• Interview mit Mathias Imbach
  • Chief Executive Officer
  • Sygnum

“Wir schlagen eine Brücke zwischen der traditionellen Banking-Welt und digitalen Assets”

In den fünf Jahren, in denen Sygnum existiert, haben sich seine Gründer das Ziel gesetzt, die Welt der Banken und die Welt der digitalen Vermögenswerte einander näher zu bringen. Der Kern der Strategie von Sygnum ist es, Banken, Family Offices und unabhängigen Vermögensverwaltern die Möglichkeit geben, digitale Vermögenswerte in einem regulierten Umfeld zu entwickeln, zu speichern und zu handeln. Eine Bewegung, die trotz der Kryptokrise im Moment gut in Gang zu kommen scheint, wie Mathias Imbach erklärt.

Wie beurteilen sie die gegenwärtige Schwäche der Krypto-Währungen?
Seit 2012 habe ich bereits einige Krypto-Zyklen durchlebt und sehe sie mittlerweile als Chance. Sie erlauben es Teams, die langfristig denken und investieren, mit Ruhe und Fokus das Service Offering auszubauen, Kundennähe zu pflegen und sich optimal für die nächste Adoptionswelle vorzubereiten.
Wenn man in einer Industrie im frühen Entwicklungsstadium operiert, ist es wichtig, dass man während Boomphasen die Bodenhaftung nicht verliert, und gleichermassen während Korrekturphasen nicht in Panik ausbricht und anfängt kurzfristig zu denken und zu operieren.

Wie machen Sie das?
Wir haben ganz früh als Firma unsere Grundwerte definiert. Unsere Werte und Kultur sind für unseren Erfolg zentral und wir tun viel dafür, dass wir diesen trotz schnellem Wachstum des Teams treu bleiben. Ich habe gelernt, dass dies gar nicht so einfach ist – wir sind mittlerweile über 220 Mitarbeitende in der Schweiz und Singapur.

Woher kommt ihre Faszination für die Blockchain-Technologie?
Die Blockchain-Technologie kombiniert verschiedenste Technologieansätze – einige verwendete kryptographische Elemente wurden übrigens bereits in den 70er Jahren entwickelt – und bildet eine Art Werte-Ebene für das Internet. Das heisst, dass Originale, nicht Kopien wie beispielsweise Twitter-Nachrichten oder Wikipedia Einträge, zwischen Parteien ohne Intermediäre sicher übertragen werden können. Dies birgt das Potenzial, dass sich die Art und Weise, wie wir mit Geld, Eigentum, persönlichen Daten und Interaktionen generell umgehen, sich signifikant verändert. Die Technologiefirmen, die ich im Laufe der Zeit auch mit Ratan N. Tata besucht habe, etwa im Silicon Valley, setzen sehr stark auf die zentralisierte Nutzung der Daten der User. Dies ist bei der Blockchain-Technologie, zum Beispiel Bitcoin, ganz anders. Der dezentrale Ansatz dieser Technologie war mir aus freiheitlicher Sicht viel sympathischer. Kaum zu glauben, es gab sogar eine Zeit, während der ich versucht habe, ohne Bank auszukommen. Mittlerweile bin ich pragmatischer und habe verstanden, dass «Zukunft auf Herkunft aufbaut».

Nun, später haben Sie eine richtige Bank gegründet. Was gab der Ausschlag?
Wie gesagt: Zukunft braucht Herkunft! Wir glauben daran, dass dezentrale Systeme Sinn machen und ultimativ sicherer und demokratischer sind als die heutige Internet-Infrastruktur. Gleichzeitig respektieren wir auch, dass Themen wie kompromisslose Geldwäschereibekämpfung, regulatorisch saubere Kundendossiers etc. ebenso wichtig sind. Nur so können wir wirkliche und nachhaltige Adoption herbeiführen. Wir sehen uns in diesem Sinne als Brückenbauer.

Ist das nicht ein Widerspruch?
Nein, Umgang mit Geld ist ein höchst emotionales Thema und basiert auf Vertrauen. Ich bin davon überzeugt, dass sich dies auch zukünftig nicht ändern wird. Sygnum bietet dieses Vertrauen. Hat ein Kunde ein Anliegen, kann er anrufen oder persönlich vorbeikommen. Andererseits gibt es keine «Bitcoin Co.» die man anrufen oder besuchen kann. Die Kunden wissen auch, dass es bei uns weder Geldwäscherei noch andere Umgehungsmöglichkeiten gibt. Wir sind nicht nur Blockchain sondern auch «Cloud First», aber wir halten alle Sicherheits-Standards ein, die aus regulatorischer Sicht zum Schutz unserer Kunden und deren Daten notwendig sind. Das ist nicht trivial. Wir konnten mit der Gründung auf der «grünen Wiese» die Dinge anders angehen als existierende Banken. Die Integration von digitalen Vermögenswerten in traditionelle Bankensysteme ist komplex. Mit unserem B2B-Ansatz unterstützen wir Banken in diesem Prozess, ohne dass diese die Kundenbeziehung an uns abgeben müssen.

Sprechen wir also vom Angebot von Sygnum. Wie verbinden Sie die beiden Welten?
Wir fokussieren uns auf die gesamte Wertschöpfungskette digitaler Vermögenswerte und unterstützen sowohl bestehende Krypto-Enthusiasten und Unternehmen; aber auch Einsteiger an der Schnittstelle zwischen Fiat und Krypto, Stablecoins sowie Asset Tokens. Dies beinhaltet die sichere Verwahrung, 24/7 Handel, Kreditgeschäft, Asset-Management-Produkte Tokenisierung sowie kundenspezifische Anlagelösungen, zum Beispiel Absicherungsstrategien mittels Optionen. Das alles haben wir in eine Technologieplattform eingebettet, die auch anderen Banken, aber auch Family Offices und unabhängigen Vermögensverwaltern zur Verfügung steht.

Geht es Ihnen nicht zu langsam mit der digitalen Transformation des Finanzplatzes. Es scheint auch, dass die Tokenisierung von Aktien noch nicht richtig vom Fleck kommt.
Das Thema Tokenisierung hat sich nicht so schnell entwickelt, wie ich dies vor 4 Jahren angenommen hatte. Es fehlt weiterhin an einer holistischen Infrastruktur und genügend regulierten Marktteilnehmern, die die herausgegebenen Tokens verwahren und handeln können. Die Adoption ist allerdings nur eine Frage der Zeit. Die Vorteile liegen auf der Hand, die technologische Umsetzung funktioniert, die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen in der Schweiz sind klar. Sygnum konnte bereits verschiedenste Projekte erfolgreich an den Markt bringen und verkaufen. Die Tokenisierung eines Picasso-Gemäldes ist ein Beispiel hierfür.

Eine der grössten Hürden für die Akzeptanz von digitalen Vermögenswerten ist neben der Komplexität die Benutzerfreundlichkeit. Sehen Sie das auch so?
Die Benutzerfreundlichkeit von Blockchain-Applikationen birgt noch viel Verbesserungspotenzial. Wir stehen hier erst ganz am Anfang. Benutzer interessieren sich nicht dafür, was technologisch im Hintergrund passiert. Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis Web 3.0 Applikationen für die breite Bevölkerung einfach und intuitiv zugänglich werden. Die Fortschritte in diesem Bereich über die letzten fünf Jahre sind aber bereits beträchtlich.

Stichwort Web 3.0 und Metaversum: Was passiert hier?
Reale und digitale Identität verschmelzen zunehmend. Daraus werden neue Business Modelle entstehen. Schon heute gibt es «Metaversum-Architekten», welche digitale Häuser und Geschäftsstellen «bauen». Wir verbringen so viel Zeit «digital», dass wir uns auch in dieser Welt differenzieren und eine eigene Identität aufbauen wollen. Die Blockchain-Technologie ermöglicht skalierbare Einzigartigkeit, zum Beispiel mittels NFTs. Web 3.0 hat das Ziel, dass diejenigen, die zu einem Netzwerkeffekt beitragen dafür mittels Tokens belohnt werden. Das heisst, einen Teil des Netzwerkes zu besitzen. Dies steht im Kontrast zu Web 2.0, wo wenige Firmen von Netzwerkeffekten profitieren. Auch Web 2.0-Firmen, wie Facebook, respektive neu Meta, versuchen in diesem Bereich Fuss zu fassen. Ich hoffe, dass sich der Web 3.0-Ansatz mittelfristig durchsetzen wird.

Sie sind nun auch im Metaversum mit einem Hub vertreten?
Genau. Wir gehen davon aus, dass eine Präsenz im Metaversum (oder in mehreren Metaversen) über die nächsten Jahre für Banken immer wichtiger wird. Als Pionierin im Bereich digitaler Vermögenswerte wollten wir dies als erste Schweizer Bank aufzeigen. Wir tun dies vor allem, um zu lernen.

Die NFT-Strategie: Wie sieht die aus?
Hier stehen wir am Anfang. Mit unserer neuen NFT-Plattform erleichtern wir Unternehmen den Einstieg in den NFT-Markt. Unternehmen können bei uns NFTs nicht nur entwickeln lassen und herausgeben, sondern auch verwahren und später handeln. Dies im Gegensatz zu anderen Herausgebern, die die Verwahrung selbst nicht anbieten. Der Kern unseres neuen Angebots bleibt auch hier die regulierte, sichere Verwahrung von Vermögenswerten.

Um diese Web 3.0-Strategie zu finanzieren, haben Sie Ende 2021 in einer Finanzierungsrunde 90 Millionen US-Dollar eingenommen. Wie setzen Sie diese Summe ein?
Die Markt- sowie Makrosituation hat sich 2022 signifikant verändert. Solide finanziert sind wir gut in dieses Jahr gestartet, das ist richtig. Mit diesen Erlösen können wir neue institutionelle Web 3.0-Angebote entwickeln und unsere Technologieplattform weiter ausbauen. Ausserdem finanzieren wir die Expansion in neue globale Märkte sowie der gemeinsamen Entwicklung und dem internationalen Vertrieb von Produkten mit neuen strategischen Investoren. Der Fokus liegt hier insbesondere in Asien, aber auch in Luxemburg sowie Abu Dhabi.

Die Finanzierungsrunde hat Ihnen nicht nur einen bekannten Grossaktionär verschafft – das Hongkonger Finanz-dienstleistungsunternehmen Sun Hung Kai & Co. Sondern auch zu einer Post-Money-Bewertung von 800 Millionen Dollar.
Ja, was aber noch viel wichtiger ist: Wie bei allen früheren Finanzierungsrunden haben sich auch diesmal eine grosse Anzahl von Mitarbeitenden als Investoren beteiligt. Zusammen mit den vier Gründern, den Vorstandsmitgliedern und dem Verwaltungsrat halten sie weiterhin die Mehrheit am Unternehmen. Und profitieren damit auch von der Wertsteigerung.

Welche Rolle spielen die unabhängigen Vermögensverwalter?
Für uns ist es eine der am stärksten wachsenden Kundengruppen. Wir haben deshalb unser Angebot für EAMs & MFOs stetig ausgebaut. Hohes Interesse sehen wir insbesondere bei Vermögensverwaltern, die ihr Angebot für eine jüngere Zielgruppe erweitern wollen. Uns ist wichtig, dass sie sich mit uns auf eine regulierte Institution verlassen können, die ihnen die Sicherheit gibt, wenn sie ab 2023 ihrerseits von der FINMA reguliert werden.

Welche Angebote sind speziell an UVV gerichtet?
Durch unser dediziertes EAM & MFO-Offering bieten wir massgeschneiderte Lösungen für externe Vermögensverwalter, Multi Family Offices und deren Endkunden an. Dabei profitieren unsere Kunden von Sygnum als regulierte Partnerbank und One-Stop-Shop für Digital Assets, welche die Bedürfnisse (wie zum Beispiel Custody, Trading, Lending, Asset Management, AMCs, Tokenization…) dieser Kundengruppe vollumfänglich abdecken kann. Zudem bieten wir eine state-of-the-art Online-Plattform an, über welche unsere Kunden ihre Kryptowährungen 24/7 verwalten und handeln können. Ausserdem kann mittels API ein Datenfeed von und zu Portfolio-Management- oder Handelssystemen der Vermögensverwalter hergestellt werden. Wir stehen unseren Vermögensverwaltern nicht nur für gemeinsame Meetings mit Prospects und Kunden zur Verfügung, sondern auch für Schulungen der EAM-Mitarbeiter. Wir schreiten also gemeinsam voran.
Wir stehen unseren Vermögensverwaltern nicht nur für gemeinsame Meetings mit Prospects und Kunden zur Verfügung, sondern auch für Schulungen der EAM-Mitarbeiter. Wir schreiten also gemeinsam voran…

 

Mathias Imbach

Sygnum

Vor seiner Tätigkeit bei Sygnum leitete Mathias Imbach RNT Associates, die persönliche Investitionsplattform des indischen Industriellen Ratan N. Tata. Er tätigte dort mehrere Risikokapital- und Private-Equity-Investitionen und beteiligte sich weltweit an Aktiengeschäften im Bereich Blockchain/DLT sowie anderen Technologiesektoren. Mathias Imbach begann seine Karriere bei der Unternehmensberatung Bain & Co, zu deren Kunden Private-Equity-Fonds, Family Offices und Technologieunternehmen gehören. 2017 gründete er zusammen mit Luka Müller, Manuel Krieger und Gerald Goh die Firma Sygnum. Ende 2021 verwaltete Sygnum mit den rund 1000 institutionellen Kunden Vermögenswerte von über 2 Milliarden US-Dollar. Imbach hat einen Doktortitel der Universität St. Gallen und einen Master of Science der London School of Economics (LSE).

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