• Interview mit Philippe Camperio
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«Ein Portfolio von 8 bis 10 Luxusmarken aufbauen»

Der Genfer Philippe Camperio hat die Gründung von ChimHaeres unter Dach und Fach gebracht: ein Joint-Venture von seiner Firma, Haeres Capital, und Chimera, einem in Abu Dhabi ansässigen Investmentfonds. Das Kapital der Zweckgesellschaft soll für den Erwerb und die Entwicklung von Luxus- und Lifestyle-Marken in Europa eingesetzt werden.

Über welche Beträge verfügen Sie aktuell bei ChimHaeres?

Unsere Investitionen belaufen sich derzeit auf rund 75 Millionen Dollar und wir haben vier Beteiligungen im Portfolio. Das ist unser «Basiscamp». Wir haben nun den Ehrgeiz, unsere Vermögenswerte bis 2027 auf 350 Millionen zu erhöhen. Wie Sie wissen, handelt es sich bei ChimHaeres nicht um einen Investmentfonds, sondern um eine private Beteiligungsgesellschaft. Allerdings denken wir darüber nach, ChimHaeres einen Private-Equity-Fonds zur Seite zu stellen, der uns dann bei grösseren Transaktionen begleiten kann.

Wie sind in der Holding die Rollen zwischen Chimera Abu Dhabi und Haeres Capital verteilt?

Als Hauptaktionäre teilen wir uns das Kapital fünfzig zu fünfzig. Gleiches gilt für den Verwaltungsrat. Die Verwaltung der operativen Tätigkeiten wurde den Teams von Haeres Capital anvertraut, und ich habe die Funktion des Chief Executive Officer übernommen.

Welche Vermögenswerte hat ChimHaeres aktuell im Portfolio?

ChimHaeres hat gerade eine Mehrheitsbeteiligung an Zagato erworben, einem italienischen Unternehmen, das auf die Konstruktion und Herstellung von Karosserien spezialisiert ist. Die 1919 gegründete Firma Zagato ist einer der bekanntesten Designer von Luxusautomobilen. ChimHaeres hat zudem das gesamte Firmenvermögen von Vionnet übernommen, einem französischen Haute-Couture-Haus, das 1912 von der legendären Modeschöpferin Madeleine Vionnet gegründet wurde, und eine Kapitalerhöhung für eine Mehrheitsbeteiligung an Fogal, der 1921 gegründeten Schweizer Strumpfmarke, durchgeführt. Und Haeres hat seine Mehrheitsbeteiligung an Borsalino beigesteuert. Diesen berühmten italienischen Hütehersteller hatte ich vor einigen Jahren erworben und wiederbelebt.

Ist die Holding für neue Partner offen?

ChimHaeres strebt um die zehn Beteiligungen an. Wir befassen uns bereits mit drei neuen Zielunternehmen. Daher ist geplant, das Kapital der Holding neuen Investoren zu öffnen, um unsere Schlagkraft zu erhöhen. Wenn wir den Fonds einrichten, können wir uns bei den grössten Erwerbungen auf ihn stützen. ChimHaeres wird dann die Rolle des «Lead» spielen. Die für Holding und Fonds angestrebten Beträge belaufen sich auf jeweils 75 Millionen Dollar und 500 Millionen Dollar.

Welche Art von Partnern würden Sie gerne gewinnen?

Aufgrund unseres Modells denke ich, dass wir eher Single und Multi Family Offices, Ultra High Net Worth Individuals oder Unternehmer anvisieren werden, die bereits eine gewisse Grössenordnung erreicht haben. Wir suchen in der Schweiz, in Europa und im Nahen Osten.

Welche Lehren haben Sie aus der Vorarbeit gezogen, die Sie bei Borsalino und Fogal geleistet haben?

Das Erste, was ich bei der Borsalino-Übernahme gelernt habe, ist, dass man in der Luxusindustrie kaum einen Zeitrahmen für die Weiterentwicklung festlegen kann. Aus diesem Grund sind wir zunächst vom Prinzip einer Holding ausgegangen und nicht von einem Investmentfonds, bei dem es natürlich eine Laufzeit gibt. Beim Kauf einer Luxusmarke müssen Sie sich vor allem vergewissern, dass diese Gewicht hat. Im Fachjargon nennt man das «Brand Equity». Wenn ich mich für eine Luxusmarke interessiere, gehe ich genauso vor wie bei einem Immobilienkauf. Der Restwert muss sehr hoch sein. Wie bei Borsalino suchen wir also Marken, die immer noch enormes Potenzial haben, obwohl sie unzureichend genutzt werden.

Was ist Ihre Strategie für die nächsten Jahre?

In den kommenden fünf Jahren streben wir den Aufbau eines Portfolios von 8 bis 10 Marken an. Im Mittelpunkt unserer Philosophie stehen dabei das Halten von Vermögenswerten und die Wertschöpfung. Bis 2028 wollen wir unbedingt eine Unternehmensgruppe werden und dann über eine Börsennotierung Barmittel beschaffen.

Welchen Sektor der Luxusindustrie fokussieren Sie besonders?

Im Wesentlichen Mode und Tafelkultur. Die Zielobjekte, die uns interessieren, betreffen Beteiligungen in Höhe von circa 20 bis 30 Millionen. In den meisten Fällen richten wir unser Augenmerk auf «special situations». Das sind unglaubliche Markennamen, die jedoch den Nachteil haben, zu klein für Grosskonzerne oder Private-Equity-Fonds zu sein. Dagegen passen sie genau zu unserem Modell. Für alle unsere Marken streben wir auch eine Zusammenlegung der Hoheitsfunktionen an.

Was sind aktuell die grossen Herausforderungen im Luxusuniversum?

Alles, was zum «Uber Luxury» gehört, wird sich weiter verstärken. Am anderen Ende sehe ich auch eine sehr schöne Entwicklung für den «Lux populis» und Modemarken, die in Richtung «Fast Fashion» tendieren. Diejenigen Akteure, die ohne eine starke Kundengemeinschaft, ohne klare Positionierung, zwischen diesen beiden Polen umherirren, werden mit Sicherheit leiden. Die Nachhaltigkeit wird auch ein Thema. Der Luxussektor muss sich dazu entschliessen – unter dem Druck seiner Konsumenten und Stakeholder, zu denen ChimHaeres mit seinem Portfolio gehört.

Ich erwarte zudem eine gewisse Konsolidierung innerhalb der Branche, aber ich glaube nicht, dass die grossen Namen wie Kering, LVMH u.ä. ihre Zeit mit kleinen Marken vergeuden wollen. Daher ist unser Modell, Kosten und Kompetenzen auf mehrere Partner zu verteilen, sehr attraktiv für Unternehmen in Nischenmärkten, die aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen nur schwer expandieren können. Da haben wir sehr gute Karten.

 

Philippe Camperio

ChimHaeres

Philippe Camperio ist der CEO von ChimHaeres, dem Joint Venture mit Chimera. Er leitet Haeres Capital, eine private Beteiligungsgesellschaft, die diverse Vermögenswerte auf im Luxus- und Immobiliensektor besitzt und verwaltet. Philippe Camperio ist zudem Gründungsgesellschafter von Quest Partners, einer im Jahr 2000 gegründeten Investment-Banking-Boutique mit Fokus auf Private Equity und Real Estate. Philippe Camperio ist Inhaber einer Licence in Rechtswissenschaften des King’s College, London, sowie eines Masters in Finanzwesen der Cass Business School, London.

 

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