Transparenz
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Aufgrund der neuen Regulierung der unabhängigen Vermögensverwalter haben sich die Anforderungen an die Organisation und das Riskmanagement der Institute verschärft. Für die Expertin Eliane Gmünder werden sich vermehrt hybride Compliance-Modelle durchsetzen, wobei die Verantwortung für die Einhaltung der Regeln nicht ausgelagert werden kann.
Seit Anfang Jahr greift die neue Regulierung und die Vermögensverwalter werden nun von den Aufsichtsorganisationen überwacht. Welche Erfahrungen haben Sie in den letzten Monaten gemacht?
Die Aufsicht gegenüber den Vermögensverwaltern hat sich ganz klar verschärft. Nicht nur der Prüfrhythmus wurde verkürzt, sondern auch die Anforderungen an die Organisation (qualitativ und finanziell) sowie an die Fähigkeiten der Gewährspersonen und Mitarbeitenden wurden massiv erhöht. Insgesamt will der Regulator eine robuste Governance und ein funktionierendes Risikomanagement – und dies wird auch überwacht.
Sie haben einige Vermögensverwalter bei ihrer ersten aufsichtsrechtlichen Prüfung / Audit begleitet. Was sind da die Erfahrungen?
Ja, das ist richtig. Die aufsichtsrechtlichen Prüfprogramme der AOs sind sehr umfassend und aufwändig. Je nach Prüfer und AO kann die Prüftiefe variieren, was auch Konsequenzen auf die Kosten hat. Es ist zu hoffen, dass bald mehrjährige Prüfzyklen für nicht als risikoreich eingestufte Vermögensverwalter gewährt werden.
Welche organisatorischen Herausforderungen – insbesondere im Bereich Compliance und Risk Management – müssen aufgrund der neuen Regulierung gelöst werden?
Die FINMA verlangt vermehrt eine von den geschäftsverantwortlichen Einheiten unabhängige Risk- und Compliance-Funktion. Die Grösse der Gesellschaft kann hierfür ein Kriterium darstellen; aber auch die Art der Kunden, die eingesetzten Produkte sowie die Aktivitäten des Vermögensverwalters. Dies stellt insbesondere kleinere Organisationen vor eine grosse Herausforderung, da in der Regel sämtliche Mitarbeitenden entweder mit dem Portfoliomanagement oder der Kundenberatung betraut und somit geschäftsverantwortlich sind. Ausserdem sind die Anforderungen an die Ausbildung sowie die Berufserfahrung der Risk- und Compliance-Verantwortlichen deutlich gestiegen und entsprechende Nachweise müssen erbracht werden.
Viele Vermögensverwalter scheuen sich davor, einen eigenen Compliance-Officer einzustellen – nicht zuletzt auch aus einer Kostenüberlegung. Outsourcing ist die andere Möglichkeit. Wie sehen Sie das?
Zunächst möchte ich klarstellen, dass ein «Outsourcing der Compliance», wie dies in der Branche oft proklamiert wird, gar nicht möglich ist. Compliance ist Chefsache und bleibt immer in der Verantwortung des Vermögensverwalters selbst. Dies heisst allerdings nicht, dass nicht gewisse Tätigkeiten in den Bereichen Compliance und Risk Management ausgelagert werden können. Alle Tätigkeiten, für welche Spezialwissen gefragt ist und die nicht direkt mit den Endkunden des Vermögensverwalters und damit mit dem Daily Business zu tun haben, bieten sich für ein Outsourcing, respektive auch ein Insourcing an. Dazu gehören beispielsweise das Erstellen und Aktualisieren von Weisungen, die Beratung zu High Risk Kunden und Fällen, die regelmässige Schulung der Mitarbeitenden sowie die Bewirtschaftung des internen Kontrollsystems.
Die Auslagerung gewisser Tätigkeiten ist für den Vermögensverwalter nicht nur aus einer Kostenüberlegung attraktiv, sondern gleichzeitig wird auch die verlangte Stellvertreterregelung gewährleistet. Bei grösseren Vermögensverwaltern sollte ein starker COO, die operationellen sowie Risikothemen bei sich vereinen. Die Zukunft wird zweifellos noch mehr solche hybriden Modelle bringen, wo spezifisches Fachwissen gepaart mit einem digitalen Knowledge-Management nahtlos in die bestehenden Compliance-Prozesse integriert werden.
Das Thema Verantwortlichkeit des Verwaltungsrats wird immer zentraler. Was sind hier Ihre Erfahrungen?
Den Verwaltungsräten, insbesondere den externen, ist ihre Verantwortung sehr wohl bewusst. In jüngerer Zeit gab es auch vermehrt Medienberichte in Bezug auf die dramatischen Konsequenzen für Vermögensverwaltungsgesellschaften, welche sich etwa im Bereich der Russlandsanktionen exponiert hatten. Ein solcher Vorfall betrifft den Verwaltungsrat unmittelbar und kann nicht zuletzt einen Reputationsschaden nach sich ziehen. Deshalb sollte jedes Verwaltungsratsmandat wohl überlegt sein, auch die Anzahl Verpflichtungen und Mandate.
Eliane Gmünder
LCR Services, IFINITY
Eliane Gmünder hat 15 Jahre Berufserfahrung an der Schnittstelle von Finanzmarktregulierung, Governance, Compliance und Risk Management. Die studierte Juristin unterstützt seit 2011 Unternehmen der Finanzindustrie als Beraterin. Davor war sie mehrere Jahre als Compliance-Officerin und Leiterin des AML Monitorings bei UBS AG tätig. Als Unternehmerin und Mitgründerin von LCR Services AG und IFINITY AG arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Team an der digitalen Skalierung von Compliance Know-how und Prozessen.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
Richard Albrecht hat dieses Jahr bei Reyl Intesa Sanpaolo die Leitung des Bereichs Wealth Management übernommen. Er will dieses historische Kerngeschäfts der Gruppe mit dem Boutique-Ansatz und dem Unternehmergeist fortführen.
Wie haben Sie sich aufgrund Ihrer bisherigen Erfahrungen auf Ihre neuen Aufgaben vorbereitet?
Meine Berufserfahrung gliedert sich in zwei Bereiche. Zum einen in internationalen Grosskonzernen wie UBS und der Deutschen Bank, zum anderen in Privatbanken wie Lombard Odier. Mit diesem beruflichen Hintergrund habe ich mich sehr gut auf meine derzeitige Stelle bei Reyl Intesa Sanpaolo vorbereiten können. Das Unternehmen bewegt sich geschickt in diesen beiden Welten, zwischen Familienunternehmen auf der einen Seite und dem internationalen Akteur auf der anderen.
Ich habe es immer geliebt, im Zentrum des Wandels zu stehen, denn wie Roosevelt sagte: «Eine ruhige See hat noch nie einen guten Seemann hervorgebracht.» Kurz bevor ich zur Bank kam, hatte ich das Glück, sechs Monate am IMD und an der Harvard Business School zu verbringen. Zwei Orte also, an denen ich durch das Studium anspruchsvoller praktischer Fälle, die oft ausserhalb meines Fachgebiets lagen, viel gelernt habe.
Mit welchen Elementen hebt sich Reyl Intesa Sanpaolo heute in der Welt des Wealth Managements ab?
Zunächst einmal ist da die ausgeprägte unternehmerische Kultur mit Partnerschaften, die unsere starke Entwicklungsambition widerspiegeln, aber auch dem Service mit seinem 360-Grad-Ansatz.
Was Reyl auszeichnet, sind unsere fünf Geschäftsbereiche. Wir haben die Linie Entrepreneur- und Family Office-Services – ein Zugang zu allen Fachkenntnissen der Gruppe -, Corporate Finance, Asset Services, Asset Management und schliesslich das Wealth Management, für das ich Anfang Januar die Verantwortung übernommen habe.
Die Stärke des Modells liegt also darin, dass es weiterhin diesen flexiblen und integrierten Boutique-Ansatz verfolgt, der die DNA der Gruppe ausmacht, und gleichzeitig über alle Funktionen verfügt, die nur eine Grossbank wie Intesa Sanpaolo bieten kann.
Sie sprechen von Partnerschaften, die Ausdruck einer starken Entwicklungsambition sind: Welche Arten von Partnerschaften planen Sie im Einzelnen?
Die erste strategische Partnerschaft ist die mit Fideuram-Intesa Sanpaolo, die uns eine finanzielle und regulatorische Basis auf höchstem Niveau verschafft. Diese Partnerschaft eröffnet uns auch eine internationale Dimension. Dadurch erreichen wir Kunden auf der ganzen Welt und können uns als starke Nummer zwei im europäischen Bankenraum positionieren.
Eine weitere wichtige Partnerschaft ist die, die wir mit 1875 Finance, einem Multi-Family Office, eingegangen sind. Dies ermöglicht uns, eine aktive Rolle im Konsolidierungsprozess der Branche zu spielen.
Wir rechnen auch mit Alpian, einer vollständig digitalen Privatbank, die auf das „Affluent“-Segment abzielt.
Welche grossen Veränderungen sehen Sie in der Vermögensverwaltung in den nächsten Jahren auf uns zukommen?
Innovation im weitesten Sinne war schon immer einer der Wachstumsmotoren des Bankgeschäfts. Zwei wichtige Themen, über die wir nachdenken, sind die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz. In diesem Sinne ist Alpian eines der Projekte, das einen grossen Teil unserer Aufmerksamkeit mobilisiert. Die Ambition von Alpian besteht darin, alle Vorteile einer hochwertigen Bankdienstleistung von Ihrem Smartphone aus anzubieten.
Was die Vermögensverwaltung betrifft, so glaube ich, dass man sich wieder auf die Grundlagen des Geschäfts konzentrieren wird, also auf die Intensität der Beziehung, das Vertrauen, die Effizienz, den Mehrwert über die reinen finanziellen Gewinne hinaus und vor allem auf diese Schlüsselressource, die niemand kaufen kann: die Zeit. Die Geschwindigkeit, mit der Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden, wird somit immer wichtiger.
Schliesslich bin ich der Meinung, dass Stabilität ein Schlüsselelement des Wealth Managements bleibt. Unsere Partnerschaften und die Struktur unserer Gruppe ermöglichen es uns, ehrgeizig an unsere Zukunft zu denken.
Richard Albrecht
Reyl Intesa Sanpaolo
Richard Albrecht begann seine Karriere 1997 bei UBS Warburg Dillon Read in Zürich und später bei Lombard Odier in Genf als Privatbankier mit Schwerpunkt auf dem Schweizer und europäischen Markt. Albrecht kam 2012 zur Deutschen Bank, um als Mitglied des Wealth Management European Committee den Westschweizer Markt zu leiten und die schweizerische und internationale Entwicklung von UHNWI-Kunden, Family Offices, EAM und institutionellen Kunden zu beaufsichtigen. Im Jahr 2020 wurde er zum Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Wealth Management für die Westschweiz bei BNP Paribas ernannt. Im Jahr 2023 wechselte er zu Reyl Intesa Sanpaolo und übernahm dort den Bereich Wealth Management, eine Geschäftssparte, die unter der Aufsicht vom Partner Lorenzo Rocco di Torrepadula steht.
Sie werden auch mögen
Adrian Schatzmann
AMAS
"Asset Manager stehen in der Verantwortung das Kapital nachhaltig und wirksam einzusetzen"
David Saliné
Indosuez Wealth Management
"Die Branche steht vor wichtigen regulatorischen und digitalen Herausforderungen"
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
In einem von Unsicherheit geprägten Umfeld ist die Suche nach einer Renditeoase ein Dauerthema. Kurzläufer profitieren von der Inversion der Renditekurven. Angesichts der anhaltend hohen Marktvolatilität können Anleger mit langfristigem Anlagehorizont mittlerweile attraktive Renditen mit soliden Nichtfinanzemittenten durch sogenannte Hybridanleihen erzielen – einer Mischform aus Aktien und Anleihen.
Hybride Unternehmensanleihen – Corporate Hybrids – werden von Nichtfinanzunternehmen begeben. Ihre Ausstattung vereint die Eigenschaften von Anleihen (der Kupon) und Aktien – sehr lange Laufzeiten bzw. keine Laufzeitbegrenzung und ein diskretionärer Kupon. Die jüngste Episode der Credit Suisse zeigt: Hybridanleihen sind keine regulatorischen Finanzinstrumente und dienen daher nicht zur Verlustabsorbierung. Sie sind in erster Linie Instrumente des Bilanzmanagements: Die Ratingagenturen betrachten sie zu 50% als Fremd- und zu 50% als Eigenkapital. Dies wird als Equity Content (EC) bezeichnet. Und die fehlende Laufzeitbegrenzung trifft nicht ganz zu, denn es sind Möglichkeiten für eine vorzeitige Rückzahlung (Call) vorgesehen, wobei die erste in der Regel 5 Jahre nach dem Datum der Emission fast immer ausgeübt wird. Ist dies nicht der Fall, erhält der Anleger eine zusätzliche Vergütung dafür, dass er das Instrument länger hält (Step-up-Kupon).
Ein bekanntes Risiko kann besser beherrscht werden
Hybride Unternehmensanleihen weisen eine ähnliche Bewertung auf wie Hochzinsanleihen der höchsten Ratingkategorien, doch ist ihre Risikostruktur unterschiedlich. Denn zusätzlich zum Kredit- und Zinsrisiko ist die Einbringungsquote dieses Instruments bei einem Ausfall niedrig. Allerdings ist das Ausfallrisiko geringer, da der Basiswert meistens eine Anleihe mit Investment-Grade-Rating ist, denn das Verlängerungsrisiko im Falle der Nichtzahlung am ersten Rückzahlungstermin würde einen erheblichen Schock für die Bewertung auslösen, ganz zu schweigen vom Risiko bei Nichtzahlung des Kupons und dem Risiko einer vorzeitigen Rückzahlung bei Änderungen der Methode durch die Ratingagenturen oder bei Sonderereignissen.
Hybride Unternehmensanleihen sind mit Kuponbestimmungen ausgestattet, die eine Stundung der Kuponzahlung vorsehen, wenn der Emittent keine Dividendenausschüttung vornehmen kann. Bei erstklassigen Emittenten ist dieses Risiko jedoch sehr gering, zumal die Auswirkungen auf ihren Ruf immens wären. Zu beachten ist, dass Corporate Hybrids in der Regel einen kumulativen Kupon bieten.
Das Verlängerungsrisiko ist am wichtigsten, zumal es oft am wenigsten verstanden wird – es bezeichnet das Risiko eines ersten Call-Datums ohne Rückzahlung. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit oder bei steigenden Finanzierungskosten nimmt die Besorgnis der Anleger zu, die, da die Anleihen mit einem Abschlag gehandelt werden, eine zusätzliche Risikoprämie anwenden.
Die S&P-Methode garantiert sichere Call-Ausübung
Nach dem ersten Call-Datum berücksichtigt die Ratingagentur S&P diese Hybridanleihen bei der Berechnung des Eigenkapitals nicht mehr, wodurch sie für den Emittenten weniger attraktiv werden. De facto senkt ein S&P-Rating somit das Verlängerungsrisiko. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie Ratingagenturen diese Art von Instrumenten behandeln.
Besonders stabile Investorenbasis
Der Grossteil des Marktes besteht aus Emittenten mit Investment-Grade-Rating, einem soliden Finanzprofil und relativ stabilem Rating, mit Ausnahme des Immobiliensektors, der durch die steigenden Zinsen stark in Mitleidenschaft gezogen wird (idiosynkratisches Risiko). Ihre Präsenz in den Anleihenindizes (im Gegensatz zu AT1) impliziert eine andere und stabilere Kundenbasis, so dass ihre Volatilität de facto niedriger ist als diejenige nachrangiger AT1-Bankanleihen.
Eine Alternative zur Kapitalerhöhung
Die überwiegende Mehrheit der Emittenten stammt aus äusserst investitionsintensiven Sektoren (Versorger, Energie, Telekommunikation), die das Finanzinstrument zur Verbesserung ihres Verschuldungsgrads, zur Vermeidung einer Rating-Herabstufung und gleichzeitig zur Verhinderung einer Verwässerung der Aktionäre nutzen. Über 90% der Emittenten gehören zur Investment Grade-Kategorie und zeichnen sich durch solide Finanzprofile und hohe Cashflow-Transparenz aus – ein eindeutiger Unterschied zu Emittenten der High-Yield-Kategorie.
Attraktive Bewertungen für erstklassige Emittenten
Aufgrund ihrer Nachrangigkeit werden erstklassige Emittenten von Ratingagenturen niedriger geratet als Senior-Papiere. Trotz der niedrigen Einbringungsquote für die Inhaber nachrangiger Anleihen ist das Ausfallrisiko bei Investment-Grade-Emittenten sehr begrenzt. Die Mehrheit der Emittenten ausserhalb des Immobiliensektors wird ihre Anleihen weiter refinanzieren, wobei das S&P-Rating die Ausübung des Calls garantiert. Diese Investments bieten eine höhere Rendite als das Investment-Grade-Segment, jedoch ohne das gleiche Ausfallrisiko wie das High-Yield-Segment. Ein Wermutstropfen ist allerdings die höhere Volatilität. Es sollte bedacht werden, dass die Zunahme der Ausfallraten für das Nachrangrisiko von Vorteil, für das High-Yield-Risiko jedoch von Nachteil ist. Inzwischen werden „grüne“ Hybridanleihen angeboten, deren Vormarsch anhalten dürfte.
Gaëlle Boucher
bridport & cie
Gaëlle Boucher leitet seit 2020 die Research-Abteilung von bridport. Davor bekleidete sie mehrere Positionen als Rentenfondsmanagerin bei CCBP, CCR Gestion, AXA und Pictet Asset Management. Bei Lombard Odier war sie für das Fixed Income Advisory zuständig. Gaëlle Boucher verfügt über einen Master II in Finanzwesen der Universität Paris-Dauphine, die Zertifizierung als Wealth Management Advisor (CWMA), das Zertifikat des CFA Institute für ESG-Investments und zwei Executive Certificates in Corporate Finance der HEC Paris.
Auf die gestiegene Inflation haben die Zentralbanken mit kräftigen Leitzinserhöhungen reagiert. Inzwischen ist die Inflation spürbar gesunken, doch der Weg zu den Vor-Corona-Niveaus ist noch weit. Inzwischen ist die Inflation spürbar gesunken, doch der Weg zu den Vor-Corona-Niveaus ist noch weit. Auf diesem Weg eröffnen sich interessante Anlagechancen.
Es ist davon auszugehen, dass sich der Rückgang der Inflationsraten in den kommenden Monaten fortsetzen wird – aber in gemässigtem Tempo. Die unterliegende Inflation hält sich recht hartnäckig. Drei Faktoren sorgen zurzeit für einen anhaltend rückläufigen Preisdruck: Erstens normalisiert sich das gesamtwirtschaftliche Angebot, da sich Engpässe bei Vorleistungen, Logistik und Produktion schrittweise lösen. Zweitens neigt sich der Nachfrageschub nach Gütern und Dienstleistungen seit dem Auslaufen der Corona-Pandemie seinem Ende zu. Und drittens lässt auch der Druck in der Pipeline nach, da die Preissteigerungen für Vorleistungsgüter bereits zu einem grossen Teil zu den Konsumgütern und damit zu den Konsumenten durchgereicht wurden.
Preissetzungsmacht nimmt ab
Dabei sind die verschiedenen Güter- und Dienstleistungsgruppen in unterschiedlichem Masse von den oben genannten Treibern betroffen. Die Energiepreise waren zunächst am schnellsten in die Höhe geschossen und dann wieder gefallen. Zurzeit machen sie nur noch einen kleinen Teil der Konsuminflation aus, teilweise wirken sie sogar disinflationär. Es folgen die Preise für Lebensmittel, Kerngüter und Mieten, die den Gipfel bereits hinter sich gelassen haben.
Bei der Inflationsprognose spielt auf der Kostenseite die Preissetzungsmacht der Unternehmen die wichtigste Rolle. 2021 bis 2022 hat ein ausserordentlich starker Gewinnmargenanstieg die Inflation getrieben. Dabei sind im historischen Vergleich die Margen noch stärker gestiegen als die Lohnkosten. Angebotsengpässe in Kombination mit einer starken Nachfrage kamen den Unternehmen zugute. Mit der aktuell nachlassenden Nachfragedynamik und geringeren Angebotsengpässen dürfte die Preissetzungsmacht der Unternehmen jedoch stärker schwinden als die Möglichkeit von Arbeitnehmern, ihre Lohnforderungen durchzusetzen. In den meisten Ländern ist dies in Ansätzen bereits der Fall.
Geldpolitik: Der Zinsgipfel ist nahe
Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) stehen kurz vor dem Ende ihres Straffungszyklus, der mit Abstand der aggressivste seit mehreren Jahrzehnten gewesen ist. Die letzten Schritte zum Gipfel sind mühsam und offenbaren das Risiko, das mit einer geldpolitischen Straffung in diesem Ausmass verbunden ist.
Die Fed dürfte im Juli noch ein letztes Mal an der Zinsschraube drehen und den Leitzins um 25 Basispunkte auf ein Zielband für die Fed Funds Rate von 5,25 Prozent bis 5,5 Prozent anheben. Bei der EZB ist noch mit zwei weiteren Zinsschritten um jeweils 25 Basispunkte im Juli und September sowie mit einem Zinsgipfel beim Einlagesatz von 4,0 Prozent zu rechnen.
Baldige Zinssenkungen weit weg
Für die Kapitalmärkte entscheidend wird sein, wie lange die Zinsen auf diesem Niveau bleiben. Es ist zu erwarten, dass sowohl die Fed als auch die EZB erst dann die Zinsen senken, wenn sich die Inflation nicht nur nachhaltig entspannt, sondern auch der Abstand zum Ziel der Preisstabilität deutlich gesunken ist – oder wenn sich das fundamentale Umfeld derart massiv verschlechtern würde, dass ein stützendes Eingreifen der Notenbanken erforderlich wäre. In diesem Szenario würde der Inflationsdruck sowieso signifikant nachlassen.
Vor diesem Hintergrund sind baldige Zinssenkungen bei beiden Notenbanken nahezu ausgeschlossen. Mit einer ersten Zinssenkung der Fed ist frühestens Ende 2023 zu rechnen. Bei der EZB dürften erste Zinssenkungen erst im späteren Verlauf des Jahres 2024 erfolgen.
Anleihen profitieren
In einem Umfeld nachlassender Teuerung in Kombination mit schwachem Wachstum bieten sich insbesondere Anlagen in Staatsanleihen an. Unternehmensanleihen können ebenfalls profitieren, während wir von Rohstoffanlagen kurzfristig eher abraten. Sinkende Inflationsraten führen perspektivisch zu einem rückläufigen Zinsniveau und niedrigeren Anleiherenditen. Fallende Renditen sorgen für Kursgewinne an den Anleihenmärkten. Unternehmensanleihen profitieren in Phasen leichten Wachstums zusätzlich von möglichen Spreadeinengungen.
Die Anleiherenditen haben nach den zahlreichen Zinsschritten der Notenbanken wieder ein attraktives Niveau erreicht, der Zins ist zurück. Entsprechend können Anleger, die Anleihen auf den aktuellen Renditeniveaus erwerben, im Falle wieder sinkender Zinsen neben dem auskömmlichen Kupon mittelfristig zusätzlich Kursgewinne erzielen. Sollte sich das Zinsniveau hingegen auf dem jetzigen Niveau stabilisieren, verdienen die Anleihen auf jeden Fall die Rendite, die zum Kaufzeitpunkt geboten wurde.
Stefan Kipar
Union Investment
Stefan Kipar ist seit 2021 als Head of Macro & Economics bei Union Investment. Vorher war er ab 2012 in der Research-Abteilung der BayernLB für die Analyse der Wirtschaft in Deutschland zuständig. Von 2008 bis 2012 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Er promovierte 2012 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zum Thema Innovationsökonomik und studierte zuvor Volkswirtschaftslehre in Paderborn, Amsterdam und München.
Sie werden auch mögen
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine
Das Comeback von Anleihen bei institutionellen Anlegern ist offensichtlich, da die Zinsen nach vielen Jahren der ultralockeren Geldpolitik und der Negativzinsen wieder deutlich gestiegen sind.
Viele Anleger glauben sogar, dass es rentabler sein könnte, direkt in Anleihen zu investieren, insbesondere in Staatsanleihen, um Gebühren zu sparen und langfristig eine bessere Performance zu erzielen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, denn Anleihen können sogar noch volatiler sein als Aktien, wie uns die letzten Jahre gezeigt haben: Der Kurs von 30-jährigen Bundesanleihen hat in den letzten 18 Monaten mehr als 50 % verloren.
Anleihen bieten eine Diversifizierung und ein geringeres Risiko, was sich mit ihren Portfoliostrategien in Einklang bringen lässt. Allerdings ist eine sorgfältige Analyse unter Berücksichtigung von Duration, Kreditqualität, Liquidität, Inflationsdruck und Zentralbankpolitik von entscheidender Bedeutung. Institutionelle Anleger müssen diese Herausforderungen meistern, um ihre Portfolios in diesem sich verändernden Anleihemarkt zu optimieren.
Anleiheaussichten im aktuellen Inflationsszenario
Wachsamkeit und strategische Anpassungen sind entscheidend für die Navigation auf dem Anleihemarkt in den kommenden Monaten. Im derzeitigen Umfeld haben Positionen in Kernländern den Anlegern eine gute Absicherung geboten, als die Risikoaversion in den letzten Monaten zunahm. Während sie im Negativszenario vor grossen Verlusten geschützt sind, sollten Anleiheinvestoren in unserem zentralen Szenario positive Gesamtrenditen erwarten, da wir für die zweite Jahreshälfte eine Pause im geldpolitischen Erhöhungszyklus der Fed und schliesslich Zinssenkungen in den folgenden Quartalen prognostizieren.
Der Inflationsdruck bleibt auch im zweiten Halbjahr eines der Hauptrisiken für den Anleihemarkt und zwingt die Zentralbanken zu weiteren Straffungen. Wenn die Inflation weiterhin hoch bleibt und die Zinssätze und Renditen unter Druck geraten, könnte es zu einem „Hot Landing“ kommen, was für Anleihenanleger sicherlich kein schönes Szenario ist: Die Inflation schmälert die Renditen von Anleihen, während die Massnahmen der Zentralbanken und geopolitische Ereignisse die Marktvolatilität erhöhen. Wenn hingegen die verzögerten Auswirkungen früherer Zentralbankmassnahmen zu einer Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten führen, könnte es zu einem „Hard Landing“ kommen, was eine Verschlechterung der Kreditqualität, einen Anstieg der Zahlungsausfälle, eine Ausweitung der Spreads sowie ein Risiko für die Finanzstabilität zur Folge hat. Die Bedenken hinsichtlich des Kreditrisikos und der Zahlungsausfälle bleiben bestehen, und Zinsschwankungen wirken sich auf die Anleihekurse aus. In diesem zweiten Risikoszenario sollten Anleger der Kreditqualität der Emittenten grosse Aufmerksamkeit schenken.
Da die Inflation immer noch hoch ist, aber langsam zurückgeht, sind die Massnahmen der Zentralbanken entscheidend. Sie müssen die Situation sorgfältig bewerten, um die richtigen politischen Reaktionen festzulegen und dabei die Notwendigkeit der Unterstützung des Wirtschaftswachstums gegen das Risiko einer anhaltenden Inflation abzuwägen. In den USA beunruhigt der überhitzte Arbeitsmarkt die FED, und es gilt, ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot herzustellen, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Wahrscheinlich sind die Zinssätze in den USA jetzt hoch genug, auch in Anbetracht der Straffung der FED-Bilanz und ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft, auch wenn die FED wahrscheinlich eine letzte Anhebung vornehmen wird. In der Eurozone ist der Prozess der geldpolitischen Straffung bereits weit fortgeschritten, und vermutlich werden wir noch mindestens eine oder zwei weitere Zinserhöhungen erleben.
Anlagestrategien
Wir denken, dass der Anleihemarkt im derzeitigen Umfeld einen guten Einstiegspunkt bietet, da die meisten Renditekurven auf sehr interessanten Niveaus gehandelt werden. Der Carry-Effekt ist vor allem bei den kurzfristigen Teilen der Kurven gross, da die Zinssätze nahe dem erwarteten geldpolitischen Endsatz liegen.
Graphik: Die Renditen der Staatsanleihen der grössten Märkte der letzten 15 Jahre
Quelle: Interne Analyse von Refinitiv Eikon Daten
Die Anleiherenditen befinden sich zwar auf historisch hohen Niveaus, weisen aber auch eine hohe Volatilität auf, die bei einem Mark-to-Market-Ansatz zu Verlusten führen könnte. Auch wenn die Spreads für europäische Peripherieanleihen vorerst unter Kontrolle zu sein scheinen, können wir einen Anstieg der Volatilität bei diesen Titeln nicht ausschliessen. Geografisch gesehen bevorzugen wir Anlagen in Kernländern wie Deutschland und den USA, wobei wir zunächst einen selektiven Ansatz in Bezug auf die Qualität und das Rating von Staatsanleihen verfolgen. Zudem favorisieren wir Peripherieländer, insbesondere jene mit einer besseren Wirtschaftsdynamik und mit den grössten Spreads, wie Italien.
Ähnliches gilt für den Unternehmenssektor, wo wir Investment-Grade-Anleihen für attraktiv halten, während wir bei Hochzinsanleihen weniger aktiv sind, da es angesichts der Unsicherheit am Markt noch etwas zu früh sein könnte, diese Emittenten zu kaufen.
Dieser selektive Ansatz war ausschlaggebend dafür, dass der Epsilon Fund Euro Bond die Benchmark (JPM EMU GBI Index®) seit seiner Auflegung im Jahr 2007 bis jetzt (Ende Juni) um erstaunliche kumulative 20% übertreffen konnte. Die Stabilität des Managementteams, ein konsistenter Anlageprozess und die Ex-ante- und Ex-post-Risikoanalyse sind die drei Schlüsselelemente, die die Performance der letzten Jahre erklären. Diese drei Säulen werden auch in den kommenden Jahren die charakteristischen Merkmale sein. In den letzten Jahren konnte die Überperformance durch ein aktives Durationsmanagement, eine aktive Verwaltung der Positionen zwischen den Euro-Ländern, eine Abflachung der Renditekurve und eine Übergewichtung von inflationsgebundenen Anleihen erklärt werden. Gegenwärtig bevorzugt der Fonds eine Übergewichtung von Euro-Staatsanleihen gegenüber der Benchmark, wobei er stets einen Risikomanagementansatz verfolgt.
Paolo Bernardelli
Eurizon Capital SGR
Paolo Bernardelli ist Head of Fixed Income & FX bei Eurizon Capital SGR. Er kam 1995 als Head of Domestic Bond Funds zu Sanpaolo Asset Management SGR (jetzt Eurizon Capital SGR). Zuvor hatte Bernadelli verschiedene Positionen als Analyst und Financial Trader bei der Sanpaolo Finance Merchant Bank inne, bevor er zum Head of Arbitrage und Head of Trading bei Sanpaolo Finance Promotio Sim ernannt wurde. Seine berufliche Laufbahn begann er bei der Banca Commerciale Italiana, wo er im Bereich Budget- und Finanzanalyse tätig war. Bernadelli schloss sein Studium an der Universität L. Bocconi mit einem Diplom in Business Economics mit Spezialisierung auf Administration and Control ab.
Sie werden auch mögen
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
Patrick Müller
Zwei Wealth
„Den Rahmen erweitern und weit über das übliche Balanced-Portfolio hinausgehen“.
REDAKTION
redaction[at]sphere.swiss
WERBUNG
advertise[at]sphere.swiss
ABONNEMENT
contact[at]sphere.swiss
VERANSTALTUNGEN
events[at]sphere.swiss
Rue Barton 7
Case postale 1806
CH-1211 Genève 1
© 2023 Sphere Magazine