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„Wir können ein sehr umfassendes Angebot über die zweite Säule aufbauen“

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The Swiss Financial Arena

Seit der Gründung im Jahr 2016 unterstützt und vernetzt SPHERE die Community der Schweizer Finanzbranche. SPHERE ermöglicht den Austausch, sei es mit dem vierteljährlich erscheinenden Magazin, den beiden Sonderausgaben für institutionelle Anleger, der Website, den Newsletter und den Veranstaltungen, die das ganze Jahr hindurch durchgeführt werden. Toutes les parties prenantes de la finance, l’un des plus importants secteurs économiques de Suisse, ont ainsi à leur disposition une plateforme où il leur est possible d’échanger, de s’informer et de progresser.

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Take cover

Investment Lösungen

  • Interview Daniel Germann
  • Portfolio manager
  • Progressive Capital Partners

«Erstaunlicherweise sind gewisse Absicherungen wieder günstig”

Seit ihrer Gründung in Zug im Jahr 2001 konzentriert sich Progressive Capital Partnners auf alternative Anlagen. Im Moment ist es die Nachfrage der Anleger nach Absicherungs-Strategien aufgrund des starken Zinsanstiegs und der geopolitischen Spannungen, die seine volle Aufmerksamkeit erfordert, wie Daniel Germann erklärt.

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Liquid Alternatives und Long Volatility waren bisher eher nur Spezialisten ein Begriff. Mit dem starken Zinsanstieg hat sich das spätestens im vergangenen Jahr verändert? Was war der Grund?

Die geopolitischen Krisen sowohl im Jahr 2022 als auch 2023, der Aktienmarkt-Rückgang im 2022 als auch die generell erhöhten Schwankungen an den Märkten haben vielen institutionellen Investoren wieder die Daseinsberechtigung von Absicherungs-Strategien in Erinnerung gerufen. Gleichzeitig hat der Marktrückgang 2022 aber auch gezeigt, dass ein nicht ausreichend diversifizierter Absicherungs-Ansatz das Potential für Enttäuschungen birgt.

Absicherungen, das klingt immer wieder auch nach Kosten. Wie sehen Sie das?

Natürlich ist das immer wieder ein Thema. Unser Ansatz bleibt jedoch klar auf sogenannte carry-neutral basierten Absicherungen fokussiert. Das heisst, wir sind grundsätzlich «long» auf realisierten und impliziten Volatilitäten – und das über unsere insgesamt 11 Unter-Strategien hinweg, diversifiziert über alle Asset-Klassen sowie Regionen.

Kosten sind für uns allerdings immer auch im Kontext der gelieferten Umsetzungs-Qualität der spezialisierten Portfoliomanager zu sehen – vermeintlich «günstig» kann also im Endeffekt teilweise sogar deutlich teurer sein als qualitativ hochwertige Lösungen mit beschränkter Kapazität und einem entsprechenden Preisschild. Wir stellen immer wieder fest, dass es unter den sehr heterogenen Absicherungs-Ansätzen erhebliche Diversifikations-Potentiale zu nutzen gibt. Zudem, und dies ist für uns zentral, steigt mit einem breiten gefächerten Netz an Absicherungen die Verlässlichkeit mit Hinblick auf unterschiedliche Krisen-Szenarien.

In Zeiten, in welchen die Aktienmärkte performten, haben Sie also weniger starke Returns gesehen?

Genau, insbesondere Long Volatility ist eine Strategie, die in Zeiten von tiefer Volatilität weniger zum Tragen kommt. Sie spielt für unsere Kunden primär die Rolle als Absicherung gegen Krisen. Und die haben wir derzeit wahrlich zu genüge. Für uns selber dominiert allerdings nach wie vor der «Value»-Aspekt dieser selektiven, und aktiv bewirtschafteten Long Volatility Exposures – den wir können diese typischerweise in den untersten 5-25% der langfristigen historischen Bandbreiten erwerben, was in sich schon ein gewisses Aufwärtspotential birgt, selbst ohne grössere Krisen.

Die makroökonomischen Unsicherheiten bleiben bestehen. Was heisst das aus Sicht des Anlegers?

Wir werden tendenziell weiter höhere Volatilitäten sehen. Die Zeiten von tiefer Inflation sind vorbei. Die Puts, welche durch die Zentralbanken gesprochen wurden, existierten so nicht mehr. Die Transition in ein neues «Makro-Regime» ist in vollem Gange, auch wenn die Zinsen nun nicht mehr so stark ansteigen werden, es da und dort sogar zu einem Halt gekommen ist. Zudem erleben wir eine stärkere Regulation und höhere Kosten im Arbeitsmarkt – alles tendenziell positiv für anhaltend erhöhte Volatilitäten.

Was heisst das alles für Progressive Capital Partners?

Nun, wir sehen uns in unserer Strategie als fokussierter Nischenanbieter bestätigt. Die Nachfrage nach Absicherungsmöglichkeiten insbesondere im Bereich der Volatilität steigt. Wer diversifiziert und auf tiefe, idealerweise negative Korrelationen achtet, insbesondere auch im Bereich der Liquid Alternatives, dürfte belohnt werden in diesen Zeiten.

 

Daniel Germann

Progressive Capital Partners

Daniel Germann stiess 2019 zu Progressive Capital Partners. Davor arbeitete er bei Vontobel Asset Management, wo er sich ebenfalls auf Global Macro und Systematic Trading Strategien fokussierte. Er war Mitglied des Alternative Investment Committee und arbeitete sowohl an diskretionären als auch an beratenden alternativen Anlagemandaten. Vor seiner Tätigkeit bei Vontobel war Daniel Germann bei der Raiffeisen Schweiz sowie und ihrer Tochtergesellschaft Notenstein La Roche Privatbank tätig. Daniel Germann verfügt über einen Master of Arts in Banking and Finance der Universität St. Gallen (HSG).

Follow up

  • EAM-Lösungen
  • Interview mit Yara Lavanga
  • Head External Asset Managers
  • Maerki Baumann

«Wir haben mehreren Vermögensverwaltern bei der Nachfolgeplanung geholfen»

Für die Zürcher Privatbank Maerki Baumann werden die Beziehungen zu unabhängigen Vermögensverwaltern immer wichtiger. Für diejenigen UVVs, die keine Lizenz beantragten hatten, aktivierte Maerki Baumann schnell sein eigenes Netzwerk, um Lösungen zu finden und Nachfolgepläne umzusetzen.

Wie würden Sie den heutigen Zustand der Branche der UVVs beschreiben?

In den vergangenen Jahren waren neben den marktseitigen Herausforderungen, dem technologischen Wandel sowie den Veränderungen bei Kundenverhalten und -bedürfnissen vor allem die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen prägend. Dies erforderte nicht nur einmalig, sondern auch in Zukunft erhebliche Anstrengungen und Ressourcen, die in die Geschäftsmodelle und -strategien integriert werden müssen, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Hier haben die unabhängigen Vermögensverwalter aufgrund ihrer überschaubaren Grösse hohe Agilität und damit einen entscheidenden Vorteil.

Wie sehen Sie die Weiterentwicklung der Branche?

Die seit Anfang 2023 geltende FINMA-Lizenzierung stellt nicht nur eine einheitliche Aufsicht sicher, sondern ist auch ein Gütesiegel für Professionalität und Transparenz. Die jüngsten Unsicherheiten auf dem Bankenplatz Schweiz haben zudem gezeigt, wie wichtig Unabhängigkeit und eine starke Kundenbindung sind, weshalb die UVVs weiterhin bedeutungsvolle Akteure in der Finanzbranche bleiben. Die Unabhängigkeit der UVVs und jene von uns als Familienunternehmen mit einem persönlich fassbaren Aktionariat, sind eine gute Gemeinsamkeit für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Mit der Einführung des neuen Regulierungsregimes – FIDLEG und FINIG – war in der Industrie hierzulande viel Nervosität zu spüren. Wie sehen Sie das?

Natürlich war eine gewisse Anspannung zu spüren. Wir arbeiten mit sehr erfahrenen, professionellen UVVs zusammen, die sich nicht vor dem Bewilligungsprozess «fürchten» mussten. Einige unserer Partner haben uns auch als Referenz auf ihrem FINMA-Gesuch angegeben, was uns natürlich gefreut hat. Dennoch haben sich gewisse unserer UVVs entschieden, keine Lizenz zu beantragen. Wir haben ihnen bei der Nachfolgeplanung geholfen und unser Netzwerk spielen lassen. So haben wir durch den geordneten Generationenwechsel keine Endkunden verloren. So haben wir durch den geordneten Generationenwechsel keine Endkunden verloren.

Im Zentrum Ihres Angebots für UVVs steht ein modulares Produkte-Angebot. Was steckt dahinter?

Unsere modulare Anlagelösung bietet den UVVs die Möglichkeit, ihren betreuten Portfolios attraktive Bausteine beizumischen, und zwar nicht im Kleid eines Fonds, sondern als Basiswerte, die der Endkunde in seinem Portfolio hält. Dies ermöglicht den UVVs, sich auf ihre Asset Allocation sowie ihre eigenen Spezialitäten zu konzentrieren und weitere Märkte und Anlageklassen durch uns als Partner verwalten zu lassen. Besonders beliebt bei den UVVs sind auch die erwähnten Module aus dem Segment der Privatmarktanlagen wie Private Equity, Venture Capital oder Krypto. Aber auch spezifische Segmente wie beispielsweise Nebenwerte Schweiz werden gerne als Ergänzung und anstelle von kostenintensiven Fonds beigemischt. Dazu unterstützen wir die UVVs mit einem direkten Zugang zu unserer Anlageexpertise.

Yara Lavanga

Maerki Baumann & Co

Yara Lavanga ist seit Anfang 2023 Leiterin der Abteilung Externe Vermögensverwalter bei der Privatbank Maerki Baumann & Co. In dieser Funktion ist sie mit mit ihrem fünfköpfigen Team für die Betreuung der unabhängigen Vermögensverwalter zuständig. Bevor sie vor rund zwei Jahren zu Maerki Baumann stiess, war sie acht Jahre bei der UBS Switzerland AG tätig und hat berufsbegleitend Betriebswirtschaft studiert.

Sphere

The Swiss Financial Arena

Seit der Gründung im Jahr 2016 unterstützt und vernetzt SPHERE die Community der Schweizer Finanzbranche. SPHERE ermöglicht den Austausch, sei es mit dem vierteljährlich erscheinenden Magazin, den beiden Sonderausgaben für institutionelle Anleger, der Website, den Newsletter und den Veranstaltungen, die das ganze Jahr hindurch durchgeführt werden. Toutes les parties prenantes de la finance, l’un des plus importants secteurs économiques de Suisse, ont ainsi à leur disposition une plateforme où il leur est possible d’échanger, de s’informer et de progresser.

Rue Barton 7
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P +41 22 566 17 31

© 2023 Sphere Magazine

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Outlook

Investment Lösungen

  • Interview Cédric Dingens
  • Head of Investment Solutions and Alternative Investments
  • NS Partners

„Bei Hedgefonds ist das aktuelle Umfeld ideal für die Generierung von Alpha“.

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens als Spezialist im Bereich alternativen Anlagen in Genf gibt NS Partners am 28. November einen umfassenden Überblick über den Stand der Anlageklasse. Diese hat in den letzten Jahren wieder an Bedeutung gewonnen. Und das werde auch weiterhin so bleiben, wie Cédric Dingens in einem Ausblick ausführt.

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Welche Gründe haben Sie dazu bewogen, dieses Treffen zum Thema alternative Anlagen am 28. November in Genf zu organisieren?

Der Zeitpunkt erscheint uns ideal. Wir feiern also unser fünfzigjähriges Jubiläum im Bereich der alternativen Anlagen. Und die aktuellen Turbulenzen machen diese Strategien wieder interessant. Ende 1973 einen der allerersten Fonds von Hedgefonds aufzulegen, war eine echte Revolution. Zuvor gab es zwar schon Hedgefonds, aber sie hatten sehr hohe Investitionsschwellen und waren notorisch schwer zugänglich.

Fonds von Hedgefonds ermöglichten also einem breiteren Publikum den Zugang zu alternativen Anlagen und profitierten von deren Stärken in Bezug auf Diversifizierung und Abwärtsschutz. Wir legten damit die Grundlagen für Fondsauswahl und das Multi-Manager-Portfoliomanagement fest, und gehörten so zu den Pionieren einer ganz neuen Branche, für die Genf zu einem der weltweiten Zentren wurde.

Wie sieht der Inhalt ihres Outlooks in groben Zügen aus?

Wir werden einen umfassenden Überblick über die Aussichten im Bereich alternative Anlagen für die nächsten zwölf Monaten geben. Wir werden daran erinnern, warum das aktuelle Umfeld mit erhöhter Volatilität, steigenden Zinsen und anhaltender Inflation ideal für die Generierung von Alpha ist. Wir werden daran erinnern, wie sich die Branche neu erfunden hat, insbesondere durch die Optimierung des Risikomanagements, und wir werden auf die starken Trends für das Jahr 2024 eingehen. Schliesslich werden wir uns mit China und Asien im Hinblick auf alternative Strategien beschäftigen.

Warum ist es so schwierig geworden, in den Hedgefonds-Sektor zu investieren?

Erstens gibt es im Gegensatz zu den Aktienmärkten einfach keine Verzeichnisse von Hedgefonds oder umfassende Datenbanken. Daher sind sie schwer zu finden, zumal sie in einer Vielzahl von Rechtsordnungen domiziliert sind. Eine schnelle Erkennung neuer Fonds ist ebenfalls sehr wichtig, da sie häufig geschlossen werden, nachdem sie eine bestimmte Grösse erreicht haben. Ein ausgezeichnetes Netzwerk in der Branche ist daher von entscheidender Bedeutung. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass diese Fonds häufig Mindestinvestitionen verlangen, die manchmal recht hoch sind. Ein nächster Grund betrifft die Liquidität. Diese Fonds schreiben einen Mindestinvestitionszeitraum vor, in dem es nicht möglich ist, seinen Einsatz zurückzubekommen. Solche Rückzugsmöglichkeiten sind oft nur monatlich oder sogar vierteljährlich möglich und dann auch mit langen Kündigungsfristen.

Ein letzter Grund bezieht sich auf die Komplexität der von diesen Fonds verwendeten Strategien. Um unter einer Vielzahl von Marktbedingungen positive Ergebnisse zu erzielen, greifen die Fondsmanager auf unkonventionelle Strategien zurück, die weit entfernt vom traditionellen „Buy & Hold“ sind. Sie setzen auf Derivate, die sie zu komplexen Strategien kombinieren, nutzen Arbitragetechniken, gehen Leerverkäufe ein oder investieren in exotische Märkte wie Rohstoffe. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, über die notwendigen Fähigkeiten zu verfügen, um die Richtigkeit der gewählten Strategie zu beurteilen.

NS Partners hat mit dem Haussmann Fund fünfzig Jahre alternative Vermögensverwaltung betrieben. Welche wichtigen Erkenntnisse haben Sie daraus gezogen?

Im Gegensatz zu den Behauptungen derjenigen, die uns Indexprodukte verkaufen wollen, gibt es talentierte Manager, die wirklich in der Lage sind, den Unterschied zu machen. Dazu muss man sich nur die Performance ansehen, die Haussmann Holdings seit seiner Gründung erzielt hat: +36’663%. Und auch wenn sich die Zeiten ändern, gibt es immer einen Nachwuchs an talentierten Managern, die sich nicht davor scheuen, abseits der ausgetretenen Pfade zu wandern.

Wir haben auch festgestellt, dass alternative Strategien in den letzten zehn Jahren etwas vernachlässigt wurden, da die Aktienmärkte praktisch ununterbrochen gestiegen sind. Man kann eine Parallele zu Versicherungen ziehen, deren Nutzen man erst nach einem Unfall sieht. Aktivere Strategien, die das Kapital besser schützen, sind wieder in Mode gekommen.

Wie sollte das Jahr 2024 im Grossen und Ganzen für die alternative Vermögensverwaltung aussehen?

Angesichts steigender Zinsen, makroökonomischer Bedenken und der Rückkehr der Volatilität an den Märkten dürften Long/Short-Strategien wieder ihren Wert unter Beweis stellen können. Ebenso scheinen sich bei den Themen der Energiewende und in der Welt der Rohstoffe Chancen und Ineffizienzen abzuzeichnen.

Historische Daten zeigen, dass Hedgefonds-Manager ihre besten Ergebnisse in Zeiten hoher Zinssätze erzielen, wie dies zwischen 1990 und 2007 der Fall war. Bei Renditen von 5 % für zehnjährige Anleihen, einer voraussichtlich anhaltenden Inflation und hohen Defiziten befinden wir uns also in einer recht günstigen Situation für alternative Strategien. Sie sollten auch von wichtigen Trends wie der Deglobalisierung, der Energiewende und den US-Wahlen profitieren, da ihre Performance auch von der Streuung an den Aktienmärkten abhängt.

 

Cédric Dingens

NS Partners

Cédric Dingens leitet den Bereich „Investment Solutions & Institutional Clients“ bei NS Partners. In dieser Funktion ist er seit 2016 Mitglied des Investmentkomitees von Haussmann. Cédric begann seine Karriere 2001 bei der Banque du Luxembourg. Im darauffolgenden Jahr wechselte er als Portfoliomanager zu Notz Stucki in Luxemburg. Er entwickelte das interne Rahmenwerk für quantitatives Risikomanagement, bevor er 2010 zum Leiter des Risikomanagements in Genf ernannt und 2016 in seine aktuelle Position befördert wurde. Er hat einen Abschluss in Quantitative Finance von der École nationale supérieure des mines de Nancy (Frankreich) und ist Chartered Alternative Investment Analyst.

Ziel

Investment Lösungen

  • Maad Osta
  • Analyst
  • AtonRà

Nachhaltige Finanzen: Die Zeit ist reif für Taten statt

Nach der Einführung der SFDR stieg die Begeisterung für nachhaltige Fonds sprunghaft an. Doch wie ethisch sind diese Anlagen wirklich und was ist Greenwashing? Maad Osta ist der Frage nachgegangen.

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Mit der Einführung der SFDR-Regelung im März 2021 begann eine neue Ära für die nachhaltige Finanz. Dadurch sollen echte grüne Initiativen von Greenwashing-Produkten unterscheidbar werden. Im Zentrum der Regulierung stehen Artikel-9-Fonds, die trotz der jüngsten Welle von Umklassifizierungen in Artikel-8-Fonds weiterhin einen erheblichen Platz einnehmen. Mit 301 Milliarden Euro machten sie Ende September 3,4 % des europäischen Marktes aus, wie aus einem kürzlichen Morningstar-Bericht hervorgeht. Das ist alarmierend und es stellt sich die Frage, ob Artikel-9-Fonds wirklich nachhaltiger investieren.

Das Definitionsdilemma: Nachhaltigkeit gleich Unklarheit?

Die Welt der nachhaltigen Investitionen ist zwar voller Hoffnung, aber noch immer von Vieldeutigkeit und unklaren Definitionen geprägt. Der Begriff «nachhaltige Investitionen», ein zentrales Konzept der Artikel-9-Fonds, leidet unter dem Fehlen einer einheitlichen und präzisen Definition und lässt Raum für eine Vielzahl von Interpretationen, die von einem Vermögensverwalter zum anderen variieren können.

Auch die bindenden Elemente oder «binding elements», mit denen die Verpflichtungen der Fonds in Bezug auf Nachhaltigkeit festgeschrieben werden sollen, sind nebulös. Diesen sogenannten bindenden Elementen mangelt es oft an Transparenz und Quantifikation. Sie stützen sich auf wenig stringente und manchmal undurchsichtige interne Methoden. Daher findet man nicht selten Banken, E-Commerce-Plattformen und Zahlungsdienstleister in Artikel-9-Fonds.

Der Kohlenstoff-Fussabdruck in Frage gestellt

Es zeigt sich, dass der oft zum Messen der Klimaauswirkungen verwendete Kohlenstoff-Fussabdruck, als alleiniger Indikator für Nachhaltigkeit an Grenzen stösst. Seine grösste Schwäche ist die Schwierigkeit, die indirekten Emissionen – oder Scope-3-Emissionen – einzubeziehen, die den Hauptanteil an den Emissionen eines Unternehmens ausmachen können. Das Messen der indirekten Emissionen, zu denen auch die Emissionen aus der Lieferkette und der Verwendung von Produkten gehören, ist komplex. Zudem fehlt eine Harmonisierung der Berechnungsmethoden, was dazu führt, dass die tatsächlichen Klimaauswirkungen der Unternehmen unterschätzt oder doppelt gezählt werden.

Darüber hinaus berücksichtigt der traditionelle CO2-Fussabdruck nicht die vermiedenen Emissionen, ein entscheidendes Konzept bei der Bewertung der Umweltauswirkungen. Vermiedene Emissionen sind Emissionsreduktionen, die durch den Einsatz von Produkten und Dienstleistungen entstehen, die gegenüber herkömmlichen Alternativen umweltfreundlicher sind. Ein Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge zum Beispiel spielt trotz seines hohen CO2-Fussabdrucks aufgrund des energieintensiven Herstellungsprozesses eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Er erleichtert eindeutig den Übergang zu saubereren Verkehrsmitteln. Andererseits kann ein Online-Zahlungsdienstleister, obwohl er aufgrund seiner digitalen Operationen einen relativ geringen CO2-Fussabdruck hat, indirekt zu nicht nachhaltigen Praktiken beitragen. Dies gilt speziell für den wachsenden und übermässigen Verbrauch an elektronischen Transaktionen, die potenziell Shoppingexzesse und Konsumsucht fördern.

Diese Problematik wird durch eine aktuelle Analyse von Goldman Sachs verdeutlicht. Demnach untergewichten die Artikel-9-Fonds den Technology-Hardware-Sektor (im Durchschnitt um -75%), obwohl dieser für die Herstellung sauberer Technologien von entscheidender Bedeutung ist. Gleichzeitig übergewichten sie Sektoren, die weniger direkt mit Nachhaltigkeit zu tun haben, wie Mortgage REITs (+880%) und Leisure Products (+480%).

Ein Handlungshorizont, keine Scheinwahrheiten

Die Zukunft der nachhaltigen Finanzwirtschaft wird nicht in Konferenzsälen oder mit Absichtserklärungen entschieden, sondern durch konkrete und messbare Massnahmen. Um zu verhindern, dass nachhaltige Fonds zu reinen Marketingtricks werden, braucht es eine stringente und allgemein anerkannte Definition von «nachhaltigen Investitionen», die quantifizierbare und wirklich aussagekräftige «verbindliche Elemente» umfasst.

Entscheidend ist, dass wir über die eingeschränkten Sichtweisen hinausgehen, die auf den CO2-Fussabdruck konzentriert sind, und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der die letztendlichen Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen im Rahmen einer globalen Dekarbonisierung berücksichtigt. Nur eine solche Entwicklung wird sicherstellen, dass nachhaltige Finanzen nicht nur ein Label sind, sondern ein echter Motor für Veränderungen in Richtung einer grüneren Zukunft.

Maad Osta

AtonRâ

Maad Osta kam 2018 als Energiefachmann zu AntonRâ Partners. Sein Haupttätigkeitsfeld ist die Grundlagenforschung für die Anlagestrategie «Sustainable Future». Zuvor arbeitete Maad Osta als Projektingenieur und später als Projektmanager für ein Unternehmen des Gas- und Energiesektors. Maad Osta ist Inhaber eines Masterabschlusses in Energiemanagement und nachhaltiger Entwicklung der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne.