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UVV und Trustees: die Grauzonen des risikoorientierten Ansatzes

Die UVV und Trustees, die einen Bewilligungsantrag gestellt haben, wurden wiederholt auf die Bedeutung eines risikoorientierten Aufsichtsansatzes hingewiesen, ohne dass sie zwingend wussten, was das bedeutet. Diejenigen, die einen aufsichtsrechtlichen Prüfungsbericht übermittelt haben, wurden ebenfalls auf diesen Aufsichtsansatz hingewiesen, jedoch ohne weitere Hinweise. Im Rahmen der laufenden Überwachung werden Umfang und Kosten der Audits künftig jedoch vom Risikoniveau bestimmt.

Je nach Risikoniveau musste der UVV über ein von den ertragserzielenden Funktionen unabhängiges Risikomanagement- und Compliance-System verfügen. Andernfalls wurde ihm von der FINMA im Rahmen des Bewilligungsverfahrens eine Reorganisation dieser Funktionen vorgeschrieben. Konkret bedeutete dies die Delegierung dieser Funktionen an einen Dienstleister, die Abstellung eines Mitarbeiters oder sogar die Einstellung eines Risk & Compliance Officers. Im Bewilligungsentscheid ist jedoch nirgends das mit dem UVV verbundene Risikoniveau angegeben.

Der Aufsichtsansatz wirkt sich in erster Linie auf die Kontrollfunktionen aus. Die Ausführungsverordnung des FINIG sieht vor, dass UVV mit mehr als fünf Vollzeitstellen oder einem jährlichen Bruttoertrag von über zwei Millionen über ein unabhängiges Risiko- und Compliance-Management verfügen müssen. Diesen grossen UVV werden diejenigen gleichgestellt, deren Geschäftsmodell „hohe Risiken“ aufweist. Was genau unter diesem Begriff zu verstehen ist, wird nicht näher erläutert.

Nach der Höhe der Risiken richten sich auch die Zusammensetzung des Verwaltungsrats und die Kosten für den UVV. Die FINMA kann einen mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern bestehenden Verwaltungsrat verlangen, wenn der UVV mindestens zehn Vollzeitstellen umfasst oder einen jährlichen Bruttoertrag von mehr als 5 Millionen erzielt. Sie kann dies auch verlangen, wenn „Art und Umfang der Geschäftstätigkeit“ dies erfordern. Zusätzlich zu den grossen UVV bezieht sich diese Regel auch auf das dem Vermögensverwalter zugeordnete Risikoniveau.

Kein „one size fits all“.

Eines der Ziele des risikoorientierten Aufsichtsansatzes bestand darin, kleineren UVV keine schwerfällige Struktur, keine unabhängigen Risiko- und Compliance-Funktionen oder gar einen Verwaltungsrat vorzuschreiben, getreu dem FINMA-Grundsatz: „not one size fits all“. Die Grösse und das verwaltete Vermögen stellen jedoch nur einen von vielen Parametern des risikoorientierten Aufsichtsansatzes dar.

Nach Erhalt der FINMA-Bewilligung richtet sich die Häufigkeit der Audits nach dem Risikoniveau. Das bei der Erteilung der Bewilligung zugewiesene Niveau stimmt nicht unbedingt mit dem Niveau nach einem oder mehreren Geschäftsjahren überein, denn nach der Bewilligung kommen Faktoren zum Tragen, die das Risiko minimieren oder erhöhen, wobei diese Faktoren sich nicht auf zu einem späteren Zeitpunkt festgestellte Abweichungen beschränken, die bei der Erteilung der Bewilligung nicht vorhersehbar waren.

Bei der Durchführung der Prüfung bestimmt der Risikoansatz den Umfang der Prüftätigkeiten und die Kosten der Prüfung. Kleine UVV kommen in dieser Hinsicht schlechter weg, wenn sie sich keine Massnahmen zur Risikoreduzierung leisten können. Dazu gehört ein PMS oder ein CRM zur Überprüfung der Übereinstimmung des Portfolios mit der Anlagestrategie oder die Identifikation von Beziehungen mit erhöhtem Risiko.

Grenzen des risikoorientierten Aufsichtsansatzes

Die Aufsichtsorganisation kann die Häufigkeit der Audits in Abhängigkeit vom beaufsichtigten UVV und den damit verbundenen Risiken auf höchstens einmal alle vier Jahre senken. Eine Prüfung im Vierjahres-Turnus mag überraschen, da die Prüfzyklen der SRO in der Regel zwei Jahre nicht überschritten hatten.

Die Prüfberichte nehmen die Struktur eines Triptychons an, das das GwG, die Verhaltensregeln des FIDLEG und die Corporate Governance-Grundsätze des FINIG umfasst. Bei Trustees, die keine Vermögen verwalten, kann der FIDLEG-Teil beiseite gelassen werden, allerdings wird der Aktivität ein Anfangsrisiko zugewiesen. Jeder Teil des Triptychons ist mit einem Risikoniveau verbunden, das als Teilrating bezeichnet wird. Ein konservativer Ansatz weist dem UVV ein Gesamtrating zu, wobei das ungünstigste Teilrating zugrunde gelegt wird. Nur bei einem günstigen Gesamtrating kann der UVV einen mehrjährigen Zyklus in Anspruch nehmen. Für einen Audit alle vier Jahre muss der UVV also sowohl im Einklang mit dem GwG als auch dem FIDLEG und FINIG ein geringes Risiko aufweisen. Es wird sich zeigen, ob die drei- oder gar vierjährigen Zyklen in der Praxis tatsächlich zur Anwendung kommen.

Bleibt die Frage nach der Relevanz der Teilratings. Gemäss den GwG- und FIDLEG-Abschnitten der Prüfberichte ist eine Stichprobenkontrolle erforderlich. Der Umfang der Stichprobe hängt von der Höhe des Risikos ab, das dem jeweiligen Abschnitt des Berichts entspricht. Hier gibt es für kleine UVV möglicherweise Schwellenwerte (Mindeststichprobe), die unter Umständen nicht erreicht werden.

Die erwartete Häufigkeit der vom UVV durchzuführenden Kontrollen richtet sich letztendlich auch nach dem Risiko des Unternehmens. Wenn der UVV sich über dem ihm zugewiesene Risikoniveau nicht im Klaren ist, kann die Bestimmung der Häufigkeit jeder Prüftätigkeit in der internen Organisation ein heikles Unterfangen sein.

Zugängliche Risikokriterien oder sogar eine widersprüchliche Klassifizierung

Die bisher mitgeteilten Risikokriterien sind beispielhaft oder auf dem Umweg über ein Formular. Man denkt an die Inanspruchnahme von Depotbanken, an Offshore-Gerichtsbarkeiten für das GwG, an „hauseigene“ Produkte gemäss FIDLEG, oder an gesetzlich geregelte Mandate im Sinne des FINIG. Ein systematischer Risikoansatz, segmentiert nach GwG, FIDLEG oder FINIG, ist nicht offen zugänglich. Eine derartige Segmentierung existiert jedoch, wie die Anwendung von Teilratings zeigt. Die Offenlegung der wesentlichen Elemente würde die Aufsichtsbehörden nicht an ihrer Weiterentwicklung hindern. Einige Akteure könnten versucht sein, diese Parameter zu modifizieren. Wenn dies dazu führt, die dem UVV zugewiesenen Risiken zu senken, wäre ein Teilziel des Anlegerschutzes erreicht.

Auf der Kostenseite (Prüfungen, Dienstleister, usw.) scheinen die Auswirkungen dieses risikoorientierten Aufsichtsansatzes auszureichen, dass es auf mittlere Sicht zu mehr Widersprüchen gegen die Einstufung der UVV kommt. Im Falle einer Anfechtung, beispielsweise nach einer abgelehnten Bewilligung, ist das Verwaltungsverfahren des Bundes in Bezug auf die mögliche Sperrung des Zugangs zu bestimmten Elementen eines Antrags restriktiv. Im Rahmen der laufenden Überwachung durch die Aufsichtsorganisationen (AO) könnten zugängliche Risikokriterien eine mögliche Haftung im Falle fehlerhafter Ratings mindern. Wenn ein UVV oder sein Abschlussprüfer nicht an der für ihn angewandten Behandlung interessiert ist, obwohl er Zugang dazu hat, würde er zum Entstehen eines Schadens beitragen, der im Übrigen schwer zu beziffern sein dürfte.

 

Henri Corboz

PBM Avocats

Henri Corboz ist Rechtsanwalt und Leiter der Abteilung für Regulierung und Compliance bei PBM Avocats. Er ist für regulatorische und Compliance-Themen und die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten zuständig. Ferner befasst er sich mit der Strukturierung von Investmentfonds und Trusts.

Corboz war in der wichtigsten Bewilligungsphase von 2021 bis 2023 Leiter der OS-AOOS in der französischen Schweiz. Vor seinem Wechsel in die Kapitalmarktabteilung von Crédit Agricole (Suisse) im Jahr 2011 war er als Anwalt tätig. Im Jahr 2014 wurde er Head of Legal & Compliance bei einem Fondsmanager und wechselte 2015 zu einer Kanzlei mit Niederlassungen in Genf, Paris und Luxemburg. Im Jahr 2017 kehrte er zu CA Indosuez (Switzerland) zurück, wo er den AIA (automatischer Informationsaustausch), die FATCA-Amtshilfe und die QI-Compliance implementierte.

Sphere

The Swiss Financial Arena

Seit der Gründung im Jahr 2016 unterstützt und vernetzt SPHERE die Community der Schweizer Finanzbranche. SPHERE ermöglicht den Austausch, sei es mit dem vierteljährlich erscheinenden Magazin, den beiden Sonderausgaben für institutionelle Anleger, der Website, den Newsletter und den Veranstaltungen, die das ganze Jahr hindurch durchgeführt werden. Toutes les parties prenantes de la finance, l’un des plus importants secteurs économiques de Suisse, ont ainsi à leur disposition une plateforme où il leur est possible d’échanger, de s’informer et de progresser.

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Timeline

  • EAM-Lösungen
  • Daniel Ioannis Zürcher
  • Global Head, Independent Asset Managers
  • EFG

„Es ist zentral, dass wir den UVV helfen, Zeit zu sparen“.

Für EFG sind die unabhängigen Vermögensverwalter ein wichtiger Wachstumshebel, und zwar auf globaler Ebene. Mit der Schweiz als Lokomotive. Daniel Ioannis Zürcher ist von der Dynamik der Branche trotz der laufenden Konsolidierung beeindruckt. Es gebe Manager mit besonders klugen Geschäftsmodellen.

Sie begleiten die Branche der Unabhängigen Vermögensverwaltern seit über 20 Jahren. Wie haben sich die UVVs entwickelt und wie würden Sie den heutigen Zustand beschreiben?

Daniel Ioannis Zürcher. Seitdem ich in dieser Branche tätig bin, spricht man ständig von der Konsolidierung und dass die Branche nicht lange überleben wird. Tatsache ist, dass die Branche in den letzten Jahren trotzdem stark gewachsen ist und ich glaube, dass es so weitergeht. Das gilt nicht nur in der Schweiz, sondern auch ausserhalb. Das ist einer der Gründe, wieso wir bei EFG diesen Bereich ganz klar als strategisch wichtigen Bereich definiert haben.

Mit der Einführung des neuen Regulierungsregimes – FIDLEG und FINIG – war in der Industrie hierzulande viel Nervosität zu spüren. Ist das alles nun verflogen?

Ganz so weit würde ich nicht gehen. Die neuen Regeln haben eine gewisse Welle der Konsolidierung ausgelöst, aber in den meisten Fällen handelt es sich um kleine unabhängige Vermögensverwalter am Ende ihres Lebenszyklus. Das verwaltete Vermögen in der Branche ist gemäss unseren Beobachtungen nicht signifikant zurückgegangen. Das hat man jüngst an den Meldungen der Finma klar sehen können. Es dürfte sicher noch den einen oder anderen Vermögensverwalter geben, der sich aufgrund der Regulierung vom Geschäft verabschiedet. Es zeigt sich aber auch, dass die unabhängigen Vermögensverwalter ihre starke Rolle im globalen Wealth-Management behalten. Und sie spielen ihre Vorteile weiterhin aus: Dank Ihrer Unabhängigkeit können sie die besten Lösungen für ihre Kunden finden und – was noch viel wichtiger ist – sie sind diejenigen, die die Kundenbeziehungen intensiv pflegen können. Zudem sind sie agil und nicht in rigide Corporate-Strukturen eingebunden. In einem Markt, der sich sehr schnell bewegt, kann das ein entscheidender Vorteil sein.

Wie sehen Sie das künftige Zusammenspiel zwischen einer Depotbank, wie der EFG, und einem Vermögensverwalter?

Als Depotbank betreiben wir ein sogenanntes «Plattform-Business». Für uns ist zentral, dass unsere Kundschaft Zeit gewinnt. Wir schauen, dass wir unsere Plattform für unsere Kunden möglichst effizient und einfach gestalten, so dass die unabhängigen Vermögensverwalter die Kernprozesse wie zum Beispiel Trading möglichst effizient abwickeln können. Wir nehmen den Vermögensverwaltern damit einen grossen Teil des administrativen Aufwandes ab. Immer mit dem Ziel, dass diese Zeit gewinnen, um sich dem eigentlichen Kerngeschäft zu widmen: ihre Kunden zu beraten. Wir dürfen nicht vergessen: Mit der Regulierung, mit der technologischen Entwicklung, aber auch mit der zunehmenden Konkurrenz wird der Druck auf einen Vermögensverwalter nicht geringer. Wenn dieser nun mit seinen im Schnitt sechs Depotbanken immer wieder Herausforderungen hat, wenn das Portfolio Management-System (PMS) nicht einwandfrei funktioniert, wenn die Interfaces zu den Banken nicht alle Daten in einem entsprechenden Format schicken, wenn die Daten noch manuell abgeglichen werden, dann verliert er sehr viel Zeit. Da verstehe ich dann Jeden, der am liebsten bei seinen Excel-Tabellen bleibt.

Was heisst das alles aus Sicht der EFG?

Wir investieren stark, und zwar auf zwei Ebenen: «People and Plattform». Zum einen bauen wir unsere Teams «inhouse» aus, zum anderen stärken wir unsere Plattform. Wir sind im Vergleich zu vielen Konkurrenten noch sehr jung. Deshalb können wir ganz neue Wege gehen. Wir haben strategische Kooperationen mit PMS-Systemanbietern, eine offene Produkt-Architektur, wir können Vermögensverwaltern bei der Erstellung von Produkten wie AMCs unkompliziert behilflich sein. Mit anderen Worten: Wir bieten ein einzigartiges Ökosystem an und das über die drei Standorte Zürich, Genf und Lugano in der Schweiz, sowie Booking Center an weltweit wichtigen Finanzplätzen wie Monaco, Luxembourg, Singapur oder Hong Kong.

Was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsrezept für einen unabhängigen Vermögensverwalter heute?

Wir sehen, dass es diejenigen, die sich klar auf ein bestimmtes Thema oder Segment fokussieren, oftmals einfacher haben. Das kann Tech sein, das kann Health Care sein. So gibt es zum Beispiel auch Vermögensverwalter, die sich erfolgreich auf das Kundensegment Sportler fokussiert haben. Grösse ist nur entscheidend, wenn man alles anbieten möchte. Wenn man seine Nische gefunden hat, kann man klein bleiben und trotzdem Erfolg haben. .

Daniel Ioannis Zürcher

EFG

Daniel Ioannis Zürcher ist seit Januar 2022 Global Head Independent Asset Managers bei der Privatbank EFG Bank, für die er seit vier Jahren arbeitet. Zuvor war er 14 Jahre bei der Credit Suisse für die External Asset Managers (EAM) tätig, zuletzt als Head of EAM Business Development. Seine Karriere begann der Manager bei PwC nach einem Lizenziat in Banking and Finance and der Universität St. Gallen. Daniel Ioannis Zürcher hält einen Executive MBA der London Business School sowie Columbia Business School.

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Rising Sun

Investment Lösungen

  • Gregor Trachsel
  • Chief Investment Officer
  • SG Value Partners

Die allmähliche Rehabilitierung japanischer Aktien

Im Mai machte der Nikkei Index Schlagzeilen, als er seinen höchsten Stand seit 33 Jahren erreichte. Marktbeobachter haben eine Reihe von Argumenten vorgebracht, um die jüngste Hausse zu erklären: Gregor Trachsel von SG Value Partners zeigt auf, wieso sich ein Blick nach Japan immer noch lohnen könnte.

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Die Untergewichtung globaler Investoren in Japan ist nach wie vor enorm. Dabei sind die Argumente, die für ein oder mehr Exposure in Japan sprechen sind zahlreich: die Profitabilität der Firmen hat sich laufend und stetig verbessert, die Bilanzen der Unternehmen sind äusserst stark, es gibt vermehrt aktionärsfreundliche Massnahmen, wie erhöhte Dividenden und Aktienrückkäufe (was in Japan immer noch relativ neu ist) und zuguterletzt versucht die japanische Regierung mit steuerfreundlichen Sparplänen die Bürger für Aktieninvestments zu begeistern.

Was auch immer die Zukunft bringen mag, unsere Bewertungsdisziplin zeigt, dass japanische Value Aktien immer noch günstig und damit sehr attraktiv sind. Wir führen die grossen Abschläge, die sich uns bieten, hauptsächlich auf drei strukturelle Faktoren zurück: Erstens beruht die japanische Geschäftspraxis traditionell auf einem ganzheitlichen Stakeholder-Modell, bei dem die Perspektiven von Mitarbeitern, Kunden, Geschäftspartnern und der Gesellschaft als Ganzes berücksichtigt werden. Westliche Anleger hingegen rücken ihre Interessen als Aktionäre üblicherweise in den Vordergrund.

Zweitens ist es in Japan immer noch schwieriger, Informationen aus erster Hand zu erhalten, als im Rest der Welt — auch wenn die Aufsichtsbehörden und Börsen die Unternehmen drängen, ihre Investor-Relations-Kapazitäten auszubauen. Dies stellt für ausländische Anleger eine grosse Hürde dar, falls sie die gleichen Checklisten anwenden wie in ihren Heimatmärkten. Hinzu kommt, dass die Marktanalysen der japanischen Broker nicht gleich umfassend sind wie für andere entwickelte Märkte, weil Japan seit Jahrzehnten eine so unpopuläre Anlageregion gewesen ist. Diese fehlende Tiefe und Breite der Analyse führt zu ineffizienter Kursbildung, besonders bei Unternehmen von kleinerer und mittlerer Grösse.

Und drittens schrecken viele westliche Anleger aus anderen Hinderungsgründen vor dem Kauf japanischer Aktien zurück: vermeintlich ungünstige demographische Entwicklungen; die Vorstellung, dass es dort hauptsächlich eher langweilige Unternehmen mit mässigen Gewinnspannen und Wachstumsaussichten gibt; der bisherige Wertverlust des Yen, der fremdwährungssensitiven Anlegern Sorge bereitet; sowie Nachteile im Hinblick auf die Erreichbarkeit und Kommunikation, zum Beispiel der grosse Zeitunterschied für Händler in den westlichen Finanzmetropolen und die erhebliche Sprachbarriere.

Trotz der aktuellen Aufwärtsbewegung japanischer Aktien bleibt die sprichwörtliche “Wall of Worry” somit in den Augen der globalen Investoren weiterhin steil und steinig. Einige dieser Hindernisse und Sorgen werden mit der Zeit langsam aber sicher abnehmen, wenn die Unternehmen auf ihren jüngsten Erfolgen in Bezug auf grundlegende Verbesserungen der Unternehmensführung aufbauen können.

Gregor Trachsel

SG Value Partners

Gregor Trachsel ist Chief Investment Officer der SG Value Partners in Zürich. Zusammen mit seinem Team verwaltet er seit mehr als 20 Jahren globale Deep Value Aktienmandate und Anlagefonds mit einem langfristigen Anlagehorizont. Seit 2020 ist er mit der SG Value Partners unabhängig unterwegs. Zuvor war er mit der gleichen Strategie bei der M.M. Warburg (Switzerland) und bei der Credit Suisse Asset Management in Zürich tätig.

Entwicklung

Digital Solutions

  • Pierre-Alexandre Rousselot
  • CEO
  • KeeSystem

KeeSense 7.0: Technologie und UX im Dienste der Leistung

Das Fintech KeeSystem hat die neueste Version seiner Portfoliomanagement-Software KeeSense herausgebracht. Die vor 15 Jahren eingeführte PMS ist mittlerweile in der siebten Version erschienen, wobei der Schwerpunkt diesmal auf Design, Ergonomie und Effizienz liegt.

Auf welche Ziele haben Sie sich bei der Entwicklung dieser neuen Version von KeeSense konzentriert?

In der Tech-Branche muss man ständig innovativ sein, um den Bedürfnissen der Nutzer und der Art und Weise, wie sie sich selbst entwickeln, gerecht zu werden. Bei KeeSense haben wir in den 15 Jahren, in denen es die Software gibt, immer versucht, den Alltag der unabhängigen Vermögensverwalter zu vereinfachen. Die neueste Version folgt dieser Logik und berücksichtigt auch die neuen Anforderungen, die seit der Einführung der neuen Vorschriften zu Beginn des Jahres an die UVV gestellt werden.

Konkret haben wir wirklich viel Wert auf Design, Ästhetik und Ergonomie gelegt. Wir haben uns zum Beispiel stark von den kognitiven Wissenschaften inspirieren lassen, um komplexe Informationen auf möglichst einfache und erschwingliche Weise darzustellen. Ein PMS ist kompliziert; Compliance ist kompliziert; die Vermögensverwaltung als Ganzes ist kompliziert. Für UVV sind die Prozesse ziemlich schwerfällig. Mit KeeSense 7.0 wollten wir daher schnelle, effiziente, einfache und intuitive Lösungen entwickeln. Darauf haben wir uns konzentriert.

Auf unsere Weise haben wir versucht, die Grenzen des Wealth Managements neu zu definieren. Die Benutzeroberfläche wurde so gestaltet, dass sie den Nutzer einbezieht. Wir haben zum Beispiel die Funktion „Snapshot“ geschaffen, damit UVV einen vollständigen Überblick über ihr Portfoliomanagement haben und die Entscheidungsprozesse flüssiger werden.

Wie lange haben Sie für die Entwicklung der siebten Version von KeeSystem gebraucht?

Wir haben gut neun Monate gebraucht, mit einer Forschungsphase und natürlich einer Testphase, bei der die Nutzer einbezogen wurden. Wir haben zum Beispiel Eye-Tracking-Tools eingesetzt, um genau zu verstehen, wohin die Blicke gehen, mit manchmal recht überraschenden Ergebnissen. Eine Software wie die unsere zu entwickeln und die richtige Information an den richtigen Ort zu bringen, ist vergleichbar mit der Arbeit eines Architekten. Man muss gleichzeitig sehr kreativ und sehr genau sein. Sehr kreativ, wenn man darüber nachdenken muss, wie man die neuen Technologien nutzen kann, um den Alltag der Vermögensverwalter zu erleichtern. Sehr präzise, wenn es darum geht, dynamische Dashboards zu entwerfen, die einen konstanten und zuverlässigen Informationsfluss gewährleisten und mit mehreren Depotbanken verbunden sind. KeeSense v.7 ist mehr als nur ein Update. Die neue Version wurde von Anfang an so konzipiert, dass sie jeden Aspekt des Tagesgeschäfts von der Konsolidierung bis zum Reporting optimiert.

Welche Erkenntnisse haben Sie aus der Testphase gewonnen?

Sie haben uns ermöglicht, die Ideen, die wir im Vorfeld definiert hatten, zu validieren und anschliessend gemäss dem erhaltenen Feedback verschiedene Anpassungen vorzunehmen. Diese Tests in Originalgrösse sind zwangsläufig sehr wichtig. Wir haben heute etwas mehr als 300 Nutzer. 70 Prozent nutzen KeeSense mindestens vier Stunden pro Tag! Es war unbedingt notwendig, dass sie uns ihre Reaktionen mitteilen konnten. Wir können nur funktionieren, wenn wir den Kunden in den Mittelpunkt unserer Gleichungen stellen.

Ausserdem ist die Vermögensverwaltungsbranche für mich mit der Welt des Luxus vergleichbar. In der Welt des Luxus ist es undenkbar, ein Auto, eine Uhr oder ein Möbelstück auf den Markt zu bringen, das irgendeinen noch so kleinen Fehler aufweist. Wir haben die gleiche Strenge, die gleiche Sorge, wenn wir unsere Software veröffentlichen. Wir sind sehr streng, wenn es um die Qualität des Endprodukts geht.

Pierre-Alexandre Rousselot

KeeSystem

Als geschäftsführendes Gründungsmitglied von KeeSystem hat Pierre-Alexandre Rousselot die Position des Generaldirektors inne und ist insbesondere für die Gesamtstrategie und die Vertriebsentwicklung verantwortlich. Nach seinem Informatikstudium hat er sich auf die Entwicklung von Softwareprodukten für die Vermögensverwaltung spezialisiert und dann gemeinsam mit Frédéric Gérault KeeSystem gegründet. Sie entwickelten KeeSense; eine Gesamtlösung, mit der Vermögensverwalter, Family Offices und Privatbanken sämtliche strategischen Asset-Management-Funktionen verwalten können. KeeSystem ist mittlerweile in Genf, Monaco und Luxemburg präsent.

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    Unter die Lupe

    Investment Lösungen

    • Interview Kathleen Gailliot
    • Head of European SMID Cap Research
    • Kepler Cheuvreux

    «Small & Mid Caps weisen mehrere strukturell attraktive Merkmale auf»

    Nachdem sie in den letzten zwei Jahren schlecht behandelt wurden, scheinen die europäischen Small und Mid Caps endlich wieder Farbe zu bekennen. Dank ihrer sehr günstigen Bewertungen dürften diese Werte wieder von ihren Stärken profitieren.

    -

    Was halten Sie von den derzeitigen Bewertungen europäischer Small & Mid Caps?

    Die Bewertungen sind sehr niedrig, so dass sich mittlerweile hervorragende Einstiegsniveaus bieten. Zwischen Dezember 2021 und Ende Juni 2023 haben sie gegenüber Large Caps 22% eingebüsst. Durch die Folgen des Krieges in der Ukraine sind sie logischerweise unter Druck geraten. Small & Mid Caps sind naturgemäss stärker auf den Binnenmarkt ausgerichtet als Large Caps. Sie erzielen rund 60% ihres Umsatzes in Europa, Large Caps dagegen nur 40%. Die Anleger reagierten daher besonders nervös auf die zunehmenden geopolitischen Risiken in der Eurozone. Die Kurseinbrüche von Small & Mid Caps in den letzten beiden Jahren sind mit denjenigen in der Finanzkrise vergleichbar. Damals hatten sie von Ende 2007 bis Ende 2008 einen Rückstand von 24% auf Large Caps eingefahren.

    Hat die jüngste Korrektur bestimmte Sektoren verschont?

    Unter dem Strich nein, doch einige Kapitalisierungen waren stärker betroffen. Small Caps, deren Marktkapitalisierung unter einer Milliarde Euro liegt, wurden durch den „flight to liquidity“ nach dem Crash der Silicon Bank Valley Bank Anfang des Jahres in Mitleidenschaft gezogen. Die Anleger mieden eine Zeit lang Werte mit geringen täglichen Handelsvolumina. Die Marke von einer Million Euro ist für All-Cap-Investoren meist die Untergrenze.

    Wird die zweite Jahreshälfte 2023 für europäische Small & Mid Caps positiver ausfallen?

    Das denke ich, denn im Juli hat eine Aufwärtsdynamik eingesetzt. Bereits zum Jahresanfang zeichnete sich eine beginnende Erholung ab, die jedoch durch die Liquiditätskrise nach dem Zusammenbruch der SVB schnell wieder gebremst wurde. Im Januar hatten Small & Mid Caps einen Vorsprung von 7% auf Large Caps erzielt. Der Wendepunkt ist offenbar überschritten und die Erholung dürfte anhalten, auch wenn die Bewertungen immer noch sehr niedrig sind. Dies spiegelt sich auch im Price-to-Book-Verhältnis wider, da Small & Mid Caps mit einem Abschlag von 20% gehandelt werden.

    Während Mid Small Caps zu einer Erholung angesetzt haben, werden Small Caps von den Anlegern noch immer geschmäht und weisen nach wie vor eine hohe Unterbewertung auf. In der ersten Jahreshälfte kam es in dieser Kategorie zu vielen Mittelabflüssen, doch mittlerweile kann ein Ausgleich festgestellt werden.

    Für eine Erholung der Small & Mid Caps in Europa spricht ferner die Bereitschaft der All-Cap-Manager zur Rückkehr in Investments, die zwar vom Umfang her begrenzter sind, aber den Vorteil der Alpha-Generierung in Phasen der Markterholung bieten. Mit Blick auf das internationale Umfeld ist ferner festzuhalten, dass europäische Small & Mid Caps im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants mit einem deutlichen Abschlag gehandelt werden – er beträgt fast 40%, das heisst mehr als das Doppelte des üblichen Abschlags.

    Welche Trends könnten Small & Mid Caps derzeit Auftrieb verleihen?

    Bevor wir uns die Trends ansehen, sei daran erinnert, dass Small & Mid Caps strukturell gesehen mehrere attraktive Merkmale aufweisen: Fokus auf den Binnenmarkt, Preissetzungsmacht und Wachstumsdynamik. Hinzu kommt die geringe Abdeckung durch Analysten, so dass Marktineffizienzen zur Generierung von Alpha genutzt werden können.

    Bei den Trends ist erkennbar, dass Small & Mid Caps vom Vormarsch bestimmter Anlagethemen in den Investmentstrategien beflügelt werden. Für Manager, die ein bestimmtes Anlagethema wie etwa Wasserstoff, CO2-Abscheidung oder Digitalisierung besetzen möchten, bieten Small & Mid Caps interessante Ansatzpunkte, da sie zahlreiche „Pure Player“ umfassen.

    Letztendlich ist auch ihre ESG-Dimension ein Faktor, der berücksichtigt werden muss. Viele dieser sogenannten ‚ESG-Improvers‘ finden sich im Small & Mid Cap-Universum. Anders als bei Large Caps handelt es sich hier um Unternehmen, die eine positive Wirkung erzielen, denen jedoch die Ressourcen für eine optimierte ESG-Kommunikation fehlen. Aufgrund des zunehmenden regulatorischen Drucks muss diese Kommunikation in den nächsten Jahren effizienter werden. Die Folge wird eine Anhebung bestimmter Empfehlungen sein, was wiederum mehr ESG-Investoren in dieses Segment lockt.

    Kathleen Gailliot

    Kepler Cheuvreux

    Kathleen Gailliot leitet bei Kepler Cheuvreux das Research für europäische Small- und Mid-Caps. Das SMID-Universum umfasst rund 700 Aktien mit einer Marktkapitalisierung von unter 5 Milliarden Euro. Darüber hinaus zeichnet sie für die europäische „SMID Selected List“ und andere thematische Berichte verantwortlich. Vor ihrem Wechsel zu Kepler Cheuvreux im Jahr 2018 war sie acht Jahre lang bei Natixis tätig. Sie begann als Analystin für den Automobilsektor und deckte anschliessend französische SMID-Unternehmen hauptsächlich aus den Bereichen ‚Investitionsgüter‘ und ‚Unternehmensdienstleistungen‘ ab. Kathleen Gailliot ist Absolventin der Grenoble Ecole de Management und der Aston Business School.