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  • Maad Osta
  • Analyst
  • AtonRà

Nachhaltige Finanzen: Die Zeit ist reif für Taten statt

Nach der Einführung der SFDR stieg die Begeisterung für nachhaltige Fonds sprunghaft an. Doch wie ethisch sind diese Anlagen wirklich und was ist Greenwashing? Maad Osta ist der Frage nachgegangen.

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Mit der Einführung der SFDR-Regelung im März 2021 begann eine neue Ära für die nachhaltige Finanz. Dadurch sollen echte grüne Initiativen von Greenwashing-Produkten unterscheidbar werden. Im Zentrum der Regulierung stehen Artikel-9-Fonds, die trotz der jüngsten Welle von Umklassifizierungen in Artikel-8-Fonds weiterhin einen erheblichen Platz einnehmen. Mit 301 Milliarden Euro machten sie Ende September 3,4 % des europäischen Marktes aus, wie aus einem kürzlichen Morningstar-Bericht hervorgeht. Das ist alarmierend und es stellt sich die Frage, ob Artikel-9-Fonds wirklich nachhaltiger investieren.

Das Definitionsdilemma: Nachhaltigkeit gleich Unklarheit?

Die Welt der nachhaltigen Investitionen ist zwar voller Hoffnung, aber noch immer von Vieldeutigkeit und unklaren Definitionen geprägt. Der Begriff «nachhaltige Investitionen», ein zentrales Konzept der Artikel-9-Fonds, leidet unter dem Fehlen einer einheitlichen und präzisen Definition und lässt Raum für eine Vielzahl von Interpretationen, die von einem Vermögensverwalter zum anderen variieren können.

Auch die bindenden Elemente oder «binding elements», mit denen die Verpflichtungen der Fonds in Bezug auf Nachhaltigkeit festgeschrieben werden sollen, sind nebulös. Diesen sogenannten bindenden Elementen mangelt es oft an Transparenz und Quantifikation. Sie stützen sich auf wenig stringente und manchmal undurchsichtige interne Methoden. Daher findet man nicht selten Banken, E-Commerce-Plattformen und Zahlungsdienstleister in Artikel-9-Fonds.

Der Kohlenstoff-Fussabdruck in Frage gestellt

Es zeigt sich, dass der oft zum Messen der Klimaauswirkungen verwendete Kohlenstoff-Fussabdruck, als alleiniger Indikator für Nachhaltigkeit an Grenzen stösst. Seine grösste Schwäche ist die Schwierigkeit, die indirekten Emissionen – oder Scope-3-Emissionen – einzubeziehen, die den Hauptanteil an den Emissionen eines Unternehmens ausmachen können. Das Messen der indirekten Emissionen, zu denen auch die Emissionen aus der Lieferkette und der Verwendung von Produkten gehören, ist komplex. Zudem fehlt eine Harmonisierung der Berechnungsmethoden, was dazu führt, dass die tatsächlichen Klimaauswirkungen der Unternehmen unterschätzt oder doppelt gezählt werden.

Darüber hinaus berücksichtigt der traditionelle CO2-Fussabdruck nicht die vermiedenen Emissionen, ein entscheidendes Konzept bei der Bewertung der Umweltauswirkungen. Vermiedene Emissionen sind Emissionsreduktionen, die durch den Einsatz von Produkten und Dienstleistungen entstehen, die gegenüber herkömmlichen Alternativen umweltfreundlicher sind. Ein Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge zum Beispiel spielt trotz seines hohen CO2-Fussabdrucks aufgrund des energieintensiven Herstellungsprozesses eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Er erleichtert eindeutig den Übergang zu saubereren Verkehrsmitteln. Andererseits kann ein Online-Zahlungsdienstleister, obwohl er aufgrund seiner digitalen Operationen einen relativ geringen CO2-Fussabdruck hat, indirekt zu nicht nachhaltigen Praktiken beitragen. Dies gilt speziell für den wachsenden und übermässigen Verbrauch an elektronischen Transaktionen, die potenziell Shoppingexzesse und Konsumsucht fördern.

Diese Problematik wird durch eine aktuelle Analyse von Goldman Sachs verdeutlicht. Demnach untergewichten die Artikel-9-Fonds den Technology-Hardware-Sektor (im Durchschnitt um -75%), obwohl dieser für die Herstellung sauberer Technologien von entscheidender Bedeutung ist. Gleichzeitig übergewichten sie Sektoren, die weniger direkt mit Nachhaltigkeit zu tun haben, wie Mortgage REITs (+880%) und Leisure Products (+480%).

Ein Handlungshorizont, keine Scheinwahrheiten

Die Zukunft der nachhaltigen Finanzwirtschaft wird nicht in Konferenzsälen oder mit Absichtserklärungen entschieden, sondern durch konkrete und messbare Massnahmen. Um zu verhindern, dass nachhaltige Fonds zu reinen Marketingtricks werden, braucht es eine stringente und allgemein anerkannte Definition von «nachhaltigen Investitionen», die quantifizierbare und wirklich aussagekräftige «verbindliche Elemente» umfasst.

Entscheidend ist, dass wir über die eingeschränkten Sichtweisen hinausgehen, die auf den CO2-Fussabdruck konzentriert sind, und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der die letztendlichen Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen im Rahmen einer globalen Dekarbonisierung berücksichtigt. Nur eine solche Entwicklung wird sicherstellen, dass nachhaltige Finanzen nicht nur ein Label sind, sondern ein echter Motor für Veränderungen in Richtung einer grüneren Zukunft.

Maad Osta

AtonRâ

Maad Osta kam 2018 als Energiefachmann zu AntonRâ Partners. Sein Haupttätigkeitsfeld ist die Grundlagenforschung für die Anlagestrategie «Sustainable Future». Zuvor arbeitete Maad Osta als Projektingenieur und später als Projektmanager für ein Unternehmen des Gas- und Energiesektors. Maad Osta ist Inhaber eines Masterabschlusses in Energiemanagement und nachhaltiger Entwicklung der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne.

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  • Aman Kamel
  • Fondsmanager
  • Trillium

Anzeichen einer Stabilisierung: Leichter Anstiegs des Schweizer Aktienmarkts

In einem relativ gesunden Umfeld mit Unternehmen, die solide Fundamentaldaten aufweisen, verbessen sich die Aussichten für Schweizer Aktien gegen Ende des Jahres. Das Segment der Small & Mid Caps scheint angesichts der vorherrschenden Bewertungen besonders attraktiv zu sein.

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Der Schweizer Aktienmarkt ist seit Jahresbeginn in den negativen Bereich gerutscht ist – der SPI verlor Ende Oktober 0,96%. Dabei haben das makroökonomische Umfeld und die negativen Indikatoren dominiert, auch mit Blick auf die mikroökonomischen Nachrichten aus den Firmen. Sowohl das KOF-Frühindikator-Barometer als auch der Industrie-PMI weisen zur Zeit noch einen gewissen Pessimismus auf. Dennoch zeigen dieselben Indikatoren seit August Anzeichen einer Stabilisierung und eines leichten Anstiegs. Ein Trend, der sich im Oktober bestätigen dürfte. Aber auch die Bewertungen, insbesondere von Small und Mid Caps, werden mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18,6% attraktiver. Dabei ist in diesem Segment hervorzuheben, dass die meisten Unternehmen keine Gewinnwarnung herausgegeben auch wenn die Anleger den gesamten Buchwert, der in der Zeit nach COVID generiert wurde, abgeschrieben haben. Nun wachsen dei Umsätze und liegen sogar über den in der Vor-COVID-Periode erzielten Werten.

Die bereits veröffentlichten Unternehmensergebnisse für das dritte Quartal lassen erkennen, dass die Aussagen der Unternehmen wieder vorsichtig optimistisch werden. Der Abbau von Lagerbeständen scheint zu Ende zu gehen, da sich das Volumen im Konsumbereich verbessert. Auch in der produzierenden Industrie scheint die Talsohle durchschritten zu sein, mit einer deutlichen Verbesserung der Sichtbarkeit für das vierte Quartal und sogar für das erste Quartal 2024, insbesondere was die Aufgtragslage betrifft. Auch China scheint sich allmählich wieder zu erholen. Wobei dies hier noch bestätigt werden muss. Die ersten Ergebnisse des dritten Quartals sind durch die Agilität und Widerstandsfähigkeit der Schweizer Unternehmen bestimmt, die sich schnell an das wirtschaftliche Umfeld angepasst haben und gleichzeitig ihre Margen in einer Zeit der Instabilität und der Stärkung des Schweizer Franken gehalten oder verbessern konnten. Nach mehr als einem Jahr kontinuierlicher Preiserhöhungen muss man jedoch feststellen, dass dem „Pricing Power“ allmählich die Luft ausgeht.

Was das Zinsumfeld auf dem Schweizer Markt betrifft, so bleibt der aktuelle Wert von 1,75% für die Unternehmen ein komfortables Plateau. Wir halten dies für unproblematisch für das Wachstum und die Rentabilität von Unternehmen, die grösstenteils einen angemessenen Verschuldungsgrad aufweisen.

Innovation ist deshalb von entscheidender Bedeutung für Schweizer Unternehmen. Kein Wunder, halten sie ihre Ausgaben für Investitionen und F&E weiterhin stabil. Es ist bemerkenswert, dass diese F&E-Ausgaben oft über dem weltweiten Durchschnitt liegen und somit entscheidend sind um den Wettbewerbsvorteil zu halten. Sich als Investor auf Schweizer Know-how zu fokussieren, bedeutet folglich, an einem internationalen Wachstum teilzuhaben und gleichzeitig in Schweizer Franken zu investieren.

Ein Unternehmen wie Lonza, ein weltweit führender Zulieferer für die Pharmaindustrie, hat in den letzten Jahren viel Geld in die Hand genommen, um sein Produktionsvolumen zu erhöhen und ein „manufacturing hotel“ zu werden. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen nicht genug investiert und dadurch Chancen verpasst, was es in Zukunft vermeiden möchte. Trotz einer zweiten Gewinnwarnung innerhalb weniger Monate und des Abgangs des Geschäftsführers sind wir weiterhin davon überzeugt, dass das Unternehmen schneller als erwartet auf den Expansionspfad zurückkehren wird. Der seit 2017 amtierende Verwaltungsratspräsident von Lonza kennt das Unternehmen bestens und das Management wurde verstärkt, um mehr Gewicht und Agilität bei der Steuerung des Wachstumspotenzials zu haben. Auch liegt die Umsatzvisibilität bis Ende 2026 bei etwa 60%, basierend auf den Ergebnissen von 2023. Die Verträge mit Zulieferern haben in der Regel eine Laufzeit von 3 bis 8 Jahren, was zu einer guten Vorhersehbarkeit führt. Der Trend zu pharmazeutischen Zulieferern und Produktionskapazitäten wird in den nächsten Jahren in einem Markt, der auf einen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt wird, entscheidend sein.

 

Aman Kamel

Trillium

Aman Kamel trat 2022 dem Managementteam von Trillium bei, um insbesondere den Manavest Swiss Equity Fund unter seine Verantwortung zu nehmen. Zuvor war er über 13 Jahre lang als Analyst und Fondsmanager für die Synchrony-Reihe der BCGE auf dem Schweizer und US-Markt tätig. Aman verfügt über ein Diplom in Vermögensverwaltung und eine Zertifizierung in nachhaltiger Finanzwirtschaft des Institut Supérieur de Formation Bancaire (ISFB).

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  • Maurizio Caputo
  • CEO
  • Bridport

«EM-Anleihen zeichnen sich durch exzellente Fundamentaldaten aus»

Nachdem Schwellenländeranleihen 2022 stark unter Druck gestanden hatten, haben sie in diesem Jahr wieder Fahrt aufgenommen. Internationale Anleger entdecken derzeit ihre soliden Fundamentaldaten und ihre Fähigkeit zur Alpha-Generierung.

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Schwellenländeranleihen sind in den Portfolios zwar häufig untergewichtet, repräsentieren inzwischen aber einen hohen Marktanteil, der in den letzten beiden Jahrzehnten stark gestiegen ist. Zu Unrecht gelten sie noch immer eher als taktische statt als strategische Säule. Dabei könnte diese Anlageklasse in Zukunft wieder in den Fokus internationaler Investoren rücken.

Die äusserst heterogene Anlageklasse der Schwellenländeranleihen umspannt Länder mit hohen Kreditratings (etwa die Länder im Nahen Osten) und andere mit nach wie vor sehr hohem Kreditrisiko (z. B. Argentinien, die Türkei und Subsahara-Afrika). Zur Steuerung des Kreditrisikos und der Alpha-Generierung ist eine aktive Verwaltung ein Muss.

Drei Hauptsegmente ziehen am Markt für Schwellenländeranleihen das grösste Anlegerinteresse auf sich: Staatsanleihen in Hartwährung, Staatsanleihen in Lokalwährung und Unternehmensanleihen in Hartwährung.

Das wachsende Interesse ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen:

Erstens haben höhere Inflationsrisiken und „ausgabenfreudigere“ Regierungen die Anleihenrenditen in den Industrieländern in die Höhe getrieben, so dass sich die Differenz zu ihren Schwellenländer-Pendants verringert hat. In den letzten zwei Jahren lag die Volatilität der Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in den Industrieländern durchweg deutlich über derjenigen in den Schwellenländern. Hierfür lassen sich vor allem zwei Gründe anführen: In den Industrieländern war die Inflation ein schlimmeres Problem, gleiches galt für die Verschlechterung der Haushaltsdefizite und der Staatsverschuldung. Im Gegensatz dazu haben die meisten Schwellenländer in der jüngeren Vergangenheit generell auf eine striktere Politik gesetzt.

In den beiden letzten Jahrzehnten war generell eine allmähliche Verbesserung der durchschnittlichen Bonitäten der in den EM-Benchmarks geführten Länder zu beobachten. Die Kreditratings konvergierten im Allgemeinen in Richtung „Investment Grade“ – hierfür waren vor allem die Länder im Nahen Osten verantwortlich.

Dies lässt sich mit verschiedenen Faktoren erklären: Der institutionelle Rahmen ist in Richtung der in den Industrieländern umgesetzten Standards avanciert. Die meisten fortgeschrittenen Schwellenländer haben die Unabhängigkeit ihrer Zentralbanken gestärkt und Systeme mit Inflationszielen eingeführt. Die schlechten Schüler Argentinien und die Türkei haben für diese Lücken einen hohen Preis gezahlt. Die guten Schüler haben sich einen stabileren und zuverlässigeren Rahmen verliehen, ihre Wechselkursregime sind liberaler. Die Folge: stabilere ausländische Kapitalzuflüsse.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die proaktive Geldpolitik, die viele Zentralbanken der Schwellenländer verfolgen, denn sie haben ihre Geldpolitik 2021-2022 schneller und energischer gestrafft als ihre Pendants in den Industrieländern. Daher sind sie nun in der Lage, die Senkung ihrer Zinssätze einzuleiten. Dies gilt insbesondere für Lateinamerika, z. B. für Brasilien. Hier hat die BCB bereits mit Zinssenkungen begonnen.

Weitere wichtige Argumente für diese Volkswirtschaften sind ihr Rohstoffreichtum (Chile, Peru und China), die stärkere wirtschaftliche Dynamik und die hohe Verfügbarkeit von Arbeitskräften infolge der jungen Erwerbsbevölkerung (insbesondere in Indien). Viele dieser Volkswirtschaften verfügen nicht nur über die herkömmlichen Rohstoffe, sondern auch über seltene Erden und andere unverzichtbare Basiselemente für Technologieprodukte und die „grüne Revolution“. Dank dieser Ressourcen können sie ihre geopolitische Bedeutung stärken, ausländische Investitionen anziehen und ihr Wirtschaftspotenzial langfristig steigern.

In Bezug auf die Bewertungen bieten Schwellenländeranleihen, insbesondere Papiere in Lokalwährungen, nun einen Rahmen, der in den letzten Jahrzehnten selten gegeben war. Nachdem sie 2022 eine der markantesten Korrekturen seit mehreren Jahren erleben mussten, bieten sie nun historisch hohe Realrenditen, Diversifikationspotenzial (geringe Korrelation mit US-Aktien und -Anleihen) sowie einen Zugang zu stark unterbewerteten Währungen. Für breit diversifizierte Portfolios bieten Schwellenländeranleihen, vor allem Lokalwährungsanleihen, daher sehr attraktive Chancen.

Digital

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  • Marc Amyot
  • CEO
  • Trillium

«KI von 100 Unternehmen des S&P500 bei der Ergebnisveröffentlichung erwähnt»

Trillium, der Asset-Management-Bereich der Citadel-Finance-Gruppe, hat einen Tracker, den Manavest Digital Futures Index, entwickelt, um die Trends der digitalen Welt zu erfassen. Dabei gilt das Interesse vor allem dem Segment Small & Mid Caps. Marc Amyot gibt uns einen Überblick.

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Wie sieht der Tech-Sektor in den USA ausserhalb der GAFAMs aus?

Der Nasdaq 100 und der S&P 500 sind sehr beliebte Large-Cap-Indizes, die beide aus mehr oder weniger denselben Namen bestehen. Abgesehen von der Anzahl der Titel, aus denen sie sich zusammensetzen, unterscheiden sie sich jedoch in ihrer Sektorallokation und Gewichtung. Die fünf Unternehmen der GAFAM-Gruppe machen 36 % des Nasdaq 100 Indexes aus. Die übrigen 95 Unternehmen stellen 64 % und sind in verschiedenen Branchen wie Medien, Pharma und Biotechnologie, Transport, Lebensmittel und Dienstleistungen aktiv.

Was sind die wichtigsten Trends in diesem Sektor?

2023 ist in der Kommunikation vieler Unternehmen übertrieben viel die Rede von Begriffen wie Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. In diesem Jahr haben rekordverdächtige 20 % der Unternehmen des S&P 500 bei der Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten Quartals KI erwähnt, doppelt so viele wie im Vorjahr. Vor allem in den Branchen Kommunikationsdienstleistungen und Informationstechnologie.

Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung derzeit wirklich bei der Transformation dieser Unternehmen?

Nach dem Hype um KI und digitale Transformation in diesem Jahr haben die Unternehmen massiv in die Digitalisierung investiert, selbst auf die Gefahr hin, Marktanteile zu verlieren oder vorübergehend auf den hinteren Plätzen zu landen. Es erfordert jedoch noch viel Analysearbeit, um festzustellen, in welcher Grössenordnung und in welchem Stadium sich die Aktivitäten zur digitalen Transformation tatsächlich befinden. Die Transformation ist wohl unumkehrbar, aber es ist noch zu früh, um sagen zu können, welche Unternehmen heute am weitesten fortgeschritten sind. Eines ist jedoch sicher: Die grossen traditionellen Tech-Unternehmen gehören dazu, da sie über die kritische Grösse und die finanziellen Mittel verfügen, um neue Startups zu erwerben und in ihr Geschäftsmodell zu integrieren.

Welche Auswirkungen der Digitalisierung auf das Wirtschaftswachstum und die Arbeitswelt können Sie erkennen?

Digitale Technologien verändern seit vielen Jahren unseren Alltag und unsere Unternehmen. Das Aufkommen superstarker GPUs – Grafikprozessoren – hat zu einem exponentiellen Wachstum der Rechengeschwindigkeit und der Speicherkapazität geführt. Darauf basiert die Entwicklung von KI und AAP. Diese Technologien dürften ein grosses Potenzial für Produktionssteigerungen von Unternehmen und letztlich auch für unseren Lebensstandard bieten. Laut dem Future of Employment Report 2023 des World Economic Forum sollen bis 2027 geschäftsrelevante Aufgaben zu 42 % von Maschinen übernommen werden und 23 % der Arbeitsplätze durch die Einführung neuer Technologien eine deutliche Veränderung erfahren.

Was ist derzeit vom Universum der digitalen Vermögenswerte zu halten?

Bei dem Wort „digitale Vermögenswerte“ denken wir sofort an Bitcoin, Ethereum oder einen NFT mit einem Affenkopf in zehntausend Formaten. Doch dieses Universum ist viel grösser. Wir positionieren uns durch Investitionen in börsennotierte Krypto-Mining-Unternehmen sowie in kleine und mittlere Unternehmen, die in verschiedenen Bereichen Pionierarbeit leisten. Dabei handelt es sich z.B. um die Analyse von Massendaten, Cybersicherheit, die Cloud, KI-Software oder KI-Anwendungen für die Heimrobotik.

Wie entwickelt sich die Blockchain, abgesehen vom Bereich Kryptowährungen?

Die Blockchain-Technologie verbreitet sich rasant. Die Blockchain ist, wie Sie wissen, eine dezentralisierte und verteilte digitale Registertechnologie, die Transaktionen in einem Netzwerk von Computern auf ultra-sichere, transparente und unveränderliche Weise aufzeichnet. Im Grunde handelt es sich um eine Kette von Blöcken, und jeder Block enthält eine Liste von Transaktionen. Sobald ein Block abgeschlossen ist, wird er mit dem vorherigen Block verknüpft und bildet so eine fortlaufende Kette. Durch die Blockchain-Technologie werden Vermittler ausgeschaltet, da die Interaktionen direkt zwischen Käufer und Verkäufer stattfinden. Dadurch wird der Prozess effizienter, was Zeit und Geld spart. Die Blockchain-Technologie findet über die Kryptowährungen hinaus Anwendung, und zwar in verschiedenen Bereichen wie etwa Lieferkettenmanagement, Verwaltung von Krankenakten, Programmierung von Smart Contracts oder dezentralisierte Produktion von digitalen Identitäten. Im Laufe der Zeit werden sich sehr viele Anwendungen ergeben, die uns den Alltag sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich leichter machen.

Marc Amyot

Trillium

Marc Amyot hat die Firma Trillium im Jahr 2002 gegründet und fungiert seitdem als Geschäftsführer und Generaldirektor. Neben seinen Führungsaufgaben ist er auch Mitglied des Anlageausschusses und Fondsmanager. Vor der Gründung von Trillium war Marc Amyot bei Grossbanken tätig und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche.
Marc Amyot ist Spezialist für taktische Vermögensallokation und Marktarbitrage und hat einen Abschluss der kanadischen University of Western Ontario. Er war über fünf Jahre lang Mitglied der Geschäftsleitung bei der Selbstregulierungsorganisation des Verbands Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) und beim Comité Romand.

Transistor

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  • Charles Bordes
  • Analyst
  • AtonRà

Chips made in China: eine unumstössliche Realität

Die US-Sanktionen gegen China haben dazu geführt, dass das grosse Interesse Chinas an einer Chipindustrie, in der es nicht wirklich positioniert ist, unterstrichen wurde. Zumindest für den Moment. Langfristig ist klar, dass sich das Land auf einen Durchbruch in diesem Bereich vorbereitet.

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Die ersten US-Sanktionen gegen China wurden unter Präsident Trump verhängt und unter Joe Biden weiter verschärft, sie betreffen vor allem die Chipindustrie. Durch diese Sanktionen soll der Zugang des Landes zu militärisch nutzbaren Spitzentechnologien mit dem Ziel beschränkt werden, Pekings geostrategische Ambitionen zu bremsen, aber auch die amerikanische Dominanz zu schützen.

Die Sanktionen hatten zur Folge, dass Huawei, einem der weltweit führenden Anbieter von Telekommunikationsausrüstungen, de facto der Zugang zu westlichen Märkten, insbesondere zu den Märkten für die neuen 5G-Netze, verwehrt wurde. Anfang September überraschte Huawei die Welt mit der Einführung eines Telefons mit einem in China entwickelten Chip und einer technologischen Raffinesse, die als unerreichbar galt. Bei näherer Betrachtung war diese Überraschung aber keine.

Halbleiter – eine kritische strategische Priorität

Halbleiter sind eigentlich Transistoren und die Grundbausteine von Chips. Sie sind heute überall zu finden – in Computern, Telefonen, Waschmaschinen, Autos, Flugzeugen, Satelliten, Telefon- und Stromnetzen sowie in medizinischen Geräten. Sie sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken.

Die Kontrolle ihrer Fertigungsketten ist daher zu einer strategischen Priorität avanciert, zumal sich diese Ketten perfekt an die Globalisierung angepasst haben. Der Hauptprozessor des Geräts, auf dem Sie diesen Text lesen, wurde wahrscheinlich in den USA entwickelt, kommt aber aus einer taiwanesischen Fabrik, die wiederum mit europäischen Maschinen ausgerüstet ist. In der Covid-Krise hat man gesehen, wie Störungen dieser Kette unangenehme Folgen für alle von ihr abhängigen Anwendungen haben.

China verfolgt eine langfristige Strategie

Das macht die chinesische Regierung schon seit einiger Zeit. Bereits 2015 sollte ein strategischer Plan sicherstellen, dass 70% der im Inland verwendeten Halbleiter bis 2025 von inländischen Unternehmen hergestellt werden. Ein ehrgeiziges Ziel, das aufgrund der Sanktionen gefährdet ist. Doch das Ziel ist klar: China will in diesem sensiblen Sektor auf keinen Fall vom Ausland abhängig sein. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Regierung bereit, langfristig viele Hundert Milliarden Dollar zu investieren.

Folglich werden alle Vergeltungsmassnahmen das Unvermeidliche nur hinauszögern. Die Geschichte hat gezeigt, dass sich der technologische Fortschritt unweigerlich irgendwann durchsetzt, auch unter Rahmenbedingungen, die für die Verbreitung von Ideen, Waren und die Freizügigkeit von Personen weitaus weniger günstig sind. Zudem sind Sanktionen kontraproduktiv – sie befeuern das Streben nach Unabhängigkeit und dehnen das Entwicklungsspektrum auf Bereiche aus, die ursprünglich mitunter nicht vorgesehen waren.

Die Aussichten?

Auch wenn der Wille zur Unabhängigkeit unerschütterlich zu sein scheint, bestehen kurzfristig noch einige Grauzonen. Der Chip im neuesten Huawei-Modell ist vor diesem Hintergrund eine technologische Meisterleistung, doch ob seine Herstellung vom wirtschaftlich Standpunkt aus rentabel sein wird, ist fraglich, da sie durch die Sanktionen erschwert wird. Darüber hinaus hinkt er in puncto Gravurtiefe, das heisst die Fähigkeit, die Miniaturisierung der Transistoren auf dem Chip zur Leistungssteigerung zu reduzieren, mindestens zwei Generationen hinter der westlichen Produktion her. Um diesen Rückstand aufzuholen, ist eine Technologie erforderlich, über die derzeit nur der europäische Chip-Hersteller ASML verfügt.

Wie dem auch sei, trotz des Sanktionsdrucks der USA liegt vor den chinesischen Akteure in dieser Branche, insbesondere vor den OEMs, den Giessereien und dem gesamten Ökosystem von Zulieferern eine glänzende Zukunft. Sie werden von der Regierung und auch von der öffentlichen Meinung unterstützt, da nationale Champions gefördert werden sollen. Angesichts des gigantischen Binnenmarkts zahlen sich die hohen Investitionen aus. Und selbst wenn China ein System mit mehreren Geschwindigkeiten aufbauen müsste, könnte der Branche die Zeit in die Hand spielen. Kein Problem für ein Land, das den weisen Laotse hervorgebracht hat, dem wir folgenden berühmten Spruch verdanken: „Wenn dich jemand beleidigt hat, suche keine Rache. Setze dich an den Fluss und schon bald wirst du seine Leiche vorbeitreiben sehen. “ Im konkreten Fall ist es wohl sinnlos, sich gegen das Unausweichliche zu stemmen.

Charles Bordes

AtonRà

Charles Bordes ist Mitglied im Investmentteam von AtonRâ Partners, dem Genfer Spezialisten für thematische Investments. Bordes deckt insbesondere Strategien mit Technologieschwerpunkt wie künstliche Intelligenz, Robotik, Cybersicherheit und Raumfahrt ab. Davor war er sechs Jahre lang zunächst Sell-Side-Analyst bei AlphaValue, wo er den IT-Hardware & Technology verantwortete, dann als Analyst für Small & Midcaps bei Kepler Cheuvreux, wobei der Fokus stets auf Technologieunternehmen lag. Bordes verfügt über einen Master in Finanzwirtschaft der Kedge Business School (Bordeaux, Frankreich).

Food for thought

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  • Luca Carrozzo
  • Chief Investment Officer
  • Bank CIC Schweiz

Nahrungsmittelindustrie: Investitionen in ein dynamisches Wachstumsfeld

Die Lebensmittelindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Ein neues Angebot soll den veränderten Konsumgewohnheiten gerecht werden. Junge, innovative Unternehmen nehmen ihren Platz neben den etablierteren Akteuren ein. Dieser Wandel, so Luca Carrozzo, hat auch für Investoren Folgen

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Die Nahrungsmittelindustrie ist für viele Investoren attraktiv geworden – neue Essgewohnheiten spielen eine Rolle. Was passiert da gerade?

Tatsächlich passiert gerade ziemlich viel und das Potenzial für Investoren ist da. In der Produktion der Nahrungsmittel sehen wir einen klaren Trend zu mehr Effizienz und zu lokalen Produkten. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung und demzufolge wird der Proteinkonsum steigen. Dies ressourcenschonend zu managen ist eine grosse Herausforderung. Auch beim Transport sehen wir eindeutig enormes Potenzial. Stichwort Food Waste: Das wird entlang der gesamten Transportkette angegangen werden müssen. Nicht zuletzt sind auch die neuen Konsumgewohnheiten zu nennen: Beispielsweise stehen auch bei uns immer mehr Milch- und Fleischersatzprodukte in den Regalen der Grossverteiler.

Was sind die Treiber hinter diesen Trends?

Sicher sind hier der Klimawandel und das Bevölkerungswachstum zu nennen. Daneben haben wir mit dem Krieg in der Ukraine gesehen, wie stark ein grosser Teil der Welt von Russland und der Ukraine abhängig ist, wenn es um Grundnahrungsmittel wie Weizen geht. Die globale Lieferkette wird also näher angeschaut werden müssen.

Was heissen diese Trends aus Sicht des Investors?

Man muss hier unterscheiden zwischen der fundamentalen Entwicklung und den Marktbewertungen. Diese laufen zum Teil parallel und teilweise divergieren sie in die eine oder andere Richtung. Die fundamentale Entwicklung ist strukturell getrieben und nimmt enorm an Fahrt auf. Die Umsätze und Gewinne der sogenannten «Pure-Plays» in diesem Bereich wachsen konstant und sind krisenresistent.

Auf der anderen Seite entwickeln sich die Marktbewertungen sehr volatil. Noch vor zwei Jahren handelten viele dieser Unternehmen auf sehr hohen Multiples und in gewissen Bereichen konnte man tatsächlich von einem «Hype» sprechen. Diese Situation hat sich im Zuge der Marktkorrektur der letzten 18 Monate – welche vor allem die kleinkapitalisierten Unternehmen in Beschlag nahm – signifikant geändert. Die Bewertungen haben sich seit dem Peak im 2021 fast halbiert und es fand eine Marktbereinigung statt. Das heisst, es eröffnen sich in diesem Bereich auch immer wieder interessante Einstiegsmöglichkeiten.

Wie sieht ein Portfolio aus, das stark auf dieses Wachstum setzt?

Wir würden die Pure Player in den Wachstumsfeldern – dazu gehört die Nahrungsmittelindustrie – als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio anschauen. Gleichzeitig ist es wichtig, diese Unternehmen auch mit eigenem Research zu begleiten und die Bewertungen im Auge zu behalten.

Nun finden Innovationen in Startups und in den grossen Konglomeraten statt. Auf was gilt es zu achten?

Wir sehen etwas ähnliches wie in der Pharmaindustrie: Vereinfacht ausgedrückt, findet bei kleineren Unternehmen die Innovation statt und die grossen Konzerne sind für die Entwicklung und Skalierung dieser Innovationen verantwortlich. Entsprechend braucht es beide Seiten für den strukturellen Wandel der Nahrungsmittelindustrie. Aus Sicht des Investors braucht es deshalb den Blick auf beide Welten. Wir würden schon allein aus Risikoüberlegungen nicht nur in Pure-Player investieren, sondern diese Pure-Player einem diversifizierten Portfolio beimischen.

Gibt es Namen von Firmen, die Sie nennen können, die in diesem Sektor besonders stark sind?

Die Schweiz wäre mit Nestlé und den grossen Pharmaproduzenten dazu prädestiniert, sich als Hub im Bereich Foodtech/Agritech zu entwickeln. Für Investoren ist dies eine hervorragende Ausgangslage. Trotzdem schauen wir bei der Suche auch immer wieder nach Investitionen in die USA. So ist im Bereich Landeffizienz John Deere zu nennen, im Bereich Wassereffizienz Ecolab. Bei den alternativen Proteinen steht für uns Benson Hill gut da. Und zuletzt nenne ich doch noch einen Schweizer Namen, den wir alle kennen, und der in der Verpackungsindustrie weltweit eine wichtige Rolle einnimmt: SIG Group.

Luca Carrozzo

Bank CIC (Schweiz)

Luca Carrozzo ist als Chief Investment Officer verantwortlich für die Anlagepolitik der Bank CIC. Der diplomierte ESG Analyst (AZEK) hat einen eidgenössischen Fachausweis in Wealth Management (AZEK) und ist seit 2009 für die Bank CIC tätig, unter anderem im Portfolio Management und Advisory. Seit 2017 gehört Luca Carrozzo dem Anlageausschuss der Bank an. Im Auftrag der Bank CIC arbeitete er ausserdem von 2019 bis 2021 im Investment Advisory der Banque Transatlantique in London.