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  • Marcel Suhner
  • Leiter Intermediaries
  • Julius Bär

Schweizer Finanzintermediäre: Spagat zwischen Wachstum und Regulierung

Marcel Suhner, Leiter Intermediaries von Julius Bär für die deutsch- und italienischsprachige Schweiz, gibt uns Einblicke in die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter und Finanzberater in der Schweiz. Er spricht über deren Resilienz, die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen und die von der FINMA vorangetriebenen regulatorischen Veränderungen. Ausserdem gibt er einen Ausblick auf die Herausforderungen und Chancen im dynamischen Ökosystem des Schweiz Finanzplatzes.

Sie waren bis vor Kurzem Leiter des europäischen Finanzintermediärgeschäfts bei Julius Bär. Gibt es konkrete Markttrends oder regulatorische Ansätze, die das Wachstum der Branche prägen dürften?

«2013 ging ich für vier Jahre nach Grossbritannien. Damals führte die britische Regierung tiefgreifende regulatorische Reformen im Finanzsektor ein. Die neuen Gesetze in der Schweiz erinnern mich an diese Zeit, wobei die Branche der Schweizer Finanzintermediäre für die Zukunft mit FIDLEG und FINIG bereits sehr gut gerüstet ist. Zwar ist kurzfristig mit gewissen Erschwernissen zu rechnen, aber die neuen Regeln werden den Schweizer Vermögensverwaltern Innovation und Wachstum bringen und den Sektor lokal wie international wettbewerbsfähiger machen. Mit Blick auf die lang erwartete Marktkonsolidierung dürfte die Lizenzierung kaum einen unmittelbaren Effekt haben, vor allem angesichts des heutigen Käufermarktes und der nach wie vor soliden Margen in der Branche. In Grossbritannien, aber auch in Deutschland, setzte drei bis vier Jahre nach Einführung der neuen Bestimmungen eine ausgeprägtere Konsolidierungsphase ein, die M&A-Aktivitäten nahmen zu und strategische Investoren stellten Wachstumskapital bereit.»

Wie passt sich der Markt der Schweizer Finanzintermediäre aus Ihrer Sicht an das wachsende Bedürfnis nach nachhaltigen Kapitalanlagen und ESG-Integration an?

«Diese Themen dürften künftig generell wichtiger werden. 2023 wird in der EU der Übergang zu detaillierteren SFDR-Anforderungen erfolgen, und die erhöhten ESG-Auflagen dürften sich bald auch auf die MiFID II-, AIFMD- und UCITS-Vorschriften auswirken. Dies und die hochgesteckten Ziele des Bundesrates in Bezug auf eine nachhaltige Finanzbranche indizieren, wohin die Reise gehen könnte. Bislang sind institutionelle Anleger in der Schweiz mehr an nachhaltigen Anlagen interessiert als private. Allerdings befassen sich Privatkunden immer mehr mit nachhaltigen Anlagestrategien, um konkrete Resultate zu erzielen. Vor allem thematische Anlagen und Impact Investing sind gefragt. Regulatorische Erfordernisse sowie durch die Kundennachfrage bedingte Anforderungen werden die weitere Entwicklung nachhaltiger Anlagen prägen. Um dem gerecht zu werden, hat die Vereinigung Schweizerischer Assetmanagement- und Vermögensverwaltungsbanken (VAV) 14 Prioritäten für die Transformation der Branche formuliert. Die Integration von ESG-Themen in Research-, Beratungs- und Anlageprozesse sowie die Erhöhung der Transparenz halte ich für unabdingbar, um den neuen Anforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden.»

Stehen regulatorische Veränderungen oder Vorschläge der FINMA an, die sich massgebend auf die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz auswirken könnten?

«Die Liste der bevorstehenden regulatorischen Änderungen ist lang und es ist schwierig, ein umfassendes Bild zu zeichnen. Interessant wäre eine vorläufige Analyse der ersten Audits durch die FINMA und die Frage, ob die Aufsichtsbehörde die aktuelle Audit-Strategie angesichts der Resultate anpassen wird. Da viele Finanzintermediäre ihre FINMA-Lizenzfreigabe noch nicht erhalten haben, ist dies leider noch nicht absehbar. Wenn ich Vorhersagen zu einzelnen regulatorischen Schlüsselprojekten der FINMA machen müsste, würde ich sagen, dass mit dem neuen totalrevidierten Schweizer Datenschutzgesetz, welches sich nach wie vor stark an das EU-Datenschutzrecht (DSGVO) anlehnt, das Thema Datenschutz an Bedeutung gewinnen wird. Darüber hinaus werden mit der Aktualisierung der ESG-Anforderungen das Management umweltbezogener Finanzrisiken sowie Massnahmen zur Verhinderung von Greenwashing einen höheren Stellenwert erhalten.
Ebenfalls im Bereich der Verhaltensregeln nach FIDLEG und FIDLEV erwarte ich Konkretisierungen seitens des Regulators, vor allem im Hinblick auf die spezifische Praxisauslegung der Verhaltensregeln, aber auch bezüglich der Ausgestaltung und Wirksamkeit der Kontrollen zur Einhaltung der Verhaltensregeln.»

Welche zentralen Herausforderungen und Chancen sehen Sie für Finanzintermediäre in der weiteren Entwicklung des Schweizer Marktes?

«Die meisten Marktteilnehmer sind heute gut aufgestellt, wohl auch dank dem Unternehmergeist und der Agilität der Unternehmen und Personen. Für Unternehmen, die langfristig im Markt verbleiben, kann die FINMA-Lizenz als hilfreiches Gütesiegel betrachtet werden. Doch um dahin zu gelangen, werden kurzfristige Herausforderungen zu bewältigen sein. Vor allem wird der Margendruck durch höhere Produktionskosten aufgrund der neuen regulatorischen Anforderungen und durch vermehrte Investitionen in Organisation, Prozessoptimierung und vor allem Technologie zunehmen. Hierbei werden Fokus und Skalierbarkeit des Geschäftsmodells entscheidend sein, auch um das notwendige Wissen und die Erfahrung zu bewahren, die in einem zunehmend komplexen Umfeld erfolgsentscheidend sein werden.

Angesichts der neuen Rahmenbedingungen wird die Stärkung von Ökosystemen für die Marktteilnehmer, im Speziellen für Finanzintermediäre, von zentraler Bedeutung sein. Über Netzwerke, Kooperationen und Partnerschaften, vor allem zwischen Finanzintermediären und Depotbanken, können die Stärken und Ressourcen der Marktteilnehmer optimiert werden, was die Marktteilnehmer und somit den Schweizer Finanzplatz insgesamt wettbewerbsfähiger macht.»

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