- Interview mit Simon Morgenthaler
- Zurich Branch Manager
- Swissquote
„Die Erwartungen der institutionellen Kunden konzentrieren sich auf unsere Plattform“
Swissquote belegt in der neuesten Studie von Colombus Consulting über die Digitalisierung des Kundenerlebnisses einen guten vierten Platz. Diese Kunden werden, im Übrigen, immer jünger, immer reicher und immer institutioneller, wie Simon Morgenthaler aus Zürich berichtet.
Von Levi-Sergio Mutemba
Wie hat sich die individuelle Kundschaft in den letzten Jahren und insbesondere seit dem Covid verändert?
Die erste, eher strukturelle Entwicklung ist demografischer Natur. Immer jüngere Anleger bilden eine immer wichtigere Kundengruppe, auch wenn die Senioren oder Einzelhandelskunden über fünfzig Jahre überwiegen. Diese aufstrebende Klientel ist der Grund für die 2021 mit PostFinance eingegangene Partnerschaft über die Plattform YUH, die sich an junge, sehr mobile Anleger richtet, die wahrscheinlich noch nie zuvor investiert haben. Die Pandemie hat diesen Zustrom von Privatkunden, die noch nie investiert haben, sozusagen beschleunigt. Davon haben vor allem digitale Vermögenswerte und Kryptowährungen profitiert.
Und wie sieht es mit vermögenden Kunden aus?
Als ich 2003 zu Swissquote kam, war unser Ruf noch nicht gut genug, um diese Kunden anzuziehen. Heute haben sie die digitalen Banken weitgehend akzeptiert und integriert. Das durchschnittliche Vermögen unserer Kunden liegt bei über 100’000 Franken, aber diese Zahl sagt wenig über die Vielfalt der Profile aus. Wir haben Kunden, die im zweistelligen Millionenbereich reich sind, und andere, die weniger als 5’000 Franken besitzen.
Auch die institutionelle Kundschaft scheint sich stark verändert zu haben. Was bedeuten sie heute für Swissquote?
Wir haben eine deutliche Veränderung dieser Kundengruppe festgestellt, die derzeit etwa 30% unserer Einnahmen ausmacht. Dabei kann es sich um eine institutionelle Beziehung, eine klassische B2B-Beziehung oder eine B2B2C-Beziehung handeln, bei der unsere institutionellen Kunden ihre Lösungen für ihre eigenen Kunden mit unseren kombinieren. Es sei daran erinnert, dass unser Büro in Singapur ausschliesslich institutionelle Kunden betreut, während unsere Vertretung in Malta sich auf Investmentfonds und kollektive Anlagen konzentriert.
Was erwarten diese Kunden von einer digitalen Bank, die ihren Aufschwung vor allem Privatanlegern zu verdanken hat?
Die Erwartungen der institutionellen Anleger konzentrieren sich hauptsächlich auf die technologische Effizienz unserer Plattform als Ganzes. Sie wünschen sich eine hochentwickelte Handelsplattform, wie sie in unserer Benutzeroberfläche zum Ausdruck kommt, sowie eine sehr moderne Infrastruktur. Diese Kunden wollen auch Zugang zu praktisch allen Anlageklassen und Finanzprodukten an einem einzigen Ort haben. Unsere Plattform bietet Zugang zu mehr als drei Millionen Vermögenswerten oder Finanzprodukten. Dies ist besonders wichtig, da die Kunden nicht mehrere Anbieter für verschiedene Anlageklassen oder Produkte suchen möchten. Natürlich ist damit noch nicht die Liquidität gemeint, die für eine möglichst wettbewerbsfähige Preisgestaltung von grundlegender Bedeutung ist.
Wenn Sie über neue Technologien sprechen, wie wird künstliche Intelligenz in Ihre Geschäftstätigkeit integriert?
Sie ist besonders wichtig für die Kundenbetreuung und den Kundensupport. Unsere Mitarbeiter sollen sich auf die komplexesten Fragen oder Probleme konzentrieren, die Kunden haben könnten. Unsere automatisierten Systeme hingegen sind in der Lage, auf relativ einfache Anfragen zu reagieren. Ebenso entscheidend ist die Kontinuität der Unterstützungsdienste und der Kundenbetreuung.
Ich denke, wir bewegen uns ziemlich schnell auf eine Gesellschaft zu, in der Unternehmen den Support und die Betreuung von Kunden rund um die Uhr und sieben Tage die Woche aufrechterhalten. Noch vor weniger als zehn Jahren konnte ein Kunde zu Recht davon ausgehen, dass er mehrere Tage warten musste, bis er eine Rückmeldung zu einer Frage oder einem Problem erhielt. Das ist heute nicht mehr der Fall. Der Kunde erwartet eine sofortige Antwort in Echtzeit, wenn man bedenkt, was die KI an Prozessverbesserungen ermöglicht hat.
Wenn man bedenkt, dass Ihr Kerngeschäft das Brokerage ist, ändert das etwas an der regulatorischen Belastung im Vergleich zu einer traditionellen Bank?
Die Tatsache, dass wir eine FINMA-Lizenz haben, setzt uns denselben regulatorischen Anforderungen aus, denen alle anderen Banken unterliegen. Um Ihnen die Auswirkungen der regulatorischen Neugestaltung der Finanzdienstleistungsbranche zu veranschaulichen: Als ich vor etwas mehr als zwanzig Jahren zu Swissquote kam, waren weniger als zehn Personen für die Bereiche Regulierung und Compliance zuständig. Heute ist es praktisch eine Armee von Spezialisten, die Swissquote einsetzt, um die vollständige Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten.
Darüber hinaus erwarten die Kunden, und zwar nicht nur die institutionellen, dass wir sie bei den regulatorischen Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Das Onboarding von Neukunden ist sicherlich einer der wichtigsten Aspekte. Für uns ist es daher unerlässlich, zahlreiche Überprüfungen und intensive Kontrollen durchzuführen. Dank einer hochmodernen technologischen Infrastruktur ist dies zwar relativ reibungslos möglich, aber ich betone, es bleibt dennoch komplex.
Simon Morgenthaler
Swissquote
Simon Morgenthaler kam im März 2003 zu Swissquote und hatte zunächst die Aufgabe, ein Dienstleistungsangebot für unabhängige Vermögensverwalter zu schaffen. Er konzipierte und leitete erfolgreich mehrere grosse Projekte in verschiedenen Geschäftsbereichen, wie zum Beispiel OTC-Derivatehandel, White-Label-Partnerschaften und das Angebot von Kryptowährungen. Heute ist er als Geschäftsführer des Büros in Zürich für den Verkauf an Retail- und institutionelle Kunden in der Region Deutschland-Österreich-Schweiz verantwortlich. Ausserdem beaufsichtigt er die Kundenbeziehungen und die Einheiten zur Kundenbetreuung. Er ist auch Mitglied des Verwaltungsrats von Swissquote Financial Services (Malta).
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