PubliSphere

  • Paolo Bernardelli
  • Head of Fixed Income & FX
  • Eurizon Capital SRG

Der Anleihemarkt, ein guter Einstiegspunkt im derzeitigen Umfeld

Das Comeback von Anleihen bei institutionellen Anlegern ist offensichtlich, da die Zinsen nach vielen Jahren der ultralockeren Geldpolitik und der Negativzinsen wieder deutlich gestiegen sind.

Viele Anleger glauben sogar, dass es rentabler sein könnte, direkt in Anleihen zu investieren, insbesondere in Staatsanleihen, um Gebühren zu sparen und langfristig eine bessere Performance zu erzielen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, denn Anleihen können sogar noch volatiler sein als Aktien, wie uns die letzten Jahre gezeigt haben: Der Kurs von 30-jährigen Bundesanleihen hat in den letzten 18 Monaten mehr als 50 % verloren.

Anleihen bieten eine Diversifizierung und ein geringeres Risiko, was sich mit ihren Portfoliostrategien in Einklang bringen lässt. Allerdings ist eine sorgfältige Analyse unter Berücksichtigung von Duration, Kreditqualität, Liquidität, Inflationsdruck und Zentralbankpolitik von entscheidender Bedeutung. Institutionelle Anleger müssen diese Herausforderungen meistern, um ihre Portfolios in diesem sich verändernden Anleihemarkt zu optimieren.

Anleiheaussichten im aktuellen Inflationsszenario

Wachsamkeit und strategische Anpassungen sind entscheidend für die Navigation auf dem Anleihemarkt in den kommenden Monaten. Im derzeitigen Umfeld haben Positionen in Kernländern den Anlegern eine gute Absicherung geboten, als die Risikoaversion in den letzten Monaten zunahm. Während sie im Negativszenario vor grossen Verlusten geschützt sind, sollten Anleiheinvestoren in unserem zentralen Szenario positive Gesamtrenditen erwarten, da wir für die zweite Jahreshälfte eine Pause im geldpolitischen Erhöhungszyklus der Fed und schliesslich Zinssenkungen in den folgenden Quartalen prognostizieren.

Der Inflationsdruck bleibt auch im zweiten Halbjahr eines der Hauptrisiken für den Anleihemarkt und zwingt die Zentralbanken zu weiteren Straffungen. Wenn die Inflation weiterhin hoch bleibt und die Zinssätze und Renditen unter Druck geraten, könnte es zu einem „Hot Landing“ kommen, was für Anleihenanleger sicherlich kein schönes Szenario ist: Die Inflation schmälert die Renditen von Anleihen, während die Massnahmen der Zentralbanken und geopolitische Ereignisse die Marktvolatilität erhöhen. Wenn hingegen die verzögerten Auswirkungen früherer Zentralbankmassnahmen zu einer Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten führen, könnte es zu einem „Hard Landing“ kommen, was eine Verschlechterung der Kreditqualität, einen Anstieg der Zahlungsausfälle, eine Ausweitung der Spreads sowie ein Risiko für die Finanzstabilität zur Folge hat. Die Bedenken hinsichtlich des Kreditrisikos und der Zahlungsausfälle bleiben bestehen, und Zinsschwankungen wirken sich auf die Anleihekurse aus. In diesem zweiten Risikoszenario sollten Anleger der Kreditqualität der Emittenten grosse Aufmerksamkeit schenken.

Da die Inflation immer noch hoch ist, aber langsam zurückgeht, sind die Massnahmen der Zentralbanken entscheidend. Sie müssen die Situation sorgfältig bewerten, um die richtigen politischen Reaktionen festzulegen und dabei die Notwendigkeit der Unterstützung des Wirtschaftswachstums gegen das Risiko einer anhaltenden Inflation abzuwägen. In den USA beunruhigt der überhitzte Arbeitsmarkt die FED, und es gilt, ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot herzustellen, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Wahrscheinlich sind die Zinssätze in den USA jetzt hoch genug, auch in Anbetracht der Straffung der FED-Bilanz und ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft, auch wenn die FED wahrscheinlich eine letzte Anhebung vornehmen wird. In der Eurozone ist der Prozess der geldpolitischen Straffung bereits weit fortgeschritten, und vermutlich werden wir noch mindestens eine oder zwei weitere Zinserhöhungen erleben.

Anlagestrategien

Wir denken, dass der Anleihemarkt im derzeitigen Umfeld einen guten Einstiegspunkt bietet, da die meisten Renditekurven auf sehr interessanten Niveaus gehandelt werden. Der Carry-Effekt ist vor allem bei den kurzfristigen Teilen der Kurven gross, da die Zinssätze nahe dem erwarteten geldpolitischen Endsatz liegen.

Graphik: Die Renditen der Staatsanleihen der grössten Märkte der letzten 15 Jahre

Quelle: Interne Analyse von Refinitiv Eikon Daten

Croissance du PIB réel en Chine et indice de confiance des consommateurs.

Die Anleiherenditen befinden sich zwar auf historisch hohen Niveaus, weisen aber auch eine hohe Volatilität auf, die bei einem Mark-to-Market-Ansatz zu Verlusten führen könnte. Auch wenn die Spreads für europäische Peripherieanleihen vorerst unter Kontrolle zu sein scheinen, können wir einen Anstieg der Volatilität bei diesen Titeln nicht ausschliessen. Geografisch gesehen bevorzugen wir Anlagen in Kernländern wie Deutschland und den USA, wobei wir zunächst einen selektiven Ansatz in Bezug auf die Qualität und das Rating von Staatsanleihen verfolgen. Zudem favorisieren wir Peripherieländer, insbesondere jene mit einer besseren Wirtschaftsdynamik und mit den grössten Spreads, wie Italien.

Ähnliches gilt für den Unternehmenssektor, wo wir Investment-Grade-Anleihen für attraktiv halten, während wir bei Hochzinsanleihen weniger aktiv sind, da es angesichts der Unsicherheit am Markt noch etwas zu früh sein könnte, diese Emittenten zu kaufen.

Dieser selektive Ansatz war ausschlaggebend dafür, dass der Epsilon Fund Euro Bond die Benchmark (JPM EMU GBI Index®) seit seiner Auflegung im Jahr 2007 bis jetzt (Ende Juni) um erstaunliche kumulative 20% übertreffen konnte. Die Stabilität des Managementteams, ein konsistenter Anlageprozess und die Ex-ante- und Ex-post-Risikoanalyse sind die drei Schlüsselelemente, die die Performance der letzten Jahre erklären. Diese drei Säulen werden auch in den kommenden Jahren die charakteristischen Merkmale sein. In den letzten Jahren konnte die Überperformance durch ein aktives Durationsmanagement, eine aktive Verwaltung der Positionen zwischen den Euro-Ländern, eine Abflachung der Renditekurve und eine Übergewichtung von inflationsgebundenen Anleihen erklärt werden. Gegenwärtig bevorzugt der Fonds eine Übergewichtung von Euro-Staatsanleihen gegenüber der Benchmark, wobei er stets einen Risikomanagementansatz verfolgt.

 

Paolo Bernardelli

Eurizon Capital SGR

Paolo Bernardelli ist Head of Fixed Income & FX bei Eurizon Capital SGR. Er kam 1995 als Head of Domestic Bond Funds zu Sanpaolo Asset Management SGR (jetzt Eurizon Capital SGR). Zuvor hatte Bernadelli verschiedene Positionen als Analyst und Financial Trader bei der Sanpaolo Finance Merchant Bank inne, bevor er zum Head of Arbitrage und Head of Trading bei Sanpaolo Finance Promotio Sim ernannt wurde. Seine berufliche Laufbahn begann er bei der Banca Commerciale Italiana, wo er im Bereich Budget- und Finanzanalyse tätig war. Bernadelli schloss sein Studium an der Universität L. Bocconi mit einem Diplom in Business Economics mit Spezialisierung auf Administration and Control ab.

    Sie werden auch mögen

    Sphere

    The Swiss Financial Arena

    Seit der Gründung im Jahr 2016 unterstützt und vernetzt SPHERE die Community der Schweizer Finanzbranche. SPHERE ermöglicht den Austausch, sei es mit dem vierteljährlich erscheinenden Magazin, den beiden Sonderausgaben für institutionelle Anleger, der Website, den Newsletter und den Veranstaltungen, die das ganze Jahr hindurch durchgeführt werden. Toutes les parties prenantes de la finance, l’un des plus importants secteurs économiques de Suisse, ont ainsi à leur disposition une plateforme où il leur est possible d’échanger, de s’informer et de progresser.