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  • Leiter Research
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Refinanzierungsschwierigkeiten für amerikanische CRE Loans in Sicht

In den USA beschäftigte sich ein kürzlich erschienener Bericht des National Bureau of Economic Research mit der heiklen Situation bei gewerblichen Immobilienkrediten – den CRE Loans – und ihre möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des US-Bankensystems. Corrado Varisco liefert hier eine Analyse des Berichts.

Francesco Mandala

In den USA beschäftigte sich ein kürzlich erschienener Bericht des National Bureau of Economic Research mit der heiklen Situation bei gewerblichen Immobilienkrediten – den CRE Loans – und ihre möglichen Auswirkungen auf die Stabilität des US-Bankensystems. Corrado Varisco liefert hier eine Analyse des Berichts.

Der Markt für gewerblichen Immobilienkredite in den USA sorgt für Schlagzeilen. Viele Projekte weisen bereits negatives Eigenkapital – mit einem Loan to Value von über 100% – und/oder einen negativen Cashflow auf.

In den USA macht diese Art von Schulden mehr als 6’000 Milliarden Dollar aus, von denen die Banken fast die Hälfte halten. Nun muss in den nächsten zwei bis drei Jahren die Mehrheit dieser Schulden refinanziert werden. Allein für 2024, so Goldman Sachs, geht es um 929 Milliarden US-Dollar. Wenn sich nun die Zinsen für diese Kredite verdoppeln oder sogar verdreifachen werden, könnte die Situation für iele potenziell explosiv werden.

In unmittelbarer Zukunft verstärkt sich dadurch der Druck auf die Bilanzen amerikanischer Banken. Diese sind bereits im Nachgang der starken Straffung der Geldpolitik im Jahr 2022 geschwächt worden.

Die Korrektur des Marktwerts ihrers Vermögens wird auf mehr als 2´0000 Milliarden Dollar geschätzt. Die Bankenkrise vom März 2023 scheint für viele Anleger bereits in weiter Ferne, doch bei näherer Betrachtung stehen die Bilanzen vieler Banken immer noch auf der Kippe. Die nicht realisierten Verluste ihrer Anlagepapiere beliefen sich im vierten Quartal 2023 auf 478 Milliarden Dollar.

Hinzu kommen die nun die kurzfristigen Schwierigkeiten, welche die CRE-Kredite mit sich bringen. Diese leiden zusätzlich unter den Auswirkungen steigender Zinssätze auf ihren Nominalwert, aber auch unter der Erhöhung ihrer Finanzierungskosten, sowie dem Risiko einer Rezession, sowie eine sinkende Nachfrage nach Büros durch die Einführung hybrider Arbeitsmethoden.

Nach dem jüngsten Rückgang der Immobilienwerte ergab die Studie des National Bureau of Economic Research, dass etwa 14 % aller Kredite und 44 % der Kredite für Büroflächen eine „negative Eigenkapitalposition“ aufweisen. Darüber hinaus könnten rund ein Drittel aller Kredite und die Mehrheit der Bürokredite auf erhebliche Liquiditätsprobleme und Refinanzierungsschwierigkeiten stossen, nicht nur aufgrund der hohen Beileihungsquote, sondern auch aufgrund der niedrigen Deckungsquoten.

Wenn also die Zinssätze hoch bleiben und sich die Immobilienwerte nicht erholen, könnten die Ausfallraten möglicherweise Niveaus erreichen, die mit der Grossen Rezession vergleichbar oder sogar höher sind – also in der Grössenordnung von 10 bis 20% liegen. Beispielsweise würde ein Zinssatz von 10 % für Gewerbeimmobilienkredite zu zusätzlichen Bankverlusten in der Höhe von etwa 80 Milliarden US-Dollar führen. Wenn die Zinssätze jedoch auf das Anfang 2022 geltende Niveau zurückkehren würden, würde keiner dieser Kredite scheitern.

Die Analyse des NBER zeigt aber auch, dass die Schwierigkeiten der CRE Dutzende, wenn nicht sogar einige hundert eher kleine Regionalbanken dazu bringen können, sich den grösseren Banken anzuschliessen. Diese sind wiederum dem Risiko einer Solvenzkrise ausgesetzt, was die Stabilität des gesamten US-Bankensystems gefährden würde.

Diese Faktoren werden somit zwangsläufig starke Auswirkungen auf die Geldpolitik, die Überwachung von Bankrisiken und die Finanzstabilität haben. Ein solides Bankensystem ist für eine effiziente Übertragung der Geldpolitik unerlässlich.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Fed stärker auf die potenziellen Risiken einer zweiten Inflationswelle konzentriert oder ob sie ihre Zinsen senken wird und so die Risiken für das US-Bankensystem mildern kann.

Corrado Varisco

bridport & cie

Corrado Varisco bekleidet seit letztem Jahr die Position des Head of Research bei bridport & cie. Varisco verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung an den Anleihemärkten mit Schwerpunkt auf hochverzinslichen Anleihen und Schwellenländeranleihen. Er begann seine berufliche Laufbahn 2021 bei der BSI Bank in Lugano als Analyst. Später wurde er Co-Leiter des dezentralisierten Portfoliomanagements für das Lateinamerika-Team von BSI. Im Jahr 2011 wechselte Varisco zur CBH Bank in Genf, wo er als Leiter des Angebots und der Analyse von Anleihen tätig war. Dort war er auch als Portfoliomanager tätig.