Industrie

Rubrik

MEGATRENDS INDUSTRIE

 

  • Hans Peter Portner
  • Head of Thematic Equities
  • Pictet Asset Management
  • Von Jérôme Sicard

„Die Konvergenz zwischen Technologie und Industrie nimmt unaufhaltsam zu“

Automation, Konnektivität, Internet of Things, künstliche Intelligenz, Virtualisierung, Cloud Computing, Digitalisierung und neue Technologien beschleunigen derzeit die Metamorphose einer Branche, die sich wieder über attraktive Wachstumsaussichten freuen kann. Die zahlreichen Unternehmensinnovationen wirken sich auf die gesamte Wertschöpfungskette aus. Hier entstehen eindeutig mehrere neue Anlagethemen für Investoren.

Inwieweit sind Industriewerte von der weltweiten Konjunktur-verlangsamung betroffen?
Steigende Zinsen, Inflationsdruck oder Ausschläge an den Devisenmärkten sind für uns Epiphänomene, die wir kaum kommentieren, denn wir investieren eher mit einem längerfristigen Horizont. Die Konjunkturschwäche wirkt sich logischerweise auch auf die Bewertungen der von uns abgedeckten Unternehmen aus, aber wir betrachten dies eher als Einstiegsmöglichkeit. Wir wollen verstehen, welche Trends oder Megatrends die Entwicklung des Sektors in den nächsten 10, 15 oder 20 Jahren bestimmen werden – das ist der wichtigste Aspekt für uns.

Welche Megatrends werden die Dynamik von Industriewerten auf mittlere und lange Sicht bestimmen?
Als erstes würde ich die Automatisierung nennen – ein fundamentales Anlagethema, das wir unter anderem mit unserer Robotics-Strategie besetzen. Diesen Trend haben wir bereits frühzeitig erkannt, weil sich die Schere zwischen den Arbeits- und den Automatisierungskosten immer weiter öffnet: Erstere werden weiter steigen, letztere sinken. Hier sind tiefgreifende, gewaltige Veränderungen im Gange, die durch die Covid-Krise im Jahr 2020 und den Krieg in der Ukraine in diesem Jahr noch beschleunigt wurden. Die Probleme entlang der Lieferketten haben alle Akteure gezwungen, ihre Vertriebswege zu überdenken und erneut in die Relokalisierung der Produktionsstandorte zu investieren.

Für welche Anlagethemen im Industriesektor interessieren Sie sich abgesehen von der Automatisierung besonders?
Derzeit werden das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ und die diesbezüglichen Auswirkungen auf die Nachfrage nach Industrieprodukten viel diskutiert. Die Entwicklung der Elektromobilität ist ein Teil dieser Logik, denn will man Elektroautos auf die Strasse bringen, ob mit oder ohne Fahrer, sind auch künftig industrielle Anlagen und Prozesse unumgänglich. Ein wichtiger Vektor, der heute im Vordergrund steht, ist die Frage, wie diese Industrieanlagen und Prozesse nachhaltiger werden können.
Hierzu werden wir uns zunehmend auf die Digitalisierung und die damit verbundenen Fortschritte verlassen, insbesondere für die Modellierung und Simulation. Ziel ist, mit weniger Einsatz mehr oder besser zu produzieren. In diesem Bereich ist eine ganze Branche auf dem Vormarsch. Wenn heute vom Industriesektor die Rede ist, denkt man umgehend an Technologie. Sie ist entscheidend für die Beurteilung, ob Unternehmen in der Lage sind, eine Zukunftsprojektion zu entwickeln. Wenn ein Unternehmen noch nicht in den Modus ‚Industrie 4.0‘ hochgeschaltet hat, sind Probleme in der Zukunft vorprogrammiert. Die Konvergenz zwischen Technologie und Industrie nimmt unaufhaltsam zu.

In welchen Branchensegmenten erkennen Sie das höchste Wachstumspotenzial?
Wir richten unser Augenmerk auf alle Katalysatoren, die eine radikale Veränderung der Funktionsweise von Produktionsstandorten bewirken. Im Englischen gibt es dafür den Begriff „enabler“. Damit meine ich Anwendungen, die zur Programmierung und Animation von Robotern entwickelt und implementiert werden. Sie integrieren Software, Sensoren und verschiedene Programme für künstliche Intelligenz. Enabler dienen zur Verarbeitung von Daten und sorgen dafür, dass bestimmte Aufgaben geplant und dann von Maschinen ausgeführt werden können. Das Komplizierte daran ist nicht der eigentliche Bau der Roboter, sondern ihre Ausstattung mit Intelligenz.

An welche Unternehmen denken Sie dabei?
In dieser Enabler-Branche hat sich der deutsche Hersteller Infineon als ein Marktführer durchgesetzt. Infineon entstand durch die Ausgliederung des Halbleitergeschäfts von Siemens und stellt unter anderem Leistungshalbleiter, zunehmend aber auch Sensoren und Mikrocontroller her, die in der Automobilbranche und in relativ vielen anderen Bereichen verwendet werden.
In puncto Informatik, ohne die Automation und Robotik undenkbar sind, denke ich an Unternehmen wie Altair Engineering und Synopsys. Diese beiden Unternehmen verfolgen wir sehr aufmerksam. Synopsys ist vor allem im Bereich Dematerialisierung von Industrieprozessen bekannt.
An dieser Stelle würde ich gerne auf den Gesundheitssektor zu sprechen kommen, um auch Intuitive Surgical zu erwähnen – ein Unternehmen, das sich auf Roboterchirurgie spezialisiert hat. Was mir im Gesundheitssektor auch auffällt, ist die Konvergenz zwischen Sensoren und Software. Dieser Trend ist in der Industrie derzeit die wichtigste Determinante. Die Unternehmen des Sektors müssen die neuen Technologien perfekt beherrschen.

Wie würden Sie das Konzept der Industrie 4.0 definieren?
Generell zielt dieses Konzept vor allem darauf ab, den Einsatz und Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren und die Produktion zu optimieren. Konkret geht es hier um die rationellere, effizientere und intelligentere Ressourcennutzung. Schauen Sie sich hierzu nur einmal an, was das Internet of Things (IoT, Internet der Dinge) heute in der Welt der Industrie alles ermöglicht. IoT-Anwendungen steigern die Effizienz automatisierter Prozesse, optimieren die Lagerverwaltung und übernehmen sogar die Steuerung ganzer Industrieanlagen. Auch in den Kundenbeziehungen und im Kundendienst generieren sie eine Aufwärtsdynamik, die ganz neue Dimensionen eröffnet. Unternehmen können damit die verschiedenen Phasen ihrer Wertschöpfungskette besser antizipieren und planen. Dreh- und Angelpunkt ist immer wieder dieselbe Idee der Konvergenz zwischen neuen Technologien und Herstellungsprozessen. Uns als Investoren beschert diese Entwicklung letztendlich höhere Margen und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit.

Welche neuen Technologien beschleunigen aus Ihrer Sicht zurzeit den Vormarsch der Industrie 4.0?
Das haben wir bereits angesprochen: Die Transformation des Fertigungssektors erfolgt heute hauptsächlich durch Digitalisierung, die immer zahlreichere und leichter zugängliche Lösungen bietet. Das Instrumentarium ist immens. Dazu gehört auch das Internet der Dinge (immer häufiger verwendet: der Begriff ‚industrielles Internet der Dinge‘) – Big Data und die gesamte dazugehörige Analytik, Cloud Computing, Machine Learning und natürlich künstliche Intelligenz. KI ist ein riesiges Forschungsgebiet, auf dem in den nächsten Jahren noch enorme Fortschritte erzielt werden,
denn Maschinen müssen immer intelligenter werden. Entsprechend sind bei Sensoren, Software und Programmierung bahnbrechende Entwicklungen zu erwarten.

Welche Hauptachsen verfolgt Ihre Anlagestrategie?
Unser erklärter Schwerpunkt liegt auf diesen Megatrends, die langfristig Wert schaffen, weil sie tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen. Konjunkturelle Erwägungen blenden wir möglichst aus, um zu verhindern, dass wir ohne klare Orientierung in alle Richtungen laufen. Daher haben wir etwa fünfzehn Megatrends identifiziert, die das Geschehen über die nächsten fünfzehn Jahre hinaus bestimmen – Nachhaltigkeit und Technologie stehen dabei im Mittelpunkt. Ausgehend von diesen Megatrends legen wir dann einzelne Thematiken fest. Anlagethemen entstehen an der Schnittstelle mehrerer Trends, wobei wir immer dem gleichen Konvergenzkonzept folgen, das uns intensiv beschäftigt.
Sobald unsere Themen feststehen, können wir unsere festen Überzeugungen zum Ausdruck bringen, indem wir uns nicht von Marktereignissen mitreissen lassen, die zu kurzfristigen Reaktionen führen – denn das wäre für unsere Kunden nicht unbedingt von Vorteil. Unsere Überzeugungen sind gewissermassen unser Kompass.

Welche Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes haben sich aus Ihrer Sicht bereits einen Vorsprung gesichert?
Lassen wir den industriellen Sektor vorübergehend beiseite und wenden wir uns einem Unternehmen wie Alphabet zu. Mit geht es um das grundlegende Konzept der Konvergenz. Die mit künstlicher Intelligenz entwickelten Anwendungen werden sich letztendlich massiv auf den gesamten Industriesektor auswirken. Daher ist Alphabet als einen enormer Katalysator einzustufen. Gleiches gilt für Salesforce. Das Unternehmen gehört zwar nicht zum verarbeitenden Gewerbe, aber die angebotenen Lösungen revolutionieren die Vertriebs- und CRM-Funktionen von Unternehmen.
Zurück zu den Industrieunternehmen: Infineon und Synopsys habe ich bereits erwähnt, könnte aber auch Siemens hinzufügen – das Unternehmen ist im Bereich Automation sehr fortschrittlich. Und da wäre auch NXP in der „Enabling“-Kategorie und seine sehr innovativen Produkte, mit denen es vor allem die hohe Nachfrage aus dem Automobilsektor bedient. Abschliessen möchte ich mit den ganz grossen Experten für Automation, den Japanern – Fanuc verfolgen wir in diesem Segment mit grossem Interesse!

Können Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe heute eine nachhaltige Politik verfolgen und gleichzeitig auch ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern?
Diese Ziele schliessen sich meines Erachtens nicht gegenseitig aus. Ganz im Gegenteil. Noch vor zehn Jahren stellte sich die Situation etwas anders dar. Sich über die Auswirkungen eines Werks auf die Umwelt Gedanken zu machen war nicht populär. Umweltsünder profitierten in der Regel von höheren Bewertungen, da ESG-Verpflichtungen noch nicht Standard waren. Dieses Verhältnis hat sich mittlerweile komplett umgekehrt. Der Markt belohnt die guten Schüler, die anderen werden abgestraft. Ich sehe da keinerlei Widerspruch, sondern halte dies für eine sehr positive Entwicklung.

Biografie

Hans Peter Portner

Pictet Asset Management

Hans Peter Portner kam 1997 zu Pictet Asset Management. Er leitet das Team für thematische Aktien. Portner begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 1992 als Portfoliomanager bei UBS Brinson in Basel, wo er sich auf internationale Aktien spezialisierte. 1997 wechselte er als Senior Investment Manager zu Pictet Asset Management in Genf, wo er weiterhin für internationale Aktien zuständig war. Von 1999 bis 2001 war er in gleicher Funktion in London tätig. Hans Peter Portner verfügt über einen Master in Wirtschaft der Universität Bern und ist darüber hinaus Chartered Financial Analyst (CFA).

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    Die Agentur SPHERE ist auf Investor Relations spezialisiert. Sie gibt das Magazin SPHERE heraus, das den Fachleuten der Vermögensverwaltung und der Vermögensverwaltung in der Schweiz gewidmet ist, und organisiert Finanzveranstaltungen für dasselbe Publikum. Sie stützt sich auf die Kompetenzen und das solide Netzwerk ihrer Partner, die seit mehr als fünfzehn Jahren in der Banken- und Finanzindustrie tätig sind.

    Märkte

      • Christian Bauer
      • Leiter der Niederlassung
      • REYL Intesa Sanpaolo, Zurich

    Suche nach sicheren Häfen im Jahr 2023

    Die anhaltende und starke Inflation war einer der Hauptfaktoren für die Volatilität im Jahr 2022. Obwohl die Inflation in den kommenden Quartalen ihren Höhepunkt erreichen könnte, sollten Anleger nicht mit einem baldigen Rückgang der Volatilität rechnen.

    Die Daten unterstreichen auch das Ausmass der Volatilität im vergangenen Jahr. Der Aktienvolatilitätsindex VIX schloss an 94 Prozent der Handelstage über seinem historischen Durchschnitt, der MOVE-Index des Anleihemarktes lag an 87 Prozent der Handelstage über dem Durchschnitt, und der S&P 500 bewegte sich täglich 61 Mal um mehr als zwei Prozent, während es 2021 nur sieben Mal der Fall war.

    Vor diesem Hintergrund waren die Zentralbanken gezwungen, die Zinssätze aggressiv anzuheben, um ihr wichtigstes Gut zu bewahren: ihre Glaubwürdigkeit. Das kollektive Versäumnis, die Inflation zu erkennen und zu kontrollieren, könnte immer noch zu anhaltendem Inflationsdruck zweiter Ordnung und einer harten Landung der Volkswirtschaften führen.

    Trotzdem glauben wir, dass die Märkte in den nächsten Quartalen eine gewisse Erleichterung durch einen möglichen Höhepunkt sowohl der Inflation als auch der aggressiven Haltung der Zentralbanken erfahren könnten. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Volatilität auch 2023 hoch und anfällig für plötzliche Ausschläge bleiben wird, da der Gegenwind, der die Märkte im Jahr 2022 behindert hat, allmählich nachlässt.

    All dies bedeutet, dass die Anleger auch im kommenden Jahr mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert sein werden, unter anderem mit den Auswirkungen geopolitischer Spannungen, einer höher als erwarteten Inflation und einer globalen geldpolitischen Straffung.

    In diesem anhaltend volatilen Umfeld sollte ein aktives Management den Unterschied ausmachen. Wenn Aktien solide und kontinuierliche Renditen bieten, ist passives Investieren der richtige Weg, aber wenn die Volatilität zunimmt, wird die Auswahl der richtigen Themen und Aktien zum entscheidenden Faktor für den Erfolg.

    Darüber hinaus raten wir den Anlegern, sich in defensiven Bereichen der Aktienund Obligationenmärkte zu engagieren, ein starkes Risikomanagement zu entwickeln und durch die Berücksichtigung neuer Anlageklassen (z. B. alternative Anlagen) zu diversifizieren.

    Defensive Allokation in Aktien und Obligationen

    Die richtige Mischung aus börsenkotierten Aktien und Obligationen kann eine wirksame Absicherung auf volatilen Märkten bieten. Allerdings müssen die Anleger die Auswirkungen eines (unglücklichen) Timings minimieren.

    • Risikomanagement-Techniken sind entscheidend, um das Risiko von falsch terminierten Investitionen zu minimieren.
    • Eine Möglichkeit, die Anfälligkeit zu verringern, besteht darin, qualitativ hochwertige Investment-Grade-Anleihen (einschliesslich Staatsanleihen) und dividendenstarke Aktien in Betracht zu ziehen. Die Anleger können regelmässige Erträge erzielen, während die Anlagen unangetastet bleiben, bis sich der Markt erholt.
    • Erneuerbare Energiensind das am schnellsten wachsende Segment innerhalb des Infrastruktursektors, der ein effektiver Diversifikator ist: langfristige Investitionen in Sachwerte mit relativ stetigen, wenig volatilen, inflationsgebundenen Cashflows und geringer Korrelation zu Kapitalmarktzyklen.
    • Unter den defensiven Werten sind die Versorgungsunternehmen ein attraktiver Sektor, ebenso wie die dividendenstarken Grossunternehmen.
    • Aktive festverzinsliche Total-Return-Strategien anstelle der Erzielung von Erträgen durch Buy-and-Hold-Ansätze. Die Gesamtrendite kann durch das Management des Durationsrisikos und durch globale makroökonomische Ansichten erzielt werden.

    Diversisizierung in alternative ANlagen

    Die Diversifizierung bietet auch einen Puffer in Zeiten von Volatilität. Bei einer hohen Korrelation zwischen Aktien und Obligationen lässt sich dies am besten durch Investitionen in alternative Anlagen erreichen.

    • Hedgefonds können die Diversifizierung erleichtern, nicht nur in Zeiten volatiler Märkte, sondern auch auf lange Sicht. Sie investieren in viele verschiedene Strategien, die nicht mit den traditionellen Märkten korreliert sind, und können langfristige und risikobereinigte Renditen verbessern. In den ersten elf Monaten des Jahres 2022 schnitten Hedgefonds besser ab: Der HFRI Fund Weighted Composite Index verzeichnete eine Rendite von -4,1 Prozent, während der MSCI All Country World Index im selben Zeitraum um 16 Prozent und der Bloomberg Global Aggregate Total Return Index um 15 Prozent zurückging.
    • Globale Macro-Manager können auch in Zeiten hoher Volatilität relativ attraktive, unkorrelierte Renditen bieten, ebenso wie Fonds mit variabler Ausrichtung und Multi-Strategy-Fonds. Letztere kombinieren verschiedene Strategien und ermöglichen es den Anlegern, ein diversifiziertes Hedgefonds-Portfolio aufzubauen, ohne in mehrere Einzelfonds zu investieren.

    Trotz der verschiedenen Herausforderungen, mit denen die Anleger im Jahr 2023 konfrontiert werden, kann sich eine erhöhte Volatilität auch als Chance für Anleger erweisen, die nach Möglichkeiten suchen, ihre Portfolios auf defensive Allokationen zu diversifizieren und alternative Anlageklassen in Betracht zu ziehen.

     

     

    Christian Bauer

    REYL Intesa Sanpaolo, Zurich

    Christian Bauer begann seine Bankkarriere 1997 bei der Credit Suisse in Zürich, wo er bis 1999 tätig war. Danach wechselte er zur Dresdner Bank. 2003 wurde er Private Banker bei der Bank Leumi (Schweiz), wo er Erfahrungen in der Betreuung internationaler Kunden sammelte. 2006 wechselte er zu ABN AMRO Private Banking (Schweiz), wo er für die englischsprachigen Länder, Westeuropa und den israelischen Markt verantwortlich war. Als ABN AMRO Schweiz 2011 von der Union Bancaire Privée übernommen wurde, wurde er Managing Director bei UBP Zürich und betreute weiterhin die gleichen Regionen. 2014 wechselte er zu Reyl Cie und wurde im Mai 2021 Leiter der Niederlassung Zürich.

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      Sustainable

        • Jonathan Graas
        • Fondsmanager
        • Decalia

      „Das Kreislaufwirtschaft-Universum wächst unaufhörlich“

      Jonathan Graas ist dem Managementteam von Decalia beigetreten. Er wird sich dabei unter anderem denjenigen Fonds widmen, die sich thematisch mit den Megatrends und der Kreislaufwirtschaft beschäftigen. In der Kreislaufwirtschaft sieht er ein starkes Wachstumspotenzial, da sich Unternehmen zunehmend mit Fragen auseinandersetzen, welche die Grundlagen ihres eigenen Wirtschaftens betreffen.

      Welche wesentlichen Probleme kann die Kreislaufwirtschaft heute lösen?

      Da sehe ich zwei. Erstens trägt die Kreislaufwirtschaft durch die notwendige Reduzierung der CO2-Emissionen zur Bekämpfung der Erderwärmung bei und senkt den Ressourceneinsatz. Zweitens kann sie durch eine höhere Ressourceneffizienz den Verlust der Biodiversität bremsen. Natürlich greifen diese beiden Herausforderungen ineinander. Kurzfristig bietet die Kreislaufwirtschaft Lösungen für akute Probleme, die die internationalen Lieferketten gefährden oder die Preise für Energie und Rohstoffe in die Höhe treiben.

      Welche Entwicklungsachsen wird die Kreislaufwirtschaft in erster Linie verfolgen?

      Neue Rechtsvorschriften werden die Dynamik in Europa, den USA und sogar in China beschleunigen. Weltweit können Unternehmen in den kommenden zehn Jahren und darüber hinaus mit politischer Unterstützung und starken Anreizen für Investitionen in unterschiedlichen Sektoren wie zum Beispiel in erneuerbare Energien rechnen.

      Gleichzeitig schärft sich das ökologische Bewusstsein der Verbraucher, die zunehmend Wert auf Themen wie Netto-Null und Biodiversität legen: Ethischer Konsum ist endgültig zu einer weit verbreiteten Haltung geworden.

      Wie integrieren Unternehmen diesen Wandel in ihre ESG-Politik?

      Nicht alle Unternehmen sind im gleichem Mass von diesen Trends betroffen. Wir beobachten, dass viele in diese Richtung investieren: Sie konzentrieren sich zum Beispiel auf erneuerbare Energien oder auf Green Tech für die Schwerindustrie. Inzwischen fliessen immer mehr Investitionen in diese Bereiche.

      Ausserdem ist festzustellen, dass Unternehmen den Anteil recycelbarer Produkte erhöhen und Verpackungen einsparen wollen, und dass sie bei ihren Herstellungsprozessen bevorzugt auf biologische Materialien statt auf Chemie setzen.

      Fakten schaffen sie auch bei der strengeren Kontrolle ihrer Lieferkette, der stärkeren Überwachung ihrer Lieferanten und durch mehr Transparenz bezüglich der Herkunft der Rohstoffe.

      An der Lieferkettenfront ist ferner eine zunehmende Relokalisierung der Produktionsstätten zu beobachten, um massive Unterbrechungen der Lieferketten zu vermeiden, wie dies seit der Covid-Krise der Fall ist.

      Wie viele Unternehmen überwachen Sie in Bezug auf das Anlagethema Kreislaufwirtschaft‘?

      Unser Ausgangsuniversum ist der MSCI World-Index mit seinen 1500 Unternehmen, von denen wir ein Drittel auf unserem Radar haben, da sie in Verbindung mit der Kreislaufwirtschaft stehen. Ich kann nicht mit bis zur Kommastelle exakten Zahlen aufwarten, doch klar ist, dass dieses Universum inzwischen immer grösser wird. Und genau das interessiert uns.

      Welche grossen Achsen verfolgt die Strategie des Fonds Decalia Circular Economy?

      Die Strategie hat einen ganz einfachen Namen: CIRCLE! Wir haben sechs Trends bzw. Unter-Anlagethemen festgelegt, die sich ergänzen und Diversifikationsvorteile bieten. Diese sechs Trends sind Circular-Models, Innovative-Technology, Renewables, Cleaner-Environment, Life-Preservation und Eco-Design. Für das Anlagethema als Ganzes verfolgen wir einen Top-Down-Ansatz und identifizieren dann für den Portfolioaufbau eine entsprechende Dynamik für jedes Unterthema nach dem Bottom-Up-Prinzip. Der Fonds ist in rund fünfzig Aktien investiert. Wir beschränken uns aber nicht nur auf „Best-in-Class“-Unternehmen, sondern haben auch Akteure aus Industrien mit hohem ökologischem Fussabdruck auf dem Radar, die die notwendigen Investitionen zur erheblichen Senkung ihrer CO2-Emissionen vornehmen. Sie werden den höchsten Impact erzielen. Wir brauchen Unternehmen, die auf Verbesserung setzen.

       

      Jonathan Graas

      Decalia  

      Jonathan Graas ist leitender Portfoliomanager des Asset Management-Bereichs der Genfer Asset Management-Boutique Decalia. Er ist Mitglied des für den Decalia Sustainable SOCIETY zuständigen Fondsmanagerteams und Co-Manager des Decalia Circular Economy. Bei Decalia stiess er erneut auf Alexander Roose und Quirien Lemey, mit denen er bereits bei DPAM zusammengearbeitet hatte. Bei DPAM verwaltete er einen US-amerikanischen Nachhaltigkeitsfonds und war Co-Manager von zwei nachhaltigen Themenfonds mit einem verwalteten Vermögen von über 4 Milliarden Euro. Jonathan Graas verfügt über einen Maîtrise-Abschluss in angewandter Mathematik der Katholischen Universität Leuven und eine Maîtrise in internationaler Finanzwirtschaft der HEC Paris.

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        Sphere

        The Swiss Financial Arena

        Die Agentur SPHERE ist auf Investor Relations spezialisiert. Sie gibt das Magazin SPHERE heraus, das den Fachleuten der Vermögensverwaltung und der Vermögensverwaltung in der Schweiz gewidmet ist, und organisiert Finanzveranstaltungen für dasselbe Publikum. Sie stützt sich auf die Kompetenzen und das solide Netzwerk ihrer Partner, die seit mehr als fünfzehn Jahren in der Banken- und Finanzindustrie tätig sind.

        Quant

          • Jérôme Callut
          • Partner und Leiter der Forschungsabteilung
          • DCM Systematics

        Daten: der Zukunftspfeiler für Portfolios

        Die Entwicklung der quantitativen Verwaltung ist untrennbar mit der Explosion der Rechenleistung verbunden. Genauigkeit, Tiefe und Vielfalt der Modelle werden für Diversifikation, Performance und Risikomanagement immer kritischer. Doch sollte nicht vergessen werden, dass die Maschine ohne die Daten, mit der sie gefüttert wird, nicht läuft, und dass Innovationen in erster Linie davon abhängen, wie diese Daten verarbeitet werden.

        Die Entstehung der quantitativen Verwaltung geht für einige auf das Jahr 1900 zurück, als die Doktorarbeit des französischen Mathematikers Louis Bachelier erstmals Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik in die Finanzwelt einführte. Bachelier hatte offenbar die Entwicklung von Tools zur Bewertung von Optionen im Sinn. Seine Arbeit bildete die Grundlage des berühmten, im Jahr 1973 veröffentlichten Black-Scholes-Modells, mit dem sich seither Studierende der Finanzmathematikstudenten herumschlagen müssen.

        Andere wiederum datieren die Entstehung der quantitativen Verwaltung auf das Jahr 1954, als Harry Markowitz mit seiner bahnbrechenden Doktorarbeit über die moderne Portfoliotheorie Geschichte schrieb. Markowitz erläuterte, wie ein Portfolio ausgehend von der erwarteten Wertentwicklung von Wertpapieren, ihrer Risiken und ihrer Korrelationen aufzubauen ist. In den 1960er Jahren stellten Sharpe, Treynor, Lintner und Mossin das berühmte Capital Asset Pricing Model vor, das die Beziehung zwischen der Wertentwicklung eines Wertpapiers und der Marktentwicklung formalisiert. In der Folge konzentrierte sich die Forschung auf das faktorbasierte Investieren. Erwähnenswert sind vor allem die Arbeiten von Fama und French, die die Modellierung der Wertentwicklung eines Wertpapiers durch die Berücksichtigung mehrerer Performancefaktoren wie Wachstum, Wert und Grösse perfektionierten, um nur die bekanntesten Faktoren zu nennen.

        Diese Arbeiten bilden einen theoretischen Rahmen, der natürlich begrüssenswert ist und auch heute noch häufig Verwendung findet. Tatsächlich wurden damals jedoch nur wenige Portfolios mit diesen Modellen verwaltet, da unter anderem keine ausreichend zuverlässigen Daten zur Eingabe in die Modelle verfügbar waren.

        Dieses Manko wird jedoch nicht von Dauer sein.

        Die meisten erwähnten Protagonisten der quantitativen Verwaltung, insbesondere Fama, trugen massgeblich zur ‚Hypothese der effizienten Märkte‘ bei. Diese besagt, dass der Preis eines finanziellen Vermögenswerts sämtliche öffentlich verfügbaren Informationen widerspiegelt. Aufgrund dieser Hypothese ist es nicht vorstellbar, den Markt langfristig zu übertreffen.

        Obwohl es sich dabei nur um einen theoretischen Grundsatz handelt, beschloss der CEO der Investmentgesellschaft Vanguard John C. Bogle im Jahr 1976 seine praktische Anwendung. Er legte den Vanguard 500 Index auf, einen Fonds, der die Komponenten des S&P 500-Index abbildet, in dem die 500 grössten Unternehmen der US-Börse geführt werden.

        Bogle hatte weniger die Nutzung des wissenschaftlichen Postulats im Sinn, er wollte dem Kleinanleger vielmehr ermöglichen, Anteile an den grössten US-Unternehmen zu halten, ohne die Qual der Wahl haben und Einzelaktien kaufen zu müssen – und dies besonders kostengünstig, da die systematische Natur der passiven Verwaltung mit geringeren Produktionskosten und folglich niedrigeren Verwaltungsgebühren verbunden ist.

        Inzwischen ist fast ein halbes Jahrhundert vergangen und Vanguard ist nach BlackRock der zweitgrösste Vermögensverwalter der Welt. Sein verwaltetes Vermögen beläuft sich auf rund 8 Billionen US-Dollar. Den Vanguard 500 Index Fund gibt es immer noch – dabei liegt die durchschnittliche Laufzeit eines Fonds bei gerade einmal neun Jahren. Der Erfolg dieses Verwaltungsansatzes ist mehr als nur ein Einzelerfolg: Seit 2018 werden anteilsmässig mehr US-Aktien passiv verwaltet als aktiv.

        Die Kombination von Datenverarbeitungskapazität (Voraussetzung für eine passive Verwaltung) und zusätzlichem technologischen Fortschritt (elektronischer Wertpapierhandel) ermöglichte eine der grössten Innovationen der Finanzwelt: Exchange Traded Funds (ETFs). Anfangs kamen ETFs dem Wunsch der Wertpapierhändler entgegen, alle Komponenten eines Index in einer einzigen Transaktion handeln zu können. Der erste, im Jahr 1993 angebotene ETF bildete die Wertentwicklung des S&P 500-Index ab und ist in der gesamten Branche unter dem Namen SPY bekannt. Er entspricht mittlerweile einem verwalteten Vermögen von fast 350 Milliarden US-Dollar. Knapp 30 Jahre nach der Gründung des ETF-Marktes beläuft sich sein Gesamtwert auf fast 6 Billionen US-Dollar. Dies entspricht 10% des gesamten Vermögens in offenen Fonds weltweit.

        Heute sind Unmengen an Daten zur Verarbeitung verfügbar. Während sich die Nutzung von Daten für die Verwaltung zunächst nur auf die Bewertung von Wertpapieren und den Portfolioaufbau konzentriert hatte, kommen sie zunehmend auch in der Analyse von Vermögenswerten und deren Wertpotenzial zum Einsatz und ermöglichen fundiertere Anlageentscheidungen. Die Auswertung von Satellitenfotos zur Zählung der Fahrzeuge auf Walmart-Parkplätzen oder die Erfassung der Auslastung von Restaurants mit OpenTable erlaubt eine bessere Prognose von Inflationstrends. Diese Trends können somit bereits lange vor der Veröffentlichung des CPI durch das Bureau of Labor Statistics in der Portfolioverwaltung berücksichtigt werden.

        Früher war dieser Bereich quantitativen Portfoliomanagern vorbehalten, doch immer mehr qualitative Manager nutzen Datenverarbeitungstechniken für die Identifikation von Anlagechancen und als Entscheidungshilfe. Die Grenzen sind fliessend!

        Die erste breite praktische Anwendung der massenhaften Datenverarbeitung in der Portfolioverwaltung ermöglichte wie bereits erwähnt eine Demokratisierung von Investmentfonds und einen besonders kostengünstigen Zugang zu diesen Anlageinstrumenten. Wir befinden uns derzeit gerade in der zweiten bedeutenden Transformationsphase, bei der es vorrangig um die besonders effiziente Verwaltung von Anlagen auf einer breiteren Informationsbasis geht. Das von qualitativen Portfoliomanagern oft als „Unterstützung“ bezeichnete Informationssystem hat sich neben der Erfahrung und Kompetenz des Teams als ein entscheidender Faktor der Wettbewerbsfähigkeit etabliert.

         

        Jérôme Callut

        DCM Systematics

        Jérôme Callut ist Partner und Leiter der Forschungsabteilung bei DCM Systematic Advisors in Genf. Zusammen mit Anthony Dearden hat Callut die Strategie Diversified Alpha entwickelt und überwacht deren Entwicklung. Jérôme Callut arbeitete von 2008 bis 2013 bei Bluecrest Capital Management als Senior Researcher im Systematic Modeling Team an der BlueTrend-Strategie (CTA). Er leitete insbesondere das Forschungsteam für Strategien, die sich mit Währungen befassen. Zu seinen Aufgaben gehörten die Verbesserung bestehender Strategien und die Erstellung neuer Vorhersagemodelle. Jérôme hat einen Doktortitel in Machine Learning von der Universität Leuven.

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          Equities

          • Philip Best
          • Small & Mid Caps Portfolio Manager
          • Quaero Capital

          Small-Caps : ein Universum, das es noch zu erobern gilt

          Sobald die Missverständnisse in Bezug auf Small und Mid Caps aus der Welt geschafft sind, wird klar, dass beide Kategorien sehr unterschiedlich sind und dass man echte Schätze in diesem Universum finden kann, die der Markt nicht auf dem Radar hat. Der Zeitpunkt ist denkbar günstig, um auf Schatzsuche zu gehen.

          Nebenwerte – Small und Mid Caps – werden zu Unrecht als homogene Anlageklasse eingestuft, deren Unternehmen bestimmte Gemeinsamkeiten aufweisen sollen. Aber abgesehen von ihrer Grösse gibt es wenig Gemeinsamkeiten zwischen einem Familienunternehmen, das in einer engen, aber lukrativen Nische aktiv ist, und einem Startup, das sich anschickt, aus dem Nichts einen neuen Markt zu erschaffen und damit die Welt zu revolutionieren, gleichzeitig aber mangels Einkommensquellen jede Menge Cash verbrennt. Wie im Dschungel leben unsichtbar für fremde Blicke friedliche Pflanzenfresser neben schnell wie der Wind laufenden Raubkatzen, lauernden Raubtieren, Aasfressern und Faultieren, ja sogar Dinosauriern!

          Small und Mid Caps gelten generell als riskanter als die grossen Standardwerte der Börse. Aufgrund ihrer geringeren Grösse verfügen sie angeblich über weniger Rücklagen, sind weniger beweglich und werden daher vom Markt als anfälliger eingestuft. Auch hier gilt: Vorsicht vor voreiligen Schlussfolgerungen! Die Solidität eines Unternehmens hängt nämlich nicht von seiner Grösse ab – man denke nur an einige Kolosse auf tönernen Füssen wie Lehman Brothers, Enron oder General Motors –, sondern von der Qualität der Bilanz, der Höhe des Eigenkapitals und der Marktposition. Es gibt natürlich auch stark verschuldete und anfällige Small Caps, aber das trifft auf die meisten Nebenwerte nicht zu. Im Gegenteil: Sie werden oftmals konservativ und umsichtig geführt.

          Ein weiteres weit verbreitete Fehleinschätzung ist, dass europäische Nebenwerte vorwiegend auf die Binnenwirtschaft ausgerichtet sind und daher stärker unter der Energiekrise leiden. Fakt ist, dass KMU in den USA tatsächlich weitgehend den lokalen Markt bedienen, was jedoch bei ihren europäischen Pendants nicht der Fall ist, denn sie exportieren ihre Produkte häufig in die ganze Welt. Dies trifft auch und insbesondere auf die Schweiz zu.

          Auch wenn Nebenwerte weniger glanzvoll sind als einige Tech-Sterne am Börsenhimmel – sie schaffen es, die grossen Kapitalisierungen langfristig zu schlagen, indem sie ihre Stärken ausspielen. In den letzten zwanzig Jahren (von 2002 bis 2022) erzielten die im MSCI Europe SMID Cap-Index geführten Aktien eine annualisierte Performance von +8,%, die Werte im MSCI Europe-Index dagegen von nur 6,4%.

          Durch aktives Management kann dieses Ergebnis noch verbessert werden, insbesondere durch die Abfederung von Baissephasen wie im Jahr 2022, als die Verluste um die Hälfte gesenkt werden konnten.

          Und diese Überperformance ist nicht allein auf ein aussergewöhnlich gutes Jahr zurückzuführen, das eine lange Durststrecke ausgeglichen hat. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Ergebnisse sind sehr stetig: In jedem Zehnjahreszeitraum seit 1999 haben europäische Mid Caps die Large Caps übertroffen, und zwar sowohl in Hausse- als auch in Baissejahren.

          In Europa sind 5.385 Unternehmen an der Börse notiert. Davon weisen 4.201 Gesellschaften eine Börsenkapitalisierung von weniger als einer Milliarde Euro auf. Mit anderen Worten: 78% der börsennotierten Unternehmen repräsentieren lediglich 5% der gesamten Marktkapitalisierung. Das Anlageuniversum ist demnach riesig, wird aber aus Kostengründen und wegen mangelnden Interesses der Anleger von den Investmentbanken kaum abgedeckt. In unserem Portfolio sind nahezu 30% der Wertpapiere „Waisen“, das heisst sie werden von keinem Analysten überwacht.

          Deshalb kann man Schätze in Form von wertvollen Unternehmen finden, die auf deutlich unter dem Marktdurchschnitt liegenden Bewertungsniveaus gehandelt werden. Investiert man in diese unterbewerteten Unternehmen, dann setzt man den kniffligsten Aspekt des berühmten Mottos von Benjamin Graham, dem Vater des Value Investing und Mentor von Warren Buffet, in die Praxis um: „Buy cheap and sell dear – Billig kaufen und teurer verkaufen“. Da sich Kursausreisser früher oder später von selbst korrigieren, muss man nur abwarten, bis der Markt den wahren Wert der Unternehmen erkennt.

          Bei Small Caps und auch bei Blue Chips ist das „Market Timing“ ein besonders gefährliches Unterfangen: Den idealen Zeitpunkt für Einstieg oder Ausstieg an der Börse zu finden, ist oft nur eine Illusion. Dennoch scheint der Zeitpunkt für Investitionen in europäische Small und Mid Caps günstig zu sein.

          Erstens war 2022 nach den Jahren der Exzesse, in denen einige Technologieaktien immer neue, schwer nachvollziehbare Rekordstände erklommen, das Jahr der Rückbesinnung auf die Fundamentaldaten. Durch die Rückkehr der Inflation und die steigenden Zinsen sind diejenigen Geschäftsmodelle wieder in den Vordergrund gerückt, die kurzfristig statt in ferner und ungewisser Zukunft Gewinne erwirtschaften. Anstelle eines Comebacks von Value-Titeln zu Lasten von Wachstumswerten ist ein – hoffentlich besonders gut strukturierter – Übergang von Strategien des „Wachstums um jeden Preis“ zur Maxime „Der Preis ist wichtig“ zu beobachten

          Derzeit bieten sich hervorragende Anlagechancen und zum ersten Mal seit dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2002 und der darauf folgenden Krise 2001-2002 gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die zu einem KGV von unter 10 gehandelt werden.

          Ein weiterer Indikator, der auf die momentane Unterbewertung von Small und Mid Caps hindeutet, ist die Strategie ihrer Aktionärsfamilien. Seit einigen Monaten beschliessen Gründerfamilien nämlich, ihre Aktien zurückzukaufen, um ihre Unternehmen von der Börse zu nehmen: Sie sind der Ansicht, dass ihre Aktien im Vergleich zu den Preisen, die Private-Equity-Akteure für Konkurrenten zahlen, wirklich unverhältnismässig billig sind. Dies war beispielsweise beim Waadtländer Verpackungsmaschinenhersteller Bobst oder dem französischen Büroausstatter Manutan der Fall. Für Investoren ist dies eine gute Nachricht: Die Familien zahlen häufig sehr hohe Prämien für ihr Rückkaufangebot – 60% im Fall von Manutan – und demonstrieren damit ihr unumstössliches Vertrauen in die Geschäftsaussichten ihres Unternehmens. Denn wer kennt den wahren Wert eines Unternehmens besser als die Gründerfamilien?

          Ein letztes Argument für eine Anlage in europäische Small und Mid Caps: Das Wachstum in Europa dürfte in den kommenden Jahren von mehreren Megathemen angetrieben werden. Dazu gehören der wachsende Bedarf an Energieinfrastruktur, die Rückführung der Produktion mit dem Ziel, die Abhängigkeit von Asien zu verringern, die zunehmende Automatisierung der Industrie und die starke Aufstockung der Verteidigungsbudgets als Reaktion auf die russische Invasion der Ukraine.

           

          Philip Best

          Quaero Capital

          Philip Best ist einer der Gründer von Quaero Capital. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 1983 als Fondsmanager bei Warburg Investment Management, wo er den Fonds Mercury European Income verwaltete. Im Jahr 1987 wechselte er als Broker für europäische Nebenwerte zu Enskilda Securities. 1994 eröffnete und leitete er die Pariser Niederlassung von The Europe Company Limited, eines auf Research für europäische Nebenwerte spezialisierten Börsenmaklers, der im Jahr 2000 von Jefferies & Co übernommen wurde. Philip Best legte im Jahr 2003 den Fonds Argonaut auf.

           

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            Die Agentur SPHERE ist auf Investor Relations spezialisiert. Sie gibt das Magazin SPHERE heraus, das den Fachleuten der Vermögensverwaltung und der Vermögensverwaltung in der Schweiz gewidmet ist, und organisiert Finanzveranstaltungen für dasselbe Publikum. Sie stützt sich auf die Kompetenzen und das solide Netzwerk ihrer Partner, die seit mehr als fünfzehn Jahren in der Banken- und Finanzindustrie tätig sind.