseigenen Verladungsgesellschaft – BBC Chartering – lautet: Any Port. Any Cargo. Getreu diesem Leitspruch realisieren wir Lösungen für den Transport jeglicher Projekt- und Schwergüter von und zu nahezu allen Hochseehäfen weltweit. Aufgrund der besonderen Anforderungen dieser Güter sind wir stark in der Energiebranche engagiert – sowohl im traditionellen Öl- und Gassektor als auch in den Bereichen erneuerbare Energien, wie Windkraft- und Wasserstoff-Infrastruktur. Zu unseren typischen Kunden zählen unter anderem Unternehmen wie GE, Vestas, ABB und Siemens.
Darüber hinaus übernehmen wir auch umfangreiche Transporte für die Minenindustrie, beispielsweise von Bohrgeräten, Grosskippern und anderer Infrastruktur für Unternehmen wie BHP, Rio Tinto und Glencore. Ebenso befördern wir komplette Eisenbahnzüge – etwa von Schindler, Nahrungsmittel für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen sowie Yachten, die beispielsweise vom Mittelmeer in die Karibik verlegt werden. Eines unserer Schiffe, die BBC Pearl, hat z. B. auch das Piratenschiff «Black Pearl», bekannt aus Pirates of the Caribbean, zum Filmset in der Karibik gefahren.
Patric Käser
Briese Schiffahrt (Schweiz)
Patric Käser, Betriebsökonom FH, ist Geschäftsführer und Mitgründer der Briese Schiffahrt (Schweiz). Er berät und begleitet professionelle Investoren bei Ihren Beteiligungen an Hochsee-Frachtschiffen. Zuvor war er über zwanzig Jahre als Investmentbanker im In- und Ausland tätig, wo er seine Leidenschaft für die Transport- und Speditionsbranche entwickelte. Patric Käser ist langjähriges Mitglied der Wirtschaftskommission von SPEDLOGSWISS – Verband schweizerischer Speditions- und Logistikunternehmen.
Philipp Leibundgut
Briese Schiffahrt (Schweiz)
Philipp Leibundgut, Betriebsökonom FH, ist Verwaltungsratspräsident von Briese Schiffahrt (Schweiz). Er begann seine Karriere bei Hansa in Baar. Danach wechselte er in die Geschäftsleitung der Valartis Bank. Er war zudem Mitgründer von Eastern Property Holdings, einer an der SIX kotierten Immobiliengesellschaft, der er über mehrere Jahre als Verwaltungsrat verbunden blieb. Im Jahr 2016 begleitete er die Abwicklung von Massoel Shipping in Genf und entdeckte dabei den Markt für Multipurpose-Schifffahrt. In der Folge initiierte er eine Partnerschaft mit Briese Schiffahrt, dem weltweit führenden Unternehmen in diesem Segment, um ein Co-Investment-Angebot für den Schweizer Markt zu schaffen.
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Zwischen regulatorischem Druck, steigenden Kosten und dem Aufkommen einer neuen Generation von Anlegern verändert sich das unabhängige Modell derzeit rapide. Im Zentrum dieses Wandels erreichen viele Strukturen mittlerweile die Grösse kleiner Banken und setzen neue Standards für die Branche. Laurent Pellet analysiert unverblümt die Dynamiken, die heute die Konturen des Berufsstands neu definieren.
Von Jérôme Sicard
Wie hoch ist das derzeitige verwaltete Vermögen der rund 1’600 von der FINMA zugelassenen Vermögensverwalter?
Leider fehlen uns hierzu noch Informationen. Alles deutet darauf hin, dass die von den Vermögensverwaltern in der Schweiz verwalteten Volumina in derselben Grössenordnung liegen wie die historischen Schätzungen. Wir sprechen also von einer Gesamtsumme, die zwischen 400 und 500 Milliarden Franken liegt. Im Jahr 2017 haben die Crédit Suisse und die Universität St. Gallen eine Studie durchgeführt, in der von einem Betrag von rund 400 Milliarden die Rede war.
Bei der Meldepflicht der FINMA im Juni 2020 haben sich 1’934 Unternehmen registriert. Im Jahr 2025 haben nur etwa 1’500 eine Lizenz erhalten, was einem Rückgang von rund 20 % entspricht. Dieser Rückgang spiegelt in erster Linie eine Konsolidierungsbewegung wider. Zahlreiche Akteure haben sich für einen Zusammenschluss entschieden, was eher zu einer Konzentration der Bestände als zu einer tatsächlichen Erosion des Marktes geführt hat. Die verwalteten Vermögen sind daher insgesamt stabil geblieben.
Wie schätzen Sie die Entwicklung dieser verwalteten Volumina in den nächsten Jahren ein?
Ich denke, dass die Zahl der unabhängigen Verwaltungsgesellschaften weiter zurückgehen wird. Die Kosten im Zusammenhang mit der Regulierung, den Governance-Anforderungen oder auch den technologischen Investitionen sind nach wie vor hoch. Sie belasten kleine Strukturen umso mehr. Viele werden sich dafür entscheiden, sich einem grösseren Akteur anzuschliessen, um die Kosten zu teilen, Zugang zu neuen Kompetenzen zu erhalten und ihr Dienstleistungsangebot zu erweitern. Andere werden ihre Tätigkeit einfach einstellen, entweder weil es keinen Nachfolger gibt oder aus persönlichen Gründen.
Dieser Rückgang wird jedoch nicht zu einem Marktrückgang führen. Nach einer Stabilisierungsphase im Zusammenhang mit der Anpassung an die neuen Gesetze dürften die verwalteten Vermögen im Gegenteil wieder steigen. Die Konsolidierung des Sektors sollte die bestehenden Plattformen stärken und mittelfristig ein nachhaltigeres Wachstum begünstigen.
Immer mehr Vermögensverwaltungsgesellschaften erreichen eine Grösse, die mit kleinen Banken mit einem verwalteten Vermögen von über 5 oder sogar 10 Milliarden vergleichbar ist. Wie beurteilen Sie diesen Trend?
Historisch gesehen basierte das Modell der unabhängigen Vermögensverwalter auf Kundennähe, schlanken Strukturen und der Übertragung von Bankfunktionen an Verwahrstellen. Das Inkrafttreten der neuen Gesetze im Jahr 2020 hat die Situation grundlegend verändert: Die Fixkosten, sei es aufgrund regulatorischer oder technologischer Anforderungen, sind deutlich gestiegen. In diesem Zusammenhang profitieren die grössten Akteure nun von Skaleneffekten und sind in der Lage, ihre Position zu stärken.
Dieses Wachstum lässt sich auch durch die Konsolidierungsbewegung in diesem Sektor erklären. Vermögensverwalter, die nach einer nachhaltigen Lösung suchen, schliessen sich mit stärkeren Akteuren zusammen. Diese können eine professionelle Organisation, eine bewährte Governance, integrierte oder ausgelagerte Risikomanagement- und Compliance-Funktionen sowie eine hochmoderne technologische Infrastruktur anbieten. Im Zuge dieser Zusammenschlüsse wächst das verwaltete Vermögen dieser grossen Akteure natürlich weiter.
Ist mit der Grösse dieser Strukturen langfristig eine Verschärfung der Regulierung zu erwarten?
Die FINMA hat stets den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verteidigt. Einige Verwaltungsgesellschaften erreichen heute eine Grösse, die mit kleineren Banken vergleichbar ist, aber sie verfügen weder über die entsprechende Lizenz noch erfüllen sie die Aufgaben einer Verwahrstelle. Die Aufsichtsbehörde wendet daher einen angepassten Rahmen an, der im Vergleich zu dem für Bankinstitute weniger streng ist. Das Ziel bleibt die Gewährleistung eines angemessenen Sicherheits- und Governance-Niveaus, ohne das Wesen des unabhängigen Modells in Frage zu stellen.
Was sollten heute ihre operativen Prioritäten sein?
Die Priorität für unabhängige Vermögensverwalter bleibt die konsequente Umsetzung der Compliance- und Governance-Anforderungen aus dem FIDLEG und dem FINIG. Sie müssen daher die Prozesse der Eignung und Angemessenheit vollständig in den Kundenalltag integrieren, die Dokumentation automatisieren und alle internen Verfahren und Richtlinien auf dem neuesten Stand halten.
Ebenso wichtig ist es, sich mit vollständigen und einwandfreien Unterlagen auf die aufsichtsrechtlichen Prüfungen und Inspektionen der FINMA vorzubereiten. Schliesslich müssen die unabhängigen Vermögensverwalter ihren Technologiebedarf bewerten, um die Effizienz zu steigern und die operative Komplexität zu reduzieren, insbesondere durch die Automatisierung sich wiederholender Aufgaben. Diese Modernisierung zielt auch darauf ab, das Kundenerlebnis zu verbessern, das zu einem zentralen Differenzierungsmerkmal wird.
Wie passen Sie Ihre Dienstleistungen an die Umstrukturierung der Vermögensverwalter an?
Depotbanken sind nicht mehr nur einfache Verwahrer von Vermögenswerten für unabhängige Vermögensverwalter. Sie erfüllen heute die Rolle eines strategischen Partners. Wir stellen unabhängigen Vermögensverwaltern eine leistungsstarke Technologieplattform zur Verfügung. Diese entwickeln wir kontinuierlich weiter, indem wir neue Funktionen, einen FIX-Handelsprozess oder ein Tool zur Simulation und Bearbeitung strukturierter Produkte integrieren.
Über die Infrastruktur hinaus unterstützen wir sie auch bei der Optimierung ihrer Portfolios, indem wir ihnen Zugang zu anspruchsvolleren Produkten wie nicht börsennotierten Vermögenswerten oder alternativen Lösungen verschaffen. Unser Ziel ist es, ihnen zu ermöglichen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, und ihnen gleichzeitig die technologischen Mittel und Anlagelösungen zur Verfügung zu stellen, welche sie benötigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wo liegen heute ihre wichtigsten Wachstumshebel?
Die Wachstumshebel liegen vor allem in der Spezialisierung und der Fähigkeit, ein wirklich differenziertes Angebot zu bieten. Die Entwicklung von Dienstleistungen mit hohem Mehrwert – in den Bereichen Nachfolge, internationale Besteuerung, Private Assets oder alternative Lösungen – ist ein entscheidender Vorteil, um eine neue Generation von Anlegern anzuziehen.
Die nächste Generation, die Erben, aber auch Unternehmer und sehr vermögende Kunden zeigen ein wachsendes Interesse am unabhängigen Modell, gerade aufgrund seiner Flexibilität, seiner Nähe und seiner gezielten Expertise. Diejenigen, die es verstehen, Individualisierung und Professionalität zu verbinden, werden sich in diese Dynamik einfügen können.
In welcher Hinsicht haben sich die unabhängigen Vermögensverwalter in den letzten Jahren am stärksten verändert?
Die erste grosse Veränderung war die Umsetzung der Gesetze FIDLEG und FINIG. Mit ihrem Inkrafttreten waren Vermögensverwalter verpflichtet, eine Zulassung zu erwerben, ihre Governance zu formalisieren, ihre Kundendokumentation zu strukturieren und ihre Compliance-Verfahren zu verstärken. Dieser Rahmen zwang die Branche zur Professionalisierung und zur Anhebung der Anforderungen.
Die zweite, jüngere Entwicklung betrifft die Einführung externer Technologielösungen: Reporting-Plattformen, Portfoliomanagementsysteme, CRM oder Cloud-Tools. Diese Lösungen ermöglichen die Automatisierung einer Vielzahl von Verwaltungsaufgaben, steigern die Effizienz und verbessern das Kundenerlebnis. Die Digitalisierung ist nicht mehr nur eine strategische Entscheidung, sondern auch ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Schliesslich haben sich auch die Erwartungen der Kunden gewandelt. Investoren suchen heute zwar nach Performance, aber auch nach mehr Transparenz, Nachhaltigkeit und Diversifizierung. Das wachsende Interesse an Private Assets, Family-Governance-Dienstleistungen, Vermögensstrukturierung oder Impact Investing zwingt unabhängige Vermögensverwalter dazu, ihr Geschäftsmodell zu überdenken. Sie müssen sich stärker spezialisieren und ein Angebot bereitstellen, das sowohl anspruchsvoller ist als auch den neuen Erwartungen der Kunden besser entspricht.
In welchen Bereichen müssen sie sich noch verbessern?
Der wichtigste Schwerpunkt liegt auf einer schnelleren und gezielteren Einführung von Technologien. Natürlich gibt es kein einheitliches Modell, das für alle unabhängigen Vermögensverwalter gilt, aber jede Struktur muss Tools integrieren, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind – ob künstliche Intelligenz, Cloud-Lösungen oder Blockchain. Diese Technologien ermöglichen es, die Effizienz zu steigern, Prozesse zu vereinfachen und letztlich die Kosten besser zu kontrollieren.
Sie sind auch ein wesentlicher Hebel zur Verbesserung des Kundenerlebnisses. Durch den intelligenten Einsatz von Daten und digitalen Tools lassen sich nicht nur die Erwartungen der aktuellen Kunden antizipieren, sondern auch die Bedürfnisse der nächsten Generationen erfüllen, die technikaffiner sind und höhere Ansprüche an die Personalisierung stellen.
Welche grossen Trends werden die Dynamik dieses Sektors in den nächsten Jahren bestimmen?
Die Übertragung von Vermögen an die nächste Generation ist zweifellos der prägendste Trend für die kommenden Jahre. Dieser Übergang betrifft nicht nur die Generation Z, die oft mit „Digital Natives” umschrieben wird, sondern auch die Millennials und einen Teil der Generation X. Vermögensverwalter müssen neue Arten von Vermögenswerten – private, alternative oder sogar digitale – in ihr Angebot aufnehmen und dabei den wachsenden Erwartungen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Impact Investing Rechnung tragen.
Gleichzeitig wird die Digitalisierung zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die nächsten Generationen bevorzugen eine direktere und interaktivere Beziehung über Online-Plattformen, mobile Anwendungen oder soziale Netzwerke. Um die eigenen Aktivitäten langfristig zu sichern, müssen Vermögensverwalter ebenso agil sein.
Laurent Pellet
Limited Partner, Global Head of EAM
Laurent Pellet trat 2017 in die Bank Lombard Odier & Cie SA ein und übernahm 2018 die Verantwortung für die Abteilung der externen Vermögensverwalter für die Gruppe. Nach seinen Anfängen bei Ferrier Lullin & Cie SA war er über 20 Jahre lang in verschiedenen Funktionen bei der Bank Julius Bär tätig. Er verfügt über einen Abschluss in quantitativer Vermögensverwaltung der HEC Genf und einen Abschluss in Digital Finance Law der Universität Genf und der CWMA.
Dounia Azouini
Equitera
„Für Vermögensverwalter muss Immobilienvermögen ebenso ein strategischer Aktivposten sein wie andere Anlageklassen.“
Jean-Sylvain Perrig
Premyss
Das 60-40-Portfolio: Ein widerstandsfähiges Modell im Härtetest der Märkte
Dounia Azouini
Equitera
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