Schweizer Aktien

Investment Lösungen

  • Interview mit Daniel Steck
  • Senior portfolio manager
  • Bank Piguet Galland

„ON hält den Branchenstars Nike und Adidas standhaft die Stange“.

In der Schweiz eröffnet die jüngste Zinssenkung der SNB bessere Aussichten für das Segment der Small & Mid Caps, insbesondere für die exportorientiertesten Werte. Diese sind übrigens zahlreich, wie Daniel Steck erinnert, der ON Holding als Beispiel nennt.

Francesco Mandala

Wie beurteilen Sie die aktuelle Bewertungen der Aktien von Schweizer Small & Mid Caps?

Sie sind heute besonders attraktiv, insbesondere im Vergleich zu den grösseren Unternehmen. Historisch gesehen wurden Small Caps in der Schweiz mit einem Bewertungsaufschlag gegenüber Large Caps gehandelt. Dieser Aufschlag, der im Durchschnitt 30 % betrug, liegt derzeit bei nur 16 %, obwohl die Wachstumsaussichten für diese Unternehmen im Allgemeinen besser sind als die ihrer grossen Geschwister. Der Anstieg der Zinssätze, der die Finanzierungsbedingungen für diese Unternehmen erheblich verschärft hat, und die anhaltende Stärke des Schweizer Franken in den letzten Quartalen haben ihre Bewertungen ziemlich belastet. Es zeichnet sich jedoch eine Trendwende ab, insbesondere nach der Lockerung der Geldpolitik der SNB.

Was können sie von den jüngsten Massnahmen der SNB zur Abschwächung des Frankens erwarten?

Small und Mid Caps sind die ersten, die von der jüngsten Entscheidung der SNB, die Leitzinsen zu senken, profitieren. Denn die Stärke des Schweizer Franken ist für diese Unternehmen besonders nachteilig. Im Gegensatz zu grossen multinationalen Konzernen, die physisch auf mehreren Kontinenten präsent sind, generieren kleine Unternehmen einen Grossteil ihrer Kosten in der Schweiz, während sie den Grossteil ihrer Waren und Dienstleistungen international exportieren. Dies hat erhebliche negative Auswirkungen auf ihre Gewinnspannen, zu denen noch ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu ausländischen Unternehmen hinzukommt. Die derzeitige Schwäche des Frankens gegenüber dem Euro und dem Dollar ist daher eine ausgezeichnete Nachricht für dieses Marktsegment.

Welche Werte in diesem Small & Mid-Segment fallen im Export am meisten auf?

Tatsächlich stechen viele Schweizer Unternehmen trotz ihrer geringen Grösse auf internationaler Ebene hervor. Sie verfügen über ein weltweit anerkanntes Markenimage. Beispiele hierfür sind Lindt oder Logitech, die nur einen sehr kleinen Teil ihrer Einnahmen in der Schweiz erwirtschaften. Auch im Gesundheitssektor gibt es viele international ausgerichtete Unternehmen wie Straumann, Bachem, Ypsomed oder Tecan.

Welche Unternehmen unter diesen Small & Mid Caps faszinieren Sie am meisten?

ON Holding, ein echter David, der gegen mehrere Goliaths kämpft. Es handelt sich um eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte im Sportschuhsektor. Mit einer Kapitalisierung von knapp 12 Milliarden US-Dollar hält das Unternehmen, das 2021 an die Börse gehen soll, den Stars der Branche, Nike oder Adidas, standhaft die Stange. Aus fundamentaler Sicht steht die ON Holding den Marktführern in nichts nach, da das Unternehmen bereits eine deutlich höhere Profitabilität als seine Konkurrenten aufweist, was auf eine entschiedene Positionierung im oberen Preissegment zurückzuführen ist. ON hat es geschafft, sich in einem schwachen Sportschuhmarkt zu differenzieren und das Image einer bekannten Persönlichkeit, nämlich Roger Federer, zu nutzen. Als klares Zeichen ihrer Ambitionen wählte die ON Holding New York für ihren Börsengang vor drei Jahren.

Welche Small & Mid Caps haben die grössten Chancen, in den SMI aufgenommen zu werden?

Die Chancen stehen gut, dass das nächste Unternehmen, das in den SMI-Index aufgenommen wird, wieder einmal aus dem Gesundheitssektor kommt. Der Kandidat mit den grössten Chancen ist Straumann, der die grösste Kapitalisierung im SPI Extra Index, der die Werte des SPI mit Ausnahme der SMI-Werte enthält, aufweist. Allerdings könnte ihm ein Neuling den Rang ablaufen. Sandoz, der weltweit führende Hersteller von Generika, der seinen Börsengang vor weniger als einem Jahr vollzog, scheint sehr gut positioniert zu sein, den Platz unter den zwanzig Stars der Schweizer Börse zu ergattern.

Daniel Steck

Piguet Galland

Daniel Steck verfügt über fast 25 Jahre Erfahrung im Finanzbereich. Nach einer ersten Erfahrung in der Finanzanalyse bei Lombard Odier, insbesondere im Gesundheitssektor, setzte er seine Karriere bei Reyl & Cie als Analyst und Portfoliomanager fort. Il a rejoint Piguet Galland en 2018 comme gestionnaire senior pour prendre en charge de la gestion des différents fonds actions et certificats thématiques sur la Suisse et l’Amérique du Nord.

Trampeln

Investment Lösungen

  • Interview mit Pierre Mouton
  • Head Long Only Strategies
  • NS Partners

„Europa hat die Dynamik, die sich rund um das Smartphone entwickelt hat, verpasst“.

Seit 2007 ist der Eurostoxx50 um knapp 10% gestiegen. Der S&P500 hingegen hat sich mehr als verdreifacht. Europäische Aktien hinken aus mehreren Gründen hinterher, die Pierre Mouton hier näher beleuchtet. Der erste Grund ist seiner Meinung nach das Fehlen der grossen Tech-Unterrnehmen.

 

Francesco Mandala

Seit der Einführung des Euro im Jahr 2002 haben sich europäische Werte systematisch schlechter entwickelt als die grossen globalen Indizes, einschliesslich des SMI. Welche Gründe rechtfertigen dieses Zurückfallen?

In Wirklichkeit haben sich europäische Aktien bis zum Ausbruch der Subprime-Krise recht gut entwickelt. Die Performance der Finanzwerte war besonders gut. In dieser Zeit erreichten die europäischen Banken ihre Allzeithochs. Im April 2007 war die UBS-Aktie für über 70 Franken zu haben!

Seit 2008 hingegen zeichnet sich die Leistungslücke deutlich ab. Im Vergleich zu den nordamerikanischen Märkten, die in Bezug auf Bevölkerung, Entwicklung oder institutionelle Investitionen am besten vergleichbar sind.

Wie erklären Sie sich das dann?

Ein Nachteil für Europe ist, dass grosse Marktführer im Technologiesektor, abgesehen von ASML mit einer Marktkapitalisierung von 350 Milliarden Euro, fehlen. Weiter ist die sektoralen Verteilung der Märkte ein Grund. Es dominieren die Finanzbranche, der Energiesektor und die Versorger dominiert. Ohne in einen primären Ultraliberalismus verfallen zu wollen, sind dies dennoch Sektoren, die in gewissem Masse dem Wohlwollen der Staaten und ihrer Regierungen unterliegen.

In welchem Sinne?

Die Banken sind für mich ein perfektes Beispiel dafür. In den USA haben sie seit der Finanzkrise eine beispielhafte Erholung vollzogen. In Europa hingegen dümpeln die Aktien der Banken vor sich hin. Sie sind noch weit von ihrem Stand von 2007 entfernt, da die Unternehmen in erster Linie politischen Erwägungen folgen. Die Aufsichtsbehörde hat das europäische Bankensystem fest im Griff. Die eingeführten Aufsichtsregeln sind natürlich sinnvoll, aber sie sind für Anleihegläubiger viel günstiger als für Aktienkäufer. Auch der latente Protektionismus in Europa ist ein Thema hier. Jedes Land achtet eifersüchtig danach, seine nationalen Banken zu erhalten, anstatt einen gesunden Wettbewerb mit der Schaffung grosser Gruppen auf kontinentaler Ebene entstehen zu lassen.

Welche Faktoren haben Europa daran gehindert, selbst seine Tech-Leader zu produzieren?

Leider war kein Unternehmen in Europa in der Lage, sich in das aussergewöhnliche Ökosystem einzufügen, das sich nach dem Erscheinen des Apple iPhone im Jahr 2007 rund um das Smartphone gebildet hat. Dieses Ökosystem umfasst heute Halbleiterhersteller, Betreiber von Rechenzentren, Softwarehersteller und Dienstleistungsplattformen. In den letzten Jahren hat sich die Digitalisierung, durch den Durchbruch in der künstlichen Intelligenz noch verstärkt. In diesem Universum hat es Europa bisher nirgends geschafft, sich zu positionieren.

Ich glaube auch, dass die USA ein anderes Verhältnis zum Kapital, zu seiner Dynamik und zu dessen Einsatz haben. Nach dem Vorbild der Ölgesellschaften von dazumal, zögern die amerikanischen Unternehmen nicht, alles aus ihrer Bilanz zu streichen, was Kapital verbraucht und was nicht zu den strategischen Kernaktivitäten beiträgt. In Europa gibt es immer noch viele Unternehmen, die alles in ihrer Bilanz behalten wollen, ohne sich allzu sehr um die Opportunitätskosten zu kümmern.

Unter welchen strukturellen Ungleichgewichten leidet Europa?

Die Handelsströme in Europa sind noch weit davon entfernt, optimal zu fliessen. Die Mitgliedstaaten der EU können in bestimmten Sektoren recht protektionistisch sein. Insbesondere wenn es darum geht, nationale Champions, die nicht unbedingt für den internationalen Wettbewerb gerüstet sind, zu schützen.

Auch die Energieversorgung macht Europa sehr verwundbar. Im Gegensatz zu den USA, die seit nunmehr 20 Jahren von der Förderung von Schieferöl profitieren, importiert Europa viel und zahlt dafür die Rechnung. Seit 2010 hat die USA die Ölproduktion mehr als verdoppelt und ist sind heute der grösste Produzent der Welt. Die Energiekosten haben sich für die US-amerikanischen Unternehmen nur marginal verändert.

Welche Aussichten sehen Sie für europäische Aktien insgesamt in den nächsten Jahren?

Interessant ist, dass der grösste Beitrag der Sektoren zur Wertentwicklung der europäischen Märkte von Finanzwerten geleistet wird. Das ist oft ein gutes Zeichen, zumal die europäischen Banken recht hoch kapitalisiert sind. Dafür hat die Regulierungsbehörde gesorgt! Das ideale Szenario wäre, wenn die europäischen Banken freie Bahn für Fusionen hätten, wie Sergio Ermotti es sich gewünscht und Emmanuel Macron es in Aussicht gestellt hat. Europa muss nun in diesem Sektor europäische Champions aufbauen.

Pierre Mouton

NS Partners

Pierre Mouton ist seit 2003 bei NS Partners. Er leitet die Long-Only-Strategien der Gruppe und ist ausserdem Mitglied des Anlagekommittees. Er begann seine Finanzkarriere 1993 bei AG2R La Mondiale, wo er Geldmarkt-, Anleihen- und Aktienportfolios verwaltete, bevor er 2000 zu Fiduciary Trust in Genf wechselte und später als Portfoliomanager zu NS Partners stiess. Im Jahr 2004 war er Mitbegründer von Messidor Finance, bevor er 2010 zu NS Partners zurückkehrte. Pierre Mouton hat einen Bachelor- und einen Masterabschluss in Finanzen, Versicherungsmathematik und Portfoliomanagement von der SKEMA Business School in Lille, Frankreich.

 

Less is more

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  • Peter Kraus
  • Leiter Small Cap Equities
  • Berenberg Wealth and Asset Management

Die Aussichten für europäische Small Caps verbessern sich

In der Schweiz sowie im europäischen Umfeld gibt es zahlreiche vielversprechende Nebenwerte, die sich nicht vor den Grossen verstecken müssen. Viele dieser Unternehmen sind in ihrem Bereich gar Weltmarktführer. Für einen Einstieg scheint aktuell ein günstiger Zeitpunkt zu sein, schreibt Peter Kraus.

 

Francesco Mandala

Nebenwerte haben im Vergleich zu Standardwerten in den letzten zwei Jahren den stärksten Kurseinbruch seit Jahrzehnten erlebt. Vor allem europäische klein- und mittelkapitalisierte Wachstumswerte wurden durch sehr schnell steigende Zinsen und das rezessive Umfeld hart abgestraft. Es war ein extremes Szenario. Nach dem Corona-Lockdown, dessen Auswirkungen durch unterbrochene Lieferketten noch ausgestrahlt haben, dem Inflations- und Zinsschock und dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sehen wir die niedrigsten Bewertungen seit zehn Jahren. Im Vergleich zu Large Caps sind Small Caps sogar günstiger bewertet als zum Höhepunkt der Finanzkrise in 2008. Ebenso spricht für Small Caps, dass sie im ersten Jahr des Aufschwungs nach ihrem Tiefstand rund 50 Prozent der relativen Performance erzielen.

Aktuell deuten Frühindikatoren darauf hin, dass sich die Konjunktur auf niedrigem Niveau stabilisiert oder verbessert, nachdem auch das produzierende Gewerbe den Tiefpunkt erreicht haben könnte. Positive Signale aus den USA lassen sogar Hoffnungen auf ein Goldilocks-Szenario aufkeimen. Auch in Europa verbessern sich zuletzt die Konjunkturindikatoren von tiefen Niveaus. Die Inflationsraten sinken, und die Notenbanken sind im Wesentlichen mit dem Zinserhöhungszyklus durch. Es spricht vieles dafür, dass wir die dunkelsten Stunden gesehen haben, bevor die Sonne wieder aufgeht.

Die Stunde der Nebenwerte

Der konjunkturelle Sonnenaufgang, die Erholung in einem frühen Stadium, ist die Stunde der Nebenwerte. Es spricht vieles dafür, dass der langfristige Outperformance-Trend, den wir bei Nebenwerten seit Jahrzehnten gesehen haben, ungebrochen ist. Allerdings gibt es einen Unterschied beim Aufholpotenzial: Angesichts der gestiegenen Zinsen ist die Nettoverschuldung heute ein wichtiges Kriterium.

Hoch verschuldete Unternehmen, die refinanzieren müssen, haben ein Problem. Qualitätsunternehmen mit hohen Kapitalrenditen und starken Bilanzen jedoch profitieren von strukturellen Wachstumstrends. Solchen Unternehmen dürfte es leichter fallen, die Erträge und den Cashflow pro Aktie stärker zu steigern als der Markt, wenn sich die Anzeichen der Erholung verdichten.

Eine weitere strukturelle Besonderheit der Nebenwerte in Europa besteht darin, dass sie von Analysten oft kaum wahrgenommen werden. Im Vergleich zu den USA gibt es in Europa nur eine Handvoll Large und Mega Caps wie Louis Vuitton oder ASML, die mit zweistelligen Wachstumszahlen beeindrucken und die Aufmerksamkeit von Analysten und Investoren auf sich ziehen. Die Stars aus der zweiten und dritten Reihe erscheinen indes kaum auf dem Radar.

Viele dieser Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung bis zu fünf Milliarden Euro haben sich in ihren Nischen als globale Marktführer etabliert. Mit ihrer Innovationskraft profitieren sie von der Digitalisierung, von Veränderungen im Gesundheitswesen oder nachhaltigen Technologien, was nicht selten mit mittelfristigen Wachstumsraten von 15 Prozent oder mehr einhergeht.

Fokus auf Halbleiterbranche

Aktuell sind europäische Hidden Champions unter anderem in der Halbleiterindustrie zu finden. Unternehmen wie das Schweizer Unternehmen Inficon oder die italienische Technoprobe erfüllen das Anforderungsprofil mit Blick auf eine internationale Vorreiterrolle und starke Margen, die es ihnen ermöglichen, inflationsgetriebene Preissteigerungen abzufedern und signifikant in Forschung und Entwicklung zu investieren.

Doch auch in anderen Branchen gibt es solche Hidden Champions, beispielsweise bei Skan, dem Schweizer Hersteller von Isolatoren für die sterile Abfüllung injizierbarer Medikamente. Die unterliegenden Treiber sind robust: 75 Prozent aller neuen Medikamente werden in Zukunft hochpreisige Biologika/Injektionspräparate sein, die Isolatoren für die aseptische Abfüllung benötigen. Das Unternehmen zeigt ein starkes Wachstum in Verbindung mit steigenden Margen, hohen Renditen sowie eine Netto-Cash-Position. An solchen Modellen mangelt es im Small-Cap-Segment keineswegs.

Peter Kraus

Berenberg Wealth and Asset Management

Peter Kraus ist seit Oktober 2017 Head of Small Cap Equities bei Berenberg. Er war ab dem Jahr 2000 zunächst für 3 Jahre als Aktienanalyst für eine Corporate Finance Beratung in München tätig, bevor er in 2003 zu Deka Investment nach Frankfurt wechselte. 2006 wechselte er zu Allianz Global Investors als Fondsmanager für europäische Micro und Small/Mid Caps. Peter Kraus studierte an der Universität Mannheim Betriebswirtschaftslehre und ist CFA Charterholder.

 

Fixed Income

Investment Lösungen

  • Xavier Sanjurjo
  • Senior portfolio manager, Fixed Income
  • Reyl Intesa Sanpaolo

Der Schlüssel zum besseren Verständnis des aktuellen Kreditzyklus

Die zum Teil widersprüchlichen Aussagen der Zentralbanken zu Inflation und Zinsentwicklung führen dazu, dass die Anleihenmärkte schwierig voraussehbar geworden sind. Xavier Sanjurjo erläutert die Hintergründe, und zeigt auf, wie der aktuelle Kreditzyklus zu verstehen ist. 

 

Francesco Mandala

Vor zwei Jahren leiteten die Zentralbanken die aggressivste geldpolitische Straffung seit Jahrzehnten ein, um die ausserordentlich expansiven Finanzierungsbedingungen während der Pandemie einzudämmen; diese Massnahmen trugen dazu bei, eine grössere Wirtschaftskrise abzuwenden, indem sie die Welle von Zahlungsausfällen eindämmten, die damals auf den Kreditmärkten einsetzte. Dank der kräftigen wirtschaftlichen Erholung haben die Fundamentaldaten von Unternehmen wieder das Niveau von vor COVID erreicht. Dies und die erneute Attraktivität der angebotenen Renditen haben die Anleger wieder auf den Markt für Unternehmensanleihen gelockt, der im Jahr 2023 Renditen von 8,40Prozent für US-Investment Grade (IG) und 13,50 Prozent für High Yield (HY) erzielt hatte.

Angesichts eines scheinbar weit fortgeschrittenen Konjunkturzyklus, eines Wiederauflebens der Zinsvolatilität aufgrund von Unsicherheiten über den Zeitpunkt einer Lockerung durch die Fed, wachsender geopolitischer Risiken und knapper Kreditbewertungen stellt sich jedoch die Frage, wie sich Investoren an den Anleihemärkten positionieren sollten.

Der Kreditzyklus – ein Fahrplan für eine wirksame Positionierung

Als Kreditzyklen bezeichnet man das wiederkehrende Muster von Expansion und Kontraktion der Kreditverfügbarkeit und der Preisgestaltung in einer Volkswirtschaft. Sie sind durch Verschiebungen bei den Kreditvergabestandards, der Kreditnachfrage und den allgemeinen Marktbedingungen gekennzeichnet. Sie werden insbesondere von der Wirtschaftslage, der Geldpolitik und der Marktstimmung beeinflusst und haben einen grossen Einfluss auf die Kreditkosten, Investitionsentscheidungen und die Wirtschaftstätigkeit insgesamt. Kreditzyklen bestehen in der Regel aus vier Phasen: Abschwung, Kreditsanierung, Erholung und Expansion/Spätphase.

Wo stehen wir im aktuellen Zyklus?

Eine Reihe von Indikatoren deutet darauf hin, dass sich der US-Kreditzyklus derzeit in seiner Expansions-/Spätzyklusphase befindet, beginnend mit einem starken, wenn auch rückläufigen Wirtschaftswachstum (1,6 Prozent im 1. Quartal 24 gegenüber 3,4 Prozent im 4. Quartal 23) und einer Inflation von 3,5 Prozent Ende März, was die Fed zwingen dürfte, ihre restriktive Politik noch länger beizubehalten.

Diese Entwicklungen dürften die Finanzbedingungen, die sich seit dem letzten Jahr vor dem Hintergrund eines robusten Wirtschaftswachstums erheblich gelockert haben, weiter einschränken, so dass sich die Unternehmen auf den Kapitalmärkten refinanzieren können, wenn auch zu höheren Kosten. Die Rendite auf den US-amerikanischen IG-Unternehmensanleihemärkten liegt laut ICE BofA-Indizes derzeit bei 5,74 Prozent (nahe einem 15-Jahres-Hoch) und bei 8,29 Prozent für US-HY.

Höhere Renditen, reichlich Liquidität und eine anhaltende Risikobereitschaft – wie die Outperformance der risikoreicheren Kreditsegmente in den letzten zwei Jahren zeigt – haben zu einem erneuten Interesse an Unternehmensanleihen beigetragen, was zu einer deutlichen Verengung der Credit Spreads geführt hat, die nun mit historischen Tiefstständen flirten.

Dieser Zugang zu den Kapitalmärkten hat es den Emittenten ermöglicht, ihr Fälligkeitsprofil zu verbessern, wodurch ihr Refinanzierungsrisiko in den kommenden Jahren a priori beseitigt wurde. Auch ihre Fundamentaldaten haben sich nach der Pandemie deutlich verbessert, da sie von einer starken wirtschaftlichen Erholung profitierten und die Verschuldungs- und Solvabilitätskoeffizienten wieder das Niveau von vor COVID erreicht haben. In letzter Zeit ist jedoch eine leichte Verschlechterung zu beobachten, die auf höhere Kreditkosten und ein langsameres Ertragswachstum zurückzuführen ist.

Auswirkungen auf festverzinsliche Portfolios

Auch wenn es der Fed gelungen zu sein scheint, eine weiche Landung im aktuellen geldpolitischen Straffungszyklus zu erreichen, gibt es Risiken für eine turbulente Landung, von denen das wichtigste eine anhaltende Inflation ist. Sicher ist, dass der Handlungsspielraum der Fed immer kleiner wird und dass sie die Märkte auf höhere und längere Zinsen vorzubereiten scheint, was zweifellos weiterhin für Volatilität an den Zins- und Kreditmärkten sorgen wird.

Wenn man sich an der Geschichte orientiert, sprechen diese Überlegungen zusammen mit den relativ knappen Bewertungsniveaus für eine vorsichtige Positionierung auf den Märkten für Unternehmensanleihen, was eine Verringerung des Kreditrisikos im Portfolio und die Bevorzugung von IG-Unternehmensanleihen hoher Qualität sowie von US-Treasuries impliziert.

Xavier Sanjurjo

Reyl Intesa Sanpaolo

Xavier Sanjurjo ist für die Auswahl von Anleihen und die Verwaltung spezifischer Mandate im Asset Management der Bank Reyl zuständig. Zuvor war er für verschiedene Privatbanken und Family Offices als Anlageberater und Portfoliomanager tätig. Sanjurjo hat an der Universität Genf Biochemie studiert und verfügt über die Zertifizierungen CFA und FRM, ergänzt durch ein CFA Certificate in ESG Investing und ein CFA Certificate in Climate & Investing.

 

Homemade

Investment Lösungen

  • Céline Kohler
  • EU-RechtsAnwältin, Mitglied der Genfer Anwaltskammer
  • Kohler Gotzev

KI-Revolution: Neudefinition von ESG-Praktiken mit Schweizer Präzision

Während die Welt auf eine Datenflut zusteuert, die bis 2025 voraussichtlich 175 Zettabyte erreichen wird, verändert die Verschmelzung von künstlicher Intelligenz und ESG-Kriterien die Unternehmenspraktiken in allen Branchen.

 

Francesco Mandala

Im Mittelpunkt dieses Wandels steht die Fähigkeit der KI, komplexe Datenlandschaften zu navigieren und verwertbare Erkenntnisse zu gewinnen, was die Art und Weise, wie wir Nachhaltigkeit angehen, grundlegend verändert.

Die Rolle der KI bei der ESG-Integration entschlüsseln

Von alltäglichen Chatbots bis hin zu ausgefeilten Algorithmen des maschinellen Lernens umfasst KI ein ganzes Spektrum von Technologien, die sich anschicken, Branchen zu revolutionieren. Über ihre konventionellen Anwendungen hinaus treibt KI Innovationen in Sektoren wie der intelligenten Landwirtschaft voran, indem sie die Zuteilung von Ressourcen wie Wasser oder Dünger optimiert, Kohlenstoffemissionen reduziert, nachhaltige Praktiken in allen Branchen fördert und die Praxis der Präzisionslandwirtschaft erleichtert.

Nutzung des Potenzials der KI zur Verbesserung der ESG

Das Potenzial der KI, die weltweiten Treibhausgasemissionen bis 2030 um 1,5 bis 4 % zu reduzieren, ist erstaunlich und spiegelt ihre zentrale Rolle im Umweltschutz wider. Ihre Auswirkungen gehen jedoch über die Emissionsreduzierung hinaus und erstrecken sich auch auf soziale und Governance-Aspekte. Durch die Automatisierung von Datenprozessen, die Verbesserung der Entscheidungsfindung und die Erleichterung der Einbindung von Stakeholdern ermöglicht KI den Unternehmen die Integration von Nachhaltigkeit in ihr betriebliches Ethos und gewährleistet Rückverfolgbarkeit und Transparenz für die Endverbraucher.

Die Schweiz ist führend bei KI-gesteuerten ESG-Lösungen

Die Schweiz, die für ihre Präzision und Innovation bekannt ist, steht an der Spitze der KI-gesteuerten ESG-Lösungen und antizipiert einen digitalen Wandel, der sowohl verantwortungsvoll als auch nachhaltig ist. Die Schweizer Initiativen sind ein Beispiel für die Konvergenz von Spitzentechnologie und Umweltbewusstsein. und antizipieren einen digitalen Wandel, der sowohl verantwortungsvoll als auch nachhaltig ist. AI Swiss bringt es auf den Punkt: „Die Zukunft gehört denjenigen, die AI verstehen“.

AI Swiss, eine Non-Profit-Organisation, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das öffentliche Bewusstsein für die zentrale Rolle der KI und ihre transformativen Fähigkeiten zu schärfen. Als entschlossene Verfechterin des Potenzials der Schweiz als Spitzenreiterin in der KI-Landschaft will AI Swiss das Land an die Spitze der KI-Innovation bringen. Die Mission von AI Swiss umfasst den Einsatz von KI als Katalysator für wirtschaftlichen Wohlstand, die Steigerung der Produktivität, die Förderung des gesellschaftlichen Wohlergehens, die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit und die Wahrung ethischer Grundsätze.

Bewältigung der regulatorischen Herausforderungen bei der Einführung von KI

Die zunehmende Verbreitung von KI bringt jedoch erhebliche Herausforderungen mit sich, darunter Bedenken in Bezug auf Voreingenommenheit, Transparenz, geistiges Eigentum und Rechenschaftspflicht. Die jüngste Verabschiedung des KI-Gesetzes der EU ist ein wichtiger Meilenstein bei der Definition und Regulierung von KI-Systemen und unterstreicht die Bedeutung von ethischem Design, Transparenz und menschlicher Aufsicht, um einen verantwortungsvollen Einsatz zu gewährleisten.

Die entscheidende Rolle von Qualitätsdaten in der KI-gestützten ESG-Berichterstattung

Da Unternehmen zunehmend KI für die ESG-Berichterstattung nutzen, wird die Gewährleistung der Richtigkeit und Konformität der Daten von grösster Bedeutung sein. Sollten KI-gesteuerte Berichterstattungssysteme der gleichen Prüfung unterzogen werden wie Kreditbewertungsmechanismen? Der Bedarf an qualitativ hochwertigen Daten, insbesondere bei der Bewertung von Emissionen und Umweltauswirkungen, unterstreicht die Bedeutung von robusten rechtlichen Rahmenbedingungen und Konformitätsbewertungen.

Risiken beherrschen und Chancen ergreifen

Trotz der inhärenten Risiken sind weltweit konzertierte Anstrengungen im Gange, um das transformative Potenzial der KI verantwortungsvoll nutzbar zu machen. Die Anpassung an standardisierte Rahmenwerke wie ISO 23894 zu KI und Risikomanagement und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit können Risiken mindern und gleichzeitig die Vorteile der KI-getriebenen ESG-Integration maximieren.

In dieser Ära des Fortschritts erfordert die Verschmelzung von KI und ESG eine ausgewogene Strategie, die Innovation und Regulierung miteinander verbindet. Die Digitalisierung stellt den ersten Schritt dar, der mit dem darauf folgenden Schritt der KI-Integration verflochten ist. Indem wir digitale Prozesse, ethische KI und regulatorische Rahmenbedingungen einbeziehen, ebnen wir den Weg für eine nachhaltige Zukunft, die auf Transparenz und verantwortungsvoller Innovation beruht.

Weitere Informationen über AI Swiss:

www.a-i.swiss

Céline Kohler

Kohler Gotzev

Céline Kohler ist die Gründerin der Anwaltskanzlei Kohler Gotzev, die in Luxemburg und Genf vertreten ist. Sie berät Investmentfonds, Verwaltungsgesellschaften und MIFID2/FIDLEG-Fachleute in rechtlichen, regulatorischen und Compliance-Fragen, die grenzüberschreitende Aspekte beinhalten. Ausserdem ist sie in der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Zusammenhang mit nachhaltigen Finanzen in Genf und Luxemburg tätig. Céline Kohler hat einen Master in internationalem Recht der Universität Paris 1 – Panthéon Sorbonne und einen LL.M. im Recht der Europäischen Union der Universität Lausanne. Sie ist bei der Anwaltskammer von Luxemburg und der Anwaltskammer von Genf zugelassen.

 

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Investment Lösungen

  • Corrado Varisco
  • Leiter Research
  • bridport & cie

Refinanzierungsschwierigkeiten für amerikanische CRE Loans in Sicht

In den USA beschäftigte sich ein kürzlich erschienener Bericht des National Bureau of Economic Research mit der heiklen Situation bei gewerblichen Immobilienkrediten – den CRE Loans – und ihre möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des US-Bankensystems. Corrado Varisco liefert hier eine Analyse des Berichts.

Francesco Mandala

In den USA beschäftigte sich ein kürzlich erschienener Bericht des National Bureau of Economic Research mit der heiklen Situation bei gewerblichen Immobilienkrediten – den CRE Loans – und ihre möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des US-Bankensystems. Corrado Varisco liefert hier eine Analyse des Berichts.

Der Markt für gewerblichen Immobilienkredite in den USA sorgt für Schlagzeilen. Viele Projekte weisen bereits negatives Eigenkapital – mit einem Loan to Value von über 100% – und/oder einen negativen Cashflow auf.

In den USA macht diese Art von Schulden mehr als 6’000 Milliarden Dollar aus, von denen die Banken fast die Hälfte halten. Nun muss in den nächsten zwei bis drei Jahren die Mehrheit dieser Schulden refinanziert werden. Allein für 2024, so Goldman Sachs, geht es um 929 Milliarden US-Dollar. Wenn sich nun die Zinsen für diese Kredite verdoppeln oder sogar verdreifachen werden, könnte die Situation für iele potenziell explosiv werden.

In unmittelbarer Zukunft verstärkt sich dadurch der Druck auf die Bilanzen amerikanischer Banken. Diese sind bereits im Nachgang der starken Straffung der Geldpolitik im Jahr 2022 geschwächt worden.

Die Korrektur des Marktwerts ihrers Vermögens wird auf mehr als 2´0000 Milliarden Dollar geschätzt. Die Bankenkrise vom März 2023 scheint für viele Anleger bereits in weiter Ferne, doch bei näherer Betrachtung stehen die Bilanzen vieler Banken immer noch auf der Kippe. Die nicht realisierten Verluste ihrer Anlagepapiere beliefen sich im vierten Quartal 2023 auf 478 Milliarden Dollar.

Hinzu kommen die nun die kurzfristigen Schwierigkeiten, welche die CRE-Kredite mit sich bringen. Diese leiden zusätzlich unter den Auswirkungen steigender Zinssätze auf ihren Nominalwert, aber auch unter der Erhöhung ihrer Finanzierungskosten, sowie dem Risiko einer Rezession, sowie eine sinkende Nachfrage nach Büros durch die Einführung hybrider Arbeitsmethoden.

Nach dem jüngsten Rückgang der Immobilienwerte ergab die Studie des National Bureau of Economic Research, dass etwa 14 % aller Kredite und 44 % der Kredite für Büroflächen eine „negative Eigenkapitalposition“ aufweisen. Darüber hinaus könnten rund ein Drittel aller Kredite und die Mehrheit der Bürokredite auf erhebliche Liquiditätsprobleme und Refinanzierungsschwierigkeiten stossen, nicht nur aufgrund der hohen Beileihungsquote, sondern auch aufgrund der niedrigen Deckungsquoten.

Wenn also die Zinssätze hoch bleiben und sich die Immobilienwerte nicht erholen, könnten die Ausfallraten möglicherweise Niveaus erreichen, die mit der Grossen Rezession vergleichbar oder sogar höher sind – also in der Grössenordnung von 10 bis 20% liegen. Beispielsweise würde ein Zinssatz von 10 % für Gewerbeimmobilienkredite zu zusätzlichen Bankverlusten in der Höhe von etwa 80 Milliarden US-Dollar führen. Wenn die Zinssätze jedoch auf das Anfang 2022 geltende Niveau zurückkehren würden, würde keiner dieser Kredite scheitern.

Die Analyse des NBER zeigt aber auch, dass die Schwierigkeiten der CRE Dutzende, wenn nicht sogar einige hundert eher kleine Regionalbanken dazu bringen können, sich den grösseren Banken anzuschliessen. Diese sind wiederum dem Risiko einer Solvenzkrise ausgesetzt, was die Stabilität des gesamten US-Bankensystems gefährden würde.

Diese Faktoren werden somit zwangsläufig starke Auswirkungen auf die Geldpolitik, die Überwachung von Bankrisiken und die Finanzstabilität haben. Ein solides Bankensystem ist für eine effiziente Übertragung der Geldpolitik unerlässlich.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Fed stärker auf die potenziellen Risiken einer zweiten Inflationswelle konzentriert oder ob sie ihre Zinsen senken wird und so die Risiken für das US-Bankensystem mildern kann.

Corrado Varisco

bridport & cie

Corrado Varisco bekleidet seit letztem Jahr die Position des Head of Research bei bridport & cie. Varisco verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung an den Anleihemärkten mit Schwerpunkt auf hochverzinslichen Anleihen und Schwellenländeranleihen. Er begann seine berufliche Laufbahn 2021 bei der BSI Bank in Lugano als Analyst. Später wurde er Co-Leiter des dezentralisierten Portfoliomanagements für das Lateinamerika-Team von BSI. Im Jahr 2011 wechselte Varisco zur CBH Bank in Genf, wo er als Leiter des Angebots und der Analyse von Anleihen tätig war. Dort war er auch als Portfoliomanager tätig.