Portfolio Management
Christian Luchsinger
Sound Capital
«Wir haben unsere Betriebseffizienz erheblich gesteigert»
Christian Luchsinger, der bei Sound Capital für das Portfoliomanagement zuständig ist, hat sich in den letzten Jahren vor allem auf die Optimierung der Prozesse konzentriert. Ziel war es, die operative Effizienz zu steigern – eine Voraussetzung dafür, dass die Kunden am Ende erstklassige Anlagelösungen erhalten.
Von Jérôme Sicard
Wo haben Sie im Bereich des Portfoliomanagements, den Sie bei Sound Capital leiten, in den letzten Jahren die grössten Veränderungen vorgenommen?
Einer unserer bedeutendsten Fortschritte war die Einführung eines neuen PMS, mit dem wir die Abläufe rationalisieren, die Genauigkeit unserer Daten verbessern und unsere Effizienz steigern konnten. Wir können die Portfolios der Kunden inzwischen viel präziser verwalten. Durch das automatisierte Rebalancing halten wir die Portfolios an den Zielallokationen ausgerichtet, minimieren manuelle Eingriffe und senken die operationellen Risiken. Mit dieser Automatisierung können wir schnell auf Marktentwicklungen reagieren, die gewünschten Risiko-/ Renditeprofile beibehalten und den Kunden massgeschneiderte Portfoliolösungen anbieten.
Darüber hinaus haben wir für alle Strategien standardisierte Modellportfolios entwickelt. Dies gewährleistet einen konsistenten Anlageansatz, einen historischen Überblick und die Ausrichtung der Performance auf die Ziele der Kunden. Dennoch bleibt die Flexibilität erhalten, die für die Anpassung der individuellen Portfolios erforderlich ist.
Unsere bidirektionalen Integrationen mit Depotbanken erleichtern die transparente Ausführung von Aufträgen, den effizienten Datenaustausch und die Verbesserung der Kommunikation mit den Depotbanken. Auf diese Weise haben wir die betriebliche Effizienz erheblich gesteigert, was zu einem besseren Serviceniveau für unsere Kunden führte.
In welche Richtungen möchten Sie Ihre Prozesse weiterentwickeln?
Unsere Priorität ist es, die Effizienz zu steigern und uns stärker auf die Prioritäten der Kunden sowie die Entscheidungsfindung zu konzentrieren. Mithilfe der von uns implementierten PMS-Software wollen wir die Generierung und Ausführung von Aufträgen automatisieren, die Abläufe rationalisieren und die Konsistenz der Transaktionen in allen Bereichen sicherstellen.
Welche technologischen Tools oder Lösungen haben Sie integriert, um Ihre Prozesse zu optimieren?
Wir verwenden Assetmax als PMS, um zentrale Aufgaben wie das Reporting, die Compliance und die Portfolioanalyse zu rationalisieren und so die Ausführung unserer Arbeit zu optimieren. Die Integration von Lösungen wie Performance Watcher durch Assetmax erhöht für uns den Nutzen des PMS, indem manuelle Eingriffe und das Betriebsrisiko verringert werden. Darüber hinaus bietet uns das Bloomberg Terminal Zugang zu Echtzeit-Marktdaten, Analyse- und Handelstools, mit denen unser Team über die notwendigen Informationen verfügt, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen und dem Anlageausschuss einen Mehrwert zu bieten. Durch die Integration dieser Technologien haben wir die Abläufe optimiert und Ressourcen freigesetzt, sodass wir uns auf strategische Entscheidungen und die Umsetzung eines herausragenden Kundenservice konzentrieren können.
Welche Elemente des Portfoliomanagements halten Sie heute für wesentlich?
Attraktive risikobereinigte Renditen, Nutzung der technologischen Integration für mehr Effizienz, strenge Einhaltung der Vorschriften, kundenorientierter Ansatz mit massgeschneiderten Lösungen und Anpassung durch kontinuierliches Lernen.
Welche wesentlichen Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Jahren?
Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden eine grössere Rolle bei der Verbesserung von Investitionsentscheidungen und der Risikobewertung spielen. Technologische Fortschritte werden noch individuellere Anlagelösungen ermöglichen, so dass wir die Portfolios noch genauer auf die Bedürfnisse der einzelnen Kunden abstimmen können. Parallel dazu erwarten wir kontinuierliche Veränderungen im regulatorischen Rahmen, was wiederum die Fähigkeit erfordert, sich an neue Standards der Einhaltung von Vorschriften und der Transparenz anzupassen.
Inwiefern beeinflusst die Optimierung Ihrer Prozesse die Entwicklung Ihrer Anlagestrategien?
Die Integration von Technologielösungen und die Automatisierung setzen natürlich Zeit und Ressourcen frei, die wir nutzen, um uns auf unsere Kunden zu konzentrieren, die besten Marktchancen zu identifizieren und unsere Anlagestrategien zu verfeinern. Letztendlich können wir durch die Prozessoptimierung nicht nur unsere operative Effizienz steigern, sondern auch unsere Anlagestrategien weiter ausbauen.
Christian Luchsinger
Sound Capital
Christian Luchsinger ist seit fünf Jahren Leiter des Portfoliomanagements bei Sound Capital. Er ist für die Entwicklung des Investmentangebots verantwortlich und Mitglied des Exekutivkomitees. Bevor er 2019 zu Sound Capital kam, war Christian bei Credit Suisse, Julius Bär und Falcon Private Bank tätig. Im Laufe seiner Karriere konzentrierte er sich hauptsächlich auf Dienstleistungen für External Asset Managers, Advisory und Portfoliomanagement. Christian Luchsinger ist Absolvent der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, wo er einen Bachelor in Business Administration – Banking and Financial Services erwarb. Er besitzt zudem die CFA-Zertifizierung. Er besitzt zudem die CFA-Zertifizierung.
Christian Luchsinger
Sound Capital
«Wir haben unsere Betriebseffizienz erheblich gesteigert»
Christian Luchsinger
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Peter Kraus
Berenberg
Die Aussichten für europäische Small Caps verbessern sich
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Mit den „Smart Contracts“, die die Blockchain ermöglicht hat, ist das Web im Wandel begriffen. Unter dem Label Web3, so Dramane Meite, eröffnen sich neue Möglichkeiten in Bereichen wie Ethereum-ähnlichen Plattformen, Marktplätzen, Play-to-Earn-Spielen und einigen anderen 100% dezentralisierten Konzepten.
Das Potenzial von Krypto-Assets geht weit über einfache Zahlungen hinaus. Die Blockchain-Technologie hat eine breite Palette von Anwendungen ermöglicht, welche auf dezentralen Netzwerke setzen und so die Notwendigkeit von Mittelsmännern ausschliessen.
Eine dieser Anwendungen der Blockchain sind Smart Contracts – das sind Vereinbarungen, welche Transaktionen automatisieren und keine Vermittler benötigen. Sie werden für finanzielle oder rechtliche Transaktionen, für die direkte Bezahlung von Künstlern und für viele andere Fälle eingesetzt. Unternehmen wie Starbucks, Nike und JPMorgan nutzen sie, um ihren Kunden neue, neue und effizientere Dienstleistungen anzubieten.
Da Smart Contracts auf Transparenzsetzen und der Blockchain-Technologie basieren, ermöglichen sie auch die Produkten und Dienstleistungen im Web3. Doch wie lässt sich Web3 definieren und warum sollten sich Anleger dafür interessieren?
Die drei Phasen des Internets
Das Internet hat seit seiner Entstehung mehrere Wandel durchgemacht. In seinen Anfängen – dem Web1 – war es eine riesige Informationsbibliothek, die leicht zugänglich war, aber nur eine begrenzte Interaktion ermöglichte. Das Web2 – die heutige Ära – hat zu einer sozialen Revolution geführt, die es den Nutzern ermöglicht, sich auf sozialen Plattformen, wie Facebook und YouTube zu vernetzen, Inhalte zu erstellen und zu teilen. Diese Plattformen kontrollieren sowohl die Daten als auch die erzeugten Inhalte zentral, was auch Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und des Eigentums aufkommen lässt.
Das Web3, das unter anderem durch Smart Contracts vorangetrieben wird, geht mit einem Paradigmenwechsel einher, bei dem die Menschen die alleinigen Eigentümer ihrer Daten bleiben, ihre digitalen Vermögenswerte kontrollieren und direkt miteinander interagieren, ohne auf zentrale Behörden angewiesen zu sein.
Dank der dezentralisierten Märkte bietet das Web3 viele Vorteile. Es ermöglicht seinen Nutzern, digitale Kunstwerke über NFTs zu besitzen und zu tauschen. Das „Play-to-earn“-Spielmodell ermöglicht es ihnen ausserdem, beim Spielen Belohnungen zu verdienen, und die erzielten Prämien werden zu handelbaren Vermögenswerten. Und schliesslich geben dezentrale Plattformen für die Erstellung von Inhalten den Schöpfern die Kontrolle über ihre Arbeit und direkten Zugang zu ihrem Publikum.
Hier sind einige der prominentesten Beispiele, die rund um diese Smart Contracts entwickelt wurden.
Plattformen für Smart Contracts
Ethereum
Die etablierteste Plattform, die für ihr robustes Entwickler-Ökosystem und ihre Sicherheit bekannt ist.
Solana
Eine schnelle und kostengünstige Alternative zu Ethereum, die aufgrund ihrer Skalierbarkeit an Zugkraft gewinnt.
NFT Marketplaces
OpenSea
Der grösste und beliebteste Marktplatz zum Kaufen und Verkaufen von NFTs in verschiedenen Kategorien.
Rarible
Dezentralisierter NFT-Marktplatz mit einem Schwerpunkt auf der Ermächtigung von Erstellern und Community Governance.
Play-to-Earn-Spiele
Axie Infinity
Ein Pionier im Play-to-Earn-Bereich, in dem die Spieler Kreaturen züchten und bekämpfen, um Belohnungen zu verdienen.
Decentraland
Metaversum-Spiel, in dem die Spieler Parzellen virtuellen Landes besitzen und Erlebnisse schaffen oder ihre Schöpfungen monetarisieren können.
Dezentralisierte Finanzwirtschaft (DeFi)
Uniswap
Die wichtigste dezentrale Börse (DEX), die den Peer-to-Peer-Handel mit Kryptoaktiva ohne Mittelsmänner ermöglicht.
Aave
DeFi-Kreditplattform, auf der Nutzer Kryptoaktiva leihen und verleihen können und dabei Zinsen auf ihr Guthaben verdienen.
Risiken und Chancen
Das Marktpotenzial für Web3-Anwendungen ist immens. Für Investoren ist das Feld der Möglichkeiten riesig, aber es birgt auch Risiken. Schwachstellen in Smart Contracts und operative Probleme in der Blockchain können zu finanziellen Verlusten führen. Manchmal ist die Entscheidungsmacht für bestimmte neue Projekte konzentriert, wobei die Stimmrechte ungleich verteilt sind. Darüber hinaus sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Web3 in Bewegung, was zu Unsicherheiten für Unternehmen und Investoren führt.
Die Zukunft des Web3 bleibt dennoch vielversprechend. Ethereum ist derzeit die wichtigste Plattform für Smart Contracts, doch konkurrierende Lösungen wie Solana sind im Entstehen begriffen. Neue Lösungen, die auf diesen Netzwerken aufgebaut sind, sogenannte „Layer-2“-Lösungen, helfen bei der Skalierbarkeit dieser Netzwerke und senken Gebühren und andere Kosten, die Hindernisse für die Einführung geschaffen haben.
Da sich diese Branche weiterentwickelt, bietet das Web3 eine massive Chance, das Internet umzugestalten und Eigentum im digitalen Zeitalter neu zu definieren. Smart-Contract-Plattformen und ihre Anwendungen werden auch weiterhin die traditionellen Industrien stören und die volle Kapazität eines wirklich dezentralisierten Internets freisetzen.
Dramane Meite
Hashdex
Dramane Meite ist bei Hashdex für neue Produkte zuständig und verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung in den Bereichen Finanzmärkte, Vermögensverwaltung und Fintech. In seiner vorherigen Position bei Pimco steuerte er strategische Initiativen und Innovationen als Business Manager im Executive Office und später als Produktstratege in der Client Solutions and Analytics Group. Ausserdem war er in den Bereichen Verkauf, Handel und Treasury bei der Standard Chartered Bank und der Société Financière Internationale tätig. Dramane Meite hat einen MBA der Stanford University und einen Master in Statistik und Wirtschaft. Er ist Inhaber des CFA
In der Schweiz sowie im europäischen Umfeld gibt es zahlreiche vielversprechende Nebenwerte, die sich nicht vor den Grossen verstecken müssen. Viele dieser Unternehmen sind in ihrem Bereich gar Weltmarktführer. Für einen Einstieg scheint aktuell ein günstiger Zeitpunkt zu sein, schreibt Peter Kraus.
Nebenwerte haben im Vergleich zu Standardwerten in den letzten zwei Jahren den stärksten Kurseinbruch seit Jahrzehnten erlebt. Vor allem europäische klein- und mittelkapitalisierte Wachstumswerte wurden durch sehr schnell steigende Zinsen und das rezessive Umfeld hart abgestraft. Es war ein extremes Szenario. Nach dem Corona-Lockdown, dessen Auswirkungen durch unterbrochene Lieferketten noch ausgestrahlt haben, dem Inflations- und Zinsschock und dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sehen wir die niedrigsten Bewertungen seit zehn Jahren. Im Vergleich zu Large Caps sind Small Caps sogar günstiger bewertet als zum Höhepunkt der Finanzkrise in 2008. Ebenso spricht für Small Caps, dass sie im ersten Jahr des Aufschwungs nach ihrem Tiefstand rund 50 Prozent der relativen Performance erzielen.
Aktuell deuten Frühindikatoren darauf hin, dass sich die Konjunktur auf niedrigem Niveau stabilisiert oder verbessert, nachdem auch das produzierende Gewerbe den Tiefpunkt erreicht haben könnte. Positive Signale aus den USA lassen sogar Hoffnungen auf ein Goldilocks-Szenario aufkeimen. Auch in Europa verbessern sich zuletzt die Konjunkturindikatoren von tiefen Niveaus. Die Inflationsraten sinken, und die Notenbanken sind im Wesentlichen mit dem Zinserhöhungszyklus durch. Es spricht vieles dafür, dass wir die dunkelsten Stunden gesehen haben, bevor die Sonne wieder aufgeht.
Die Stunde der Nebenwerte
Der konjunkturelle Sonnenaufgang, die Erholung in einem frühen Stadium, ist die Stunde der Nebenwerte. Es spricht vieles dafür, dass der langfristige Outperformance-Trend, den wir bei Nebenwerten seit Jahrzehnten gesehen haben, ungebrochen ist. Allerdings gibt es einen Unterschied beim Aufholpotenzial: Angesichts der gestiegenen Zinsen ist die Nettoverschuldung heute ein wichtiges Kriterium.
Hoch verschuldete Unternehmen, die refinanzieren müssen, haben ein Problem. Qualitätsunternehmen mit hohen Kapitalrenditen und starken Bilanzen jedoch profitieren von strukturellen Wachstumstrends. Solchen Unternehmen dürfte es leichter fallen, die Erträge und den Cashflow pro Aktie stärker zu steigern als der Markt, wenn sich die Anzeichen der Erholung verdichten.
Eine weitere strukturelle Besonderheit der Nebenwerte in Europa besteht darin, dass sie von Analysten oft kaum wahrgenommen werden. Im Vergleich zu den USA gibt es in Europa nur eine Handvoll Large und Mega Caps wie Louis Vuitton oder ASML, die mit zweistelligen Wachstumszahlen beeindrucken und die Aufmerksamkeit von Analysten und Investoren auf sich ziehen. Die Stars aus der zweiten und dritten Reihe erscheinen indes kaum auf dem Radar.
Viele dieser Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung bis zu fünf Milliarden Euro haben sich in ihren Nischen als globale Marktführer etabliert. Mit ihrer Innovationskraft profitieren sie von der Digitalisierung, von Veränderungen im Gesundheitswesen oder nachhaltigen Technologien, was nicht selten mit mittelfristigen Wachstumsraten von 15 Prozent oder mehr einhergeht.
Fokus auf Halbleiterbranche
Aktuell sind europäische Hidden Champions unter anderem in der Halbleiterindustrie zu finden. Unternehmen wie das Schweizer Unternehmen Inficon oder die italienische Technoprobe erfüllen das Anforderungsprofil mit Blick auf eine internationale Vorreiterrolle und starke Margen, die es ihnen ermöglichen, inflationsgetriebene Preissteigerungen abzufedern und signifikant in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Doch auch in anderen Branchen gibt es solche Hidden Champions, beispielsweise bei Skan, dem Schweizer Hersteller von Isolatoren für die sterile Abfüllung injizierbarer Medikamente. Die unterliegenden Treiber sind robust: 75 Prozent aller neuen Medikamente werden in Zukunft hochpreisige Biologika/Injektionspräparate sein, die Isolatoren für die aseptische Abfüllung benötigen. Das Unternehmen zeigt ein starkes Wachstum in Verbindung mit steigenden Margen, hohen Renditen sowie eine Netto-Cash-Position. An solchen Modellen mangelt es im Small-Cap-Segment keineswegs.
Peter Kraus
Berenberg Wealth and Asset Management
Peter Kraus ist seit Oktober 2017 Head of Small Cap Equities bei Berenberg. Er war ab dem Jahr 2000 zunächst für 3 Jahre als Aktienanalyst für eine Corporate Finance Beratung in München tätig, bevor er in 2003 zu Deka Investment nach Frankfurt wechselte. 2006 wechselte er zu Allianz Global Investors als Fondsmanager für europäische Micro und Small/Mid Caps. Peter Kraus studierte an der Universität Mannheim Betriebswirtschaftslehre und ist CFA Charterholder.
Die zum Teil widersprüchlichen Aussagen der Zentralbanken zu Inflation und Zinsentwicklung führen dazu, dass die Anleihenmärkte schwierig voraussehbar geworden sind. Xavier Sanjurjo erläutert die Hintergründe, und zeigt auf, wie der aktuelle Kreditzyklus zu verstehen ist.
Vor zwei Jahren leiteten die Zentralbanken die aggressivste geldpolitische Straffung seit Jahrzehnten ein, um die ausserordentlich expansiven Finanzierungsbedingungen während der Pandemie einzudämmen; diese Massnahmen trugen dazu bei, eine grössere Wirtschaftskrise abzuwenden, indem sie die Welle von Zahlungsausfällen eindämmten, die damals auf den Kreditmärkten einsetzte. Dank der kräftigen wirtschaftlichen Erholung haben die Fundamentaldaten von Unternehmen wieder das Niveau von vor COVID erreicht. Dies und die erneute Attraktivität der angebotenen Renditen haben die Anleger wieder auf den Markt für Unternehmensanleihen gelockt, der im Jahr 2023 Renditen von 8,40Prozent für US-Investment Grade (IG) und 13,50 Prozent für High Yield (HY) erzielt hatte.
Angesichts eines scheinbar weit fortgeschrittenen Konjunkturzyklus, eines Wiederauflebens der Zinsvolatilität aufgrund von Unsicherheiten über den Zeitpunkt einer Lockerung durch die Fed, wachsender geopolitischer Risiken und knapper Kreditbewertungen stellt sich jedoch die Frage, wie sich Investoren an den Anleihemärkten positionieren sollten.
Der Kreditzyklus – ein Fahrplan für eine wirksame Positionierung
Als Kreditzyklen bezeichnet man das wiederkehrende Muster von Expansion und Kontraktion der Kreditverfügbarkeit und der Preisgestaltung in einer Volkswirtschaft. Sie sind durch Verschiebungen bei den Kreditvergabestandards, der Kreditnachfrage und den allgemeinen Marktbedingungen gekennzeichnet. Sie werden insbesondere von der Wirtschaftslage, der Geldpolitik und der Marktstimmung beeinflusst und haben einen grossen Einfluss auf die Kreditkosten, Investitionsentscheidungen und die Wirtschaftstätigkeit insgesamt. Kreditzyklen bestehen in der Regel aus vier Phasen: Abschwung, Kreditsanierung, Erholung und Expansion/Spätphase.
Wo stehen wir im aktuellen Zyklus?
Eine Reihe von Indikatoren deutet darauf hin, dass sich der US-Kreditzyklus derzeit in seiner Expansions-/Spätzyklusphase befindet, beginnend mit einem starken, wenn auch rückläufigen Wirtschaftswachstum (1,6 Prozent im 1. Quartal 24 gegenüber 3,4 Prozent im 4. Quartal 23) und einer Inflation von 3,5 Prozent Ende März, was die Fed zwingen dürfte, ihre restriktive Politik noch länger beizubehalten.
Diese Entwicklungen dürften die Finanzbedingungen, die sich seit dem letzten Jahr vor dem Hintergrund eines robusten Wirtschaftswachstums erheblich gelockert haben, weiter einschränken, so dass sich die Unternehmen auf den Kapitalmärkten refinanzieren können, wenn auch zu höheren Kosten. Die Rendite auf den US-amerikanischen IG-Unternehmensanleihemärkten liegt laut ICE BofA-Indizes derzeit bei 5,74 Prozent (nahe einem 15-Jahres-Hoch) und bei 8,29 Prozent für US-HY.
Höhere Renditen, reichlich Liquidität und eine anhaltende Risikobereitschaft – wie die Outperformance der risikoreicheren Kreditsegmente in den letzten zwei Jahren zeigt – haben zu einem erneuten Interesse an Unternehmensanleihen beigetragen, was zu einer deutlichen Verengung der Credit Spreads geführt hat, die nun mit historischen Tiefstständen flirten.
Dieser Zugang zu den Kapitalmärkten hat es den Emittenten ermöglicht, ihr Fälligkeitsprofil zu verbessern, wodurch ihr Refinanzierungsrisiko in den kommenden Jahren a priori beseitigt wurde. Auch ihre Fundamentaldaten haben sich nach der Pandemie deutlich verbessert, da sie von einer starken wirtschaftlichen Erholung profitierten und die Verschuldungs- und Solvabilitätskoeffizienten wieder das Niveau von vor COVID erreicht haben. In letzter Zeit ist jedoch eine leichte Verschlechterung zu beobachten, die auf höhere Kreditkosten und ein langsameres Ertragswachstum zurückzuführen ist.
Auswirkungen auf festverzinsliche Portfolios
Auch wenn es der Fed gelungen zu sein scheint, eine weiche Landung im aktuellen geldpolitischen Straffungszyklus zu erreichen, gibt es Risiken für eine turbulente Landung, von denen das wichtigste eine anhaltende Inflation ist. Sicher ist, dass der Handlungsspielraum der Fed immer kleiner wird und dass sie die Märkte auf höhere und längere Zinsen vorzubereiten scheint, was zweifellos weiterhin für Volatilität an den Zins- und Kreditmärkten sorgen wird.
Wenn man sich an der Geschichte orientiert, sprechen diese Überlegungen zusammen mit den relativ knappen Bewertungsniveaus für eine vorsichtige Positionierung auf den Märkten für Unternehmensanleihen, was eine Verringerung des Kreditrisikos im Portfolio und die Bevorzugung von IG-Unternehmensanleihen hoher Qualität sowie von US-Treasuries impliziert.
Xavier Sanjurjo
Reyl Intesa Sanpaolo
Xavier Sanjurjo ist für die Auswahl von Anleihen und die Verwaltung spezifischer Mandate im Asset Management der Bank Reyl zuständig. Zuvor war er für verschiedene Privatbanken und Family Offices als Anlageberater und Portfoliomanager tätig. Sanjurjo hat an der Universität Genf Biochemie studiert und verfügt über die Zertifizierungen CFA und FRM, ergänzt durch ein CFA Certificate in ESG Investing und ein CFA Certificate in Climate & Investing.
Die Nachfrage nach intelligente Materialien nimmt zu. Diese Werkstoffe, die ihre Eigenschaften verändern können, werden in der Automobilindustrie oder Medizintechnik benötigt. Sie stellen laut Pieter Busscher eine interessante Anlagemöglichkeit dar, der einen dualen Anlageansatz vorstellt.
Der duale Ansatz bedeutet, dass Anleger nicht nur in Unternehmen, die Pionierarbeit bei der Entwicklung überlegener Materialien leisten (die ‘Produzenten’) investieren, sondern auch in solche, die eine effizientere Nutzung dieser Materialien ermöglichen (die ’Enablers’). Diese Strategie gewährleistet ein umfassendes Engagement über die gesamte Wertschöpfungskette der intelligenten Werkstoffinnovation. 90 % der Firmen, in die investiert werden kann, stammen aus den Sektoren IT, Industrie und Werkstoffe, aber der Schwerpunkt liegt auf themenrelevanten Aktien, nicht auf den „üblichen Sektornamen“.
Trotz der Herausforderungen bewies die Strategie im Jahr 2023 Widerstandsfähigkeit. Diese Performance-Dichotomie unterstreicht das differenzierte Umfeld, in dem die Strategie tätig ist:
• Produzenten: Der Cluster hatte mit Gegenwind aufgrund von Nachfragerückgang, Lagerabbau und sinkenden Rohstoffpreisen zu kämpfen, was sich negativ auf deren Performance auswirkte.
• Enablers: Im Gegensatz dazu zeigten die Enablers eine aussergewöhnliche Leistung und profitierten von Fortschritten in der Technologie und Ausrüstung, die für die nächste Generation der Materialverwertung von zentraler Bedeutung sind.
Das Potenzial freilegen – Asymmetrische Belohnungen
Eine Investition in diese Sektoren ist jetzt besonders attraktiv, da sowohl die Produzenten als auch die Enabler ein asymmetrisches Ertragsprofil bieten.
Für Produzenten: Das Aufwärtspotenzial ist sowohl strukturell als auch konjunkturell bedingt. Mit der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft ist die Verlagerung von fossilen Brennstoffen auf Metalle wie Lithium, Kupfer und Nickel unvermeidlich, angetrieben durch die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und sauberen Energielösungen. Da die Metallpreise derzeit gedämpft sind, könnte eine bevorstehende Umkehr der Nachfrage diesen Rohstoffen erheblich zugute kommen. Da Gebäude die grössten Verursacher von Treibhausgasemissionen sind, besteht eine grosse Nachfrage nach Materialien zur Isolierung und Effizienzsteigerung.
Für Enablers: Die Wachstumsaussichten werden von technologischen Fortschritten in den Bereichen Ausrüstung, Automatisierung und Software angetrieben, die für die Anwendung intelligenter Materialien der nächsten Generation entscheidend sind.
Moderne Ausrüstung wie der Einsatz von KI erfordert anspruchsvollere Chiptechnologien, was den Bedarf an fortschrittlichen Halbleiteranlagen sowohl in naher als auch in ferner Zukunft erhöht. Zusätzlich zu dieser starken strukturellen Triebkraft wird der Abbau von Lagerbeständen in verschiedenen Endmärkten wahrscheinlich im Jahr 2024 enden, was zu einer Belebung der weit verbreiteten Nachfrage nach fortschrittlichen Geräten führen wird, wie etwa bei Life-Science-Tools und industriellen Testern.
Die Industrieautomatisierung ist eine Reaktion auf die sinkende Bevölkerungszahl und auf die Notwendigkeit der Regierungen, strategische Lieferketten zu sichern (so bei der Batterieherstellung). Nach fast zwei Jahren dürfte die Talsohle bei den weltweiten Investitionen in der Fertigungsindustrie erreicht sein. Alle grossen Automatisierungsanbieter erwarten, dass die Nachfrage in diesem Jahr wieder anziehen wird. Es wird erwartet, dass die künstliche Intelligenz langfristig eine wichtige Rolle spielen wird.
Begrenztes Abwärtsrisiko und Wachstumsaussichten
Es ist wichtig, stets die strategische Positionierung zu berücksichtigen, um sowohl von unmittelbaren zyklischen Erholungen als auch von langfristigen strukturellen Verschiebungen in der Weltwirtschaft zu profitieren. Durch Investitionen in eine Mischung aus Produzenten und Enablers ergibt sich die Möglichkeit, die wachsende Nachfrage nach intelligenten Werkstoffen zu nutzen, die durch die Dekarbonisierung, den technologischen Fortschritt und den weltweiten Vorstoss in Richtung Nachhaltigkeit erforderlich ist.
Pieter Busscher
Robeco
Pieter Busscher ist seit 2007 Portfoliomanager bei Robeco. Zuvor arbeitete er bei Credit Suisse Asset Management in Zürich. Pieter Busscher absolvierte den Bachelor in International Business an der RSM Erasmus Universität, den Master in Banking and Finance an der Universität St. Gallen und er ist CFA Charterholder.