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  • Aline Fournier
  • Partner & COO
  • Geneva Compliance Group

„Wir sind an der Schnittstelle zwischen rechtlicher Komplexität und operativer Realität tätig“

Aline Fournier wurde kürzlich zur Partnerin der Geneva Compliance Group ernannt, wo sie bereits die Position der COO innehat. Mit ihrem ausschliesslichen Fokus auf den Finanzsektor verfolgt die GCG eine klare Positionierung: Sie will sowohl die Regeln verstehen als auch die geschäftlichen Herausforderungen derjenigen, die sie anwenden müssen.

Von Jérôme Sicard

Was ist nun Ihre Rolle innerhalb der Geneva Compliance Group?
Mein Status als Aktionärin festigt natürlich mein langfristiges Engagement innerhalb der Geneva Compliance Group, ohne jedoch meine täglichen operativen Aufgaben zu verändern. Ich bin seit Juli 2023 Chief Operating Officer, nachdem ich seit 2020 das Beratungsteam geleitet habe. Seit 2024 habe ich meinen Aufgabenbereich erweitert und bin nun auch für die Aufsicht über das Risikomanagementteam zuständig. Parallel dazu bin ich Mitglied des Verwaltungsrats und vertrete das Unternehmen gemeinsam mit meinem Partner Guillaume de Boccard rechtlich. Diese umfassende Rolle ermöglicht es mir, aktiv zur Strategie und Unternehmensführung beizutragen und gleichzeitig weiterhin intensiv in das operative Management und die Entwicklung unserer Dienstleistungen eingebunden zu sein.

Auf welche Aktivitäten konzentriert sich die Geneva Compliance Group heute?
Die Geneva Compliance Group setzt ihr Fachwissen in zwei sich ergänzenden Bereichen ein, die auf die strategischen Bedürfnisse der von uns betreuten Finanzinstitute zugeschnitten sind.

Der erste Bereich, unsere Beratung, unterstützt unsere Kunden bei der Bewältigung komplexer regulatorischer Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf Steuerregelungen wie FATCA und CRS, das Schweizer Finanzaufsichtsrecht sowie bei der Optimierung ihrer Governance im Bereich Compliance im weiteren Sinne.

Der zweite Bereich, unser Outsourcing-Bereich, bietet massgeschneiderte Lösungen, die von der Berichterstattung und dem Steuer-Sponsoring bis hin zur ausgelagerten Übernahme von Compliance- und Risikomanagementfunktionen reichen. Dieser integrierte Ansatz ermöglicht es unseren Kunden, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und sich gleichzeitig auf einen vertrauenswürdigen Partner zu stützen, der die Compliance und das Risikomanagement sicherstellt.

Warum haben Sie sich entschieden, sich so stark auf den Finanzsektor zu spezialisieren?
Diese Positionierung ist das Ergebnis einer strategischen Entscheidung, die bereits bei der Gründung der Geneva Compliance Group getroffen wurde. Der Finanzsektor ist einer der am stärksten regulierten Sektoren, und die Compliance-Anforderungen sind komplex, in einer stetigen Weiterentwicklung und von entscheidender Bedeutung. Anstatt unser Fachwissen zu verzetteln, haben wir uns entschieden, uns ausschliesslich auf diesen Bereich zu konzentrieren, um alle Codes, Normen und Dynamiken zu beherrschen.

Diese Spezialisierung ermöglicht es uns, unseren Kunden einen echten Mehrwert zu bieten: massgeschneiderte Beratung, proaktive Auslegung der Vorschriften und operative Lösungen, die sich an den besten Praktiken des Marktes orientieren.

An wen richten sich Ihre Dienstleistungen?
Unsere Dienstleistungen richten sich in erster Linie an Akteure des Schweizer Finanzsektors. Wir begleiten unabhängige Vermögensverwalter, kollektive Vermögensverwalter, Treuhänder, Family Offices sowie mehrere Bankinstitute. Gelegentlich arbeiten wir auch mit ausländischen Akteuren zusammen, wenn diese sich in der Schweiz niederlassen möchten oder spezifische Fragen zu unseren Fachgebieten haben. Durch die Konzentration auf dieses Segment bieten wir unseren Kunden gezieltes Fachwissen, echte Nähe zum Geschäft und eine Betreuung mit hohem Mehrwert.

Sie haben kürzlich die Leitung des Bereichs Risk Management übernommen. Worin besteht diese Tätigkeit?
Die Übernahme des Outsourcings von Risk-Management-Funktionen bedeutet, einen strategischen Service anzubieten, der im Zentrum der Schweizer Regulierungsanforderungen steht. Im Rahmen dieser Tätigkeit üben wir im Auftrag von Finanzinstituten, welche durch die FINMA zugelassen sind, die in den Vorschriften definierten Risikomanagementfunktionen aus. Unser Ansatz ist sowohl streng als auch operativ und basiert auf mehreren grundlegenden Achsen: Identifizierung, Bewertung und Überwachung von Risiken, Konzeption und Implementierung geeigneter Kontrollmechanismen über eine Matrix, Erstellung regelmässiger Berichte für die Führungsgremien sowie Stärkung der internen Governance.

Wir sind hauptsächlich in der zweiten Verteidigungslinie tätig und verfügen über bereichsübergreifendes Fachwissen, das sowohl finanzielle Risiken – wie beispielsweise im Zusammenhang mit Investitionen – als auch nichtfinanzielle Risiken, wie beispielsweise die heute unverzichtbaren Cyber-Risiken, abdeckt. Unser Mehrwert liegt in unserer Fähigkeit, regulatorische Anforderungen, fundierte Kenntnisse der Besonderheiten des Schweizer Finanzsektors und operative Flexibilität miteinander zu verbinden. So können sich unsere Kunden auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und gleichzeitig ihre Risiken proaktiv kontrollieren.

Was sind derzeit die wichtigsten Bedürfnisse Ihrer Kunden im Bereich Legal & Compliance?
Schweizer Finanzinstitute sehen sich einem sich ständig verändernden regulatorischen Umfeld gegenüber, das immer komplexer, technischer und vernetzter wird. In diesem Zusammenhang benötigen sie vor allem eine strukturierte, pragmatische und kompetente Begleitung. Sie suchen Partner, die in der Lage sind, normative Entwicklungen zu entschlüsseln, Auswirkungen zu antizipieren und regulatorische Anforderungen in klare, wirksame und auf ihre Organisation abgestimmte operative Massnahmen umzusetzen.

Die Überwachung der Rechtslage wird somit zu einem strategischen Hebel, der für die Aufrechterhaltung der Compliance und die Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Geschäftsmodellen unerlässlich ist. Ebenso ist die kontinuierliche Anpassung von Compliance-Rahmenwerken, internen Richtlinien und Governance-Mechanismen notwendig, um den Erwartungen der Behörden und Interessengruppen gerecht zu werden. Genau an dieser Schnittstelle zwischen rechtlicher Komplexität und operativer Realität setzen wir an, mit einem lösungsorientierten Ansatz, der darauf ausgelegt ist, die Geschäftstätigkeit unserer Kunden zu sichern und gleichzeitig ihre Agilität zu fördern. Wir bemühen uns auch um eine Kommunikation, die den geltenden Vorschriften entspricht und mit den Vorstellungen unserer Kunden zur Geschäftsentwicklung vereinbar ist. Unsere Priorität ist es, unseren Kunden dabei zu helfen, ihr Geschäftsmodell in einem anspruchsvollen rechtlichen Rahmen umzusetzen. Der Schlüssel dazu ist das Verständnis der Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen.

Aline Fournier

Geneva Compliance Group

Aufgrund ihrer Erfahrung als Beraterin bei der Anwaltskanzlei Lenz & Staehelin und bei Ernst & Young ist Aline Fournier nun für die Beratungsaufträge der Geneva Compliance Group im Zusammenhang mit der Umsetzung neuer Vorschriften im Finanzsektor zuständig. Bevor sie zu GCG kam, war sie als Head of Legal and Compliance bei einer international tätigen Schweizer Treuhandgesellschaft der TMF-Gruppe tätig. Dort war sie für die Überwachung der Aktivitäten im Zusammenhang mit dem GwG, dem CRS, dem FATCA sowie für das Risikomanagement verantwortlich. Darüber hinaus war sie für das Business Continuity Management zuständig. Aline Fournier hat einen Abschluss als Rechtsanwältin und einen Master-Abschluss einer Handelsschule.

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      • Emmanuel Petit
      • Leiter Anleihenmanagement
      • Rothschild & Co Asset Management

    Warum der Kreditmarkt weiterhin so attraktiv ist

     Das Wiederaufflammen der Handelsspannungen hat den Inflationsdruck wiederbelebt und die Unterschiede in der Geldpolitik zwischen den USA und Europa verstärkt. Auch wenn das Umfeld immer noch von Unsicherheiten geprägt ist, bieten die Renditen am Kreditmarkt und die nach wie vor soliden Fundamentaldaten der Unternehmen den Anlegern weiterhin attraktive Perspektiven.

    Die Aussicht auf allgemeine Zinssenkungen wurde durch eine komplexere geopolitische Realität eingeholt. Die Handelsspannungen im Zusammenhang mit der Einführung neuer Zölle durch die USA haben insbesondere den Inflationsdruck wieder angefacht, was zu einem Anstieg der langfristigen Zinsen und zu Befürchtungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Dynamik in den USA geführt hat. Die Inflationserwartungen für das kommende Jahr liegen nun bei über 3,3 %, und angesichts der Volatilität der Wirtschaftsindikatoren nimmt die Unsicherheit zu.

    Vor diesem Hintergrund bleibt die US-Notenbank zur grossen Enttäuschung von Donald Trump vorsichtig. Der Bewohner des Weissen Hauses hat sogar beschlossen, sich mit dem Präsidenten der Fed – den er selbst während seiner vorherigen Amtszeit ernannt hatte – auf ein Kräftemessen einzulassen. Dieser bleibt jedoch vorerst unnachgiebig und hält am Status quo fest, da er die wirtschaftliche Lage für eine geldpolitische Lockerung als wenig günstig erachtet. Der US-Arbeitsmarkt ist robust, während die Unternehmen weiterhin gute Ergebnisse veröffentlichen und ihre Lohnpolitik noch nicht geändert haben. Infolgedessen scheint sich eine Preis-Lohn-Spirale dauerhaft zu etablieren, und Investoren, die zu Beginn des Jahres vier Zinssenkungen erwartet hatten, rechnen nun nur noch mit zwei.

    Gleichzeitig führen das wachsende Haushaltsdefizit der USA und die seit 2022 von der Fed eingeleitete quantitative Straffung zu einem explosionsartigen Anstieg des Nettoangebots an Staatsanleihen. Fast 30 % der US-Schulden müssen 2025 refinanziert werden, was über dem historischen Durchschnitt von rund 22 % liegt, während das Rating des Landes kürzlich herabgestuft wurde. Bei einem Leitzins der Fed zwischen derzeit 4,25 % und 4,75 % stellt sich die Frage nach der Tragfähigkeit dieser Schulden, und die Anleiherenditen steigen. Ausländische Investoren, allen voran China, scheinen sich von dieser Anlageklasse abzuwenden, und der Druck auf die langfristigen Zinsen nimmt zu, was die Befürchtungen eines umfassenderen Rückzugs internationaler Investoren schürt. Das Vertrauen in die US-Währung könnte selbst schwinden.

     

    Die Divergenz der Geldpolitik hat sich in den letzten Monaten verstärkt, da die EZB ihre Zinsen weiter gesenkt hat und ihr Tempo beibehält. Nach einer letzten Senkung im Juni wird bis Ende des Jahres eine weitere erwartet. Darüber hinaus haben die deutschen und europäischen Konjunkturprogramme zu einem Aufschwung in der Eurozone geführt. Die wirtschaftliche Dynamik in Europa ist zwar schwach, hält aber an. Der Finanzierungsbedarf steigt und stützt die langfristigen Zinsen, was zu einer Steilheit der Zinskurve führt.

    Während die Tragfähigkeit der Staatsschulden in Frage gestellt wird, weisen die Unternehmen solide Fundamentaldaten auf, die es ihnen ermöglichen dürften, potenzielle makroökonomische Schocks zu verkraften. Seit Jahresbeginn tendieren die Anleger daher dazu, Unternehmensanleihen zu bevorzugen. Die weiterhin hohen Zinsen in Verbindung mit der spezifischen Prämie ermöglichen ihnen eine höhere Rendite als mit Staatsanleihen.

    In diesem Umfeld behalten wir eine vorsichtige und opportunistische Positionierung bei. Der Markt scheint uns angesichts der jüngsten Kehrtwende von Donald Trump hinsichtlich der Verschiebung der Einführung von Zöllen vielleicht zu optimistisch zu sein. Diese sind nach wie vor höher als vor seinem Amtsantritt, und wir warten ab, was nach Ablauf der 90-tägigen Pause geschehen wird. Daher bleiben wir gegenüber den Sektoren, die am stärksten von den Handelsspannungen betroffen sind, wie beispielsweise der Automobilbranche, wachsam. Darüber hinaus behalten wir ein hohes Engagement in Finanzwerten bei, welches wir nach der Korrektur im April tendenziell verstärkt haben. Wir sind angesichts der soliden Fundamentaldaten der Akteure in diesem Sektor weiterhin vom Potenzial dieser Anlageklasse überzeugt.

    Wir haben die Sensitivität unserer Portfolios schrittweise gesenkt, als die Zinsen fielen. Darüber hinaus haben wir die Laufzeiten im Zuge der Zeichnungen verlängert, um eine Verwässerung zu vermeiden und von der Steilheit der Kurven zu profitieren. Wir sind der Ansicht, dass innerhalb des Investment-Grade-Segments die am besten bewerteten Anleihen mit einer Laufzeit von 5 bis 10 Jahren dank der damit erzielbaren Überrenditen die besten Chancen bieten. Der Carry macht diese Anlageklasse von Natur aus attraktiv, und die Dekorrelation zwischen Spreads und Zinsen mildert ihre Volatilität, da sich beide Effekte gegenseitig ausgleichen.

    Wir betrachten die aktuelle Situation daher als relativ komfortabel. Trotz der Volatilität im April dieses Jahres sind Kredite nach wie vor teuer, aber die Renditen bleiben dank des Zinsniveaus attraktiv. Die Fundamentaldaten der Unternehmen sind stark, es gibt Cashflows, insbesondere im Investment-Grade-Segment, und es ergeben sich punktuell Chancen. Die allgemeine Unsicherheit veranlasst uns zwar zur Vorsicht, insbesondere aufgrund der Risiken einer Eskalation des Handelskriegs, schafft aber auch Chancen. Diese Situation rechtfertigt es, dass wir Liquiditätsreserven vorhalten, um schnell positionieren zu können, wenn die Bewertungen attraktiver werden. In einem Umfeld, in dem Ankündigungen oft den tatsächlichen Auswirkungen vorausgehen, bleiben Disziplin und Reaktionsfähigkeit unsere grössten Stärken.

    Emmanuel Petit

    Rothschild & Co Asset Management

    Emmanuel Petit begann seine Laufbahn 1998 bei HSBC Asset Management auf dem Gebiet der AIMR-GPIS-Performance-Attribution und war dort ab 2001 als Kredit-Analyst tätig. 2006 geht er als Anleihenmanager (Unternehmensanleihen) zu Rothschild Co Asset Management und wird 2011 zum Leiter Anleihenmanagement ernannt. Emmanuel Petit ist Inhaber eines DESS in „Unternehmensfinanz“ und Mitglied des SFAF (Französischer Verband der Finanzanalysten).

     

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      • Interview mit Marc Briol
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      „Auch die Banken können von unabhängigen Vermögensverwaltern lernen“.

      Da die neuen Vorschriften ihr Geschäft grundlegend verändern, müssen unabhängige Vermögensverwalter heute ein Gleichgewicht zwischen aufsichtsrechtlichen Anforderungen und operativer Kontrolle finden. Dieser Wandel veranlasst auch die Banken, ihre Dienstleistungen und Methoden zu überdenken. Für Marc Briol erfordert die derzeitige Dynamik zweifellos einen intensiveren Austausch und eine stärkere Komplementarität zwischen Banken und Vermögensverwaltern.

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      In welche Richtung sollten sich Ihrer Meinung nach, die Vorschriften entwickeln, die nun für den Beruf des unabhängigen Vermögensverwalters in der Schweiz gelten?
      Wir stehen noch am Anfang eines Zyklus. Die Vorschriften sind in Kraft, aber wir sind gerade dabei, gemeinsam ihre Auswirkungen zu entdecken. Langfristig wünsche ich mir, dass die Regulierungsbehörde einen eher prinzipienbasierten Ansatz verfolgt als einen streng regelbasierten. Es ist wichtig, einen Teil des gesunden Menschenverstands zu bewahren, einen allgemeinen Rahmen durch Best Practices, Verhaltenskodizes und strategische Leitlinien zu definieren und gleichzeitig den Akteuren den notwendigen Spielraum zu lassen, sich entsprechend ihrer Realität zu organisieren. Der Dialog mit der Regulierungsbehörde muss möglich bleiben. Das kennen wir beispielsweise in Luxemburg mit der CSSF und hoffen, dass dies auch in der Schweiz mit der FINMA so bleibt. Diese Offenheit ist ein echter Differenzierungsfaktor für einen Finanzplatz wie den unseren.

      Welche Elemente fehlen dieser Regulierung heute noch?
      Es ist noch zu früh für solche Überlegungen. Wir beginnen gerade erst, die ersten praktischen Auswirkungen des FINIG/FIDLEG zu erkennen. Die Bewilligungen wurden zunächst relativ grosszügig erteilt. Heute schliessen einige Vermögensverwalter ihre erste Prüfung ab und setzen die sich daraus ergebenden operativen Anforderungen ganz konkret um. Ausserdem ist eine gewisse Konvergenz in der regulatorischen Behandlung sowohl von Banken als auch von unabhängigen Vermögensverwaltern zu beobachten. Das ist eine interessante Parallele, da sie einen strukturierten Dialog zwischen Vermögensverwaltern, Depotbanken und Aufsichtsbehörden erleichtert. Gemeinsam müssen und können wir besser definieren, wie wir die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf Substanz, Dokumentation, Kontrolle und Verfahren erfüllen.

      Mit welchen Arten von Vermögensverwaltern möchten Sie in Zukunft zusammenarbeiten?
      Mit denen, die eine klare Vision und ein Angebot haben, das echte Differenzierungsmerkmale aufweist. Dies kann sich in einer Spezialisierung auf eine geografische Region, ein Kundensegment, eine Anlageklasse oder einen exklusiven Ansatz bei den angebotenen Dienstleistungen widerspiegeln. Wir suchen Fachleute, die bewusste strategische Entscheidungen getroffen haben, und keine opportunistischen Ansätze. Ein Vermögensverwalter, der uns sagt: «Ich mache ein bisschen von allem, überall, je nach den sich bietenden Gelegenheiten», wird es immer schwerer haben, uns zu überzeugen. Im Gegenteil, wir schätzen Unternehmen, die eine klare Strategie haben, die wissen, wohin sie wollen und warum.

      Welche Kriterien muss ein unabhängiger Vermögensverwalter heute erfüllen, um bei Pictet Asset Services den Sprung zu schaffen?
      Es gibt natürlich ein Mindestkriterium, das bei etwa 50 Millionen Franken verwaltetem Vermögen liegt. Aber das ist eigentlich nur eine Einstiegsschwelle. Was wir vor allem betrachten, ist die Qualität der Organisation, die vorhandenen Systeme, die Strenge der internen Verfahren, die Führungsstruktur und das Personalwesen. Das sind Elemente, auf die wir viel mehr Wert legen. Ausserdem muss die Anzahl der Mitarbeiter mit den erklärten Zielen übereinstimmen. Wenn ein Vermögensverwalter uns mitteilt, dass er 40 Märkte mit einem Team von fünf Mitarbeitern abdecken will, sind wir zwangsläufig skeptisch. Wir bewerten auch die Solidität des Entwicklungsplans. Es ist durchaus möglich, dass eine Struktur in der Startphase förderfähig ist, sofern sie eine klare Vision, ein gut durchdachtes Projekt und ein solides Fundament vorweisen kann.

      Wie müssen sich die Dienstleistungen für unabhängige Vermögensverwalter weiterentwickeln, um sich an die Veränderungen in der Branche anzupassen?
      Wir müssen den Vermögensverwaltern sicherlich mehr Transparenz bieten. Wir werden nicht alle Anträge annehmen, aber wir müssen schnell und klar Ja oder Nein sagen können. Daher müssen wir unsere Kriterien, unsere internen Prozesse und unsere Anforderungen an die Dokumentation zweckmässiger erläutern. Wir müssen unsere Erwartungen besser kommunizieren, wenn wir eine Partnerschaft mit einem Vermögensverwalter eingehen, sei es in Bezug auf Qualität, Risiko oder Transparenz.

      Ausserdem denke ich, dass die Digitalisierung unserer Interaktionen die grösste Herausforderung darstellt. Digitales Onboarding, elektronische Signaturen, die Fähigkeit, Datenströme aus verschiedenen Systemen zu verwalten – das sind die Faktoren, die den Unterschied ausmachen werden. Vermögensverwalter arbeiten naturgemäss mit mehreren Banken zusammen, daher müssen wir in der Lage sein, unstrukturierte Daten zu interpretieren, zu standardisieren und in unsere eigenen Systeme zu integrieren. Dies ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.

      Wie kann man die unabhängigen Vermögensverwalter bei der Digitalisierung und Automatisierung ihrer Prozesse effektiver unterstützen?
      Vor allem durch einen offenen Dialog. Wir ermutigen unsere Compliance-Teams, auf die Vermögensverwalter zuzugehen und sich über Kundenfälle auszutauschen, noch bevor das formelle Onboarding beginnt. Wir ermutigen die Vermögensverwalter, sich im Vorfeld mit Vorabfragen an uns zu wenden. So können wir ihnen wertvolle Hinweise geben, was erwartet wird, worauf sie achten müssen und wie sie am effizientesten ein Dossier zusammenstellen können. Wir möchten nicht, dass unsere Compliance-Abteilung als Black Box wahrgenommen wird. Unsere Mitarbeiter sind zugänglich, identifizierbar und verfügbar. Diese zwischenmenschliche Beziehung schafft eine viel bessere Dynamik.

      Auf welche Funktionen sollten sich Vermögensverwalter konzentrieren, um den Fortbestand ihrer Tätigkeit zu sichern?
      Zweifellos auf den Kundenservice. Nähe, Verfügbarkeit und Zuhören sind grundlegende Eigenschaften des Modells des unabhängigen Vermögensverwalters. Darüber hinaus gibt es zwei wesentliche Dimensionen: das Vertrauensverhältnis und die Performance. Die Performance ist natürlich entscheidend, aber sie reicht nicht aus. Es ist das Vertrauen, das die Kundenbindung stärkt und die Beziehung langfristig festigt. Wenn ein Kunde das Gefühl hat, dass man ihn in seiner Gesamtheit versteht, dass man ihn auch in Bezug auf sein Vermögen, die Vermögensübertragung und seine Lebensprojekte begleitet, entwickelt er eine sehr starke Bindung zu seinem Vermögensverwalter.

      Die FINMA hat mehr als 1’500 Bewilligungen erteilt. Wird sich diese Zahl halbieren, wie es bei den Banken der Fall war?
      Ich bin mir nicht sicher, ob es «zu viele» Vermögensverwalter gibt. Einige haben Wachstumsambitionen, andere streben Stabilität an. Beide Ansätze sind legitim. Es wird zweifellos langfristig zu einer Konsolidierung kommen, aber diese steckt noch in den Kinderschuhen. Parallel dazu entstehen neue Strukturen, die von Fachleuten getragen werden, die sich neu erfinden wollen. Die emotionale Bindung, die diese Vermögensverwalter zu ihren Kunden aufbauen, ist sehr stark. Diese Agilität und Nähe schaffen einen echten Mehrwert, auf dem eine nachhaltige Geschäftstätigkeit aufgebaut werden kann.

      Was sind die wichtigsten Probleme, mit denen Vermögensverwalter heute konfrontiert sind?
      Zunächst einmal die Fähigkeit zu wachsen. Die Gewinnung neuer Kunden ist eine ständige Herausforderung. Dann die Schwierigkeit, die richtigen Profile zu rekrutieren. Es herrscht ein starker Wettbewerb zwischen den Vermögensverwaltern um erfahrene Kundenbetreuer, die in der Lage sind, ihre Portfolios zu übertragen. Auch die etabliertesten Vermögensverwalter sind nicht vor Margenerosion und Wettbewerbsdruck gefeit. Daher ist es wichtig, weiterhin in Technologie, Automatisierung und Kompetenzen zu investieren, um die Rentabilitätsschwellen zu halten.

      Sollten sich Vermögensverwaltungsgesellschaften von den Strukturen der Banken inspirieren lassen, um ihre Entwicklung sicherzustellen?
      Nicht unbedingt. Ich würde sogar sagen, dass auch die Banken von den unabhängigen Vermögensverwaltern lernen können. Ihre Fähigkeit, mit mehreren Systemen zu arbeiten, modular und agil zu sein und verschiedene Bereiche miteinander zu verbinden, ist sehr wertvoll. Ausserdem haben sie einen Echtzeit-Überblick über die Konkurrenz: Sie können uns sagen, ob wir zu streng, zu lax oder durchschnittlich sind. Dieses Feedback ist von grundlegender Bedeutung. Natürlich können bestimmte Best Practices, die in Banken gelten, nützlich sein. Dies gilt insbesondere für die Cybersicherheit oder das Cloud-Management. Wir bieten beispielsweise kostenlose Diagnosen zur Cyber-Exposition bestimmter Vermögensverwalter an. Davon profitiert das gesamte Ökosystem – auch wenn dies auch unseren Wettbewerbern zugutekommt. Das ist kein Problem: Was zählt, ist die Stärkung des Finanzplatzes als Ganzes.

      Marc Briol

      Pictet Asset Services

      Marc Briol kam 1995 zu Pictet.Er ist CEO von Pictet Asset Services, einem Geschäftsbereich, der Dienstleistungen im Bereich Verwahrung, Fondsadministration und governance für unabhängige Vermögensverwalter, Fondsmanager und institutionelle Kunden erbringt.

      Bei Pictet war Briol zuvor als COO der Technology & Operations-Division tätig. Davor bekleidete er die gleiche Funktion bei Pictet Asset Management in London von 1997 bis 2008.

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