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  • Interview mit Cédric Baiker
  • Gründer und Managing Partner
  • WIZE by TeamWork

« Die neuen Core-Banking-Systeme bedeuten weniger Kosten, weniger Komplexität »

Vor langer Zeit einmal entwickelt, belasten die Core-Banking-Systeme die Banken heute zunehmend mit hohen Kosten und erheblicher Komplexität. Mit Quilvest hat Wize by TeamWork gezeigt, dass es eine Alternative gibt: eine integrierte Front-to-Back-Architektur, die speziell für mittelgrosse Institute entwickelt wurde. Ein erstes Beispiel, das einen tiefgreifenden Wandel in der Art und Weise vorwegnehmen könnte, wie Banken ihr zentrales System betrachten.

Von Jérôme Sicard

 

Was sind heute die Hauptprobleme der Banken mit ihren „historischen“ Core-Banking-Systemen?
Das erste Problem sind die Kosten. Diese Systeme wurden in den 1990er- oder 2000er-Jahren entwickelt. Seither musste man Schicht um Schicht neue Technologien hinzufügen, um ihre Weiterentwicklung mehr schlecht als recht sicherzustellen. Das Ergebnis: CTOs sitzen auf einem technologischen Millefeuille, das kaum noch zu bewältigen ist. Jede Aktualisierung, jede Anpassung wird zu einem schweren und teuren Eingriff. Die Banken bezahlen nicht nur für die Instandhaltung alternder Systeme, sondern auch für die ständige Präsenz von Beratern, deren Tagessätze sich summieren – weil der Anbieter sein Geschäftsmodell genau auf diese Abhängigkeit aufgebaut hat. Und da niemand alle fünf Jahre sein Core-Banking-System wechseln will, stecken die Institute in einem Teufelskreis fest: Sie müssen ein veraltetes System am Laufen halten, das immer teurer wird, während der Druck auf die Margen von Jahr zu Jahr zunimmt.

Wie lässt sich die Erneuerung dieser veralteten Systeme angehen – radikale Transformation oder schrittweise Migration?
Beides ist möglich, aber keineswegs einfach. Die radikale Variante, der „Big Bang“, würde bedeuten: alles wegwerfen und von Null an neu aufbauen. Technisch wäre das wohl die sauberste Lösung. Aber in der Praxis: Wer möchte das Risiko tragen? Niemand will derjenige sein, der das Projekt unterschreibt und am Ende als Sündenbock dasteht, falls es Terminprobleme oder Bugs beim Go-Live gibt.

Die andere Möglichkeit ist die schrittweise Migration. Man ersetzt Modul für Modul, während das Altsystem weiterläuft. Doch auch hier ist die Komplexität enorm, weil jede neue Komponente mit allem Bestehenden verbunden werden muss. Jede zusätzliche Schnittstelle erzeugt Kosten, Verzögerungen und Risiken. In beiden Fällen wissen die Banken: Sie werden diesen Schritt früher oder später gehen müssen. Je länger sie warten, desto höher wird die Rechnung.

Welche Teile dieser Systeme sind heute am stärksten veraltet?
Ganz klar das Frontend. Diese historischen Core-Banking-Systeme sind solide Werkzeuge für Middle- und Backoffice. Ihre operationelle Stabilität ist unbestritten. Aber für die Kundenbetreuung sind sie eine Katastrophe. Banken stehen vor der Wahl: extrem teure Frontmodule kaufen – oder gar nichts haben. Viele improvisieren mit Drittlösungen, die sie dann mühsam integrieren müssen, was eine enorme Komplexität erzeugt. Man darf nicht vergessen: Als diese Systeme entworfen wurden, gab es noch keine APIs. Heute läuft alles in Echtzeit über APIs. Die alten Systeme hingegen zwingen dazu, Zwischenschichten einzuziehen, um eine Modernität zu simulieren, die es nicht gibt. Das ist teuer, fragil – und für niemanden überzeugend.

Wie werden Core-Banking-Systeme der nächsten Generation aussehen?
Es werden integrierte Front-to-Back-Systeme sein, die nicht für die Branchenriesen gedacht sind, sondern für kleine und mittlere Banken. Diese Institute haben weder das Interesse noch die Mittel, Millionen für massgeschneiderte Lösungen auszugeben, die mit ganzen Heerscharen von Entwicklern und Systemingenieuren gebaut werden. Sie brauchen integrierte Werkzeuge, in denen alles zusammenkommt: Portfoliomanagement, Middle Office, Backoffice, E-Banking, Mobile App. Genau das haben wir mit Wize entwickelt. Der Gewinn ist enorm: keine Vielzahl von Systemen mehr, keine endlose Schnittstellenverwaltung, keine redundanten Daten. Alles in einer einzigen Datenbank, in Echtzeit zugänglich und nutzbar. Für Banken mit weniger als 30 Milliarden an verwalteten Vermögen bedeutet das den Unterschied zwischen Überleben und Ersticken an den eigenen Kosten.

Was bringen diese NextGen-Systeme konkret – für Banken und für ihre Kunden?
Für die Banken bedeutet es vor allem Effizienz. Alles läuft in Echtzeit: keine nächtlichen Batch-Verarbeitungen mehr, keine Verzögerungen zwischen den Systemen. Weniger Kosten, weniger Komplexität, schnellere Markteinführung. Wenn eine Bank einen neuen Service lancieren will, kann sie es rasch tun, anstatt in endlose Projekte zu geraten.
Für die Kunden ist der Effekt ebenso spürbar. Das Image einer Bank wird heute durch die digitalen Werkzeuge geprägt, die sie ihren Kunden anbietet: eine moderne Mobile-App, ein leistungsfähiges E-Banking, klare Reportings. Viele kleinere Banken können sich die teuren Frontmodule der etablierten Anbieter nicht leisten. Das Ergebnis: veraltetes E-Banking oder gar keines. Wir integrieren diese Funktionen direkt in Wize – und das verändert alles. Denn die neue Generation lebt nicht mehr am Computer, sondern am Smartphone. Keine mobile Lösung anzubieten, heisst, sich von einem ganzen Teil der Kundschaft abzuschneiden.

Warum haben Sie sich diesem Markt zugewandt?
Es war keine Frage von Pivot oder Diversifikation. Wir haben Wize von Beginn an als integrierte Front–Middle–Back-Architektur konzipiert, die sich auch für die Entwicklung eines Core-Banking-Systems eignet. Zunächst haben wir uns auf externe Vermögensverwalter und Effektenhändler konzentriert. Schritt für Schritt sind dann Banken hinzugekommen. Wir haben auf dem Weg gelernt und ein robustes Produkt aufgebaut, ohne das Rad neu erfinden zu wollen. Ein Backoffice-Prozess bleibt ein Backoffice-Prozess. Wer ihn neu erfinden will, bezahlt sehr viel und landet am Ende wieder bei denselben Standards. Wir haben uns für Integration, Einfachheit und einen schrittweisen Ansatz entschieden, der den realen Marktbedürfnissen entspricht.

Welche Fehler sollten Banken bei der Erneuerung ihres zentralen Systems vermeiden?
Der grösste Irrtum ist zu glauben, dass die Herausforderung technischer Natur sei. Technik können wir beherrschen. Die eigentliche Schwierigkeit liegt im Faktor Mensch. Back- und Middle-Office-Teams haben oft zehn Jahre lang dieselben Abläufe eingeübt. Sie wissen genau, wo sie klicken müssen, auch wenn das System veraltet und ineffizient ist. Wenn man ihnen ein neues Werkzeug gibt, verlieren sie ihre Orientierung – Widerstand ist normal. Die Aufgabe des Anbieters ist es dann, diesen Wandel zu begleiten, die Ergonomie so intuitiv wie möglich zu gestalten und den Schulungsaufwand zu minimieren. Je einfacher das Tool zu bedienen ist, desto reibungsloser gelingt der Übergang. Wer diesen menschlichen Faktor ignoriert, gefährdet das gesamte Projekt.

Welche Lehren ziehen Sie aus der Zusammenarbeit mit Quilvest?

Vor allem war es kein Proof of Concept, sondern eine echte Produktionseinführung – und sie funktioniert seit Jahren. Die Erfahrung zeigt: Das Problem liegt nicht in der Software selbst, sondern im Wandel und in der Begleitung der Teams. Banken wissen zwar, dass ihr System veraltet ist, haben aber gelernt, damit zu leben. Wenn sie ein neues Tool erhalten, müssen sie ihre täglichen Handgriffe neu erlernen. Das ist eine heikle, aber notwendige Phase. Und nach einigen Monaten erkennen alle die Vorteile: weniger Klicks, mehr Übersicht, höhere Geschwindigkeit. Es ist der Beweis, dass Transformation möglich ist – vorausgesetzt, der Mensch steht im Mittelpunkt der Gleichung.

Cédric Baiker

WIZE by TeamWork

Cédric Baiker ist CEO von WIZE. Nach seiner Tätigkeit als CEO von Newbanking Software und als Leiter des Bereichs Private Banking Schweiz bei Viveo stiess er 2010 zu TeamWork, um die technologischen Aktivitäten der Gruppe auszubauen. Seit 2011 führt er WIZE by TeamWork, eine integrierte Plattform, die unabhängige Vermögensverwalter, Family Offices und Finanzintermediäre im Alltag unterstützt – von Compliance und Regulierung über Portfolio-Management bis hin zu Kundenreporting. Cédric hat an der Hochschule für Wirtschaftsinformatik in Genf abgeschlossen.

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