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Investment Lösungen

  • Marc Amyot
  • CEO
  • Trillium

«KI von 100 Unternehmen des S&P500 bei der Ergebnisveröffentlichung erwähnt»

Trillium, der Asset-Management-Bereich der Citadel-Finance-Gruppe, hat einen Tracker, den Manavest Digital Futures Index, entwickelt, um die Trends der digitalen Welt zu erfassen. Dabei gilt das Interesse vor allem dem Segment Small & Mid Caps. Marc Amyot gibt uns einen Überblick.

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Wie sieht der Tech-Sektor in den USA ausserhalb der GAFAMs aus?

Der Nasdaq 100 und der S&P 500 sind sehr beliebte Large-Cap-Indizes, die beide aus mehr oder weniger denselben Namen bestehen. Abgesehen von der Anzahl der Titel, aus denen sie sich zusammensetzen, unterscheiden sie sich jedoch in ihrer Sektorallokation und Gewichtung. Die fünf Unternehmen der GAFAM-Gruppe machen 36 % des Nasdaq 100 Indexes aus. Die übrigen 95 Unternehmen stellen 64 % und sind in verschiedenen Branchen wie Medien, Pharma und Biotechnologie, Transport, Lebensmittel und Dienstleistungen aktiv.

Was sind die wichtigsten Trends in diesem Sektor?

2023 ist in der Kommunikation vieler Unternehmen übertrieben viel die Rede von Begriffen wie Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen. In diesem Jahr haben rekordverdächtige 20 % der Unternehmen des S&P 500 bei der Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten Quartals KI erwähnt, doppelt so viele wie im Vorjahr. Vor allem in den Branchen Kommunikationsdienstleistungen und Informationstechnologie.

Welchen Stellenwert hat die Digitalisierung derzeit wirklich bei der Transformation dieser Unternehmen?

Nach dem Hype um KI und digitale Transformation in diesem Jahr haben die Unternehmen massiv in die Digitalisierung investiert, selbst auf die Gefahr hin, Marktanteile zu verlieren oder vorübergehend auf den hinteren Plätzen zu landen. Es erfordert jedoch noch viel Analysearbeit, um festzustellen, in welcher Grössenordnung und in welchem Stadium sich die Aktivitäten zur digitalen Transformation tatsächlich befinden. Die Transformation ist wohl unumkehrbar, aber es ist noch zu früh, um sagen zu können, welche Unternehmen heute am weitesten fortgeschritten sind. Eines ist jedoch sicher: Die grossen traditionellen Tech-Unternehmen gehören dazu, da sie über die kritische Grösse und die finanziellen Mittel verfügen, um neue Startups zu erwerben und in ihr Geschäftsmodell zu integrieren.

Welche Auswirkungen der Digitalisierung auf das Wirtschaftswachstum und die Arbeitswelt können Sie erkennen?

Digitale Technologien verändern seit vielen Jahren unseren Alltag und unsere Unternehmen. Das Aufkommen superstarker GPUs – Grafikprozessoren – hat zu einem exponentiellen Wachstum der Rechengeschwindigkeit und der Speicherkapazität geführt. Darauf basiert die Entwicklung von KI und AAP. Diese Technologien dürften ein grosses Potenzial für Produktionssteigerungen von Unternehmen und letztlich auch für unseren Lebensstandard bieten. Laut dem Future of Employment Report 2023 des World Economic Forum sollen bis 2027 geschäftsrelevante Aufgaben zu 42 % von Maschinen übernommen werden und 23 % der Arbeitsplätze durch die Einführung neuer Technologien eine deutliche Veränderung erfahren.

Was ist derzeit vom Universum der digitalen Vermögenswerte zu halten?

Bei dem Wort „digitale Vermögenswerte“ denken wir sofort an Bitcoin, Ethereum oder einen NFT mit einem Affenkopf in zehntausend Formaten. Doch dieses Universum ist viel grösser. Wir positionieren uns durch Investitionen in börsennotierte Krypto-Mining-Unternehmen sowie in kleine und mittlere Unternehmen, die in verschiedenen Bereichen Pionierarbeit leisten. Dabei handelt es sich z.B. um die Analyse von Massendaten, Cybersicherheit, die Cloud, KI-Software oder KI-Anwendungen für die Heimrobotik.

Wie entwickelt sich die Blockchain, abgesehen vom Bereich Kryptowährungen?

Die Blockchain-Technologie verbreitet sich rasant. Die Blockchain ist, wie Sie wissen, eine dezentralisierte und verteilte digitale Registertechnologie, die Transaktionen in einem Netzwerk von Computern auf ultra-sichere, transparente und unveränderliche Weise aufzeichnet. Im Grunde handelt es sich um eine Kette von Blöcken, und jeder Block enthält eine Liste von Transaktionen. Sobald ein Block abgeschlossen ist, wird er mit dem vorherigen Block verknüpft und bildet so eine fortlaufende Kette. Durch die Blockchain-Technologie werden Vermittler ausgeschaltet, da die Interaktionen direkt zwischen Käufer und Verkäufer stattfinden. Dadurch wird der Prozess effizienter, was Zeit und Geld spart. Die Blockchain-Technologie findet über die Kryptowährungen hinaus Anwendung, und zwar in verschiedenen Bereichen wie etwa Lieferkettenmanagement, Verwaltung von Krankenakten, Programmierung von Smart Contracts oder dezentralisierte Produktion von digitalen Identitäten. Im Laufe der Zeit werden sich sehr viele Anwendungen ergeben, die uns den Alltag sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich leichter machen.

Marc Amyot

Trillium

Marc Amyot hat die Firma Trillium im Jahr 2002 gegründet und fungiert seitdem als Geschäftsführer und Generaldirektor. Neben seinen Führungsaufgaben ist er auch Mitglied des Anlageausschusses und Fondsmanager. Vor der Gründung von Trillium war Marc Amyot bei Grossbanken tätig und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche.
Marc Amyot ist Spezialist für taktische Vermögensallokation und Marktarbitrage und hat einen Abschluss der kanadischen University of Western Ontario. Er war über fünf Jahre lang Mitglied der Geschäftsleitung bei der Selbstregulierungsorganisation des Verbands Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) und beim Comité Romand.

Transistor

Investment Lösungen

  • Charles Bordes
  • Analyst
  • AtonRà

Chips made in China: eine unumstössliche Realität

Die US-Sanktionen gegen China haben dazu geführt, dass das grosse Interesse Chinas an einer Chipindustrie, in der es nicht wirklich positioniert ist, unterstrichen wurde. Zumindest für den Moment. Langfristig ist klar, dass sich das Land auf einen Durchbruch in diesem Bereich vorbereitet.

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Die ersten US-Sanktionen gegen China wurden unter Präsident Trump verhängt und unter Joe Biden weiter verschärft, sie betreffen vor allem die Chipindustrie. Durch diese Sanktionen soll der Zugang des Landes zu militärisch nutzbaren Spitzentechnologien mit dem Ziel beschränkt werden, Pekings geostrategische Ambitionen zu bremsen, aber auch die amerikanische Dominanz zu schützen.

Die Sanktionen hatten zur Folge, dass Huawei, einem der weltweit führenden Anbieter von Telekommunikationsausrüstungen, de facto der Zugang zu westlichen Märkten, insbesondere zu den Märkten für die neuen 5G-Netze, verwehrt wurde. Anfang September überraschte Huawei die Welt mit der Einführung eines Telefons mit einem in China entwickelten Chip und einer technologischen Raffinesse, die als unerreichbar galt. Bei näherer Betrachtung war diese Überraschung aber keine.

Halbleiter – eine kritische strategische Priorität

Halbleiter sind eigentlich Transistoren und die Grundbausteine von Chips. Sie sind heute überall zu finden – in Computern, Telefonen, Waschmaschinen, Autos, Flugzeugen, Satelliten, Telefon- und Stromnetzen sowie in medizinischen Geräten. Sie sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken.

Die Kontrolle ihrer Fertigungsketten ist daher zu einer strategischen Priorität avanciert, zumal sich diese Ketten perfekt an die Globalisierung angepasst haben. Der Hauptprozessor des Geräts, auf dem Sie diesen Text lesen, wurde wahrscheinlich in den USA entwickelt, kommt aber aus einer taiwanesischen Fabrik, die wiederum mit europäischen Maschinen ausgerüstet ist. In der Covid-Krise hat man gesehen, wie Störungen dieser Kette unangenehme Folgen für alle von ihr abhängigen Anwendungen haben.

China verfolgt eine langfristige Strategie

Das macht die chinesische Regierung schon seit einiger Zeit. Bereits 2015 sollte ein strategischer Plan sicherstellen, dass 70% der im Inland verwendeten Halbleiter bis 2025 von inländischen Unternehmen hergestellt werden. Ein ehrgeiziges Ziel, das aufgrund der Sanktionen gefährdet ist. Doch das Ziel ist klar: China will in diesem sensiblen Sektor auf keinen Fall vom Ausland abhängig sein. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Regierung bereit, langfristig viele Hundert Milliarden Dollar zu investieren.

Folglich werden alle Vergeltungsmassnahmen das Unvermeidliche nur hinauszögern. Die Geschichte hat gezeigt, dass sich der technologische Fortschritt unweigerlich irgendwann durchsetzt, auch unter Rahmenbedingungen, die für die Verbreitung von Ideen, Waren und die Freizügigkeit von Personen weitaus weniger günstig sind. Zudem sind Sanktionen kontraproduktiv – sie befeuern das Streben nach Unabhängigkeit und dehnen das Entwicklungsspektrum auf Bereiche aus, die ursprünglich mitunter nicht vorgesehen waren.

Die Aussichten?

Auch wenn der Wille zur Unabhängigkeit unerschütterlich zu sein scheint, bestehen kurzfristig noch einige Grauzonen. Der Chip im neuesten Huawei-Modell ist vor diesem Hintergrund eine technologische Meisterleistung, doch ob seine Herstellung vom wirtschaftlich Standpunkt aus rentabel sein wird, ist fraglich, da sie durch die Sanktionen erschwert wird. Darüber hinaus hinkt er in puncto Gravurtiefe, das heisst die Fähigkeit, die Miniaturisierung der Transistoren auf dem Chip zur Leistungssteigerung zu reduzieren, mindestens zwei Generationen hinter der westlichen Produktion her. Um diesen Rückstand aufzuholen, ist eine Technologie erforderlich, über die derzeit nur der europäische Chip-Hersteller ASML verfügt.

Wie dem auch sei, trotz des Sanktionsdrucks der USA liegt vor den chinesischen Akteure in dieser Branche, insbesondere vor den OEMs, den Giessereien und dem gesamten Ökosystem von Zulieferern eine glänzende Zukunft. Sie werden von der Regierung und auch von der öffentlichen Meinung unterstützt, da nationale Champions gefördert werden sollen. Angesichts des gigantischen Binnenmarkts zahlen sich die hohen Investitionen aus. Und selbst wenn China ein System mit mehreren Geschwindigkeiten aufbauen müsste, könnte der Branche die Zeit in die Hand spielen. Kein Problem für ein Land, das den weisen Laotse hervorgebracht hat, dem wir folgenden berühmten Spruch verdanken: „Wenn dich jemand beleidigt hat, suche keine Rache. Setze dich an den Fluss und schon bald wirst du seine Leiche vorbeitreiben sehen. “ Im konkreten Fall ist es wohl sinnlos, sich gegen das Unausweichliche zu stemmen.

Charles Bordes

AtonRà

Charles Bordes ist Mitglied im Investmentteam von AtonRâ Partners, dem Genfer Spezialisten für thematische Investments. Bordes deckt insbesondere Strategien mit Technologieschwerpunkt wie künstliche Intelligenz, Robotik, Cybersicherheit und Raumfahrt ab. Davor war er sechs Jahre lang zunächst Sell-Side-Analyst bei AlphaValue, wo er den IT-Hardware & Technology verantwortete, dann als Analyst für Small & Midcaps bei Kepler Cheuvreux, wobei der Fokus stets auf Technologieunternehmen lag. Bordes verfügt über einen Master in Finanzwirtschaft der Kedge Business School (Bordeaux, Frankreich).

Food for thought

Investment Lösungen

  • Luca Carrozzo
  • Chief Investment Officer
  • Bank CIC Schweiz

Nahrungsmittelindustrie: Investitionen in ein dynamisches Wachstumsfeld

Die Lebensmittelindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Ein neues Angebot soll den veränderten Konsumgewohnheiten gerecht werden. Junge, innovative Unternehmen nehmen ihren Platz neben den etablierteren Akteuren ein. Dieser Wandel, so Luca Carrozzo, hat auch für Investoren Folgen

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Die Nahrungsmittelindustrie ist für viele Investoren attraktiv geworden – neue Essgewohnheiten spielen eine Rolle. Was passiert da gerade?

Tatsächlich passiert gerade ziemlich viel und das Potenzial für Investoren ist da. In der Produktion der Nahrungsmittel sehen wir einen klaren Trend zu mehr Effizienz und zu lokalen Produkten. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung und demzufolge wird der Proteinkonsum steigen. Dies ressourcenschonend zu managen ist eine grosse Herausforderung. Auch beim Transport sehen wir eindeutig enormes Potenzial. Stichwort Food Waste: Das wird entlang der gesamten Transportkette angegangen werden müssen. Nicht zuletzt sind auch die neuen Konsumgewohnheiten zu nennen: Beispielsweise stehen auch bei uns immer mehr Milch- und Fleischersatzprodukte in den Regalen der Grossverteiler.

Was sind die Treiber hinter diesen Trends?

Sicher sind hier der Klimawandel und das Bevölkerungswachstum zu nennen. Daneben haben wir mit dem Krieg in der Ukraine gesehen, wie stark ein grosser Teil der Welt von Russland und der Ukraine abhängig ist, wenn es um Grundnahrungsmittel wie Weizen geht. Die globale Lieferkette wird also näher angeschaut werden müssen.

Was heissen diese Trends aus Sicht des Investors?

Man muss hier unterscheiden zwischen der fundamentalen Entwicklung und den Marktbewertungen. Diese laufen zum Teil parallel und teilweise divergieren sie in die eine oder andere Richtung. Die fundamentale Entwicklung ist strukturell getrieben und nimmt enorm an Fahrt auf. Die Umsätze und Gewinne der sogenannten «Pure-Plays» in diesem Bereich wachsen konstant und sind krisenresistent.

Auf der anderen Seite entwickeln sich die Marktbewertungen sehr volatil. Noch vor zwei Jahren handelten viele dieser Unternehmen auf sehr hohen Multiples und in gewissen Bereichen konnte man tatsächlich von einem «Hype» sprechen. Diese Situation hat sich im Zuge der Marktkorrektur der letzten 18 Monate – welche vor allem die kleinkapitalisierten Unternehmen in Beschlag nahm – signifikant geändert. Die Bewertungen haben sich seit dem Peak im 2021 fast halbiert und es fand eine Marktbereinigung statt. Das heisst, es eröffnen sich in diesem Bereich auch immer wieder interessante Einstiegsmöglichkeiten.

Wie sieht ein Portfolio aus, das stark auf dieses Wachstum setzt?

Wir würden die Pure Player in den Wachstumsfeldern – dazu gehört die Nahrungsmittelindustrie – als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio anschauen. Gleichzeitig ist es wichtig, diese Unternehmen auch mit eigenem Research zu begleiten und die Bewertungen im Auge zu behalten.

Nun finden Innovationen in Startups und in den grossen Konglomeraten statt. Auf was gilt es zu achten?

Wir sehen etwas ähnliches wie in der Pharmaindustrie: Vereinfacht ausgedrückt, findet bei kleineren Unternehmen die Innovation statt und die grossen Konzerne sind für die Entwicklung und Skalierung dieser Innovationen verantwortlich. Entsprechend braucht es beide Seiten für den strukturellen Wandel der Nahrungsmittelindustrie. Aus Sicht des Investors braucht es deshalb den Blick auf beide Welten. Wir würden schon allein aus Risikoüberlegungen nicht nur in Pure-Player investieren, sondern diese Pure-Player einem diversifizierten Portfolio beimischen.

Gibt es Namen von Firmen, die Sie nennen können, die in diesem Sektor besonders stark sind?

Die Schweiz wäre mit Nestlé und den grossen Pharmaproduzenten dazu prädestiniert, sich als Hub im Bereich Foodtech/Agritech zu entwickeln. Für Investoren ist dies eine hervorragende Ausgangslage. Trotzdem schauen wir bei der Suche auch immer wieder nach Investitionen in die USA. So ist im Bereich Landeffizienz John Deere zu nennen, im Bereich Wassereffizienz Ecolab. Bei den alternativen Proteinen steht für uns Benson Hill gut da. Und zuletzt nenne ich doch noch einen Schweizer Namen, den wir alle kennen, und der in der Verpackungsindustrie weltweit eine wichtige Rolle einnimmt: SIG Group.

Luca Carrozzo

Bank CIC (Schweiz)

Luca Carrozzo ist als Chief Investment Officer verantwortlich für die Anlagepolitik der Bank CIC. Der diplomierte ESG Analyst (AZEK) hat einen eidgenössischen Fachausweis in Wealth Management (AZEK) und ist seit 2009 für die Bank CIC tätig, unter anderem im Portfolio Management und Advisory. Seit 2017 gehört Luca Carrozzo dem Anlageausschuss der Bank an. Im Auftrag der Bank CIC arbeitete er ausserdem von 2019 bis 2021 im Investment Advisory der Banque Transatlantique in London.

Rising Sun

Investment Lösungen

  • Gregor Trachsel
  • Chief Investment Officer
  • SG Value Partners

Die allmähliche Rehabilitierung japanischer Aktien

Im Mai machte der Nikkei Index Schlagzeilen, als er seinen höchsten Stand seit 33 Jahren erreichte. Marktbeobachter haben eine Reihe von Argumenten vorgebracht, um die jüngste Hausse zu erklären: Gregor Trachsel von SG Value Partners zeigt auf, wieso sich ein Blick nach Japan immer noch lohnen könnte.

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Die Untergewichtung globaler Investoren in Japan ist nach wie vor enorm. Dabei sind die Argumente, die für ein oder mehr Exposure in Japan sprechen sind zahlreich: die Profitabilität der Firmen hat sich laufend und stetig verbessert, die Bilanzen der Unternehmen sind äusserst stark, es gibt vermehrt aktionärsfreundliche Massnahmen, wie erhöhte Dividenden und Aktienrückkäufe (was in Japan immer noch relativ neu ist) und zuguterletzt versucht die japanische Regierung mit steuerfreundlichen Sparplänen die Bürger für Aktieninvestments zu begeistern.

Was auch immer die Zukunft bringen mag, unsere Bewertungsdisziplin zeigt, dass japanische Value Aktien immer noch günstig und damit sehr attraktiv sind. Wir führen die grossen Abschläge, die sich uns bieten, hauptsächlich auf drei strukturelle Faktoren zurück: Erstens beruht die japanische Geschäftspraxis traditionell auf einem ganzheitlichen Stakeholder-Modell, bei dem die Perspektiven von Mitarbeitern, Kunden, Geschäftspartnern und der Gesellschaft als Ganzes berücksichtigt werden. Westliche Anleger hingegen rücken ihre Interessen als Aktionäre üblicherweise in den Vordergrund.

Zweitens ist es in Japan immer noch schwieriger, Informationen aus erster Hand zu erhalten, als im Rest der Welt — auch wenn die Aufsichtsbehörden und Börsen die Unternehmen drängen, ihre Investor-Relations-Kapazitäten auszubauen. Dies stellt für ausländische Anleger eine grosse Hürde dar, falls sie die gleichen Checklisten anwenden wie in ihren Heimatmärkten. Hinzu kommt, dass die Marktanalysen der japanischen Broker nicht gleich umfassend sind wie für andere entwickelte Märkte, weil Japan seit Jahrzehnten eine so unpopuläre Anlageregion gewesen ist. Diese fehlende Tiefe und Breite der Analyse führt zu ineffizienter Kursbildung, besonders bei Unternehmen von kleinerer und mittlerer Grösse.

Und drittens schrecken viele westliche Anleger aus anderen Hinderungsgründen vor dem Kauf japanischer Aktien zurück: vermeintlich ungünstige demographische Entwicklungen; die Vorstellung, dass es dort hauptsächlich eher langweilige Unternehmen mit mässigen Gewinnspannen und Wachstumsaussichten gibt; der bisherige Wertverlust des Yen, der fremdwährungssensitiven Anlegern Sorge bereitet; sowie Nachteile im Hinblick auf die Erreichbarkeit und Kommunikation, zum Beispiel der grosse Zeitunterschied für Händler in den westlichen Finanzmetropolen und die erhebliche Sprachbarriere.

Trotz der aktuellen Aufwärtsbewegung japanischer Aktien bleibt die sprichwörtliche “Wall of Worry” somit in den Augen der globalen Investoren weiterhin steil und steinig. Einige dieser Hindernisse und Sorgen werden mit der Zeit langsam aber sicher abnehmen, wenn die Unternehmen auf ihren jüngsten Erfolgen in Bezug auf grundlegende Verbesserungen der Unternehmensführung aufbauen können.

Gregor Trachsel

SG Value Partners

Gregor Trachsel ist Chief Investment Officer der SG Value Partners in Zürich. Zusammen mit seinem Team verwaltet er seit mehr als 20 Jahren globale Deep Value Aktienmandate und Anlagefonds mit einem langfristigen Anlagehorizont. Seit 2020 ist er mit der SG Value Partners unabhängig unterwegs. Zuvor war er mit der gleichen Strategie bei der M.M. Warburg (Switzerland) und bei der Credit Suisse Asset Management in Zürich tätig.

Dashboard

Investment Lösungen

  • Marouane Daho
  • Analyst-Manager
  • Iteram Capital

3. Quartal 2023 – Das Hedgefonds-Barometer

Die erste Hälfte des Jahres 2023 überraschte mit der kräftigen Erholung riskanter Assets, obwohl das Umfeld nach den Turbulenzen im Jahr 2022 mehr als unsicher war. Aktien verzeichneten insgesamt eine bemerkenswerte Performance, während Anleihen aufgrund der unerwarteten Widerstandsfähigkeit der westlichen Volkswirtschaften noch nicht wirklich unter Druck gerieten. Allerdings konzentrierte sich ein grosser Teil dieses Runs auf einige wenige Technologieunternehmen, da der Vormarsch der künstlichen Intelligenz neue Wachstumsperspektiven eröffnet. Diese Rahmenbedingungen waren für einen Grossteil der unkorrelierten alternativen Strategien eher von Nachteil, da sie auf diese plötzliche Erholung des Vertrauens nicht eingestellt waren.

 

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RV Arbitrage/Multi-Strategy – Positive

  • • Durch die hohe Volatilität der Zinsen und die Normalisierung der Geldpolitik entstehen auch weiterhin zahlreiche solide Chancen für Relative-Value-Strategien
  • • Das Potenzial zur Alphagenerierung dürfte mit zunehmender Unvorhersehbarkeit an den Aktienmärkten weiter zunehmen

Commodities – Positive

  • • Das bei vielen Rohstoffen herrschende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage schafft weiterhin exklusive Bedingungen für fundamentale Manager
  • • Einige makroökonomische Faktoren (insbesondere das chinesische Wachstum) dürften die Metall- und Ölpreise jedoch belasten
  • • Wir halten an unserer Präferenz für Relative-Value-Strategien zur Minimierung der Korrelation mit den Rohstoffpreisen fest

Global Macro – Positive

  • • Wir bleiben hinsichtlich der Global Macro-Strategien aufgrund der Diversifikation auf die einzelnen Regionen und deren Geldpolitik optimistisch
  • • Die Diskrepanzen zwischen den Volkswirtschaften in puncto Desinflations-Parcours und die Wahrscheinlichkeit einer geldpolitischen Straffung liefern einen fruchtbaren Boden für diese Art von Strategien
  • • Geopolitische Spannungen können ebenfalls zu Instabilität auf den Global Macro-Märkten führen und neue Chancen bieten

Fixed Income/Credit Arbitrage – Positive

  • • Die Anleiherenditen oszillieren auf einem sehr attraktiven Niveau, wobei die hohe Diversifikation auf unterschiedliche Emittenten und Sektoren für Long/Short-Strategien von Vorteil ist
  • • Die Convertible Arbitrage scheint im Hinblick auf eine regere Emissionsaktivität interessant, da die Unternehmen nach neuen Refinanzierungsmöglichkeiten und kostengünstiger Volatilität Ausschau halten
  • • Wir achten weiterhin auf Chancen im Distressed-Bereich, da in den kommenden Quartalen eine Zunahme der Zahlungsausfälle erwartet wird

CTA/Managed Futures – Negative

  • • Die wiederholten Stimmungsumschwünge der Märkte waren für Trend Following-Strategien aufgrund der schwachen Momentum-Signale insbesondere bei den Zinsen und Rohstoffen von Nachteil
  • • Wir warten das Ende des Zinserhöhungszyklus für die Anpassung unserer Überzeugungen in Bezug auf diese Strategien ab

Event Driven – Neutral

  • • Merger-Arbitrage-Strategien haben es aufgrund des immer komplexeren regulatorischen Rahmens und des Rückgangs der M&A-Aktivitäten noch immer schwer Die Spreads sind dennoch sehr attraktiv.
  • • Durch den Umstrukturierungsdruck bei einigen angeschlagenen Unternehmen in einem Hochzinsumfeld entstehen interessante Chancen, allerdings sind Special Situations-Strategien aufgrund ihrer inhärenten Direktionalität anfällig für Marktkorrekturen

Equity Long/Short – Neutral

  • • Die Aktienmärkte weisen momentan ein hohes Bewertungsniveau und eine zu niedrige Risikoprämie auf, so dass Directional Trading-Positionen keine Option sind. Wir halten daher an unserer Präferenz für Low-Net- und Market-Neutral-Strategien fest
  • • Wenn sich die Schwankungen der makroökonomischen Faktoren normalisieren, dürfte es zu einer breiteren Diversifikation kommen, womit ein günstiges Umfeld für die Long/Short-Titelselektion einhergeht

Marouane Daho

Iteram Capital

Marouane Daho ist Analyst/Manager bei Iteram Capital und Mitglied des Anlageausschusses. Seine Hauptaufgaben sind die Suche nach Managern und die Verwaltung von Hedgefonds-Portfolios. Bevor er zu Iteram kam, war er bei einem Single-Family-Office in Genf für Hedgefonds und Investitionen in private Märkte zuständig. Seine Karriere begann er Daho bei Lyxor Asset Management in Paris als Hedgefonds-Analyst. Marouane ist Absolvent der NEOMA Business School mit einem MSc in Finanzen.

Unter die Lupe

Investment Lösungen

  • Interview Kathleen Gailliot
  • Head of European SMID Cap Research
  • Kepler Cheuvreux

«Small & Mid Caps weisen mehrere strukturell attraktive Merkmale auf»

Nachdem sie in den letzten zwei Jahren schlecht behandelt wurden, scheinen die europäischen Small und Mid Caps endlich wieder Farbe zu bekennen. Dank ihrer sehr günstigen Bewertungen dürften diese Werte wieder von ihren Stärken profitieren.

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Was halten Sie von den derzeitigen Bewertungen europäischer Small & Mid Caps?

Die Bewertungen sind sehr niedrig, so dass sich mittlerweile hervorragende Einstiegsniveaus bieten. Zwischen Dezember 2021 und Ende Juni 2023 haben sie gegenüber Large Caps 22% eingebüsst. Durch die Folgen des Krieges in der Ukraine sind sie logischerweise unter Druck geraten. Small & Mid Caps sind naturgemäss stärker auf den Binnenmarkt ausgerichtet als Large Caps. Sie erzielen rund 60% ihres Umsatzes in Europa, Large Caps dagegen nur 40%. Die Anleger reagierten daher besonders nervös auf die zunehmenden geopolitischen Risiken in der Eurozone. Die Kurseinbrüche von Small & Mid Caps in den letzten beiden Jahren sind mit denjenigen in der Finanzkrise vergleichbar. Damals hatten sie von Ende 2007 bis Ende 2008 einen Rückstand von 24% auf Large Caps eingefahren.

Hat die jüngste Korrektur bestimmte Sektoren verschont?

Unter dem Strich nein, doch einige Kapitalisierungen waren stärker betroffen. Small Caps, deren Marktkapitalisierung unter einer Milliarde Euro liegt, wurden durch den „flight to liquidity“ nach dem Crash der Silicon Bank Valley Bank Anfang des Jahres in Mitleidenschaft gezogen. Die Anleger mieden eine Zeit lang Werte mit geringen täglichen Handelsvolumina. Die Marke von einer Million Euro ist für All-Cap-Investoren meist die Untergrenze.

Wird die zweite Jahreshälfte 2023 für europäische Small & Mid Caps positiver ausfallen?

Das denke ich, denn im Juli hat eine Aufwärtsdynamik eingesetzt. Bereits zum Jahresanfang zeichnete sich eine beginnende Erholung ab, die jedoch durch die Liquiditätskrise nach dem Zusammenbruch der SVB schnell wieder gebremst wurde. Im Januar hatten Small & Mid Caps einen Vorsprung von 7% auf Large Caps erzielt. Der Wendepunkt ist offenbar überschritten und die Erholung dürfte anhalten, auch wenn die Bewertungen immer noch sehr niedrig sind. Dies spiegelt sich auch im Price-to-Book-Verhältnis wider, da Small & Mid Caps mit einem Abschlag von 20% gehandelt werden.

Während Mid Small Caps zu einer Erholung angesetzt haben, werden Small Caps von den Anlegern noch immer geschmäht und weisen nach wie vor eine hohe Unterbewertung auf. In der ersten Jahreshälfte kam es in dieser Kategorie zu vielen Mittelabflüssen, doch mittlerweile kann ein Ausgleich festgestellt werden.

Für eine Erholung der Small & Mid Caps in Europa spricht ferner die Bereitschaft der All-Cap-Manager zur Rückkehr in Investments, die zwar vom Umfang her begrenzter sind, aber den Vorteil der Alpha-Generierung in Phasen der Markterholung bieten. Mit Blick auf das internationale Umfeld ist ferner festzuhalten, dass europäische Small & Mid Caps im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants mit einem deutlichen Abschlag gehandelt werden – er beträgt fast 40%, das heisst mehr als das Doppelte des üblichen Abschlags.

Welche Trends könnten Small & Mid Caps derzeit Auftrieb verleihen?

Bevor wir uns die Trends ansehen, sei daran erinnert, dass Small & Mid Caps strukturell gesehen mehrere attraktive Merkmale aufweisen: Fokus auf den Binnenmarkt, Preissetzungsmacht und Wachstumsdynamik. Hinzu kommt die geringe Abdeckung durch Analysten, so dass Marktineffizienzen zur Generierung von Alpha genutzt werden können.

Bei den Trends ist erkennbar, dass Small & Mid Caps vom Vormarsch bestimmter Anlagethemen in den Investmentstrategien beflügelt werden. Für Manager, die ein bestimmtes Anlagethema wie etwa Wasserstoff, CO2-Abscheidung oder Digitalisierung besetzen möchten, bieten Small & Mid Caps interessante Ansatzpunkte, da sie zahlreiche „Pure Player“ umfassen.

Letztendlich ist auch ihre ESG-Dimension ein Faktor, der berücksichtigt werden muss. Viele dieser sogenannten ‚ESG-Improvers‘ finden sich im Small & Mid Cap-Universum. Anders als bei Large Caps handelt es sich hier um Unternehmen, die eine positive Wirkung erzielen, denen jedoch die Ressourcen für eine optimierte ESG-Kommunikation fehlen. Aufgrund des zunehmenden regulatorischen Drucks muss diese Kommunikation in den nächsten Jahren effizienter werden. Die Folge wird eine Anhebung bestimmter Empfehlungen sein, was wiederum mehr ESG-Investoren in dieses Segment lockt.

Kathleen Gailliot

Kepler Cheuvreux

Kathleen Gailliot leitet bei Kepler Cheuvreux das Research für europäische Small- und Mid-Caps. Das SMID-Universum umfasst rund 700 Aktien mit einer Marktkapitalisierung von unter 5 Milliarden Euro. Darüber hinaus zeichnet sie für die europäische „SMID Selected List“ und andere thematische Berichte verantwortlich. Vor ihrem Wechsel zu Kepler Cheuvreux im Jahr 2018 war sie acht Jahre lang bei Natixis tätig. Sie begann als Analystin für den Automobilsektor und deckte anschliessend französische SMID-Unternehmen hauptsächlich aus den Bereichen ‚Investitionsgüter‘ und ‚Unternehmensdienstleistungen‘ ab. Kathleen Gailliot ist Absolventin der Grenoble Ecole de Management und der Aston Business School.