- Interview mit Mike Baur
- Chairman & CEO
- Swiss Ventures Group
«Wir entwickeln mit Venture Asset Management eine neue Anlageklasse»
Mike Baur gilt als einer der profiliertesten Venture-Investoren der Schweiz. Die von ihm mit gegründete Swiss Ventures Group spielt bei der Finanzierung und Entwicklung von Startups in der Schweiz eine wichtige Rolle. Im Interview erzählt Mike Baur, wie er mit dem Venture Asset Management Arm der Gruppe, die Serpentine Ventures, professionellen Investoren den Zugang zu Venture-Investitionen ermöglicht.
Was steckt hinter dem Begriff Venture Asset Management?
Wir entwickeln hier mit Venture Asset Management eine neue Anlageklasse, die professionellen Investoren risikogerecht den Zugang zu Venture-Investitionen ermöglicht. Wir haben über unsere Tochterfirma Serpentine Ventures, die eine Finma-Lizenz als Verwalterin kollektiver Anlagen hat, exklusiven Zugang zu den besten Startups des Landes. Daran sollten private und institutionelle Investoren teilhaben können.
Der Markt zeichnete sich durch eine gewisse Exklusivität aus bisher. Wie wollen Sie das Thema «näher an den Mann» bringen?
Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht von direkten Investments in einzelne Startups. Das findet nach wie vor auch statt. Ich spreche von einem Fondsprogramm, das wir aufgelegt haben. Dieses nimmt die Risikoselektion bei der Auswahl der Firmen vor: Das reicht vom Rookie Fund, der in Early Stage Firmen investiert bis hin zum Growth Fund der Wachstumsfinanzierungen tätigt. Ausserdem haben wir mit dem Swiss Diabetes Venture Fund einen Themenfonds aufgelegt, der ausschliesslich in Startups im Bereich von Diabetes investiert.
Wie sieht die Nachfrage nach Fondslösungen im Bereich Venture Capital heute aus?
Wir spüren nach wie vor ein hohes Interesse bei privaten Investoren und Family Offices. Allgemein sind die institutionellen Investoren zurückhaltender obwohl gerade das Late Stage und Growth Segment für sie passen würde – zumal die Preise hier momentan sehr attraktiv sind. Dies liegt auch daran, dass die Anlageklasse Venture noch zu wenig bekannt ist und in der Schweiz erst in einer Professionalisierungsphase steckt.
Wie wollen Sie die Investoren nun überzeugen, diese Anlageklasse in Betracht zu ziehen?
Die Anlageklasse Venture hat über die vergangenen zehn Jahre eine ausgezeichnete Investment Performance von annualisiert circa 22% erzielt. Damit ist sie die am besten performende Anlageklasse im alternativen Bereich. Unsere Herausforderung ist es, dies im Markt bekannt zu machen.
Sie haben dazu auch eine Zusammenarbeit mit dem IMD im Bereich Ausbildung angekündigt. Was steckt dahinter?
Vielen europäischen Investoren – ob Institutionell, Family-Office- oder Privatanleger – fehlt es an professionellem Know-how, um in Venture zu investieren, deshalb wird diese attraktive Anlageklasse kaum berücksichtigt. Das wollen wir in Zusammenarbeit mit dem IMD in Lausanne ändern, daher haben wir die akademische Initiative zum „European Venture Asset Management“ gestartet. Die Teilnehmer des zweitägigen Kurses können erwarten, dass sie qualitativ hochwertige, grundlegende Forschungsergebnisse und umsetzbare Erkenntnisse gewinnen. Zeitgleich spielt der Austausch unter Gleichgesinnten eine wichtige Rolle. Unser Ziel ist es das Verständnis, Bewusstsein und die Expertise im Bereich Venture Asset Management in der Schweiz und in Europa zu beschleunigen.
Was sind hier die nächsten Schritte? Sehe ich Sie demnächst in einem Klassenzimmer?
In diese Richtung habe ich keine Ambitionen – vielmehr wollen wir mit unserem einzigartigen professionellen Netzwerk der Swiss Ventures Group einen qualitativ hochwertigen Einblick in die Risikokapitalwelt geben. Der erste Lehrgang findet bereits im September am IMD statt.
Ausbildung ist auch immer mit Kosten verbunden. Was bringt mir einen solchen Lehrgang, wenn meine Kunden noch nicht so weit sind?
Die jüngere Investorengeneration fragt bereits gezielt nach Investitionen im Venture Bereich. Es ist folglich nur eine Frage der Zeit, wann eine Finanzberaterin zu Venture Capital befragt wird. Vor 30 Jahren wusste auch keiner, wie man systematisch in Private Equity investiert – wenn sie da zu den Early Adoptern gehörten, werden ihnen die Kunden das heute sicher danken.
Wie nehmen Sie das derzeitige Umfeld wahr: Sind die Investoren im gegenwärtigen Umfeld bereit, Risiken einzugehen?
Wir sind in einem schwierigen Marktumfeld und der Risikoappetit ist zu den vergangenen Jahren klar zurück gegangen. Aber bei genauer Betrachtung zeigt sich: Die Bewertungen im Venture Bereich sind klar niedriger als 2022 – der ideale Zeitpunkt für Investoren, um einzusteigen.
Wie nehmen Sie dieses regulatorische Umfeld auch auf Seiten von institutionellen Investoren wahr?
Das regulatorische Umfeld wird derzeit stark verbessert. Das sind sehr gute Nachrichten. Wir begrüssen natürlich, wenn sich Pensionskassen und Anlagestiftungen bewusstwerden, dass sie im Bereich der Startups nicht nur eine volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllen. Sie stossen zeitgleich in eine Anlageklasse vor, die attraktive Renditen bieten kann. Hier sind wir im Vergleich zu den USA, wo die grossen Endowment Funds von Yale und Harvard – aber auch die grossen Pensionskassen in diese Anlageklassen substanziell investieren – immer noch weit im Rückstand. Ich sehe dies aber als riesige Chance für die Schweiz.
Wir stehen erst am Anfang.
Auf jeden Fall. Schauen Sie die Grössenordnungen an: Pensionskassen investieren gesamthaft gegen 1000 Milliarden Franken. Wenn wir nur 1 Prozent davon in Startups investieren würden, wären das 10 Milliarden Franken. Im Jahr 2021 wurden erst rund 3,1 Milliarden Franken in Startups investiert in der Schweiz. Das allein zeigt schon das Potenzial.
Gibt es Ihrer Meinung nach eine Summe, etwas in Prozent des gesamten Anlagevolumens der Pensionskassen oder Family Offices, die für Sie richtig erscheint?
Das muss in jedem Fall gesondert betrachtet werden. Eine realistische Zahl erscheint mir durchschnittlich 5%.
Zurück zu den grossen Vorbildern: Die Endowment-Funds der grossen Universitäten in den USA aber auch die Kalifornische Pensionskasse, investieren schon länger in diesem Bereich. Dort reden wir von ganz anderen Anlagebeträgen. Wieso sieht das so anders aus in der Schweiz, und allgemein in Europa?
Die USA hat historisch einen anderen Bezug zum Thema Venture Capital. Schauen Sie sich nur die Entstehungsgeschichte des Silicon Valleys an. Dort wurde schon vor Jahrzehnten zusammen mit grossen Universitäten und Pensionskassen in Venture Capital investiert. Hier in der Schweiz und auch in Europa ist das Thema Venture Capital vor allem für institutionelle Investoren erst noch in der Entstehungsphase. Nichtsdestotrotz haben sich die Investitionen in Venture Capital in den letzten drei Jahren in Europa verdoppelt.
Wie sieht es auch mit dem Umfeld aus für Startups in der Schweiz?
Hier hat sich in den vergangenen Jahren unglaublich viel getan – kein Startup kann mir heute noch sagen, dass er nicht zu einer Finanzierung kommt, im Bereich Early Stage. Später sieht es anders aus. Die Wachstumsfinanzierungen hinken aber im Vergleich zu den USA noch sehr stark hinterher. Im Europäischen Vergleich holen wir auf.
Im Bereich Mid/Late-Stage sind die Beträge in der Schweiz zu gering. Hier sprechen wir – etwa auch in der Biotechnologie – auch von sehr hohen Beträgen. Was müsste sich ändern, dass wir hier grössere Investitions-Summen sehen?
Das ist ein Thema, das wir mit unserem Growth Fund für Wachstumsfinanzierungen anpacken. Es braucht hier in der Schweiz mehr solcher Fonds, um sicher zu stellen, dass die Besten einheimischen Tech-Firmen aus der Schweiz heraus auch für die grossen Runden finanziert werden können.
Ein grosses Thema ist die Innovationsstärke der Schweiz. Wie sehen Sie hier die Situation gegenwärtig auch angesichts der vielen positiven Signale aus der Startup-Welt?
Die Schweiz bietet mit zwei Tech-Universitäten von Weltruf beste Voraussetzungen. Nun geht es darum unsere Innovationsstärke mit der neuen Generation von Gründern zusammen zu bringen und die Finanzierung der Besten von Early Stage zu Growth sicher zu stellen. Schaffen wir das, spielen wir ganz vorne mit.
Zurück zu Ihnen und der Swiss Ventures Group. Wie soll sich die Gruppe, die in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsen ist, weiterentwickeln?
In den kommenden Jahren wollen wir zur ersten Adresse im Schweizer VC-Bereich, sowohl für Investoren als auch für Startups werden. Gleichzeitig wird sich unser Investment Fokus auch stärker auf Europa konzentrieren.
Mike Baur
Swiss Ventures Group
Mike Baur ist ein Schweizer Venture-Investor and Entrepreneur. Er war fast 20 Jahre lang im Private Banking tätig, bevor er 2015 seine unternehmerische Reise begann und zusammen mit Max Meister und Oliver Walzer die Swiss Startup Factory gründete. Daraus ist die Swiss Ventures Group (SWVG) entstanden.
Diese umfasst neben der Swiss Startup Factory, den Investmentarm Serpentine Ventures, BV4 als Venture-Itelligence-Boutique, Code Law als Anwaltskanzlei für Startups und Getgoing, die CFO-Dienstleistungen für Startups anbietet. Mike Baur hat einen MBA von der University of Rochester New York sowie einen Executive MBA von der Universität Bern.
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