Transparenz
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Der Transparenzbericht von Zwei Wealth zeigt aktuelle Trends in der Vermögensverwaltung auf. Dabei fällt auf, dass die vermögenden Kunden verstärkt bereit sind, zu Vermögensverwaltern oder Family Offices zu wechseln. CEO Patrick Müller zeichnet die Gründe auf und erklärt, wieso er ein Provider-Label einführen möchte.
Was sind die aktuellen Trends im Wealth Management?
Wir sehen ganz klar eine Verschiebung der Modelle: Noch dominiert das klassische Private-Banking-Modell. Doch bei den mittleren und sehr grossen Vermögen verliert das Privatbankenmodell zunehmend an Bedeutung. Es findet eine Verschiebung vom Privatbankenmodell hin zu unabhängigen Vermögensverwaltern und Family/Wealth Office Modellen statt.
Was sind die Hintergründe?
Die sind vielfältig. Zunächst merken wir, dass der Kunde auch hier immer stärker vergleichen will. Das unterstützen wir auch. Dan verschieben sich sicher die Ansprüche und bedingen eine stark individualisierte Lösung. Denken Sie nur an die Firmen-Strukturen und auch die Grösse der Familien, die hinter den Vermögen stehen. Und zuletzt sehen wir aber auch, dass viele Kundinnen und Kunden zunehmend unzufrieden sind mit der Betreuung. Ich nenne das Kind beim Namen: Die Situation bei Privatbanken wird oft als chaotisch beschrieben. Etwa mit wechselnden Betreuern und einem Formularkrieg.
Wie sieht es im Bereich der Anlagen aus?
Wir kommen ja aus dem Tiefzinsumfeld, das jahrelang sehr gute Renditen im Bereich der Aktien ermöglichte. Die Zinswende führte zunächst zu einer Verunsicherung. Bei den Modellen überwiegt die klassische Aufteilung in Anlageklassen Cash, Obligationen und Aktien. Es fällt grundsätzlich auf, dass man auch erfolgreich sein kann, ohne in alternative und exotischere Subklassen zu investieren.
Sie führen ein neues Label ein, das Provider Rating. Was hat Sie dazu bewogen?
Es gibt heute kein unabhängiges Qualitätssiegel für das Portfolio Management einer Bank oder eines Vermögensverwalters. Mit dem Provider Rating führen wir das ein. Das Label ist auch ein Aufnahmekriterium, das wir ein Vermögensverwalter in unsere Datenbank aufnehmen. Das Rating basiert auf einer, über die letzten acht Jahre entwickelten, Methodik und Datenbasis. Unter anderem bewerten wir die Service Qualität, die Zahl der Mitarbeiter, die Grösse aber auch Fragen wie die Anlagestrategie.
Reden wir noch über die Kosten. Auch hier zeigt sich eine erstaunliche Entwicklung in Richtung Transparenz, oder?
Nun, das mag auf den ersten Blick so erscheinen. Viele Anbieter verwenden tatsächlich sogenannte «All-in Fees» oder «Flat-Fees». Doch es zeigt sich immer wieder, dass es in vielen Modellen versteckte Kosten gibt, die fast gleich hoch sind, wie die «Flat-Fees». Dies können auch Kosten in Bezug auf die Produkte sein. Es lohnt sich für Kunden auch hier die Produkte zu vergleichen.
Patrick Müller
Zwei Wealth
Patrick Müller ist Geschäftsführer und Mitglied des Verwaltungsrats von Zwei Wealth, einem Unternehmen, das er 2014 zusammen mit Klaus Wellershoff gegründet hat. Heute präsentiert sich Zwei Wealth als ein unabhängiger Wealth Officer, der sich der Vermögensverwaltung widmet und unabhängig von Banken und Vermögensverwaltern agiert. Er hatte verschiedene Führungsfunktionen in der Finanzbranche (Credit Suisse, UBS) inne. Patrick Müller hat einen Master-Abschluss der Universität St. Gallen (HSG).
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
Wir befinden uns „im Jahr eins“ der Finma-Regulierung der Unabhängigen Vermögensverwalter. Noch ist die erwartete Konsolidierung ausgeblieben. Steffen Bauke geht davon aus, dass die Welle erst im kommenden Jahr einsetzt. Die Regulierung ist jedoch nur ein Treiber des Wandels, erklärt er im Interview.
Wie würden Sie den Zustand der Branche im ersten Jahr der Finma-Regulierung bezeichnen?
Ich würde es als «Schwebezustand» bezeichnen.
Warum?
Von rund 2’000 EVVs sind bisher immer noch gegen 1’000 im Bewilligungsprozess oder deren Bewilligung wurde noch nicht angenommen. Viele der kleineren Vermögensverwalter werden also Mühe haben, die Standards zu erfüllen. Denn das ist mit höherem Aufwand und Kosten verbunden, und das nicht während des Regulierungsprozesses selbst, sondern vor allem auch in den Folgejahren. Wir sehen uns als Branche schon heute jedes Jahr mit steigenden Anforderungen konfrontiert. Als Unternehmen sind wir bereits seit 2016 als KAG FINMA-lizenzierter Vermögensverwalter unterwegs und müssen dennoch jedes Jahr mehr Zeit und Aufwand für das Reporting aufwenden. Diesen Anforderungen können oder wollen sich viele der Vermögensverwalter nicht mehr stellen.
Wie wird sich die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter Ihrer Ansicht nach jetzt verändern?
Die Losgrösse für die kritische Grösse steigt stetig an. Die Kosten und der operative Aufwand steigen kontinuierlich und werden zwangsläufig zu einer Konsolidierung der Branche führen, da kleinere Vermögensverwalter Schwierigkeiten haben dürften, mit den neuen Anforderungen Schritt zu halten. Unabhängige Vermögensverwalter müssen ihre Alleinstellungsmerkmale betonen und Dienstleistungen mit Mehrwert anbieten, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Als Folge wird es vermehrt zu Zusammenschlüssen und Übernahmen oder auch zu Geschäftsaufgaben kommen.
Was hat sich für Belvoir aufgrund der Regulierung organisatorisch geändert?
Der Aufwand hat sich für uns seit 2016 mehr als verdreifacht. Eine einzelne Person kann das innerhalb einer Organisation gar nicht mehr abdecken. Daher haben wir den gesamten Bereich Risk und Compliance im Jahr 2022 «outgesourct».
Wie haben Sie ihr Angebotsspektrum im Bereich Anlagen verändert?
Nach dem für alle schwierigen Jahr 2022 ist die Risikobereitschaft gewisser Kunden gesunken. Dieses natürliche Verhalten ist nachvollziehbar. Wir bauen für grössere Kunden spezifische Lösungen, die massgeschneidert auf deren Bedürfnisse sind, auch im Bereich von «Private Equity» und Direktinvestments bieten wir Lösungen an. Für kleinere Kunden haben wir eine digitale Plattform aufgesetzt, über die der Anleger einfach und selbständig von unserem Know-how profitieren und ganzheitliche Anlagelösungen nach dem «Best in Class»-Ansatz kostengünstig auswählen kann. Das Ganze alles mit digitaler Unterschrift und bequem von zu Hause aus. Das reduziert den Aufwand für uns und für den Kunden. Im Grunde sind wir ein «Baukasten»-Anbieter, aus dem der Kunde wählen kann.
Steffen Bauke
Belvoir Capital
Steffen Bauke begann seine Karriere Ende 1999, zunächst bei der UBS in Deutschland und später in der Schweiz sowohl im Bereich Corporate Finance und Wealth Management. 2004 hat er Belvoir Capital gegründet und leitet heute als CEO die Gesellschaft. Bauke hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Wirtschaftswissenschaften studiert.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
Aufgrund global sehr solider Konsumausgaben und der Gefahr eines Wiederaufflackerns der Inflation sowie bald wieder erhöhten Staatsausgaben (nach der Anhebung der US-Schuldenobergrenze) ist mit keiner schnellen geldpolitischen Wende zu rechnen.
Die Notenbanken sind trotz langsam abkühlender Konjunktur gezwungen, weiterhin Liquidität aus dem System zu nehmen. Zusätzlich liquiditätsmindernd ist eine stark rückläufige Kreditvergabe aufgrund der noch immer schwelenden Bankenkrise in den USA und dem damit verbundenen Abfluss von Bankeinlagen. Zudem werden die Kreditvergabebedingungen (‚Lending Standards‘) deutlich verschärft. Auch in Europa ist die Kreditvergabe der Banken rückläufig. Insbesondere Schuldner mit tieferer Bonität spüren bereits jetzt zunehmenden Gegenwind bei der Refinanzierung ihrer Schulden.
Anhaltend schwache Immobilienmärkte sowohl in den USA als auch in Europa sowie der Verkauf von Staatsanleihen durch die Notenbanken (Fed, EZB) und das US-Treasury von geschätzt mehr als 900 Milliarden US-Dollar in den kommenden Monaten verstärken zudem den ohnehin schon signifikanten Liquiditätsentzug an den Finanzmärkten. Alle erwähnten liquiditätsmindernden Faktoren wurden in den vergangenen Monaten teilweise durch Sonderfaktoren (Notfall-Liquidität, Abbau des ‚Treasury General Account‘, private Geldschöpfung) kompensiert. Diese Kompensationseffekte fallen jetzt aber mehrheitlich weg und es muss mit einem wieder verstärkten Einfluss der restriktiven Geldpolitik gerechnet werden.
Auffällig ist zudem, dass an den US-Aktienmärkten die Marktbreite in historisch selten zu beobachtendem Ausmass abnimmt. Seit Mitte März läuft der breite Markt gemessen am Russel 2000 Index deutlich schlechter als der S&P 500. Investoren haben mit der grossen Mehrheit der Aktien seit März nichts mehr verdient. Von den 500 Aktien im S&P 500 sind nur acht (!) Titel angestiegen (Apple, Tesla, Microsoft, Nvidia, Facebook/Meta, Amazon, Netflix und Google/Alphabet). Mit allen anderen verloren Anleger dagegen Geld. Dies ist ein indirektes Signal einer schnell abfliessenden Finanzmarktliquidität und dürfte in absehbarer Zeit auf die Investorenstimmung drücken.
Viele Anleger sind trotz der Höchststände bei einzelnen Indizes im Minus (auch auf Jahresbasis) und dürften deshalb immer beunruhigter werden. Abnehmende Marktbreite kann bildlich mit einer Armee im Angriff beschrieben werden, bei der nur noch einige wenige Generäle nach vorne stürmen, die Truppe aber bereits in die Gegenrichtung abrückt – ein aussichtsloses Unterfangen. Dementsprechend waren Marktbreitenschwankungen in der Vergangenheit stets gute mittelfristige Timing-Signale. Sie sind Ausdruck einer zunehmenden Spannung zwischen Auftriebskräften und abnehmender Liquidität.
Beat Thoma
Fisch Asset Management
Beat Thoma ist Chief Investment Officer und als Leiter des Investment Offices für die Erstellung und Umsetzung der Anlagepolitik verantwortlich. Bevor er im Jahr 2000 zu Fisch Asset Management kam, arbeitete er 14 Jahre lang für UBS und Security Pacific Bank in Genf, wo er für den Handel und Verkauf von Wandelanleihen verantwortlich war. Parallel dazu hat er zwei Bücher veröffentlicht, darunter „Dynamische Prozesse in der Ökonomie und an den Finanzmärkten“.
Nach der Integration der Bank Landolt vor drei Jahren ist die deutsch-französische Gruppe Oddo BHF zu einem der grossen Player im Schweizer Markt geworden, wo sie im Übrigen ein starkes Wachstum verzeichnet. Martin Liebi erklärt dies.
Von Andreas Schaffner
Die drei Hauptmärkte von Oddo BHF sind die Schweiz, Deutschland und Frankreich. Wie sieht die Arbeitsteilung aus?
Wir sind in allen drei Ländern präsent und die Schweiz ist das dritte Standbein der Oddo BHF Gruppe. Das visualisieren auch die drei Flaggen auf all unseren Konferenztischen in unserer Bank. Es bringt auch deutlich zum Ausdruck, wie wir uns selbst sehen: Als internationale Bank, die in den jeweiligen Ländern fest verwurzelt ist und in allen drei Ländern eine vollwertige Bankenlizenz verfügt. Was mir wichtig ist, dass wir in jedem Land auf die Produkte der ganzen Gruppe Zugriff haben, sei es im Asset Management oder im Wealth Management. Und in allen drei Ländern wird auch unsere DNA, die durch unseren Eigentümer, Philippe Oddo verkörpert wird, spürbar: Wir sind eine Bank für Unternehmer.
Oddo BHF hat die Schweizer Privatbank Landolt – immerhin die älteste Privatbank in der Westschweiz – vor drei Jahren integriert. Welche Schwerpunkte setzen Sie in der Schweiz?
Zunächst wurden wir von einem Schlag auf den anderen zu einem wichtigen Player mit einem zentralen Markt. Wir können von der Schweiz aus 10 Märkte bedienen und haben aufgrund von unserer Aufstellung in Deutschland und in Frankreich auch kein Problem, in diesen Ländern auch vor Ort mit unserem Angebot präsent zu sein. Wir sind für viele Investoren aus dem Ausland derzeit der sichere Hafen. Wer aus dem Euroraum aussteigen will, für den bieten wir entsprechende Möglichkeiten. Das ist unsere Funktion innerhalb der Gruppe. Historisch bedingt sprechen wir die komplexen, international tätigen und orientierten Kundengruppen an. Dies ist quasi das historische Erbe und gleichzeitig unsere Stärke.
Welche Veränderungen haben Sie in Bezug auf die Kundengruppe und die Ausrichtung der ehemaligen Landolt-Bank vorgenommen?
Wir haben ganz klar unser internationales Geschäft gestrafft auf nunmehr 10 Kernmärkte. Das heisst, wir haben uns von Kunden und Betreuern verabschieden müssen. Gleichzeitig haben wir in anderen Bereichen unsere Präsenz stark ausgebaut.
Nach dem Umzug an die Rue du Rhône in Genf haben Sie nun auch in Zürich neue und grössere Büros bezogen. Wie stark wächst die Bank und damit auch ihr Angebot?
Ja, es zeigt die Dynamik, die wir an den Tag legen. Wir sind eine typische Bank für den Mittelstand in allen drei Ländern: Wir offerieren von Corporate-Finance-Beratung bis hin zur Vermögensverwaltung eine umfassende Dienstleistungspalette. Dank unserer sehr tiefen Verankerung vor Ort sowie unseres international stark aufgestellten Researchs sind wir in der Lage, sehr früh interessante Möglichkeiten zu identifizieren. So ist es kein Zufall, dass wir etwa den Börsengang von Moderna begleiten durften.
Wie stark hat sich das Geschäft mit den unabhängigen Vermögensverwaltern entwickelt?
Auch hier sehen wir gutes Wachstum. Wir bedienen die UVV mit Teams von Zürich und Genf aus. Wir sind von der Grösse her nicht vergleichbar mit einer Grossbank, was uns hier von anderen unterscheidet ist unser Research. Wir decken 750 Titel ab, auf welche die UVVs kostenlos Zugriff haben.
Martin Liebi
Oddo BHF (Schweiz)
Martin Liebi ist seit Januar 2022 als CEO der Oddo BHF (Schweiz) tätig. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Strategie- und Unternehmensführung und war durch seine Tätigkeit als Privatkundenbetreuer immer nah am Vertrieb. Nach seinem Abschluss an der Universität Bern war er als Regionaldirektor Europa für das Private Banking-Geschäft der Lloyds Bank tätig und wurde später Leiter der Schroders & Co Bank und der Notenstein Privatbank in Zürich. Danach war er für die Schweizer Privatbank von Edmond de Rothschild in Genf verantwortlich und war von 2017 bis 2020 deren stellvertretender Geschäftsführer.
Sie werden auch mögen
Marc Briol
CEO
Pictet Asset Services
Martin Liebi
CEO
Oddo BHF Schweiz
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
Die Wiedereröffnung des chinesischen Marktes und der Rückgang der Inflation haben den Schwellenländern wieder günstigere Wachstumsaussichten verschafft. Und das trotz der Verlagerungsbemühungen vieler Industrieländer nach der Covid-Krise.
Die Pandemie und die geopolitischen Spannungen hatten gravierende Folgen für die Weltwirtschaft, die den Inflationsdruck auf dem gesamten Planeten verschärften und die massgeblichen Währungshüter weltweit zu beispiellosen Zinserhöhungen zwangen. Die Schwellenländer litten unter steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreisen sowie (die Exportländer) unter dem starken US-Dollar, so dass ihre Notenbanken einen restriktiven Kurs einschlagen mussten.
Zusätzlich zum wirtschaftlichen Schaden hat die Krise auch die Kluft zwischen den beiden Weltmächten vergrössert und die problematische Abhängigkeit der Industrieländer von bestimmten Schwellenländern aufgezeigt.
Wachstumsvorsprung der Schwellenländer
Jüngsten Prognosen des IWF zufolge, dürfte sich das internationale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr abschwächen, in den Schwellenländern jedoch weniger stark. Da der Preisauftrieb aber hartnäckig auf hohem Niveau verharrt, könnte sich die Inflation als ein Dauerphänomen erweisen und die wichtigsten Leitzinsen hoch bleiben. Auch wenn die Schwellenländer vom bevorstehenden Ende des Zinserhöhungszyklus in den USA und dem Neustart Chinas nach der Pandemie profitieren, könnten sie von einer Abschwächung der Weltwirtschaft und der Verschärfung der Kreditbedingungen hart getroffen werden. Die Krise der US-amerikanischen Regionalbanken hat die Schwellenländer kaum in Mitleidenschaft gezogen. Die Notenbanken der Schwellenländer haben die Lehre aus früheren Krisen gezogen und sich dank der Fortschritte im Bereich Regulierung als widerstandsfähig erwiesen.
Geopolitische Spannungen und drohende geoökonomische Fragmentierung
Die Schwellenländer haben von einer Welle ausländischer Direktinvestitionen profitiert. Inzwischen geht dieser Globalisierungsprozess jedoch zu Ende. Als Reaktion auf die sich verschärfenden geopolitischen Spannungen entwickeln die Industrieländer zunehmend Strategien für eine höhere Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten durch die Rückführung der Produktion in das eigene Land oder die Verlagerung in geopolitisch besser aufgestellte Länder. Ein gutes Beispiel hierfür sind Incentives für Unternehmen, die ihre Produktion in Schlüsselsektoren zurückverlagern (American Inflation Reduction Act, US CHIPS, Science Act, grüne Subventionen).
Laut IWF drohen mehreren Schwellen- und Entwicklungsländern bei einer Rückverlagerung ausländischer Direktinvestitionen massive Produktionsausfälle. Dem McKinsey Global Institute zufolge könnte die Relokalisierung einiger multinationaler Konzern weg von China bestimmten Schwellenländern wie Indien, Malaysia, den Philippinen, Thailand, Vietnam und Indonesien zugutekommen. Profitieren werden die Volkswirtschaften, die hohe Governance-Standards und ein attraktives Geschäftsumfeld bieten, sowie Länder, die kritische Ressourcen für den Energiewandel exportieren können.
China als Wachstumsmotor?
„China war der Wirtschaftsmotor der Welt, heute geht das Land einen ganz neuen Weg“, erklärt Joerg Wuttkle. Nach mehreren Jahrzehnten des Wirtschaftswachstums, Reformen und der Öffnung wird die Wirtschaftspolitik Chinas weniger stark auf den Westen, sondern zunehmend auf seinen Binnenmarkt und die restlichen Länder Grossasiens mit den ASEAN-Ländern ausgerichtet, das heisst „Dual Circulation“. Die chinesische Aussenpolitik wird von zunehmenden Konflikten, vor allem mit den USA, geprägt sein. Die beiden Wirtschaftsmächte streiten sich in vielen Bereichen (Wirtschaft, Diplomatie, Technologie, Ideologie) um die internationale Vormachtstellung. Kann China diesen Streit gewinnen, zumal die USA ihr wichtigster Handelspartner sind? Chinas Produktionssystem beruht ursprünglich auf einem Exportmodell, und der Binnenkonsum kann diese Exporte nicht absorbieren. Wer werden seine neuen Partner sein?
Attraktive Renditen, aber nicht zu jedem Preis
Dank solider makroökonomischer Fundamentaldaten, günstigerer Inflationsbedingungen und der Wiedereröffnung Chinas, bieten einige Schwellenländer attraktive Renditen für Anleger auf der Suche nach Diversifikationsquellen in Ländern mit den besten Kennzahlen (Handels-/Leistungsbilanzdefizit, Verschuldung, Devisenreserven).
Bei einem kurzen Anlagehorizont bieten Schwellenländerwährungen mit positiven Realzinsen attraktive Möglichkeiten für Carry-Trades. Zu bevorzugen sind Emittenten von Unternehmensanleihen mit hoher Bonität (BB und darüber).
Gaëlle Boucher
bridport & cie
Gaëlle Boucher leitet seit 2020 die Research-Abteilung von bridport. Davor bekleidete sie mehrere Positionen als Rentenfondsmanagerin bei CCBP, CCR Gestion, AXA und Pictet Asset Management. Bei Lombard Odier war sie für das Fixed Income Advisory zuständig. Gaëlle Boucher verfügt über einen Master II in Finanzwesen der Universität Paris-Dauphine, die Zertifizierung als Wealth Management Advisor (CWMA), das Zertifikat des CFA Institute für ESG-Investments und zwei Executive Certificates in Corporate Finance der HEC Paris.