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Juristischen Fallstricke bei der Digitalisierung von Vermögensverwalter

Die Digitalisierung von unabhängigem Vermögensverwalter ist im vollen Gang. Dabei stellen sich auch juristische Fragen, insbesondere wenn zentrale Funktionen ausgelagert werden. Doch laut Nicolas Ramelet sollten Vermögensverwalters bei der Wahl einer Digitalisierungsstrategie vor allem von operativen Bedürfnissen gesteuert werden und nicht von juristischen.

Welche Fragen aus aufsichtsrechtlicher Sicht gilt es zu beachten, wenn es um eine Digitalisierungsstrategie eines Vermögensverwalters geht?

Eine eigentliche Pflicht zum IT-basierten Arbeiten gibt es für Vermögensverwalter nicht, auch wenn die überwiegende Mehrheit spezialisierte IT-Lösungen in die Abläufe integriert haben. In der Regel lässt sich eine Digitalisierung von Arbeitsabläufen gut aufsichtsrechtlich in ein Bewilligungsgesuch oder in eine bereits erteilte Bewilligung integrieren. Falls es sich um die Übertragung von wesentlichen Aufgaben handelt, muss dies im Rahmen des IKS und der Kontrollprozesse abgebildet werden, und es müssen bestimmte Voraussetzungen vertraglich mit dem Dienstleister festgehalten werden. Zudem ist es einfacher, einen in der Schweiz beheimateten Partner beizuziehen als einen ausländischen Partner. Hinzu kommen Fragen im Bereich Datenschutz, welcher seit der drastischen Verschärfung des Datenschutzgesetzes im Herbst 2023 zu einem weiteren Schwerpunktthema von Finanzinstituten geworden ist.

Welche Freiheiten hat ein UVV, wenn es um die Wahl der Partner geht?

Ein Vermögensverwalter ist hier weitgehend frei. Je nach beigezogenem Produkt oder beigezogenem Anbieter sind die Voraussetzungen und kontrollseitigen Konsequenzen unterschiedlich. Aber in der Regel kann eine beliebige Lösung in das operative Geschäft integriert werden. Natürlich lohnt es sich, dass zuvor eine Due Diligence durchgeführt wird und Referenzen gründlich geprüft werden. Der Beizug eines “Bad Apple” kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern kann auch zu Reputationsschäden, Vertrauensverlust und zusätzlichen Aufsichtsmassnahmen führen.

Wo sehen Sie aus juristischer Sicht die grössten Schwierigkeiten, wenn es um das Outsourcing an sich geht?

Im Moment liegt der Fokus von Vermögensverwaltern intuitiv auf den aufsichtsrechtlichen Bereichen. Allerdings muss auch die zivilrechtliche Basis der Anbindung eines IT-Partners, also der Vertrag mit diesem, gut geprüft werden. Es kommt vor, dass nicht ausgegorene Lösungen bereits erfolgreich vermarktet werden, aus denen ein Ausstieg schwierig und die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sehr aufwändig sind.

Die Finma hat im Februar klar darauf hingewiesen, dass sie beim Auslagern von Risk- und Compliance-Funktionen an Dritte genauer hinsieht. Wie interpretieren Sie das?

Zu Beginn der Vermögensverwalter-Bewilligungswelle haben sich zahlreiche Dienstleister als externe Risk- und Compliance-Partner angeboten, welche jedoch nicht über genügende Erfahrung verfügen. Während zu Beginn schwierig war, die versprochenen Leistungen zu plausibilisieren, haben die ersten Audits gnadenlos auch bei den beigezogenen Partnern offengelegt. Nicht selten hat dies zu weiteren Problemen oder zwingenden Umstrukturierungen geführt. Diese Erfahrung mussten nicht nur die Vermögensverwalter selbst machen, sondern auch die FINMA wurde auf diese Schwäche im Compliance- und Risk Management-Bereich aufmerksam.

Dass die FINMA nun bei den externen Providern genauer hinschaut, ist an also an sich begrüssenswert?

Ja. Allerdings ist es hier besonders schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen, bevor Probleme entstehen. Denn Erfahrung allein bringt noch keine gute Compliance- und Risk Management-Arbeit, und qualifizierte Ausbildungen gibt es in dem Bereich kaum.

Das Thema Auslagern/Digitalisieren war nicht ein zentrales Thema bei der Erteilung einer Bewilligung. Wird sich das im Audit ändern? Werden hier Fragen nach dem Auslagern und der Zusammenarbeit mit Software-Anbietern zu einem Thema?

Das Thema ist in der Bewilligung zentral, aber es bleibt auch später im Licensed Lifecycle eines Finanzinstituts zentral. Die Bewilligungsprüfung stellt das Bestehen der richtigen Vereinbarungen und Kontrollprozesse fest. Erst die Prüfung kann zeigen, ob diese auch gelebt werden und ob sie im konkreten Einzelfall ausreichen. Dieses Thema wird über die nächste Zeit dynamisch bleiben, da es auch immer mehr IT-Applikationen gibt, die in diesem Wachstumsmarkt unterstützen wollen.

Einige Vermögensverwalter haben darauf hingewiesen, dass sie aufgrund stark Bank-Ähnlichen Lösungen auch im Bereich GWG Vorteile im Bewilligungsprozess hatten. Sehen Sie das auch so?

Die Verwendung von etablierten Softwarelösungen im Bereich KYC/AML/Risk Management gibt eine Art Vorschussvertrauen. Letztendlich muss das System aber von den richtigen Leuten richtig bedient werden. Falsch gesetzte Parameter oder Nachlässigkeit – und im schlimmsten Fall – kriminelle Energie des Anwenders sabotieren natürlich eine solche Software grundlegend. Dies zeigt sich dann spätestens im Audit. Der Vorteil ist im Bewilligungsprozess jedoch aus meiner Sicht vernachlässigbar. Zentral sind die Prozesse, welche der FINMA im Gesuch vorgelegt werden müssen. Diese müssen dem Business Case entsprechen. Der Beizug einer Software ist dann letztendlich auch eine Effizienzfrage, sofern mein Business Case eine hohe Anzahl und eine hohe Dichte an Checks erforderlich macht.

Nicolas Ramelet

Ramelet.Legal

Nicolas Ramelet ist seit 2019 Partner bei Ramelet.Legal. Er war zuvor Partner einer Finanzmarktboutique mit eigener Praxis. Ramelet, der in Bern Recht studiert und promoviert hat und ein LLM in Wertpapierregulierung der UCLA Law School besitzt, war zudem CEO des VQF.

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